Sommerfuglen
Der Morgen beginnt nicht schön für den Kopenhagener Schüler, der sich mit Zeitungsaustragen sein Taschengeld aufbessert. In einem Stadtbrunnen findet er einen Toten. Es bleibt nicht bei diesem Leichenfund. ...
Der Morgen beginnt nicht schön für den Kopenhagener Schüler, der sich mit Zeitungsaustragen sein Taschengeld aufbessert. In einem Stadtbrunnen findet er einen Toten. Es bleibt nicht bei diesem Leichenfund. Jeppe Kørner wird auch an den Folgetagen damit konfrontiert. Alle Toten haben eines gemeinsam: sie waren in einer privaten Jugendpsychiatrie – dem Haus Sommerfuglen (Schmetterling) – tätig. Das Heim wurde nach dem Suizid einer jungen Bewohnerin geschlossen, ihr Vater gab der Heimleitung die Schuld. Damit steht er ganz oben auf der Verdächtigenliste.
Aber es ist nicht so einfach, wie es scheint. Jeppe, der schmerzlich seine Kollegin Anette Werner vermisst, stochert im Nebel, Verdächtige haben ein Alibi, ehemalige Bewohner sind zum Teil in anderen Kliniken oder im Ausland.
Eines wird dem Leser aber schnell klar, die Missstände in Sommerfuglen gingen tief und sie stehen sicher auch den Morden in Verbindung. Außerdem zeigt die Autorin in ihrem spannenden Krimi auch die Systemfehler in einem Gesundheitssystem auf, in dem Patienten sich der Wirtschaftlichkeit unterordnen müssen. Die Überforderung der Schwestern und Pfleger ist greifbar.
So beginnt nämlich auch das Buch. Im vorangestellten Prolog werden wir Zeugen, wie eine an ihre Grenzen gekommene, labile Schwester einen hochbetagten und schwierigen Patienten per Injektion „erlöst“. Damit begleitet mich natürlich den ganzen Krimi über die Frage, ob hier schon ein Fingerzeig auf den Täter gegeben wurde.
Anette Werner fühlt sich in der Elternzeit unglaublich müde, es gibt keine ruhigen Nächte mehr, aber auch gelangweilt. Ihr fehlt die Arbeit, vielleicht auch die intellektuelle Herausforderung. Was in manchen Krimis der Part der Privatermittler ist, die der Polizei ins Handwerk pfuschen, das übernimmt nun Anette. Allerdings mit guten Ergebnissen, die Jeppe immer mal wieder auf die Sprünge helfen. Denn wer als Ersatz einen netten Kollegen bekam, der intern der „Hosenträger-Onkel“ genannt wird, kann auch jede Hilfe gebrauchen.
In einem kleinen Nebenstrang darf man sich auch auf die Schriftstellerin Esther freuen, die man schon aus den vorhergegangen Büchern kennt. Auch hier schafft es die Autorin, mich lange im Unklaren zu lassen, ob Esters Erlebnis eine Verbindung zu Sommerfuglen zeigt.
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, die Spannung kontinuierlich hoch und wird immer wieder mal durch leisen Humor oder eine witzige Bemerkung gebrochen. Deutlich zu spüren ist auch das Anliegen, das die Autorin transportieren möchten: die Zustände in einem immer stärker belasteten Gesundheitssystem, das für Personal und Patienten gleichermaßen grenzwertig ist.