Band 3
der Reihe "Kompendium der Sozialmedizin"
- Verlag: SalusCon Akademie Verlag
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Ersterscheinung: 01.07.2019
- ISBN: 9783948267018
Kompendium der Sozialmedizin
Heft 3 - Epidemiologische Grundlagen der Sozialmedizin
Jens-Uwe Niehoff (Herausgeber), Wolfgang Hoffmann (Herausgeber), Max-Erik Niehoff (Herausgeber)
Vorwort zu Heft 3
Die Epidemiologie ist sowohl als eigenständige Wissenschaft wie auch mit ihrem Methodenarsenal ein unverzichtbarer Teil der medizinischen Forschungslandschaft. Sie ist auch für die Sozialmedizin Teil ihrer essentiellen Grundlagen.
Etwa seit den 1950er Jahren hat die Nutzung epidemiologischer Methoden eine erhebliche Erweiterung erfahren. Diese bezieht sich zunächst darauf, dass sich das Nutzungsfeld auf alle Krankheiten erweiterte, also nicht mehr nur für die quantitative Analytik übertragbarer Krankheiten und für die Vektoranalytik Anwendung fand. Sie fand nun in großer Breite auch in der Expositionsforschung vor allem in der Sozial-, Arbeits- und Umweltmedizin Anwendung.
Die Epidemiologie wurde gleichsam zur Schlüsselwissenschaft bei der Identifikation von Gefährdungsunterschieden zwischen Gruppen von Personen in unterschiedlichen Lebenssituationen, mit unterschiedli-chen Lebensweisen und Gesundheitsressourcen. „Mögliches“ zu identifizieren, zu fördern oder zu verhindern wurde so zu einem ei-genständigen Handlungsfeld. Risiko und Chance wurden Gegen-stände systematischer Forschung.
Allerdings gab es neben der Medizin weitere Interessenten, hier vor allem die nach Prinzipien der Risikoäquivalenz agierende Kranken- und Lebensversicherungswirtschaft. Epidemiologie wurde so auch ein Konfliktfeld der Akteure im pro und contra von fiskalischer, parafiska-lischer (hier vor allem solidarischer) sowie risikoselektiver Krankenver-sicherungen.
Eine erhebliche Erweiterung erfuhr das Arbeitsfeld der Epidemiologie durch die großen bevölkerungsbasierten Interventionsstudien der 1970er Jahren in den USA. Sie folgten der Erwartung, es ließen sich mit prädiktiven Interventionen alle jene Sterbeursachen bekämpfen, die bei gestiegener mittlerer Lebensdauer und im Tausch gegen die „classic killers“, vor allem die Tuberkulose und die Ursachen der Säuglings-sterblichkeit, nun die Todesursachenlisten anführten. Unvermeidbar wurde die Epidemiologie so auch zu einem Brennpunkt in den Aus-einandersetzungen um gesundheits- und versorgungspolitische In-teressen zwischen den Polen Mengenausweitung und Begrenzung auf diagnostische und therapeutische Interventionen nach den Maßstäben von Notwendigkeit, Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit.
Vor diesem Hintergrund erweiterte sich das Verständnis der Epidemi-ologie auf alle quantitativen Studien in der Medizin, vor allem auch auf klinische Studien. In der Folge verbreitete sich eine Sicht, die letztlich jede Anwendung mathematisch-statistischer Methoden dann auch der Epidemiologie zurechnete.
Diese Sicht wird hier nicht geteilt. Konstitutiv für das Verständnis des Forschungsfeldes „Epidemiologie“ bleibt hier die Sicht, dass es sich um die Lehre von Krankheiten, ihren Ursachen und Risikofaktoren, und den Möglichkeiten, dagegen zu intervenieren handelt, also um die Wis-senschaft von den Ursachen der Bewegung von inzidenten und prä-valenten Fällen, darunter Gefährdungsänderungen für das Leben und die Gesundheit der Menschen im Ablauf der Zeit. Dieses Studienin-teresse war zwar nicht wirklich neu, verlangte allerdings, die traditionelle Deutung von Epidemien als Folgen einer Übertragung von Krank-heitsursachen von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch zu er-weitern.
Unter dieser Voraussetzung ist für dieses Heft unseres „Kompendiums der Sozialmedizin“ die Epidemiologie die Grundlage der Analytik aller Gesundheitsprobleme, die auf Bevölkerungsebene dargestellt werden können. Sie ist Teil, der Public Health Wissenschaften, der Sozialme-dizin, der Versorgungsforschung und aller weiteren Wissenschaften und Anwendungsgebieten mit analogen analytischen Bedarfen.
Ärztinnen und Ärzte, die sich speziell dem Arbeitsfeld der medizinisch gutachtlichen Expertise zuwenden wollen, werden in der Epidemiologie eine ihrer wichtigen wissenschaftlichen Grundlagen finden, hier aber auch die Dilemmata der Begutachtung. Diese erwachsen daraus, dass es die Qualifikation des Gutachters sein muss, probabilistische Aus-sagen aus Studien auf deterministisch kausale Zusammenhangsfragen einer Expertise zum einzelnen Fall anzuwenden. Dies wird letztlich nur gelingen, wenn reflektierte Erfahrung und die Abwägung der Mög-lichkeiten und der Grenzen quantitativer epidemiologischer Analytik zueinander finden.
