Das Leben des britischen Gentleman Phileas Fogg ist bestimmt von Regelmäßigkeit, Pünktlichkeit und ohne tiefere Gemütsregungen. Täglich sucht er seinen Club zur gleichen Zeit auf, um dort Whist zu spielen – solange, bis er sich auf eine Wette einlässt, schließlich ist er Brite.
Der Klassiker ist vermutlich den meisten wohlbekannt, das Buch wird häufig gerne als Jugendbuch verschenkt, gerade mit einer Eignung auch für Jungen (Abenteuergeschichte, nicht zu lang, männliche Hauptfigur, fremde Länder, ein Hauch Technik). Ich habe selbst schon eine Version als Graphic Novel für genau diese Gruppe genutzt, das nur am Rande. Weitere Bekanntheit erlangte das Werk durch die vielen Verfilmungen. Von den Werken Jules Vernes ist es eines derjenigen, das sich nicht durch phantastische Elemente auszeichnet.
Ich habe mit der Familie auf mehreren längeren Autofahrten das Hörbuch genossen, eine ungekürzte Version, die nur als Download verfügbar ist, gelesen von Reinhard Kuhnert, mit einer Dauer von 7 Stunden und 55 Minuten.
Die Übersetzung, die der Lesung zugrunde liegt, ist sicherlich älter, so ist völlig sinnbefreit die Rede vom „schottischen Hof“ – hatte ich zuerst gar nicht verstanden: Scotland Yard. Gleichzeitig wird von „Mrs. Auda“ gesprochen, so viel mehr hätte man also auch dem deutschen Publikum zutrauen dürfen (sonst mag ich das ja, wenn die etwas betulicher wirkenden Formen beibehalten werden, davon gibt es sonst noch einige, die mehr Freude bereiten). Die Zeit, in der das Buch geschrieben wurde, darf man als Hörer nicht außer Acht lassen: da gibt es den jüdischen Kaufmann, der nicht mit sich handeln lässt, die Papua, die auf der niedrigsten Stufe menschlicher Bildung stehen, die „Wilden“ (Indianer) überfallen den Zug.
Ich habe auch den Verdacht, dass in meiner editierten Kinderbuchversion von früher keine zwei Hunde auf dem Weg in den Reform Club von der Kutsche totgefahren wurden, und an den Rädern des Zuges dürften nicht Blut und Fleisch der Indianer gehangen haben. Ehrlich gesagt, angesichts der Gewöhnung an political correctness führte das dazu, dass sich die Erwachsenen im Auto köstlich amüsierten, wir werden uns also für den Rest des Tages um Karma-Punkte bemühen. Einiges hat der gute Jules Vernes definitiv nicht so ganz hinbekommen, die Wintersonnenwende wird von ihm auf Ende Oktober verlegt, San Francisco ist die Hauptstadt Kaliforniens, und auf dem Weg nach Shanghai wird immer wieder gesagt, man sei auf dem Weg nach Yokohama (das ursprüngliche Ziele, das nun mit Umweg über Yokohama angesteuert wird).
Generell wurde das Hörbuch von Reinhard Kuhnert wirklich toll vorgelesen, er lässt klar die unterschiedlichen Sprecher hervortreten. Ich würde allerdings annehmen, dass er die TV-Verfilmung mit Peter Ustinov als Figgs kennt – das geht schon sehr in die Richtung. https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=Jt6-ITbNIl4 Im offiziellen Trailer taucht er leider nur kurz und stumm auf, daher https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=hBF162RClAQ
In vielen Filmen erscheinen Luftschiffe oder Zeppeline oder Ballons – nein, nicht im Text. Dafür fehlt in den Filmen praktisch immer der Segelschlitten.
Fazit: ein Spaß für die ganze Familie, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass man kleinere Fehler ausmerzt, daher nur sehr gute 4 Sterne.
Edit: gewühlt und die heimische Ausgabe gefunden, war meiner Erinnerung nach Teil eines Bundle mit Abenteuerbüchern vom Kaffeeröster, daher mit wenig "normalen" Angaben, um ein Buch zu identifizieren. Die Indianer kleben nicht an den Rädern, dafür gibt es auch gedruckt kein Pardon für Bello.
Und SO spielt man generell Whist https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=9v5UxlUg55Y