Cover-Bild Eine allgemeine Theorie des Vergessens
19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 197
  • Ersterscheinung: 21.07.2017
  • ISBN: 9783406713408
José Eduardo Agualusa

Eine allgemeine Theorie des Vergessens

Roman
Michael Kegler (Übersetzer)

Es ist eine fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit Tagebuchnotaten und Gedichten. Allmählich setzt sich aus Stimmen, Radioschnipseln und flüchtigen Eindrücken zusammen, was im Land geschieht. In den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen. José Eduardo Agualusa hat mit seinem wunderbaren, dicht und spannend gewobenen Roman, der das Fantastische der Wirklichkeit und eine Art höhere Gerechtigkeit beschwört, unvergessliche Szenen geschaffen, tragisch, komisch, grotesk. Dieser Roman feiert die Kunst des Erzählens selbst.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2017

Eine Überraschung

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Dieses Buch hat mich weder vom Cover noch vom Titel angesprochen, denn weder Cover noch Titel sagen mir nicht viel. Im Buchladen wäre ich vielleicht vorbei gelaufen. Aber zum Glück entdeckte ich das Buch ...

Dieses Buch hat mich weder vom Cover noch vom Titel angesprochen, denn weder Cover noch Titel sagen mir nicht viel. Im Buchladen wäre ich vielleicht vorbei gelaufen. Aber zum Glück entdeckte ich das Buch in einer Leserunde und der Inhalt klang so kurios, dass ich es unbedingt lesen wollte.
Der Ort der Handlung ist Angola in der Zeit des Befreiungskampfes. Ludovicas Leben ist überschaubar, sie lebt in der großzügigen Wohnung ihrer Schwester und deren Ehemann. Aus Angst verlässt sie die Wohnung nicht, wirkt aber nicht unglücklich in ihrem eigen gewählten Exil. Als ihre Schwester und Schwager eines Tages von einer Party nicht mehr zurück kehren, ist sie auf sich allein gestellt. Nach einem missglückten Einbruch in die Wohnung, kapselt sich Ludovica, genannt Ludo, vollkommen von der Außenwelt ab, indem sie die Wohnungstür mit einer Mauer verschließt.
Nun könnte man denken, dass das Buch sich nun hauptsächlich mit der Gefühlswelt von Ludo befasst, denn was soll in einer zugemauerten Wohnung viel passieren. Aber ich wurde überrascht. Der Autor erschafft virtuos um Ludo herum verschiedenste Charaktere, mit denen er die Situation im Land zu dieser turbulenten Zeit, sehr gut darstellt. Diese Schicksale sind miteinander, aber auch auf ungewöhnlichste Weise mit Ludo verbunden. Das war manchmal für mich als Leserin verwirrend und erforderte konzentriertes Lesen, aber ich bin tief beeindruckt, wie der Autor die Schicksale verbunden hat, bis zum großen Finale. Die Stimmung im zerrissenen Land, die Angst, die Verlorenheit, die Enttäuschung, aber auch die Hoffnung werden ohne plakativ zu wirken, werden grandios wiedergegeben.
Durch die vielen Wechsel der Schicksale, wurde mir nie langweilig. Der Spannungsbogen wurde immer gehalten. Es gibt keine weitschweifenden Beschreibungen, der Autor konzentriert sich auf das wichtige. Kurze Sequenzen sind grausam, sind aber wichtig, um diese Zeit und die Auswirkungen zu verstehen. Manchmal hätte ich mir mehr Hintergrundinformationen gewünscht, aber das hätte nicht zu diesem Roman gepasst.
Für mich insgesamt wirklich ein überraschender Roman, der sich ganz anders entwickelt hat als erwartet. Ein Roman, den ich sicher bald nochmal lesen werde, denn ich bin sicher er wird sich beim nochmaligen Lesen noch weiter entfalten. Denn viele kleine Verästelungen in der Geschichte habe ich überlesen. Zu komplex ist das Geflecht. Ein Afrikaroman, der das Ende der Kolonialzeit in einem Land, hier Angola, mal aus einer ganz anderen Sicht beleuchtet.