Die Herausgeber
Die Epidemiologie ist sowohl als eigenständige Wissenschaft wie auch mit ihrem Methodenarsenal ein unverzichtbarer Teil der medizinischen Forschungslandschaft. Sie ist auch für die Sozialmedizin Teil ihrer essentiellen Grundlagen.
Etwa seit den 1950er Jahren hat die Nutzung epidemiologischer Methoden eine erhebliche Erweiterung erfahren. Diese bezieht sich zunächst darauf, dass sich das Nutzungsfeld auf alle Krankheiten erweiterte, also nicht mehr nur für die quantitative Analytik übertragbarer Krankheiten und für die Vektoranalytik Anwendung fand. Sie fand nun in großer Breite auch in der Expositionsforschung vor allem in der Sozial-, Arbeits- und Umweltmedizin Anwendung.
Die Epidemiologie wurde gleichsam zur Schlüsselwissenschaft bei der Identifikation von Gefährdungsunterschieden zwischen Gruppen von Personen in unterschiedlichen Lebenssituationen, mit unterschiedli-chen Lebensweisen und Gesundheitsressourcen. „Mögliches“ zu identifizieren, zu fördern oder zu verhindern wurde so zu einem ei-genständigen Handlungsfeld. Risiko und Chance wurden Gegen-stände systematischer Forschung.
Allerdings gab es neben der Medizin weitere Interessenten, hier vor allem die nach Prinzipien der Risikoäquivalenz agierende Kranken- und Lebensversicherungswirtschaft. Epidemiologie wurde so auch ein Konfliktfeld der Akteure im pro und contra von fiskalischer, parafiska-lischer (hier vor allem solidarischer) sowie risikoselektiver Krankenver-sicherungen.
Eine erhebliche Erweiterung erfuhr das Arbeitsfeld der Epidemiologie durch die großen bevölkerungsbasierten Interventionsstudien der 1970er Jahren in den USA. Sie folgten der Erwartung, es ließen sich mit prädiktiven Interventionen alle jene Sterbeursachen bekämpfen, die bei gestiegener mittlerer Lebensdauer und im Tausch gegen die „classic killers“, vor allem die Tuberkulose und die Ursachen der Säuglings-sterblichkeit, nun die Todesursachenlisten anführten. Unvermeidbar wurde die Epidemiologie so auch zu einem Brennpunkt in den Aus-einandersetzungen um gesundheits- und versorgungspolitische In-teressen zwischen den Polen Mengenausweitung und Begrenzung auf diagnostische und therapeutische Interventionen nach den Maßstäben von Notwendigkeit, Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit.
Vor diesem Hintergrund erweiterte sich das Verständnis der Epidemi-ologie auf alle quantitativen Studien in der Medizin, vor allem auch auf klinische Studien. In der Folge verbreitete sich eine Sicht, die letztlich jede Anwendung mathematisch-statistischer Methoden dann auch der Epidemiologie zurechnete.
Diese Sicht wird hier nicht geteilt. Konstitutiv für das Verständnis des Forschungsfeldes „Epidemiologie“ bleibt hier die Sicht, dass es sich um die Lehre von Krankheiten, ihren Ursachen und Risikofaktoren, und den Möglichkeiten, dagegen zu intervenieren handelt, also um die Wis-senschaft von den Ursachen der Bewegung von inzidenten und prä-valenten Fällen, darunter Gefährdungsänderungen für das Leben und die Gesundheit der Menschen im Ablauf der Zeit. Dieses Studienin-teresse war zwar nicht wirklich neu, verlangte allerdings, die traditionelle Deutung von Epidemien als Folgen einer Übertragung von Krank-heitsursachen von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch zu er-weitern.
Unter dieser Voraussetzung ist für dieses Heft unseres „Kompendiums der Sozialmedizin“ die Epidemiologie die Grundlage der Analytik aller Gesundheitsprobleme, die auf Bevölkerungsebene dargestellt werden können. Sie ist Teil, der Public Health Wissenschaften, der Sozialme-dizin, der Versorgungsforschung und aller weiteren Wissenschaften und Anwendungsgebieten mit analogen analytischen Bedarfen.
Ärztinnen und Ärzte, die sich speziell dem Arbeitsfeld der medizinisch gutachtlichen Expertise zuwenden wollen, werden in der Epidemiologie eine ihrer wichtigen wissenschaftlichen Grundlagen finden, hier aber auch die Dilemmata der Begutachtung. Diese erwachsen daraus, dass es die Qualifikation des Gutachters sein muss, probabilistische Aus-sagen aus Studien auf deterministisch kausale Zusammenhangsfragen einer Expertise zum einzelnen Fall anzuwenden. Dies wird letztlich nur gelingen, wenn reflektierte Erfahrung und die Abwägung der Mög-lichkeiten und der Grenzen quantitativer epidemiologischer Analytik zueinander finden.
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