Cover-Bild Die Nachgeborenen
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  • Verlag: Berger & Söhne, Ferdinand
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 31.05.2017
  • ISBN: 9783850288101
Manfred Pawlik

Die Nachgeborenen

Eine Anatomie der menschlichen Kreativität
Der Titel des Buches „Die Nachgeborenen“ bezieht sich auf das Gedicht von Bertolt Brecht, der darin das Verständnis für den Kampf und die Verzweiflung seiner Generation im Kampf gegen Faschismus, Diktatur und Barbarei anspricht. Das Wagnis gegen die Mordlust des Nationalsozialismus für Menschlichkeit und Gerechtigkeit sein Leben aufs Spiel zu setzen, ist umso größer, da diese Menschen in der Isolation inmitten von fanatisierten und brutalisierten Parteigängern und Mitläufern ihre aufrechte Haltung entwickeln und bewahren mussten. Die Bereitschaft zu dieser Haltung in dieser aussichtslosen Situation von Verrat, Wegschauen und unermesslicher Angst ist heute kaum mehr nachvollziehbar. So sind für uns heute dieser Mut und der unbeugsame Wille zu einer menschlichen Haltung in diesem schreckensgeprägten Terrorregime nicht mehr zugänglich. Die Nachgeborenen von diesen aufrechten Menschen sind durch das Furchtbare, das ihren Vorfahren geschehen ist, traumatisiert, was sich oft zuerst in Verdrängen, Schweigen, seelischem Leid, im weiteren dann in berechtigtem Stolz, in Bereitschaft zu sozialem Engagement und in der Verantwortung, die Botschaft ihrer Vorfahren fort zu führen, äußert.

Ich selbst bin ein Nachgeborener zumindest von Menschen mit einer bewahrten Haltung und habe dies von meiner Familie für weniger gefährliche Zeiten mitgegeben bekommen, so verstehe ich mich. Ich musste mein Leben nicht riskieren, aber mein offenes Auftreten gegen Ungerechtigkeit hat nicht immer die Freude meiner Mitmenschen und von Entscheidungsträgern, ob in Schule, Beruf oder im Bekanntenkreis erregt. Wir leben jetzt wieder plötzlich und unvermutet in gefährlichen Zeiten, obwohl die Aufmerksamen immer den Finger auf unsere unverheilten und schwärenden Wunden gelegt haben. Die Zeit der Friedensmärsche im Atomgleichgewicht des Kalten Krieges, die Auseinandersetzungen mit noch lebenden und unbelehrbaren Nationalsozialisten, Boredajkowitsch, Rajakowitsch, Verbelen und andere, die Studentenrevolte gegen die verkrustete österreichische Gesellschaft für mehr Demokratisierung und das Aufbrechen konservativer Lebensart, all das bestimmte die Kämpfe meiner Jugend. Meine Freunde waren Kinder von Eltern aus dem österreichischen Widerstandskampf oder von zurückgekehrten Emigranten oder auch aus dem sozialdemokratischen Milieu, Männer und Frauen, die dem nationalsozialistischen Regime innerlich ablehnend gegenüberstanden. Die Verbindung mit den Eltern zeichnete sich auch dadurch aus, dass wir selbst uns als Minderheit in einer andersdenkenden Gesellschaft erlebten.

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