Veröffentlicht am 11.08.2017

Magisch, verschlungen, vielschichtig

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José Eduardo Agualusa’s Roman “Eine allgemeine Theorie des Vergessens” ist eine vielschichtige Erzählung. Trotz seiner nicht mal 200 Seiten packt er einiges an unterschiedlichen Handlungen und Sichtweisen ...

José Eduardo Agualusa’s Roman “Eine allgemeine Theorie des Vergessens” ist eine vielschichtige Erzählung. Trotz seiner nicht mal 200 Seiten packt er einiges an unterschiedlichen Handlungen und Sichtweisen in diese Geschichte. Ludovica ist zwar die Hauptfigur, doch es erscheinen auch zahlreiche Nebenfiguren auf. Bei der Kürze des Romans möchte man meinen das sei nicht sehr stimmig. Doch weit gefehlt! Die einzelnen Komponenten verweben sich wunderbar miteinander. Denkt man erst, was hat Ludovia nun mit all dem zu schaffen, so verwebt sich die Geschichte Seite um Seite und fügt sich am Ende zu einem wunderbaren Großen und Ganzen zusammen.

Ludovica scheint Zeit ihres Lebens menschenscheu und zurückgezogen gelebt zu haben. Natürlich stellt man sich da als erstes die Frage Warum? Warum scheut Ludovica die Menschen, geht nie vor die Tür, kapselt sich ab? Am Tag vor der Revolution hat sie dann auch noch dieses einschneidende Erlebnis mit dem Einbrecher, der sie dazu treibt sich in ihren vier Wänden einzumauern. Nur ein treuer vierbeiniger Gefährte steht ihr in den nächsten Jahren zur Seite. Ihr einziges Zugeständnis an die Freiheit ist die Dachterrasse. Von dort blickt sie in den nächsten Jahren hinab auf die Stadt. Sieht die Veränderung in den Straßen und die Veränderung der Menschen. Sie sieht viel von dort oben, die Leute unten sehen sie nicht. Als Nahrung dient ihr selbstgezogenes Gemüse, eine kleine Hühnerzucht und Tauben, die ihr in die Falle gehen. So vergehen die Jahre und für Ludovica ist es nicht immer leicht. Der Hunger quält sie, und um die Einsamkeit zu vergessen schreibt sie die Wände in ihrer Wohnung voll. Als sie eine alte Frau ist, meint sie schon still und heimlich zu sterben, ohne dass sie jemals wieder von einem menschlichen Wesen gesehen wird. Doch dann ändert ein Unfall plötzlich alles….

Über 30 Jahre begleitet man Ludovica so durch ihr einsames Exil. Erlebt ihre Verzweiflung, ihre Neugier und ihren Mut. Erlebt ihre jagt nach Nahrung und die Auswirkung dazu im Verlauf der Geschichte. Alles beginnt mit Ludovica. Sie ist Dreh und Angelpunkt mit dem was nach und nach in der Geschichte passiert. Auch wenn sie nur als Anstoß dafür zu gelten hat. Jede Begegnung und Tat der Nebencharaktere wäre aber nicht möglich, hätte es diesen Beginn durch Ludovica nicht gegeben. Das ist etwas knifflig, denn die Zusammenhänge erschließen sich dem Leser nicht sofort. Erst nach und nach eröffnen sich einem die Verbindungen untereinander. Ein Land in der Revolution, das ist aufwühlend, da gibt es viele Täter und noch mehr Opfer. Auch dieses Zusammenspiel ist Teil der Geschichte und fügt sich in den Nebencharakteren in die Handlung mit ein.

