Cover-Bild "Wer Kiew hat, kann Russland zwingen" (Paul Rohrbach, 1916)
Band 63 der Reihe "Hochschulschriften / Begonnen im trafo Verlag, fortgesetzt im trafo Wissenschaftsverlag"
29,80
inkl. MwSt
  • Verlag: trafo Wissenschaftsverlag
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 246
  • Ersterscheinung: 10.04.2023
  • ISBN: 9783864641787
Jörg Wollenberg

"Wer Kiew hat, kann Russland zwingen" (Paul Rohrbach, 1916)

Ein anderer Blick auf den Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine mit Erinnerungen an Spuren von verdrängten Ereignissen der deutschen und russisch-ukrainischen Geschichte im 20. Jh.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat eine lange Vorgeschichte. Er begann mit dem Ende des Kalten Krieges und der Osterweiterung der NATO ab 1997. Der US-amerikanische Diplomat George F. Kennan (1904–2005) hatte als ehemaliger Architekt der Eindämmungspolitik gegenüber der UdSSR schon am 5. Februar 1994 in „The New York Times“ davor gewarnt: „Die Nato-Erweiterung wäre der folgenschwerste Fehler der amerikanischen Politik seit dem Ende des Kalten Krieges. Denn es ist damit zu rechnen, dass diese Entscheidung nationalistische, antiwestliche und militaristische Tendenzen in der russischen Öffentlichkeit schürt, einen neuen Kalten Krieg in den Ost-West-Beziehungen auslöst …“ Auch die Zustimmung zur Einbeziehung des geeinten Deutschlands in die NATO war mit der Zusage verbunden, die NATO nicht nach Osten auszuweiten.
Über diese Hintergründe zu reden, wurde in Deutschland nach der Ende Februar 2022 vom Bundeskanzler Scholz verkündeten „Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents“ tabuisiert.
Auch die Optionen gegen Waffenlieferungen und für einen Waffenstillstand sowie Friedensverhandlungen als Verpflichtung des Grundgesetzes nach den zwei von Deutschland ausgelösten Weltkriegen, die auch das Kapitel der Massenmorde an Millionen von Menschen in der Ukraine enthält, fielen unter dieses Tabu.
An diesen Morden beteiligten sich ab Juni 1941 auch Mitglieder der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) um Stepan Bandera. Noch heute werden ihm Denkmäler in der Ukraine gewidmet, selbst am Denkmal der Judenverfolgung mit mehr als 30.000 ermordeten Menschen in Baby Yar. Seit 2015 trägt Bandera den Ehrentitel „Held der Ukraine“. Und das wohl auch, weil die OUN von Bandera und Melnyk schon 1918 an dem Bürgerkrieg der ukrainischen Separatisten gegen Russland beteiligt war.
Das komplizierte Tauziehen um die Selbständigkeit oder Zugehörigkeit der Ukraine zu Russland im Gefolge des I. Weltkrieges endete 1922 mit dem Sieg prorussischen Kräfte. Die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik wurde offiziell Teil der neu gegründeten Sowjetunion.
Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die fortexistierende nationalistische und antisemitische OUN von Bandera und Melnyk das Oberkommando der Deutschen Wehrmacht im Juni 1941 erneut als Befreier von der sowjetischen Zwangsherrschaft begrüßte, sich an der Deportation und Erschießung der Juden beteiligte. Bandera rief am 30. Juni 1941 in Lemberg den unabhängigen ukrainischen Nationalstaat aus und trug so mit dazu bei, dass der Holodomor Stalins den Holocaust von Hitler in der Ukraine immer mehr verdrängte.
In diesem Buchprojekt geht es darum, aus den Fehleinschätzungen der Vergangenheit zu lernen. Das scheint auch vor dem Hintergrund des 75. Jahrestages der 12 Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse von 1947/48 gegen die Eliten des NS-Systems als besonders geboten. Und einer der wichtigsten damalige Hauptkriegsschauplatz war – wie heute – die Ukraine.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Meinungen aus der Lesejury

Es sind noch keine Einträge vorhanden.