Cover-Bild Untersuchung der Gewebeverteilung und -halbwertszeit sowie der zellulären Aufnahme von 19F-Tracern unter entzündlichen und nicht-entzündlichen Bedingungen
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inkl. MwSt
  • Verlag: VVB Laufersweiler Verlag
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 161
  • Ersterscheinung: 25.09.2020
  • ISBN: 9783835968806
Katrin Becker

Untersuchung der Gewebeverteilung und -halbwertszeit sowie der zellulären Aufnahme von 19F-Tracern unter entzündlichen und nicht-entzündlichen Bedingungen

Die frühe Detektion und verlässliche Beurteilung von lokalen Entzündungsprozessen mit nicht-invasiven Bildgebungstechniken ist von großer Bedeutung für präklinische Studien ebenso wie für die klinische Anwendung. Zu diesem Zweck wurden unter anderem verschiedene MRT-Techniken entwickelt, welche es ermöglichen, indirekt oder direkt Entzündungsprozesse in lebenden Organismen darzustellen. Eine der direkten Methoden ist die 19F-MRT. 19F ist das einzige stabile Isotop des Fluors, welches eine natürliche Häufigkeit von 100 % besitzt, im Körper jedoch nur in Spuren vorhanden ist. Daher kann 19F als „tracer“ Agens eingesetzt werden, wofür üblicherweise Perfluorkarbon-Nanoemulsionen (PFCs) verwendet werden. Perfluorkarbone sind synthetische Komponenten aus mit Fluor gesättigten Kohlenstoff-basierten Molekülen122,123. PFCs setzen sich aus einem in eine Einzelschicht aus Lipiden eingekapselten Perfluorkarbon zusammen. Hierdurch stellen sie eine biokompatible Formulierung der Perfluorkarbone dar, die in reiner Form stark hydrophob und lipophob sind und daher unmischbar mit Körperflüssigkeiten. Nach ihrer intravenösen Verabreichung in den Körper werden PFCs von phagozytischen Immunzellen im peripheren Blut aufgenommen, welche später unter anderem in entzündlichen „hot spots“ akkumulieren, in denen sie mit hoher Sensitivität und Spezifität ohne natürlichen Hintergrund mit 1H/19F-MRT dargestellt werden können. Alternativ zur Emulgierung mit Lipiden (PFCs) können Perfluorkarbone auch in PLGA-Nanopartikel (PLGA = „poly(lactic-co-glycolic acid)“) eingekapselt werden. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit war es, neue Erkenntnisse über die Faktoren zu erlangen, welche das biologische Verhalten der PFCs beeinflussen. Zu diesem Zweck wurde die Bedeutung der Formulierung von Perfluorkarbonen ebenso wie der Einfluss von Entzündungsprozessen auf die zelluläre Aufnahme und Gewebeverteilung von PFCs untersucht.
Sowohl für klinische Anwendungen als auch für präklinische Studien wird ein 19F- „tracer“ benötigt, der eine hohe Sensitivität besitzt, nicht toxisch ist und in einer akzeptablen Zeit aus dem Körper ausgeschieden wird. Ein „tracer“ mit hoher Sensitivität ist der Perfluor-15-kronen-5-ether (PFCE), da er 20 19F-Isotope in identischer chemischer Umgebung besitzt. Jedoch hat dieser eine biologische Halbwertszeit von mehr als 250 Tagen192. Bisher wurden keine Untersuchungen zur Bedeutung verschiedener Formulierungen von Perfluorkarbonen auf die Akkumulation in und Ausscheidung aus Körpergeweben sowie zur zellulären Aufnahme von Perfluorkarbonen durchgeführt. Daher wurden in dieser Arbeit systematisch die physikochemischen Eigenschaften, die zelluläre Aufnahme sowie die Gewebeverteilung von PFCs und PLGA-Nanopartikeln analysiert. Die Analyse wurde mit PFCs mit einem Durchmesser von 83 bzw. 299 nm und „multicore“ (226 nm) sowie „core shell“ (165 nm) PLGA Nanopartikeln (PLGA-NPs und -NCs) durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass die PLGA-NPs und PLGA-NCs eine stärkere zelluläre Aufnahme besitzen verglichen mit PFCs identischer Größe, möglicherweise aufgrund von Unterschieden in der Hülle der Partikel (Zuckerstrukturen). Die Akkumulationskinetiken in Leber und Milz waren von der Größe der Nanopartikel abhängig, nicht jedoch von der Art der Verkapselung. PLGA-NPs zeigten jedoch eine außergewöhnlich schnelle Entfernung aus der Leber, im Gegensatz zu der sehr langen Gewebehalbwertszeit der PFCs. Experimente, die in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Professorin M. Srinivas (RadboudUMC, Nijmegen, Niederlande) durchgeführt wurden zeigten, dass dieses Verhalten in der einzigartigen „multicore“ Struktur der PLGA-NPs begründet ist. Hierdurch konnte demonstriert werden, dass nicht allein das Molekulargewicht, der Dampfdruck und die Lipophilie verantwortlich sind für die Entfernung des jeweiligen Perfluorkarbons aus dem Körper, sondern, dass auch die Formulierung des Perfluorkarbons einen wesentlichen Einfluss hat auf seine Gewebehalbwertszeit. Mit den PLGA-NPs wurde erstmalig eine Formulierung des PFCE mit seinen vorteilhaften Bildgebungseigenschaften gefunden, welche wiederholte Injektionen mit dem Ziel einer longitudinalen Darstellung von Entzündungsprozessen erlaubt, wie sie z. B. für klinische Anwendungen erforderlich ist.