Sprachlich hat mir der Roman sehr gefallen. Kurze Kapitel wechseln sich mit Tagebucheinträgen, Versen und Rückblicken ab. Das Cover versprüht durch seine kräftigen Farben Lebensfreude. Welche man den Nebencharaktere trotz der harten Zeit die sie durchwandern durchaus anmerkt.

Mein Fazit:

Ein literarisch gelungenes Werk, welches mir wunderschöne Lesemomente beschert hat. Immer mal wieder, muss man über gelesenes nachdenken, es verarbeiten, um sich dann wieder ganz in der Geschichte zu verlieren!

Veröffentlicht am 06.08.2017

Wenn alles sich zusammenfügt…

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Wenn alles sich zusammenfügt…dann muss es wohl dieses Buch gewesen sein. Kaum ein Buch finde ich so sehr für eine Leserunde geeignet, wie dieses (und so wenig geeignet als - wohl nicht existierendes - ...

Wenn alles sich zusammenfügt…dann muss es wohl dieses Buch gewesen sein. Kaum ein Buch finde ich so sehr für eine Leserunde geeignet, wie dieses (und so wenig geeignet als - wohl nicht existierendes - Hörbuch): auf knappen 200 Seiten nur schafft es der in Angola, der ehemaligen portugiesischen Kolonie, geborene José Eduardo Agualusa, derart viele Bilder und Bezüge zu erschaffen, dass deren Bedeutung einem einzelnen Leser vielleicht gar nicht auffällt, ohne jedoch einen „Überinterpretationszwang“ aufzubauen, wie er manchen Kurzgeschichten zugrunde liegt: für eine Taube namens Amor, die Liebesbotschaften transportiert, muss man nicht wissen, dass z.B. ein Kafka einen Vaterkomplex hatte, man kann dieses Bild einfach genießen, so man es denn wie ein Puzzle aus den verschiedenen Stellen im Text zusammengesetzt hat.

Das Bild mit dem Puzzle trifft es übrigens recht gut: Agualusa präsentiert vermeintliche Nebenhandlungen und –figuren, die sich dann plötzlich zu wichtigen Bestandteilen entwickeln (bis man sich als Leser daran gewöhnt hat und aufmerksamer liest). Dass die Personen gelegentlich im Wechsel mit ihrem Namen, ihrem Spitznamen und ihren (noch dazu über die Zeit wandelnden) Beschäftigungen genannt werden, erhöht weiter die Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Lesers dieses Puzzles, erhöht jedoch parallel die Faszination. Zurückblättern eindeutig erwünscht (deshalb die nötige gedruckte Form). Und wie im Puzzle weiß man erst, wenn ein Teilchen an der richtigen Stelle liegt, was sich für ein Gesamtbild ergibt – unbesehen der Schönheit einzelner Stellen.

Suggeriert der Klappentext noch den meisten, es sei rein eine Geschichte über Ludo, Ludovica, die etwa 1975, 1975 aus Angst zwischen ihrer Wohnung und dem Zugang vom Flur eine Wand hochmauert und die die selbstgewählte Klausur für 28 Jahre fortsetzt, und dass, OHNE, dass tatsächlich im Klappentext steht, es ginge nur im sie. So entpuppt sich die Geschichte als hochkomplexes Geflecht zwischen verschiedenen Beteiligten. Einer der wichtigsten Beteiligten ist dabei vielleicht der Handlungsort: Angola, in dessen Hauptstadt Luanda die aus Portugal stammende Ludo lebt, das Land, das gerade den Übergang von der portugiesischen Kolonialherrschaft in die Selbstbestimmung geht, mit dem, was in vielen ehemaligen Kolonien zu diesem Schritt gehört: Aufruhr, Flucht vieler Angehöriger der ehemaligen Kolonial-„Herren“, Kämpfe um die Macht mit den Zutaten Verrat, Gewalt, Schreckensherrschaft. „Ihr habt uns fünfhundert Jahre lang ausgeplündert. Wir kommen nur holen, was uns zusteht.“ S. 22

Doch das muss man nicht vorrangig politisch lesen, das kommt nicht daher mit erhobenem Zeigefinger, der Kontext ergibt sich eher en passant bei der Lektüre – wobei gelegentliches Nachschlagen im leider erst zu Ende entdeckten Glossar ebenso hilfreich ist wie die von mir zuvor durchgeführte Recherche in Wikipedia zur Geschichte Angolas und zu der von Portugal, speziell zur Nelkenrevolution (ich erlese mir Geschichte zugegebenermaßen lieber entlang von Romanen als in Sachbüchern).

