„Eifersucht ist die Angst vor dem Vergleich.“ (Max Frisch)
Früher waren Jillian und Weston ein Liebespaar, doch nun sind sie nur noch enge gute Freunde, die öfter ein gemeinsam ein Tennisspeil bestreiten und sich seit über 25 Jahren in und auswendig kennen. In ...
Früher waren Jillian und Weston ein Liebespaar, doch nun sind sie nur noch enge gute Freunde, die öfter ein gemeinsam ein Tennisspeil bestreiten und sich seit über 25 Jahren in und auswendig kennen. In Paige hat Weston seine vermeintliche große Liebe getroffen und bald sollen die Hochzeitsglocken läuten. Doch bevor es soweit kommt, setzt ihm Paige die Pistole auf die Brust, denn Jillian ist ihr ein Dorn im Auge. So verlangt Paige von Weston, Jillian in die Wüste zu schicken und sich fortan von ihr fern zu halten. Weston trifft diese Forderung empfindlich, alles in ihm sträubt sich dagegen, seine Freundschaft zu Jillian aufzugeben. Wem gehört sein Herz wirklich und wird er sich unter Druck tatsächlich um eine enge Freundschaft bringen, damit Paige ihre vermeintliche Rivalin endlich los ist?
Lionel Shriver hat mit „Die perfekte Freundin“ einen sehr unterhaltsamen sowie kontroversen Kurzroman vorgelegt, der die unterschiedlichen Ansichten beleuchtet und den Leser aufgrund der Handlung ins Grübeln bringt, hat man die eine oder andere Reaktion schon selbst oft genug im Umfeld beobachten können. Der flüssige und mit Humor gewürzte Erzählstil laviert den Leser mitten hinein in ein Personendreieck, deren interessante zwischenmenschliche Konstellation schon für ein Augenbrauenlifting und während der Lektüre für einige Mutmaßungen bezüglich des Ausgangs der Geschichte sorgt. Über wechselnde Perspektiven lernt der Leser jeden einzelnen kennen, wobei er sich nach und nach selbst ein Urteil über ihre unterschiedlichen Motive bildet. Shriver beweist wieder einmal ein geschicktes Händchen in der Darstellung ihrer Charaktere, die nie schwarz oder weiß sind, sondern durchaus jede nur mögliche Schattierung aufweisen, die den Leser mal in die eine Richtung mal in die andere driften lassen, weil man die jeweilige Sicht der Dinge ebenfalls nachvollziehen kann. Irgendwann allerdings kommt der Zeitpunkt, wo sich nicht nur der Leser entscheiden muss, auf welcher Seite er steht und dementsprechend ist man mit dem Ausgang der Geschichte dann zufrieden oder auch nicht.
Die Charaktere sind sehr gut nuanciert und bestehen durch ihre typisch menschlichen Eigenschaften mit Authentizität und Glaubwürdigkeit. Jillian ist eine lebensbejahende Mittvierzigerin, die neben ihrem guten Aussehen und ihrer offenen, ungezwungenen Art vielseitig interessiert ist. Das trägt ihr den Neid aller Frauen in ihrem Umfeld ein, die am liebsten ebenso wären wie sie, aber nicht aus ihrer Haut können. Da fällt es leichter, Frauen wie Jillian abfällig zu beurteilen und sich herauszunehmen, die rote Karte zu zeigen. Paige fällt leider unter diese Kategorie, denn sie münzt ihre Kleingeistigkeit und ihre Eifersucht als Druckmittel um und bringt Weston in eine Lage, in der er nur verlieren kann, nämlich entweder seine beste Freundin oder seine zukünftige Ehefrau. Das ist nicht nur äußerst kleingeistig, sondern auch ein Zeichen dafür, dass Paige sich Westons Liebe wohl doch nicht sicher ist. Weston versteht nicht, warum er sich entscheiden soll, er hat doch klar gemacht, wen er heiraten will. Die Forderung an ihn, sich zwischen den beiden Menschen zu entscheiden, die ihm am wichtigsten sind, ist unangebracht und sorgt früher oder später für einen Bruch.
„Die perfekte Freundin“ ist eine intelligente, tiefgründige Geschichte, die durchgängig fesselt und das Gehirn auf Hochtouren laufen lässt. Toll gemacht, absolut zu empfehlen!