Ein Wohlfühlbuch erster Klasse
"Eine treue Frau" erschien 2016 im Rahmen der Old-Filth-Trilogie im Hause Hanser. Der Vorgänger wurde ein Jahr zuvor – unter dem Titel Ein untadeliger Mann- veröffentlicht. Jane Gardam beschreibt in beiden ...
"Eine treue Frau" erschien 2016 im Rahmen der Old-Filth-Trilogie im Hause Hanser. Der Vorgänger wurde ein Jahr zuvor – unter dem Titel Ein untadeliger Mann- veröffentlicht. Jane Gardam beschreibt in beiden Romanen das Leben vom erfolgreichen Anwalt Edward Feathers und seiner Ehefrau Elizabeth, genannt Betty. Wie die Titel schon verraten, erzählt Teil eins aus der Perspektive Edwards, während sich Teil zwei Betty´s Sichtweise zu Eigen macht.
Elizabeth, kurz Betty wächst im chinesischen Tianjin auf und fühlt sich dem Land so nahe, dass sie häufig vergisst, dass sie keine Chinesin ist. Die Kultur ist ihr seit Kindheitstagen vertraut. Diese Verbindung zum Fernen Osten teilt sie mit Edward Feathers, welcher in Hongkong als Anwalt arbeitet. Edward hält um die Hand von Betty an und nimmt ihr gleichsam das Versprechen ab, dass sie ihn nie verlassen dürfe. Obwohl Betty schnell weiß, dass ihre Verbindung zu Edward nie eine leidenschaftliche sein wird, verspricht sie ihm ewige Treue. Kurze Zeit später begegnet sie der Liebe ihres Lebens, wohl wissend, dass sie Edward versprechen musste, ihn nie zu verlassen.
Gardam gehört zu meinen Lieblingsautorinnen und hat mit dieser Trilogie wieder ihre unverwechselbare Erzählweise untermauert. Sobald eine Situation im Buch ihren Charakteren Raum für Emotionen bieten könnte, drosselt Gardam die sich bietende Gelegenheit für Sentimentalitäten. Eine treue Frau besticht durch Klugheit, Rationalität und Ironie. Das Spiel der Zeiten – Rückblenden und Gegenwart, sorgt leider ab und an für Verwirrung, da der Wechsel von Vergangenheit zum Hier und Jetzt nicht immer sofort ersichtlich scheint und Gardam hier ihre Kunstfertigkeit vermissen lässt.
Das Leid und die Sehnsucht der Figuren wird in jeder Zeile deutlich, ohne dass Gardam sich dazu dienlicher Klischées bedient. Ihr Roman kommt ganz ohne Dramatik aus und wahrt bis zum Schluss seine Haltung. Die Übersetzung von Isabel Bogdan ist zurückhaltend, fast diskret, sodass die Grundstimmung der Handlung und ihrer Charaktere nicht verfälscht wird. Den ersten Teil Ein untadeliger Mann habe ich bisher nicht gelesen, weshalb ich keinen direkten Vergleich anstellen kann. Mir gefiel Eine treue Frau äußerst gut. Ich fühlte mich zu keiner Zeit emotional von der Autorin beeinflusst, was hauptsächlich daran liegt, dass es ihr gelingt, ihre Figuren detailliert darzustellen, aber gleichzeitig deren Gesicht zu wahren.