Cover-Bild Frühling der Barbaren
14,95
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 125
  • Ersterscheinung: 22.03.2017
  • ISBN: 9783406646942
Jonas Lüscher

Frühling der Barbaren

Novelle

Der Protagonist dieser raffiniert gebauten Debütnovelle von Jonas Lüscher, der Schweizer Fabrikerbe Preising, wird auf einer Geschäftsreise in einem gehobenen tunesischen Oasenresort Zeuge aufwendiger Hochzeitsvorbereitungen.
Reiche junge Engländer aus der Londoner Finanzwelt haben Freunde und Familie für ein großes Fest um sich versammelt und feiern schon im Voraus ausschweifend, als sich die wirtschaftlichen Krisensignale zur Katastrophe verdichten: Das britische Pfund stürzt ab, kurz danach ist England bankrott, mit unabsehbaren Folgen, die auch Tunesien nicht unberührt lassen. Preising, als Schweizer zwar von den schlimmsten Folgen ausgenommen, muss miterleben, wie dünn die Decke der Zivilisation ist, und lernt seine ganz eigene Lektion in Globalisierung, denn seine Firma lässt in Tunesien fertigen. Auch Preising bleibt nicht ungeschoren.
Spannend, klug konstruiert, durchaus auch komisch, mit unvergesslichen Bildern und einer reichen, beweglichen Sprache erzählt, seziert dieses Buch menschliche Schwächen und zielt dabei mitten ins Herz der Gegenwart.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.06.2018

Die Highsociety ohne Geld

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Black Friday und Weltwirtschaftskrise- wir alle kennen die größten Krisen des Finanzmarktes und dass Geld Macht bedeutet, dürfte wohl auch jedem klar sein. Falls nicht- Literatur gibt es dazu genügend. ...

Black Friday und Weltwirtschaftskrise- wir alle kennen die größten Krisen des Finanzmarktes und dass Geld Macht bedeutet, dürfte wohl auch jedem klar sein. Falls nicht- Literatur gibt es dazu genügend. Doch was passiert bei einem Zusammenbruch des Finanzmarktes mit der Kultur und den Moralvorstellungen einer Zivilisation? Jonas Lüscher entwickelt zu dieser Frage in seinem Debütroman Frühling der Barbaren ein bildmächtiges Weltuntergangsszenario, das den Leser ab dem ersten Satz zum Grübeln und zur Reflektion über unsere gegenwärtige Gesellschaft anregt. Finanzkrisen, Globalisierung, Leistungsgesellschaft. Auf den gerade einmal 125 Seiten des 2013 erschienen Romans schafft es Lüscher alle großen Probleme der Gegenwartsgesellschaft anzugehen.
Raffiniert stellt Lüscher verschiedene Konfliktsituationen auch auf mehreren Erzählebenen dar. In der Rahmenerzählung berichtet der handlungsunfähige Schweizer Unternehmer Preisling, der sich in einer psychiatrischen Einrichtung befindet, von einer Geschäftsreise nach Tunesien. Diese Binnenerzählung berichtet, wie Preisling zunächst die Produktionsstätten seiner eigenen Firma besucht, wo er in einen Konflikt zwischen Ethik und Wirtschaftlichkeit gerät und dann Zeuge einer dekadenten, protzigen Hochzeit zweier junger Briten, die der Londoner Finanzwelt angehören, wird. In der Nacht nach der Hochzeit bricht die Londoner Börse zusammen und ein Großteil der Hochzeitsgäste verliert sein Vermögen. Als am nächsten Morgen die Kreditkarten gesperrt sind und die Gäste aus dem Hotel geschmissen werden, beginnt die Abwärtsspirale in die Barbarei- wie Lüscher die folgenden Geschehnisse bezeichnet. Auf metaphorisch und immer leicht ironische Weise stellt Lüscher dar, wie schnell sich Zivilisation und Moralvorstellungen auflösen können. Sinnbildlich dafür steht die Opferung genau des Kamels, auf dem die Braut am Tag zuvor noch zum Altar geritten ist.
Auch wenn Lüscher die Highsociety der Finanzwelt mit Blackbarry, Kleidungsstil und offensichtlicher Arroganz vielleicht etwas zu klischeehaft darstellt und das Ausmaß des Absturzes in die Barbarei doch recht utopisch ist, so lässt sich aus dieser Novelle doch etwas lernen, so wie es der Ich-Erzähler Preisling suggeriert- auch und gerade weil man dazu lernen muss, die richtigen Fragen zu stellen. Die Novelle zeigt jedoch nicht nur mit dem Finger auf gegenwärtige Probleme, Lüscher ruft mit der Figur des ewig ausharrenden, handlungsunfähigen Preislings, der immer von allen herumgeschubst wird und auch in Situationen, in denen er helfen könnte, passiv bleibt, jeden einzelnen auf, aktiv zu werden. Schon kleine Handlungen machen einen Unterschied.
Eine Gesellschaftskritik, die nicht nur benennt, sondern bewegt.

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