Cover-Bild Du, Marianne
15,00
inkl. MwSt
  • Verlag: [li:d] records
  • Themenbereich: Philosophie und Religion
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Ersterscheinung: 01.05.2021
  • ISBN: 9783981241853
Marita Loosen-Fox

Du, Marianne

Gespräche mit Marianne Gronemeyer
Erzähl mir dein Leben.
Gespräche mit Marianne Gronemeyer
Marita Loosen-Fox

2013 lernte ich sie bei den Dreharbeiten zu meiner Dokumentation “Der Preis der Freiheit“ kennen. Bereits nach unserem ersten Recherchetreffen wusste ich, dass ich die zentrale Interviewpartnerin für mein Projekt gefunden hatte: Marianne Gronemeyer wurde zur tragenden Stimme des Films. In ihrer radikalen Analyse entlarvt sie die Illusion grenzenloser Wahlfreiheit als Motor einer vom Wachstum besessenen Gesellschaft. Sie fasst in deutliche Worte, was heute viele Menschen als diffuses Leiden mit sich herumtragen: Hinter jedem neuen Freiheitsversprechen verbirgt sich ein neuer Zwang, eine neue Abhängigkeit.
Ihre Stimme begleitet seitdem mein Leben, inspiriert, rüttelt wach, gibt Orientierung und schenkt Freundschaft. Zwischen Mai 2015 und Dezember 2016 durfte ich sieben ausführliche Gespräche mit Marianne Gronemeyer führen, ausgehend von ihrer Lebensgeschichte, und sie war einverstanden, dass ich ein Mikrofon aufstelle, um unseren Dialog aufzuzeichnen.
Der Großteil dieser Interviewgespräche bezieht sich auf wichtige Stationen ihrer Biografie, die vom Krieg überschattete Kindheit in Hamburg und Pommern, der berufliche Werdegang, ihre Veröffentlichungen, ihr politisches Engagement, u.a. in der Friedensbewegung, die Grundgedanken ihrer Arbeit und Philosophie, und natürlich die Bedeutung von Ivan Illich für ihr Denken und ihr Werk. Insbesondere während der letzten Treffen sind wir auch auf aktuelle Ereignisse wie das Ankommen der Geflüchteten in Deutschland und die Präsidentschaftswahl in den USA eingegangen.

Anlässlich ihres 80. Geburtstags habe ich Ausschnitte aus unseren Gesprächen hier auf der CD „Du, Marianne“ zusammengestellt und gemeinsam mit Katja Teubner in ihrem Kölner Tonstudio gemischt. Inspirationsquelle für die Textauswahl war dabei die zeitgleich erschienene Festschrift für Marianne Gronemeyer: „Was glaubst du eigentlich? (Hg. Charlotte Jurk und Reimer Gronemeyer).

Die Frage „Woran glaubst du?“ habe ich Marianne Gronemeyer in dieser direkten Form nie gestellt. Heute frage ich mich, warum. Vielleicht käme es dem Überschreiten einer Grenze gleich, die wir – das glaube ich – beide deutlich wahrnehmen, wenn es um göttliches Wirken, um das Numinose geht.
Trotzdem klingt in ihren Worten stets mit, auf welchem Glaubensgrund sie steht, was sie für glaub-würdig hält und was nicht. Und es wird deutlich, dass sich Glauben für Marianne Gronemeyer nur im Spannungsfeld zwischen Zweifel und Hoffen ereignen kann. Zum Glauben gehören Schauder, Schrecken und Furcht ebenso wie Staunen, Faszination und Berührtsein.

Wie sie Gedanken entwickelt, ist vergleichbar mit der Arbeit einer Künstlerin, die aus unterschiedlichen Materialen neue Figuren formt. An diesem Prozess teilhaben zu dürfen, war eine unvergessliche und prägende Erfahrung. Marianne Gronemeyer hat den Raum geöffnet für eine dialogisches Wir und gab mir gleichzeitig die Freiheit, das zu tun, was ich gut kann: fragen und zuhören. Dafür danke ich ihr. Heute weiß ich, dass unsere Gespräche selbst Situationen des Glaubens waren.

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