"Gedächtnis ist das Tagebuch, das wir immer mit uns herumtragen." (Oscar Wilde)
Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr ...
Florence Clayborne ist 84 Jahre alt und lebt seit 5 Jahren in einem englischen Seniorenheim in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Die Heimleiterin Miss Ambrose jagt ihr immer wieder Angst ein, indem sie ihr droht, sie in eine andere Einrichtung abzuschieben, da Florence als recht starr- und eigensinnige Person eigene Vorstellungen davon hat, wie ihr Leben verlaufen sollte. Und sie findet, dass sie gar nicht zwischen die ganzen Bewohner passt. Eines Tages zieht ein neuer Bewohner in das Heim und als Florence ihn zu Gesicht bekommt, erschrickt sie zu Tode, denn Ronnie Butler ist ihr bestens bekannt, aber eigentlich müsste er tot sein. Komisch nur, dass sich der Mann nun Gabriel Price nennt, was soll das bedeuten? Dann stürzt Florence in ihrer eigenen Wohnung, und während sie auf dem Boden liegt, arbeitet ihr Gehirn auf Hochtouren, denn mit Ronnie alias Gabriel verbindet sie eine bewegte Vergangenheit, die Florence erst nach und nach zusammensetzen kann…
Joanna Cannon hat mit ihrem Buch “Drei Dinge über Elsie” einen sehr unterhaltsamen und ebenso anrührenden Roman vorgelegt, der von Beginn an begeistern kann. Der Schreibstil ist flüssig, einfühlsam und gleichzeitig fesselnd, die Autorin versteht es wunderbar, ihrer Geschichte einen minutiösen Anstrich zu verleihen und dem Leser die Spannung bis zum Schluss zu erhalten. Die Geschichte beginnt um 16:48 Uhr, als Florence stürzt, und endet um 23:12 Uhr. In 13 Zeitabschnitten lässt die Autorin sowohl Florence als auch Miss Ambrose und den Hausangestellten Simon im Wechsel zu Wort kommen, dabei ist eindeutig Florence die Hauptakteurin, während Simon und Miss Ambrose ihre Sicht auf die Abläufe wiedergeben und ihre eigenen Gedanken und Gefühle ebenfalls offenlegen. Die Autorin gibt dem Leser einen guten Einblick in das Leben in einem Seniorenheim, gleichzeitig gibt sie aber auch einfühlsam den Gesundheitszustand der Einwohner sehr gut wieder und zeigt auf, wie oft einem das Gedächtnis einen Streich spielt, wenn es um Erinnerungen und wichtige Dinge geht. Auch das Thema Demenz spielt in dieser Geschichte eine Rolle und sorgt für einige Überraschungen, was die Auflösung des Puzzles betrifft, zu dem die Autorin den Leser mit ihrer Geschichte einlädt. Sehr gekonnt führt die Autorin den Leser immer wieder auf eine neue Fährte und man ist sich beim Lesen nie sicher, welche davon denn nun wirklich stimmt. Gleichzeitig stimmt die Handlung auch nachdenklich und man wünscht sich einfach, sein Gedächtnis noch lange in bester Verfassung zu wissen.
Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, besitzen individuelle Ecken und Kanten, wirken lebendig und vor allem realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen. Florence ist eine ältere Dame, die seit 5 Jahren in einem Seniorenheim lebt, obwohl sie den Eindruck vermittelt, dass sie lieber nicht dort wäre. Sie ist eine recht eigensinnige Person, dazu starrsinnig, lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen und ist auch recht gewitzt. Aber man spürt auch ihre Angst, wenn sie das Gefühl hat, die Welt spiele ihr einen bösen Streich, oder wenn Miss Ambrose wieder einmal mit einer Verlegung droht, sollte sie nicht nach deren Pfeife tanzen. Elsie ist die gute Seele, die Florence bei allem zur Seite steht. Sie ist seit Ewigkeiten Florence beste Freundin, die beiden teilen alles miteinander. Jack ist ein älterer und einfühlsamer Herr, der sich mit Florence anfreundet. Simon ist handwerklich begabt, zweifelt aber oft an sich und seinen Fähigkeiten, dabei hat er ein gutes Herz. Cheryl ist die Friseurin im Heim und hütet ein Geheimnis, das nur Florence zu ahnen scheint. Miss Ambrose fühlt sich meist zu höherem berufen, doch fehlt ihr der Mut, sich woanders zu bewerben. Auch Ronnie und weitere Bewohner geben der Handlung zusätzlichen Input und machen sie rund.
“Drei Dinge über Elsie” ist eine sehr unterhaltsame und gleichzeitig berührende Geschichte, die sich erst nach und nach entfaltet und ihren wahren Kern preisgibt. Wenn man sich erst einmal mit Florence angefreundet hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihr trennen. Wunderbar erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet.