Positiv denken allein hilft auch nicht!
In einer Welt, in der uns verkauft wird, dass positives Denken Berge versetzen kann, dass wir alles schaffen können, wenn wir es nur wirklich wollen, emfpand ich „Ich möchte lieber nicht“ keineswegs ...
In einer Welt, in der uns verkauft wird, dass positives Denken Berge versetzen kann, dass wir alles schaffen können, wenn wir es nur wirklich wollen, emfpand ich „Ich möchte lieber nicht“ keineswegs so negativ, wie der Titel es suggerieren könnte, sondern einfach nur herzerfrischend anders.
Als, so glaube ich zumindest, grundsätzlich positiv optimistisch eingestellter Mensch, stimme ich Julia Marie Schreiber aus tiefstem Herzen zu, dass eine positive Grundeinstellung das Leben nicht automatisch zum Besseren wendet und auch nicht in jeder Situation möglich oder gar hilfreich ist.
Einem schwer erkrankten Menschen beispielsweise zu wünschen, immer positiv zu bleiben, ändert nämlich ganz und gar nichts an dessen Situation und ist vielmehr ein Schlag ins Gesicht, weil dieser sich nun vorwerfen muss, möglicherweise nicht positiv genug durchs Leben gewandelt zu sein und somit seine Krankheit gar selbst verschuldet zu haben und sich jetzt auf jeden Fall mal ordentlich anstrengen muss beim Optimistischsein. Der (gut) gemeinte Ratschlag „Bleib positiv“ ist in diesem Fall eher ein Magenschwinger für Erkrankten, auch wenn er „positiv“ gemeint oder auch nur ein Ausdruck von Hilflosigkeit ist.
Wenn ich mir das vom Verlag veröffentlichte Foto der Autorin ansehe, so habe ich auch nicht den Eindruck, eine pessimistische Miesepetra zu sehen. Ihr äußerst amüsanter, ironisch-humorvoller Schreibstil - im Hörbuch von Ulrike Kapfer übrigens herrlich süffisant vorgetragen - legt das auch gar nicht nahe. Die Autorin zeigt einfach auf, dass an vielen Stellen das „richtige“ Mindset nicht immer positives ist, dass im Gegenteil ein negatives Mindset, ein sich über den Statusquo-Aufregen eher zu den gewünschten Veränderungen führen kann.
Denn manchmal ist eben nicht unser Mindset, sondern die Situation verkehrt.
Wer eine fundierte wissenschaftliche Abhandlung sucht, ist hier sicherlich falsch. Viele von Schreibers Thesen lassen sich wahrscheinlich ebenso leicht widerlegen wie die Autorin jene der Daueroptimisten widerlegt. Es ist vielmehr ein amüsanter Ratgeber, bei dem ich vielen der Thesen zustimmen konnte und den ich überhaupt nicht schlecht gelaunt aus den Händen gelegt habe.