Cover-Bild Fahrerassistenzsysteme für die Geschwindigkeitsreduzierung bei schlechten Bedingungen
Band 150 der Reihe "Berichte der Bundesanstalt für Strassenwesen - Fahrzeugtechnik (F)"
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inkl. MwSt
  • Verlag: Fachverlag NW in Carl Ed. Schünemann KG
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Ersterscheinung: 28.02.2023
  • ISBN: 9783956067235
Maria Pohle, Susanne T. Günther, Robert Schütze, Toralf Trautmann, Dirk Engert

Fahrerassistenzsysteme für die Geschwindigkeitsreduzierung bei schlechten Bedingungen

Im vorliegenden Bericht wird das Unfallvermeidungspotenzial von Geschwindigkeitsassistenten beleuchtet unter Beachtung des Einflusses schlechter Sicht-, Witterungs- und Straßenbedingungen.
Diese Assistenzsysteme sollen Fahrende dabei unterstützen, in solchen Fällen eine sichere angepasste Fahrgeschwindigkeit zu wählen. Mittels Literaturrecherche wurde zunächst der Kenntnisstand zu Einflussfaktoren auf geschwindigkeitsindizierte Unfälle und der Stand der Technik zu existierenden Geschwindigkeitsassistenten (GAS) recherchiert. Im Fokus stand dabei vor allem die Wirksamkeit und Systemgrenzen aktueller „Intelligent Speed Assist“ (ISA) Systeme, deren Akzeptanz und Wirksamkeit. Darauf basierend wurden polizeiliche und In-Depth-Unfalldaten hinsichtlich dieser Einflüsse und weiterer Auffälligkeiten untersucht und Wirkfelder für verschiedene mögliche Varianten von GAS definiert.

Anhand der herausgearbeiteten Einflussfaktoren, wie Erkennungsraten von unterschiedlichen Verkehrsschildern, der aktuellen Entwicklung geschwindigkeitsindizierter Unfälle oder deren Dunkel-ziffern, den daraus resultierenden Veränderungen im Wirkfeld und dem Stand der Technik wurden
drei exemplarische Systemauslegungen von GAS definiert: Basis-ISA-, ISA+ und unabhängige
ISA-Systeme.

Basis-ISA-Systeme sind nur in der Lage, Verkehrszeichen zu erkennen, welche eine maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit ohne weitere Bedingungen angeben. Damit repräsentieren Basis-ISA-Systeme den Funktionsumfang, welcher von aktuell existierenden ISA-Systemen verlässlich erreicht wird.

Beschilderte bedingte zulässige Höchstgeschwindigkeiten (z. B. bei Regen) werden durch
ISA+-Systeme erkannt und das Vorhandensein der Bedingung geprüft (z. B.: regnet es?) und erst dann vor einer Geschwindigkeitsübertretung gewarnt. ISA+-Systeme repräsentieren damit eine Erweiterung zu den meisten aktuell existierenden ISA-Systemen. Sie sind aber darauf angewiesen, dass notwendige situative Geschwindigkeitsreduktionen beschildert werden oder in digitalen Karten vermerkt sind.

Unabhängige ISA-Systeme sind hingegen selbstständig, ohne Beschilderung, in der Lage sicht- und
reibwertgeminderte Zustände zu erkennen und selbstständig eine sichere Geschwindigkeit abzuleiten.
Für jede Systemauslegung von GAS wurde bei der Ermittlung des Unfallvermeidungspotenzials davon
ausgegangen, dass dieses abhängig ist von: • dem Wirkfeld des GAS (wie viele und welche
Unfälle können potenziell vermieden werden), • der Effizienz der GAS (wie zuverlässig kann die sichere Geschwindigkeit im Wirkfeld abgeleitet werden), • der Akzeptanz der GAS (wie gut wird den Hinweisen des GAS vom Fahrzeugführenden gefolgt), • der Nutzungshäufigkeit des GAS (wie häufig ist das GAS eingeschaltet), • der aktuellen und zukünftigen Marktentwicklung des GAS (wie viele Fahrzeuge sind in der Fahrzeugflotte zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgestattet mit dem System) und • der generellen Entwicklung des Gesamtunfallgeschehens, insbesondere der geschwindigkeits-indizierten Unfälle.

Für die Quantifizierung dieser Einflüsse wurden Annahmen aus der Literaturrecherche gewonnen und
damit Voraussagen für die Entwicklung des Unfallgeschehens abgeleitet sowie das jeweilige Unfall-vermeidungspotenzial bis zum Jahr 2050 geschätzt. Im Ergebnis besaßen Basis-ISA-Systeme erwartungsgemäß das geringste Unfallvermeidungspotenzial. ISA+-Systeme erreichten jedoch nur ein unmerklich größeres Unfallvermeidungspotenzial, da einerseits ein nur geringfügig größeres Wirkfeld adressiert wird und andererseits das System an eine bedingte Beschilderung geknüpft ist, welche jedoch nur in 10 % der geschwindigkeitsindizierten Unfälle aufgestellt war. Das größte Unfall-vermeidungspotenzial im betrachteten Zeitraum (bis 2050) erreichen unabhängige ISA-Systeme.

Allerdings übersteigt das Unfallvermeidungspotenzial dieser GAS erst etwa 2048 das Potenzial von ISA+-Systemen, da zuverlässige Systeme mit robuster Erkennung der Umgebungsbedingungen frühestens 2030 auf dem Markt erwartet werden. Das Unfallvermeidungspotenzial ist somit sehr stark von den Annahmen zur Marktdurchdringung abhängig.

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