Cover-Bild Reinmarbilder
Band 58 der Reihe "Imagines Medii Aevi. Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung"
129,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Reichert, L
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 660
  • Ersterscheinung: 03.06.2024
  • ISBN: 9783752007787
Martin Schubert

Reinmarbilder

Das Textkorpus ‚Reinmar von Zweter‘ und seine Wandlungen in Überlieferung und Rezeption
Reinmar von Zweter, der wohl wichtigste Sangspruchdichter zwischen Walther von der Vogelweide und Frauenlob, hat mit seinen politischen, didaktischen und geistlichen Strophen sowie mit seinem religiösen Leich ein beeindruckendes Korpus hinterlassen, dessen Rezeption im 13. Jahrhundert und lange darüber hinaus ganz außergewöhnlich ist. Dennoch stand dieses Oeuvre seit der umfassenden Reinmar-Edition Gustav Roethes (1887) nicht mehr im Zentrum einer ausführlicheren Untersuchung; lange Zeit wurde das Werk vor allem für biographistische Interpretationen herangezogen.
Der Aspekt der ‚Reinmarbilder‘ betont demgegenüber die Vielfalt der Perspektiven, die sich beim Blick auf das Werk ergeben. Die detaillierte Handschriftenanalyse zeigt, wie bereits im Mittelalter bei jeder Niederschrift und jeder Sammlung ein anderes Bild von Reinmar aktiviert wird. Dass die Überlieferung auf eine wohl bereits zu Lebzeiten des Autors entstandene Sangspruch-Sammlung zurückzuführen ist, die hier neu eingegrenzt werden kann, weist auf einen besonderen Bezug zur Schriftlichkeit und ist im 13. Jahrhunderts einmalig. Der Leich wurde intensiv rezipiert, wie die Überlieferung und die lateinische Kontrafaktur belegen; auch hier sind die frühen Fragmente im 13. Jahrhundert in der Gattung einzigartig. Die Kette der Bilder erstreckt sich von der Schriftüberlieferung über die Dichterminiatur der Großen Heidelberger Liederhandschrift, über die literarische Figur ‚Reinmar‘ im ‚Wartburgkrieg‘ und die Nennungen bei anderen Autoren sowie in Dichterkatalogen. Beim notorischen doenediep-Vorwurf wird keine Vereindeutigung des Begriffs angestrebt, sondern vermutet, dass die Mehrdeutigkeit intentionaler Bestandteil der Invektive ist. In dieser Kette von Bildern wird die Prägung in Roethes Edition als ein weiteres, diesmal wissenschaftliches, Konstrukt erwiesen.
Die literaturwissenschaftliche Untersuchung des Kernkorpus verfährt in verschiedenen thematischen Schnitten; hier wird vor allem auf die katechetischen Aspekte der geistlichen Strophen, auf die verarbeiteten Bildungsinhalte, die Sprechhaltungen, auf Sprachspiele und religiöse Subtexte geachtet. Der einheitsstiftende Begriff des Autors ist in diesem Fall nicht Ziel eines biographischen Konstrukts, sondern eine Indexfunktion der Texte, die auf einen literaturhistorischen Zeitpunkt verweist. Damit werden neue Blicke auf das innovative Potential des Oeuvres geöffnet, womit es aus dem Schlagschatten bekannterer Zeitgenossen heraustreten dürfte.

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