Cover-Bild Nacht in Caracas
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21,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 14.08.2019
  • ISBN: 9783103974614
Karina Sainz Borgo

Nacht in Caracas

Roman
Susanne Lange (Übersetzer)

Karina Sainz Borgos Roman »Nacht in Caracas« ist ein intensives literarisches Debüt über das Schicksal einer jungen Frau und ein virtuoses Portrait eines untergehenden Landes.

Adelaida beerdigt ihre Mutter, aber sie bleibt nur kurz am Grab stehen. Auf dem Friedhof ist es gefährlich, genau wie an jedem anderen Ort in Venezuela. Noch vor kurzem kamen die Menschen aus Europa, um hier ihr Glück zu machen. Nun versinkt das Land in Chaos und Elend. Als Adelaida gewaltsam aus ihrer Wohnung vertrieben wird, weiß sie nicht wohin. Alles, was sie geliebt hat, existiert nur noch in ihrer Erinnerung. Wenn sie sich retten will, bleibt ihr nur die Flucht.

»Nichts war für mich dringlicher, als diese Geschichte zu schreiben. Über den Sturm zu sprechen, während er in einem tobt.« KARINA SAINZ BORGO

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2023

Erschreckende Zustandsbeschreibung eines Landes am Abgrund

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Den ein oder anderen Bericht über die Zustände in Venezuela konnten die geneigten Leser:innen in den letzten Jahren in den Medien hören/lesen/sehen. Der Staat hat versagt, Milizen haben die staatliche ...

Den ein oder anderen Bericht über die Zustände in Venezuela konnten die geneigten Leser:innen in den letzten Jahren in den Medien hören/lesen/sehen. Der Staat hat versagt, Milizen haben die staatliche Erlaubnis „für Ordnung“ zu sorgen und terrorisieren dabei einen Großteil der Bevölkerung, welche in Armut um das Überleben kämpft. Was sonst als nüchterne Reportage auf Interessierte trifft, bekommt in Karina Sainz Borgos Roman „Nacht in Caracas“ eine ganz neue, erschreckende Note.

Ganz nah an der Ich-Erzählerin Adelaida erleben wir und durchleben zusammen mit ihr die Zustände in Venezuela und speziell der Hauptstadt Caracas. Die Geschichte setzt kurz nach dem Tod der Mutter von Adelaida ein. Adelaida ist studierte Philologin und lektoriert vom Wohnzimmer aus für einen spanischen Verlag Bücher. War sie in Deutschland bestenfalls für die intellektuelle Mittelschicht qualifizieren würde, bedeutet in Venezuela nichts. Denn sie gehört nicht den Regierungsnahen an und muss daher wie ein Großteil der Bevölkerung um das tägliche Brot kämpfen. Schon die eingangs geschilderte Befürchtung ihrerseits (oder vielmehr das Wissen darum), dass kurz nachdem sie ihre Mutter unter die Erde gebracht haben wird, Grabräuber die noch frische Erde wegscharren werden, um eventuelle Schmuckstücke an sich zu nehmen, die der Toten beigelegt wurden, verdeutlicht die katastrophalen Zustände. Ab diesem Zeitpunkt bemüht sich Adelaida um eine mögliche Zukunft für sich selbst in diesem im Untergang befindlichen Gesellschaftsgefüge. Durch Rückblicke erfährt man immer mehr über das Aufwachsen von ihr mit einer alleinerziehenden Mutter und die vielversprechende Vergangenheit des Landes. In einer scheinbaren Gegenbewegung verdeutlicht der Plotverlauf in der Gegenwart nur immer schlimmere Erlebnisse und steigende Ängste und psychische Belastungen.

Die Sprache von Borgo ist atemberaubend eindringlich und zieht die Leserschaft hinein in diesen Sumpf eines Failed State. Auf nur 220 Seiten verdichtet die Autorin das Schicksal eines Landes und seiner Bevölkerung, dass es einem die Brust zuschnürt. Nur wenige literarische Werke haben die Kraft eine solch hefte Reaktion bei der Lektüre hervorzurufen und zwar faktisch bekannten Wissen mit einer starken Emotionalität zu versehen. Hier steht ein persönliches Schicksal für den Großteil einer Bevölkerung. Das ist großartig gemacht und verdient meinen Respekt. Und während in anderen Ländern die Zeit voranschreitet und auf die tiefste Dunkelheit ein neuer Tag wartet, scheint in Venezuela die Nacht nie zu enden.

