Eine Künstlerin auf der Suche nach Erleuchtung
Bekannt war mir Maria von Blumencron bereits als Filmemacherin und Autorin, die das Schicksal tibetischer Flüchtlingskinder dokumentierte und unter anderem zusammen mit einem ihrer fünf tibetischen Patenkinder ...
Bekannt war mir Maria von Blumencron bereits als Filmemacherin und Autorin, die das Schicksal tibetischer Flüchtlingskinder dokumentierte und unter anderem zusammen mit einem ihrer fünf tibetischen Patenkinder das Buch "Kein Pfad führt zurück" schrieb, welches ich sehr interessant fand. In diesem Buch jedoch geht es nun nicht um das Engagement der Autorin für Tibet, sondern um die Person Maria von Blumencron.
Als freischaffende Künstlerin in der Film- und Buchbranche hat sie natürlich so einiges zu erzählen, wobei hier nicht der Fokus auf ihrem künstlerischen Schaffen liegt. Es geht um Maria, eine sensible Frau, um ihre Suche nach dem Sinn des Lebens und dem Versuch, irgendwo und bei irgendwem anzukommen. Hierfür ist es auch notwendig, des öfteren in die Vergangenheit zurückzublicken, denn Maria leidet an vielen alten, teils noch offenen Wunden. Der Verlust der Mutter, die sie schon als Kind verließ und sich das Leben nahm, bevor es zu einem Treffen kommen konnte. Ein Missbrauch in der Kindheit. Das gespaltene Verhältnis zum Vater und der Stiefmutter.
Die Autorin legt hier einen regelrechten Seelenstriptease hin, benennt ganz klar ihre Macken, Fehler und Probleme. Sie verfällt dabei nicht ins Jammern, sondern ist selbstkritisch und selbstironisch. Das hat mir gut gefallen. Auch schafft sie es meist, selbst über sehr ernste Themen immer noch eine Prise Humor zu streuen. So ist der Schreibstil recht unterhaltsam und kurzweilig. Manchmal fand ich ihn aber auch zu blumig und pseudo-philosophisch. Vor allem die "Selbstgespräche" mit ihrer Seele oder ihrem Alter Ego "Lucy" lasen sich eher zäh und befremdlich und wirkten erzwungen lustig.
Einen hohen Stellenwert nimmt hier das Spirituelle und Esoterische ein. Auf der Suche nach Frieden, Erleuchtung oder was auch immer ist Maria ruhe- und rastlos und geradezu auf der Flucht. Gerade im letzten Drittel wurde mir ihr munteres Gespringe durch allerlei Glaubensrichtungen zu anstrengend und das Lesen machte mir sichtlich weniger Spaß als vorher. Vielleicht lag es daran, dass ich mit diesen spirituellen Dingen nicht viel anfangen kann, aber es ist nicht so, dass ich Spiritualität und Esoterik per se nicht offen gegenüber stehe. Z. B. fand ich den Guru Mooji sehr interessant und habe mir vorgenommen, mir ein Buch von ihm zu besorgen, da ich seine Wirkung auf Menschen nachvollziehen möchte. Und in vielen Lehren stecken ja auch ganz viele faszinierende und hilfreiche Ansätze drin. Anfangs dachte ich noch, es sei ja eine gute Sache, wenn man allen Religionen und Lehren gegenüber offen ist und für sich das Beste aus allem herauszieht.
Mich hat aber diese unglaubliche Flatterhaftigkeit der Autorin angestrengt. Sie kriegt auf der einen Seite viele Dinge nicht gebacken, die meiner Meinung nach wichtig sind (ein gutes Verhältnis zum Sohn, Kontaktaufnahme zum Vater und zur Stiefmutter, minimaler Verdienst, um die Grundkosten decken zu können), auf der anderen Seite scheut sie weder Kosten noch Mühe, sobald sie hört, dass es hier ein spirituelles Seminar gibt, dort ein toller Yogi lehrt. Lebensbäume zeichnen, reinigende Massagen anbieten - sie brennt jedes Mal aufs Neue für irgendwas, das ihr zufällig über den Weg läuft, aber nichts ist beständig. Auch verliebt sie sich in diesem Buch in zwei Männer, die sich ebenfalls wie sie dem Spirituellen verschrieben haben, und beginnt sofort ohne näheres Kennenlernen eine Beziehung mit ihnen. So etwas kann ich auch schwer nachvollziehen, auch wenn es im zweiten Fall wohl tatsächlich etwas Dauerhaftes geworden ist.
Geld ist auch oft ein Thema. Auf der einen Seite hat sie mit ihren Filmen und Büchern schon einiges verdient, so dass Steuerschulden im fünfstelligen Bereich auflaufen, auf der anderen Seite hat sie meistens nichtmal Geld, um ihre Miete zu zahlen oder sich Essen zu kaufen. Wenn dann aber jemand sagt: "Hey, komm nach Indien, da hält Meister XY tolle Satsangs ab!", dann ruft ganz plötzlich jemand an und kommt auf die Idee, ihr ein paar Tausend Euro zu schenken und sie sitzt im nächsten Flieger. Spontaneität ist toll, ganz klar. Aber mir war das immer zu extrem, denn es ist ja nicht so, dass sie nicht auch anderweitig Verpflichtungen hätte. So wird auch immer das schlechte Verhältnis zum Sohn, der beim Vater lebt, kurz erwähnt. Und man muss sich da nicht so wirklich wundern, wieso das Verhältnis schlecht ist, denn über ihre extensive Sinnsuche stellt die Autorin alles Andere hintenan. Vielleicht tue ich Maria von Blumencron damit total Unrecht - auch da sie im Rahmen einer Leserunde erwähnte, dass ihr Sohn selten vorkommt, weil sie ihr nahe stehende Personen schützen will. (Dies ist jedoch "Insiderwissen", dass der normale Leser nicht hat.) Aber so kommt es nunmal für mich als Leserin rüber und das ist meine Meinung dazu.
Im Vorwort erfährt man, dass die Autorin hier zwar ihre Lebensgeschichte wiedergibt, sie schränkt jedoch ein: "Dort, wo es galt die Besetzung meines Roadmovies zu schützen, habe ich mich entschieden wahrhaftig, statt entblößend zu sein. Und was die 'ultimative Wahrheit' betrifft, so findet sich diese sowieso meistens zwischen den Zeilen. Was wir für die Realität halten, ist nur das Spiel auf der Bühne." Man kann das Buch also auch als Roman verstehen. Ich persönlich habe es jedoch als Autobiographie betrachtet und das macht es vielleicht stellenweise schwerer, Maria und ihr Handeln zu verstehen. Und so wollte ich öfter einfach mal den Kopf oder die Autorin selbst schütteln.
Mein persönliches Fazit: Maria von Blumencron ist eine sehr interessante Persönlichkeit, die viel zu erzählen hat. Trotz meiner Kritikpunkte ist sie eine sympathische Person, der man wünscht, dass sie endlich dort ankommt, wo sie hinmöchte. Das Buch liest sich sehr flüssig und kurzweilig, es ist auf jeden Fall unterhaltsam. Mir war der Erzählstil jedoch zu sprunghaft, und die spirituelle Sinnsuche (oder wie man das nennen mag) nahm viel zu viel Platz ein. Wer sich dafür jedoch interessiert, wird mit dem Buch mehr Freude haben als ich. Deshalb gebe ich nur eine eingeschränkte Leseempfehlung für "Am Ende der Welt ist immer ein Anfang" ab, sondern lege alternativ ihre anderen Bücher über Tibet ans Herz.