Das Buch selbst liest sich auch jenseits von Politik und Geschichte voller reicher Sprache, von Bemerkungen Ludovicas zur alten Heimat wie „…das Portugiesisch, das sie sprechen, ist nicht mehr meins.“ S. 32 (ähnliches fand ich bei „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ zur Sprache der Inuit) über ganze Passagen wie „Die Leute sehen in Wolken nicht deren Form, die ja keine ist, oder jede beliebige sein kann, weil sie sich stetig verändert. Sie sehen, wonach sich ihr Herz sehnt.
Das Wort Herz mögen Sie nicht?
Nehmen Sie einen anderen: Seele, das Unterbewusste, Fantasie, was Sie wollen. Es gibt dafür keinen genauen Begriff.“ S. 64

Das Vergessen schleicht sich als roter Faden ein: vom vergessen wollen, nicht vergessen können, vergessen werden bis hin dazu, dass man manchmal vergessen muss, damit es weiter gehen kann – diese Art Gedankenkette kann man an so vielen Stellen ansetzen. Das Buch spielt trotz der Kürze reichhaltig mit den Formen: Gedichte, ja ein Haiku, Tagebucheinträge, die genannte direkte Ansprache – allein davon war ich begeistert, neben der poetischen Sprache, den versteckten Bröckchen von Zusammenhängen, dem geradezu Fabel-haften Personen-Kosmos. Kurz, ganz kurz hatte ich mit der Zusammenführung von allen und allem zum Ende gehadert: zu glatt? Zu schnell dann doch? Nein. Das ist nun einmal Bestandteil von allem Fabel-haften - und das Ziel eines Puzzles.



Empfehlung für ein Folgebuch: "Der Ort, an dem die Reise endet" von Yvonne Adhiambo Owuor

auch Afrika, aber Kenia, auch um das Ende der Kolonialzeit, aber mit Briten statt Portugiesen und zeitlich noch etwas weiter ins "Davor" und "Danach" greifend, auch eine weibliche Hauptfigur und viele verflochtene vermeintliche Nebenfiguren und -handlungen, mit noch mehr Anforderungen an den Leser und ggf. dessen Recherche-Bereitschaft, aber auch sprachlich und zum Hintergrund sehr bereichernd (aber sicher ungeeignet für den, dem bereits "Eine allgemeine Theorie de Vergessens", das sehr viel kürzere und zugänglichere Buch, zu viel war, zu viele Personen, zu viel an nötigem Hintergrundwissen - beides sind keine Bücher für nebenbei)

Veröffentlicht am 26.08.2017

Bemerkenswert!

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Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus ...

Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit Tagebuchnotaten und Gedichten. In den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen.