Eine Voraussetzung zur korrekten Interpretation der 19F-Bilder, die während der 19F-Entzündungsbildgebung angefertigt werden ist ein tiefgreifendes Wissen über das Verhalten von PFCs unter entzündlichen Bedingungen. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass die Darstellung von Entzündungsprozessen mittels 19F-MRT möglich ist, bisher ist jedoch noch keine systematische Untersuchung des 19F-Signals in peripheren Geweben oder der Aufnahme von PFCs durch Immunzellen unter verschiedenen entzündlichen Bedingungen erfolgt. Zu diesem Zweck wurden in der vorliegenden Arbeit ein murines Modell einer sterilen Entzündung (Myokardinfarkt/MI) oder einer nicht-sterilen Entzündung (Matrigel/LPS-Modell) verwendet.
Um mehr über die PFC-Aufnahme unter entzündlichen Bedingungen in Erfahrung zu bringen, wurde die PFC-Aufnahme durch Immunzellen im entzündlichen und nicht-entzündlichen Zustand zwischen den beiden Modellen verglichen. Hierfür wurden Unterschiede zwischen der PFC-Aufnahme durch periphere Blutimmunzellen, welche aus Tieren mit Entzündungsprozess isoliert wurden und der Aufnahme durch lokale Immunzellen, welche aus den Entzündungsherden stammten untersucht. Die Aufnahme von PFCs durch Neutrophile, welche nach MI oder Matrigel/LPS-Implantation aus dem peripheren Blut isoliert wurden war stärker verglichen mit der durch Zellen, welche aus Kontrollen isoliert wurden. Bemerkenswerterweise war die Aufnahme von PFCs durch Monozyten oder Lymphozyten nur geringgradig erhöht oder identisch unter entzündlichen und Kontrollbedingungen. Eine weitere Interessante Beobachtung war, dass die Aufnahme von PFCs durch Zellen, welche direkt aus den Entzündungsherden isoliert wurden stärker war verglichen mit der durch periphere Blutimmunzellen, welche aus Tieren mit einem Entzündungsherd isoliert wurden. Dies deutet darauf hin, dass die entzündlichen „hot spots“ die hauptsächliche Stelle und - zumindest in akuten Entzündungsprozessen - Neutrophile der Hauptzelltyp der PFC-Aufnahme nach i. v. Applikation sind. Um weitere Einblicke in die Mechanismen der gesteigerten PFC-Aufnahme unter entzündlichen Bedingungen zu erhalten, wurde der Einfluss der Entzündungsmediatoren LPS und CRP auf kultivierte und primäre Zellen in vitro untersucht. Die Stimulation isolierter Neutrophiler in vitro mit LPS oder CRP steigerte nicht oder nur in geringem Maße die PFC-Aufnahme, was darauf hindeutet, dass die starke Aufnahme von PFCs durch Immunzellen, welche unter entzündlichen Bedingungen beobachtet werden kann von einer komplexen entzündlichen Umgebung abhängig ist.
Das 19F-Signal in Blut und verschiedenen peripheren Organen, von denen eine PFC-Anreicherung bekannt ist (Leber, Milz, Knochenmark, Lymphknoten)110 wurde nach der Auslösung einer Entzün-dung mit 19F-MRT untersucht. Verglichen mit Kontrollen war das 19F-Signal in Blut und Organen unter entzündlichen Bedingungen fast unverändert. Ein geringgradig schwächeres 19F-Signal wurde in Blut und Milz früh nach MI detektiert, ein stärkeres 19F-Signal in Milz (nicht signifikant) und Leber im Matrigel/LPS-Modell, während das Signal in den Lymphknoten unter entzündlichen Bedingungen in beiden Modellen tendenziell schwächer war. Eine Entzündung scheint somit nur eine geringe Bedeutung für die Gewebeverteilung von PFCs zu besitzen.
Zusammengefasst konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass, mit dem Finden eines 19F- „tracers“ mit hoher Sensitivität und akzeptabler biologischer Halbwertszeit die breite Anwendung in präklinischen Studien und sogar eine Translation dieser Bildgebungstechnik in die Klinik in der nahen Zukunft realistisch erscheinen. Zudem zeigte sich, dass, auch wenn aufgrund der Komplexität der zugrundeliegenden Prozesse immer noch einiges an Forschung im Feld der Entzündungsbildgebung mit 1H/19F-MRT erforderlich ist, ein gewisses basales Wissen über die Mechanismen existiert, die für die Signalgenerierung auf zellulärer Ebene verantwortlich sind.

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