Gegen das Vergessen
Zeit ihres viel zu kurzen Lebens hat Signe Munch im Schatten ihres berühmten Onkels Edvard Munch gestanden. In ihrem biographischen Roman "Die Malerin des Nordlichts" spürt Lena Johannson den Spuren dieser ...
Zeit ihres viel zu kurzen Lebens hat Signe Munch im Schatten ihres berühmten Onkels Edvard Munch gestanden. In ihrem biographischen Roman "Die Malerin des Nordlichts" spürt Lena Johannson den Spuren dieser bescheidenen Künstlerin nach, die ein Leben für die Kunst, ein Leben für die Liebe geführt hat, wenn man dem Klappentext dieses Buches glauben darf.
Lena Johannson nimmt uns mit ins Norwegen, Anfang des 20. Jahrhunderts: Signe ist jung und ambitioniert, an der Seite ihres Onkels Edvard Munch lernt sie das schillernde Leben der Osloer Bohème kennen. Edvard fördert sie, erkennt er doch in ihr sein Talent wieder. Signes Vater hat jedoch ganz andere Pläne für seine Tochter, um seine Erwartungen zu erfüllen, stimmt sie einer Ehe zu. Doch schon bald weiß Signe, dass sie mit ihrem Mann nicht glücklich werden wird, denn er verbietet ihr zu malen. Als sie den Widerstandskämpfer Einar kennenlernt und sich Hals über Kopf in ihn verliebt, begreift Signe, dass man manchmal alles wagen muss - in der Liebe und in der Kunst.
Das in blassen Sepia-Tönen gehaltene Cover fügt sich harmonisch in die Reihe "Mutige Frauen zwischen Kunst und LIebe", die der Aufbau Taschenbuch Verlag auf den Weg gebracht hat. Der Betrachter sieht eine Frau unbestimten Alters, die mit einem schweren Koffer in der Hand auf ein typisch skandinavisch anmutendes Haus zugeht, das in einem satten Falunrot gestrichen ist. Im Hintergrund kann man die beeindruckende Landschaft Norwegens erkennen, und man fühlt sich an die malerischen Fjorde versetzt.
Kommen wir zur Sprecherin. Christina Puciata besitzt eine klare, angenehme, ruhige Stimme und spricht alle skandinavischen Worte korrekt aus . Ich höre ihr gern zu; sie fühlt sich in die leise, zürückhaltende Signe ein und verleiht ihr eine ganz eigene Stimme. Für meinen ganz persönlichen Geschmack wäre hin und wieder etwas mehr Variation angebracht gewesen, aber jeder Hörer empfindet anders.
Lena Johannson erzählt eine fiktive Geschichte, dennoch könnte sie sich genauso ereignet haben. Der Ton dieses Hörbuchs ist melancholisch und traurig; deshalb fällt es nicht leicht, sich auf die interessante Geschichte von Signe Munch einzulassen. Sie ist keine Frau, die gegen das tradierte Frauenbild in der Gesellschaft rebelliert, sich von ihren männlichen Kollegen abgrenzt, stolz ihre Sicht der Dinge präsentiert und bewusst das Rampenlicht sucht.
Für mein Empfinden bleibt die Darstellung der künstlerischen Entwicklung von Signe Munch auf der Strecke. Ich hätte mir mehr Informationen über ihre (verloren gegangenen) Werke und die Kunstszene in Norwegen zu ihren Lebzeiten gewünscht. Stattdessen stehen die verschiedenen Liebesbeziehungen der Künstlerin im Mittelpunkt, ihre gescheiterte Ehe mit Johannes Landmark und die glückliche Verbindung mit Einar Siebke. Das tragische Ende von Signe Munch macht tief betroffen; gemeinsam mit ihrem Mann war sie im Widerstand gegen die nationalsozialistischen Besetzer Norwegens aktiv und musste einen hohen Preis für ihren Mut zahlen.