La Cenerentola
... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. ...
... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. Aber im Gegensatz zu Mimi, die Kleidung liebt, welche ihr den „großen Auftritt“ sichert, möchte Carlotta die Vorzüge ihrer Kundinnen durch geschickte Schnitte und passende Stoffe ins rechte Licht rücken. Denn jede Frau ist schön – auch sie selbst mit ihrer extrem weiblichen Figur, mit der sie sich erst anfreunden musste. In ihrer Kindheit wurde sie wegen ihrer Fülle nämlich oft verspottet. Einzig Daniele, der Erbe einer Webereidynastie hielt zu ihr, bis er in der 5. Klasse auf ein Internat geschickt wurde. Sein Abschiedsgeschenk war ein silberner Fingerhut, den Carlotta seitdem als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trägt. Sie hofft darauf, dass er ihr Daniele eines Tages zurückbringt. Neben der Schneiderei betreibt Carlotta eine kleine Weberei, die sie am 18. Geburtstag von ihrem Vater geerbt hat. Diese möchte Danieles Vater Vincenzo jetzt kaufen und in ein Museum verwandeln. Er bietet ihr sehr viel Geld, damit könnte sie ihre Schulden tilgen, die Schneiderei kaufen, oder endlich die Gourmet-Reise machen, von der sie schon so lange träumt. Bei den Verkaufsgesprächen begegnet sie auch Daniele wieder – werden jetzt alle ihre Träume wahr? „Es wird Zeit für mich, nach Hause zu kommen. Mit Dir.“
Die Autorin und Sprecherin des Hörbuchs, Julia Fischer, hatte mich schon letztes Jahr mit „Die Galerie der Düfte“ in ihren Bann gezogen und verzaubert. Ich mag ihre Stimme, die so wunderbar melodisch ist und die verschiedenen Charaktere und Stimmungen so einzigartig transportiert.
Natürlich dreht sich die Handlung nicht nur um Carlotta und Daniele. Neben Vincenzo und Mimi haben auch Carlottas Schwestern und ihr Ziehvater Gino, ein aufstrebender junger Filmstar und ein untreuer Buttler einen großen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Meine Lieblings-Nebenfigur ist übrigens die ehemals unscheinbare Signora Petroloni („Das Glück schwebte auf Augenhöhe und begegnete dem, der aufsah.“), bei der der Zauber von Carlottas Kleidern als erstes wirkt.
Durch Rückblicke in die Vergangenheit erfährt man, wie die Protagonisten zu dem geworden sind, was sie heute ausmacht. So hat sich Carlotta schon früh um ihre viel jüngeren Schwestern kümmern müssen, weil ihre Mutter alleinerziehend war, und Vincenzo hätte die dominante Erziehung durch seinem Vater fast auf Daniele übertragen. „Ist Erbe in Wahrheit nur eine Bevormundung? Ein Diktat in der Maske einer Chance? Imperien entmündigen ganze Generation für den Fortbestand. Nur dem Untergang genügt ein Leben.“
Julia Fischer schreibt (und spricht) sehr fesselnd und poetisch über Stoffe und Kleider („Tuche leicht wie frisch gefallener Schnee. Als würden sie die fernen Winter selbst verweben.“), man kann sie förmlich auf der Haut spüren. Selbst ich als Jeans-und-T-Shirt-Trägerin möchte jetzt sofort losziehen und mir ein Abendkleid schneidern lassen – mir fehlt nur leider der Anlass.
Aber auch Orte, Essen, Farben, Düfte und Pflanzen - alles wird so bildhaft beschrieben, dass man es sehen, fühlen, hören oder schmecken kann. „Die Fäden des Glücks“ sind wahrlich wieder ein (Hör-)Buch für alle Sinne.