Normalerweise versuche ich selbst eine Art Klappentext zu schreiben, der meine Sicht des Buchs zusammen fast. Doch bei diesem Buch ist es mir nicht gelungen, etwas Vernünftiges zu Papier zu bringen.
„Eine allgemeine Theorie des Vergessens“ ist einfach zu außergewöhnlich dafür.
Schon alleine die Schreibweise des Autors enthält so viel Sprachwitz und gleichzeitig Gefühl für seine Figuren, dass es ein Genuss war die Seiten zu lesen.
Die Figuren sind allesamt ein wenig Schrullig, gemischt mit einer Prise Trotz und dem Willen weiterzumachen.
Alle Figuren haben direkt oder indirekt mit der Revolution zu tun und trotz der wenigen Seiten, erfahren wir ziemlich gut, wer welche Beweggründe verfolgt hat.
Dazu versteht es der Autor die Figuren alle wie durch Zufall zusammenzubringen und am Ende der Geschichte einen Knoten in die Fäden zu knüpfen.
Dort liegt auch der für mich einzige Manko.
Zum Ende hin wurde es mir einfach ein wenig zu durcheinander mit den ganzen Namen und Ereignissen. Es waren so viele Namen, dass ich die vorherigen Ereignisse nicht mehr richtig zuordnen konnte und ziemlich verwirrt war.
Das Ende ist trotz alledem gut gelungen und hat das Buch passend abgerundet.
Ein wunderbares Buch für alle die, die gerne ungewöhnliche Geschichten lesen.

Veröffentlicht am 02.08.2017

keine leichte Kost

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Normalerweise zitiere ich in meinen Rezensionen nicht nochmal den Text des Buchrückens, hier erscheint es mir aber sinnvoll:

"Es ist eine fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend ...

Normalerweise zitiere ich in meinen Rezensionen nicht nochmal den Text des Buchrückens, hier erscheint es mir aber sinnvoll:

"Es ist eine fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit Tagebuchnotaten und Gedichten. Allmählich setzt sich aus Stimmen, Radioschnipseln und flüchtigen Eindrücken zusammen, was im Land geschieht. In den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen. José Eduardo Agualusa hat mit seinem wunderbaren, dicht und spannend gewobenen Roman, der das Fantastische der Wirklichkeit und eine Art höhere Gerechtigkeit beschwört, unvergessliche Szenen geschaffen, tragisch, komisch, grotesk. Dieser Roman feiert die Kunst des Erzählens selbst."

Meiner Meinung nach suggeriert dieser Text, man würde eine Geschichte Rund um Ludovica lesen, Also eine Geschichte darüber, dass sich eine Frau 30 Jahre lang isoliert, wie es ihr dabei ergeht und vielleicht wie sie Probleme meistert, die in dieser Zeit auftreten.
Tatsächlich ist das aber nur ein kleiner Teil vom Inhalt dieses Buches.

J.E. Agualusa erzählt von verschiedenen Personen, die unterschiedliche Schicksale während der Revolution erleiden. Dabei stehen einige auf verschiedenen Seiten oder haben verschiedene Interessen. Agualusa schafft es jedoch durch eine sehr intelligente Erzählstruktur, dass am Ende alle Schicksale irgendwie miteinander verknüpft sind, und auch alle in irgendeiner Weise etwas mit Ludovica zu tun haben. Das macht meiner Meinung nach den Charme den Buches aus.

Mir persönlich war der Erzählstil insgesamt jedoch zu anstrengend. Die Geschichte ist sehr dicht gepackt und wenn man nicht genau aufpasst und alle Personen und Namen gut auf dem Schirm hat entgeht einem viel von dem Buch.
Auch der Humor, der oft anklingt ist großartig, aber auch oft unterschwellig.

Mir hat geholfen das Buch in einer Leserunde zu lesen, in der man gemeinsam das Gelesene Rekapitulieren konnte. Ich glaube ich hätte sonst die Freude an dem Buch vielleicht verloren.

Ich würde sagen, es lohnt sich das Buch zu lesen, allerdings sollte man sich viel Zeit dafür nehmen, denn obwohl das Buch mit seinen nicht einmal 200 Seiten eher ein Büchlein ist, könnte man den Inhalt, etwas umgeschrieben sicherlich auch auf drei mal so vielen Seiten verteilen!

Ich habe lange geschwankt, ob das Buch 3 oder 4 Sterne verdient, hier sind es deshalb 3 1/2 geworden. Wie Agualusa es schafft die verschiedenen Personen miteinander verknüpft ist ganz große Kunst, aber der Erzählstil war mir persönlich einfach zu anstrengend.