Wie Tarzan und Jane in umgekehrten Rollen
Haven lebt mit ihrem Vater abgeschieden in den Wäldern Kanadas, wo ihr Vater als Ranger tätig ist. Selbst studiert sie Umweltwissenschaften im Fernstudium, um später ebenfalls Rangerin zu werden. Außer ...
Haven lebt mit ihrem Vater abgeschieden in den Wäldern Kanadas, wo ihr Vater als Ranger tätig ist. Selbst studiert sie Umweltwissenschaften im Fernstudium, um später ebenfalls Rangerin zu werden. Außer zu anderen, im Nationalpark Tätigen hat Haven dabei kaum Kontakt zu anderen Menschen; Gesellschaft leisten ihr die Natur und die Tiere, die in ihr leben. Bis sie Jackson kennenlernt, der für eine Woche mit seinem Freund Cayden wandern geht, wobei sie jedoch eine unangenehme Begegnung mit einem Bären machen. Das ruft Haven und ihren Vater auf den Plan, denn Cayden verstaucht sich den Fuß und muss versorgt werden. Und ehe Jackson sich versieht, zieht er die restliche Wanderung ohne Cayden allein durch und begibt sich auf die Suche nach dem "Waldmädchen" Haven.
In dieser Geschichte treffen mit Haven und Jackson zwei Welten aufeinander: Havens Abgeschiedenheit in der Wildnis und Jacksons Studentenleben in der Stadt. Und natürlich geht es hier um noch viel mehr als die Gefühle, die zwischen den beiden aufkeimen, während sie sich in Jacksons Woche im Nationalpark besser kennenlernen. Ein bisschen ist es wie eine moderne Tarzan-Geschichte, wobei es hier Haven ist, die mit gesellschaftlichen Konventionen und vor allem den Gepflogenheiten junger Leute in den Städten noch kaum Berührungen hatte. Und der Schönling Jackson, der Jura studiert, entdeckt die Natur für sich.
Dabei lebt diese Geschichte vor allem von Havens Charakter. Sie ist einfach unheimlich sympatisch, natürlich und aufrichtig trotz ihrer ruhigen Art. Ich habe sie direkt ins Herz geschlossen. Auch wenn die Kapitel und Abschnitte abwechselnd aus der Perspektive von Haven und Jackson geschrieben sind, so ist für mich doch Haven hier die Hauptfigur. Denn hier geht es nicht nur um ihre erste Liebe. Es geht auch um Vergangenheitsbewältigung und um Selbstfindung. Havens Lebensgeschichte konnte mich daher noch viel mehr berühren als die Liebe zwischen ihr und Jackson. Ihre Reise zu sich selbst und die Erfahrungen, die sie dabei gemacht hat, waren für mich fesselnd und auch zur Selbstreflexion anregend.
Am liebsten haben mir außerdem die Szenen in der Natur gefallen, die Kira Mohn sehr schön geschildert hat, sodass sie (leider) auch Reisesehnsüchte in mir geweckt hat. Dabei hatte ich stets den Eindruck, dass die Autorin hier entweder gut recherchiert hat oder selbst vertraut mit der Wildnis Kanadas ist. Das Buch ist bei meinen liebsten Schauplätzen auf jeden Fall ganz weit oben, auch wenn (und jetzt kommt ein kleiner Spoiler) nur ca. die Hälfte des Buches in der kanadischen Wildnis spielt.
"Wild like a river" ist für mich ein rundum stimmiger Liebesroman, bei dem es zwar um eine Liebesgeschichte und ihren Ausgang geht, jedoch daneben noch viel mehr im Mittelpunkt steht, wie eben auch die Selbstfindung der Protagonistin. Und auch Jackson macht eine kleine persönliche Reise durch. Dadurch weist der Roman eine ansprechende, für das Genre aber noch angemessene Tiefe auf. Und auch die Liebe zwischen den Figuren entwickelt sich in passendem Tempo. Klare Leseempfehlung für Fans eher jugendlicher Liebesromane!