Cover-Bild Geistergeschichte
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Literaturverlag Droschl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 168
  • Ersterscheinung: 08.02.2019
  • ISBN: 9783990590256
Laura Freudenthaler

Geistergeschichte

Roman
In ihrem Freijahr kommt Anne ins Straucheln. Statt sich dem eigenen Klavierspiel zu widmen und an einem Lehrbuch zu schreiben, lösen sich ihre üblichen Gewohnheiten nach und nach auf. In den Nächten hält sie ihre Beobachtungen in
einem Notizheft fest und untertags streift sie durch die Stadt. Diese Wanderungen führen sie bald über das ihr Bekannte hinaus.
Seit zwanzig Jahren lebt Anne mit Thomas in der gemeinsamen Wohnung. Das Paar teilt viele Erinnerungen und weiß die Zeichen des anderen zu lesen. Sie fühlt sich in der Wohnung zunehmend unwohl, und Thomas wird immer abwesender.
Schon länger vermutet sie, dass er eine Affäre hat. Nun taucht das Mädchen, wie Anne die Unbekannte nennt, als huschender, wispernder Geist auf. Geräusche und Erscheinungen sind nicht mehr eindeutig zuordenbar.
Laura Freudenthaler knüpft mit Geistergeschichte an ihren vielbeachteten Debütroman "Die Königin schweigt" an. Ihr gelingt das Kunststück der Gegenwärtigkeit. Man wird regelrecht in Annes Wahrnehmung hinüberverführt. Immer tiefer folgen wir ihr in eine Welt der Spiegelungen und doppelten Böden, in der Wirklichkeit und Vorstellung ineinanderfließen.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2019

Das Lesen dieses Buches ist eine fast körperliche und auf jeden Fall seelische Grenzerfahrung.

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Laura Freudenthaler, Geistergeschichte, Droschl 2019, ISBN 978-3-99059-025-6

Zu ihrem mit dem Bremer Literaturpreis 2018 augezeichneten letzten 2017 erschienenen Roman „Die Königin schweigt“ schrieb die ...

Laura Freudenthaler, Geistergeschichte, Droschl 2019, ISBN 978-3-99059-025-6

Zu ihrem mit dem Bremer Literaturpreis 2018 augezeichneten letzten 2017 erschienenen Roman „Die Königin schweigt“ schrieb die Jury vor einem Jahr:
„Mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises wird Laura Freudenthaler für „Die Königin schweigt“ ausgezeichnet. Ein stiller, konzentrierter Roman, der eine alte Frau, die sich gegen das Erinnern und das Erzählen sperrt, auf ihr von Verlusten bestimmtes Leben zurückblicken lässt. Freudenthaler zeichnet das eindringliche Porträt einer Generation, die ein scheinbar unspektakuläres Dasein führte, in dem sich aber tatsächlich die große Geschichte verbirgt.“

Auch der neue Roman von Laura Freudenthaler, der wieder beim kleinen ambitionierten Droschl Literaturverlag in Österreich erschienen ist, entzieht sich auffallend deutlich dem literarischen Mainstream der Gegenwartsliteratur.

„Geistergeschichte“ erzählt von der etwa 50 -jährigen Klavierlehrerin Anne. Sie hat beschlossen, sich ein Freijahr, andernorts auch „Sabbatjahr“ genannt, zu gönnen und während dieser Zeit sich ohne Unterrichtsverpflichtungen ausschließlich dem eigenen Klavierspiel zu widmen und nebenbei ein Lehrbuch zu verfassen.

Doch bald schon kommt sie von dem vorgezeichneten Weg ab und sie gerät in einen Sog, in dem sie sich regelrecht aufzulösen droht und in den die Autorin den Leser auf eine Weise mitnimmt, der er sich nicht entziehen kann. Ihre üblichen Gewohnheiten vernachlässigend und ihr Vorhaben aus den Augen verlierend, streift Anne tagsüber durch die Stadt und überschreitet die Grenzen des ihr bisher Bekannten. Nachts hält sie ihre Beobachtungen in einem Notizheft fest. Diese Auflösung der bisher für sie gewohnten Struktur hat auch Folgen für das Leben mit ihrem Partner Thomas, mit dem Anne seit zwanzig Jahren schon in einer gemeinsamen Wohnung lebt. Über diese lange Zeit sind zu einem Paar zusammengewachsen, das viele gemeinsame Erinnerungen teilt und den anderen perfekt zu lesen weiß.
Doch mit Annes Verwandlung werden sie sich immer fremder. Das was Anne schon seit einiger Zeit vermutet, dass Thomas eine Affäre hat, wird für sie nun zur Gewissheit. Ihre Wahrnehmung verändert sich mit jedem Tag mehr, für den Leser eine ebenso interessante wie irritierende Wendung. Immer mehr (ver)führt Laura Freudenthaler ihre Leser hinein in eine verfremdete Welt voller Spiegelungen und doppelten Bedeutungen, eine Wahrnehmungswelt von Anne, in der ihre Wirklichkeit und ihre Phantasie (oder soll man es anders nennen?) mehr und mehr sich vermischen. Zwischendrin taucht das Mädchen, mit dem Thomas sie angeblich betrügt, wie ein Geist auf, Anne hört Geräusche und nimmt Dinge wahr, die sie (und auch der Leser) nicht mehr eindeutig zuordnen kann.

Eine fragile Welt ist das, in der sich Freudenthalers Protagonistin da zunehmend bewegt. Die Grenzen von Wirklichkeit und Traum, das was Realität ist und was Einbildung, verschwimmen auch für den irritierten Leser, dem zwischendurch immer erschreckender deutlicher wird und werden soll, wie zerbrechlich und knapp von einer fürchterlich Grenze entfernt sein eigenes Leben und seine eigene Existenz verläuft. Das Lesen dieses Buches ist eine fast körperliche und auf jeden Fall seelische Grenzerfahrung.

Wer hätte eine solche Entfremdung, wie sie Anne erlebt, nicht schon einmal selbst erfahren, oder hat zumindest Angst davor?