Wieder ein eindrucksvoller Sachcomic von Liv Strömquist, dieses Mal über Schönheitsideale im Wandel der Zeit bis heute
Meine Meinung
Geht es um feministische Sachcomics, ist Liv Strömquist die Königin der ironisch aufgeheizten Bilder und ihrer scharfzüngigen und fundierten Texte. In ihrem aktuellen Comic »Im Spiegelsaal« ...
Meine Meinung
Geht es um feministische Sachcomics, ist Liv Strömquist die Königin der ironisch aufgeheizten Bilder und ihrer scharfzüngigen und fundierten Texte. In ihrem aktuellen Comic »Im Spiegelsaal« geht die Schwedin der aktuellen Frage um Schönheitsideale, die Macht der Bilder und Selbstbetrachtung nach und deckt dabei auf, wie sich diese im Laufe der Jahrhunderte veränderte.
Strömquist bezieht unter anderem die mimetische Theorie des Philosophen René Girard mit ein, der die Vermutung aufstellt, dass der Menschen das begehrt, was andere Menschen begehren und die These vertritt, dass der Wettkampfaspekt den Wettbewerb um Schönheit befeuert und sich dadurch Schönheitsideale verfestigen.
Hierzu gibt es einen Ausflug in die Geschichte zur österreichischen Kaiserin Sissi, die mit der französischen Kaiserin Eugénie um die schlankeste Taille konkurrierten und somit ein ungesundes Schönheitsideal erschufen. Es kann aber auch ein Fauxpas aufgegriffen werden, der Girards mimetische Theorie unterstützt, so versengte sich der französische König Francois I. an einer Fackel seine Haare und sorgte damit für den Trend von Kurzhaar-Frisuren bei Männern, die bis heute gängig ist.
Das Besondere an Liv Strömquist Sach-Comics ist für mich die brillante Verbindung zwischen Historischem und Modernem unter der Inbezugnahme von fachlichen Expertisen von Historikerinnen, Philosophinnen, Soziolog*innen u. v. m. Sogar die Bibel findet Eingang in Strömquists Comic, mit der Geschichte über Rahel und Lea aus dem Buch Mose, die deutlich aufzeigt, dass die Liebe zur Schönheit schon vor langer Zeit tief im Menschen verwurzelt ist.
Die Zeichnungen von Liv Strömquist kommen in ihrem üblichen gewitzten Stil daher und werden durch die abwechslungsreiche Kalligraphie der Texte unterstützt. Unterhaltsame Lesestunden mit Aha-Effekt hat mir das Buch auf jeden Fall bereitet ohne dabei jedoch große Neuigkeiten aufzudecken, sondern das in Worte zu fassen, wie wir Menschen ticken, was uns beeinflusst und wie wir uns zu einer Gesellschaft entwickelt haben, in der Attraktivität und Fuckability zu einem wichtigen Lebensbestandteil geworden sind.
Fazit
Wieder ein eindrucksvoller Sachcomic von Liv Strömquist, dieses Mal über Schönheitsideale im Wandel der Zeit bis heute, mit dem Hinblick auf die Veränderung durch Soziale Medien und Selfiekultur.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 22.03.2022