Von mir gibt es für dieses erschütternde und aufrüttelnde Werk die volle Punktzahl sowie eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Anhand dieses Buches wurde mir einmal mehr verdeutlicht, wie Literatur das Wissen und den Blick auf die Welt erweitern kann, auf einer Ebene und in einem Ausmaß, auf der und in dem dies Journalismus nicht unbedingt möglich ist.

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Veröffentlicht am 10.09.2019

Nacht in Caracas

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Natürlich wissen wir aus den Nachrichten, was in Venezuela los ist. Aber kaum hat man es gehört, da ist es auch schon fast vergessen, denn es ist ja so weit weg.
Die Autorin Karina Sainz Borgo aber zeigt ...

Natürlich wissen wir aus den Nachrichten, was in Venezuela los ist. Aber kaum hat man es gehört, da ist es auch schon fast vergessen, denn es ist ja so weit weg.
Die Autorin Karina Sainz Borgo aber zeigt in diesem Roman so bedrückend und eindringlich, wie das Land in Elend und Chaos versinkt, dass man so schnell nicht wieder vergisst.
Adelaida Falcóns Mutter hatte Krebs. Adelaida hatte eine enge Beziehung zur Mutter und hat alles für sie getan. Nun wird sie beerdigt, aber nicht einmal das geht in Ruhe und mit Würde. Zu gefährlich ist das Pflaster in Caracas und selbst auf dem Friedhof. Kurze Zeit später wird ihre Wohnung von bewaffneten Frauen besetzt und Adelaide wird vertrieben. Wo soll sie hin? Ihr bleibt nur die Flucht, wenn sie sich retten will.
Adelaide hat den Halt verloren. Sie muss nicht nur mit dem Verlust der Mutter fertig werden, sie verliert auch die gewohnte Umgebung, die sie jetzt so nötig gebraucht hätte. Ihr bleiben nur die Erinnerungen. Wie kann man da nicht verzweifeln und doch ist da auch immer ein Stückchen Hoffnung. Ich konnte gut mit Adelaide fühlen, trotzdem hätte ich mir manchmal gewünscht, noch mehr von ihren Gefühlen zu erfahren und weniger von dem Schrecklichen, was in diesem Land passiert.
Es ist eine fiktive Geschichte und doch so nahe an der Wirklichkeit. Wir erleben mit, wie es in Venezuela zugeht, das vor gar nicht langer Zeit noch ein Ziel von Europäern war. Nun ist es gefährlich. Auf den Straßen gibt es Gewalt. Die Korruption ist groß – die Willkür ebenso. Die Inflationsrate steigt ins Unermessliche.
Es ist nicht leicht, diese Geschichte zu lesen, denn zu furchtbar ist das, was dort geschieht. Es ist beklemmend und macht fassungslos und dennoch wird man durch dieses Buch gefesselt. Diese Geschichte bleibt lange in Erinnerung.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Intensive Einblicke in ein Land in einer Menschenrechtskrise

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In „Nacht in Caracas“ von Karina Sainz Borgo lernt der Leser Adelaida Falcón kennen, die gerade ihre an Krebs verstorbene Mutter beerdigt hat. Sie war ihre wichtigste Bezugsperson, und für ihre medizinische ...

In „Nacht in Caracas“ von Karina Sainz Borgo lernt der Leser Adelaida Falcón kennen, die gerade ihre an Krebs verstorbene Mutter beerdigt hat. Sie war ihre wichtigste Bezugsperson, und für ihre medizinische Versorgung hat sie den Großteil ihrer Ersparnisse aufgebraucht. Als kurz darauf ihre Wohnung von bewaffneten Frauen besetzt wird fühlt sie sich ihrem Land, das von Gewalt, Willkür und Inflation beherrscht wird und in dem öffentliche Sicherheit zum Fremdwort geworden ist, gänzlich entwurzelt. Wo kann sie jetzt noch hin?

