Kaputte Uhrwerke in den Herzen
Sandy Hyland ist eine Therapeutin mit unorthodoxen Methoden, die sich auf die Eheberatung spezialisiert hat. Und einmal mehr hat sie es mit einer harten Nuss zu tun: Charlotte und Steve, beide Mitte 30, ...
Sandy Hyland ist eine Therapeutin mit unorthodoxen Methoden, die sich auf die Eheberatung spezialisiert hat. Und einmal mehr hat sie es mit einer harten Nuss zu tun: Charlotte und Steve, beide Mitte 30, haben sich getrennt, nachdem er seine Frau mehrfach betrogen und sie sich Trost bei Bill, einem Kollegen von ihr, gesucht hat. Die Dozentin an einer Uni und der Teilhaber einer Firma wollen sich jedoch helfen lassen, um eine Scheidung vielleicht doch noch zu verhindern. Sie haben zwei kleine Kinder, Chris und Liz, und noch Gefühle füreinander. Einmal wöchentlich treffen sich sie daher bei Sandy, um an ihrer Ehe zu arbeiten. Doch Sandy macht wenig Hoffnung. Die Therapeutin sagt, die Chance, die Ehe zu retten, stehe höchstens 1:1000. Ob es dennoch gelingen wird?
„Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein ungewöhnlicher Roman.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 31 recht kurzen Kapiteln. Erzählt wird aus der Sicht der Therapeutin. Die Geschichte spielt sich komplett in dem Therapiezimmer ab, einem Raum in Kalifornien. Dieser Aufbau funktioniert gut.
Der Schreibstil ist schnörkellos, aber angenehm. Er ist geprägt von viel wörtlicher Rede, wodurch sich der Roman schnell lesen lässt. Der Einstieg in die Geschichte ist sehr abrupt. Das bereitete mir aber keine Schwierigkeiten.
Die Protagonisten sind Menschen mit Ecken und Kanten. Nicht nur Steve und Charlotte sind Charaktere, die immer mal wieder Fehler machen. Auch die Paartherapeutin hat Probleme. Dadurch wirken die Personen durchaus realitätsnah. Ich habe gerne verfolgt, wie sich die getrennten Eheleute persönlich weiterentwickeln und Einsicht in ihr Verhalten erlangen.
Obwohl es um Themen wie Liebe, Ehe, Betrug, Verletzungen und Vertrauen geht, kommt der Roman ohne Kitsch und zu viel Drama aus. Er hat sogar einen eher nüchternen Grundton.
Bei rund 30 Terminen arbeitet das Paar zusammen mit der Therapeutin seine Probleme auf. Zwar drehen sich die Gespräche zum Teil um dieselben Punkte. Trotzdem kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn es gibt immer wieder überraschende Momente. Bis zum Schluss bleibt die Spannung gewahrt, ob und wie sich die beiden Ehepartner noch einmal annähern können.
Gut gefallen hat mir, dass es viel um psychologische Mechanismen und Einblicke in das Verhalten von Menschen gibt. Zwar habe ich gewisse Zweifel, was die Seriosität und Authentizität der Therapiemethoden angeht. Das hat das Lesevergnügen allerdings nur geringfügig geschmälert.
Den deutschen Titel finde ich ein wenig irreführend und nicht so treffend wie das amerikanische Original („Listen to the marriage“). Auch die sehr reduzierte, kühle Covergestaltung kann mich nicht begeistern. Allerdings passt das gewählte Motiv inhaltlich ganz gut.
Mein Fazit:
„Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein sehr kurzweiliger, unterhaltsamer Roman, der mir schöne Lesestunden beschert hat. Empfehlenswert besonders für alle, die einmal eine etwas andere Liebesgeschichte lesen möchten.