Die Autorin erzählt hier eine fiktive Geschichte, die an reale Vorfälle angelehnt ist. Auf diese Weise gibt sie erschreckende Einblicke, was in Venezuela vor sich geht. In klarer, schonungsloser Sprache erzählt sie von Kämpfen, Folter, Plünderungen und Verzweiflung. Immer wieder flüchtet sich die Protagonistin in Erinnerungen an früher, eine bessere Zeit, die in starkem Kontrast zu dem steht, was sie gegenwärtig erlebt. Der Text vermittelt einen intensiven Eindruck davon, was es heißt, wenn ein Land in einer tiefen Menschenrechtskrise steckt.

Veröffentlicht am 14.08.2019

Leben in einem sterbenden Land

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Karina Sainz Borgo erzählt in ihrem Debütroman Nacht in Caracas vom Leben in Venezuela. Es ist die gefährlichste Stadt der Welt, gemessen an Tötungsdelikten. Außerdem herrscht Armut. Selbst alltägliches ...

Karina Sainz Borgo erzählt in ihrem Debütroman Nacht in Caracas vom Leben in Venezuela. Es ist die gefährlichste Stadt der Welt, gemessen an Tötungsdelikten. Außerdem herrscht Armut. Selbst alltägliches ist oft nur schwer zu bekommen und stets fehlt das Gefühl der Sicherheit. Entsprechend zerrüttet ist die Gesellschaft.
Dieses negative Lebensgefühl wird exemplarisch durch die Hauptfigur und Icherzählerin Adelaida ausgedrückt, die zu Beginn des Romans gerade ihre Mutter, eine gebildete Frau und Lehrerin, zu Grabe tragen muss.
Der Tod der Mutter ist ein schwerer Verlust für Adelaida, sie verliert dann auch noch ihre Wohnung und sie droht sich selbst zu verlieren.
Adelaide steht stellvertretend für viele junge Menschen. Sie ist intelligent und gebildet, aber sie bekommt keine Chance. Sie kann nur hoffen zu überleben und vielleicht irgendwie das Land zu verlassen. Auch darum ist dieses Land, das sich auch momentan in einer schweren Krise befindet ein sterbendes Land.
Es ist also recht bedrückend zu lesen, aber wie die Autorin die Sprache einsetzt und einen eigenständigen Ton erzeugt, überzeugt sehr. Die in Caracas geborene, jetzt aber in Spanien lebende Autorin, ist zwar Journalistin, aber der Text wirkt nicht direkt dokumentarisch. Ihre Form ist wirklich Literatur und vermittelt ein Bild von Lateinamerika, wie es die meisten deutschen Leser, die davon weit entfernt sind, nicht kennen. Das erzeugt Verstehen und Empathie. Man versteht auch, dass man in Deutschland privilegiert ist.

Veröffentlicht am 01.09.2019

Bedrückend

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Die Straßen von Caracas sind wie in ganz Venezuela ein gefährliches Pflaster geworden. Die junge Adelaida kann noch nicht einmal ihre Mutter in Würde begraben, zu gefährlich ist das Verweilen am Grab geworden. ...

Die Straßen von Caracas sind wie in ganz Venezuela ein gefährliches Pflaster geworden. Die junge Adelaida kann noch nicht einmal ihre Mutter in Würde begraben, zu gefährlich ist das Verweilen am Grab geworden. Auch die heimische Wohnung ist nicht mehr die Zufluchtsstätte, die sie einmal war. Und so treibt die junge Frau durch die Stadt, die immer mehr von den Rebellen beherrscht wird.
Borgos Roman ist eine sehr intensive Lektüre. Angst, Verzweiflung und Gewalt beherrschen die Seiten, immer wieder verbinden sich die gezeichneten Bilder mit denen, die man aus den Nachrichten kennt. Die Autorin zeigt nicht nur das ergreifende Schicksal ihrer Protagonistin, sondern eben auch den Untergang von Recht und Ordnung. Immer wieder springt die Erzählung zu früheren, besseren Zeiten, sodass der Bruch zwischen Normalität und Chaos besonders hart wird. Mich hat dieser Roman sehr berührt, auch wenn ich mir ab und an etwas mehr Einsicht in Adelaidas Kopf gewünscht hätte. Auch mit dem Ende habe ich etwas gehadert, was aber den Lesegenuss nur unmerklich gedämpft hat. „Nacht in Caracas“ ist ein kurzer, aber sehr intensiver Roman über ein Land, das droht im Chaos zu versinken.