Cover-Bild Statt etwas oder Der letzte Rank
16,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 05.01.2017
  • ISBN: 9783498073923
Martin Walser

Statt etwas oder Der letzte Rank

Der Höhepunkt in Martin Walsers Alterswerk – ein neuer Roman als Summe und Bilanz.

"Mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche Fähigkeit überhaupt." Wer sagt das? Seine Frau nennt ihn mal Memle, mal Otto, mal Bert, er versucht zu erkennen, wie aus Erfahrungen Gedanken werden. Den Widerstreit von Interessen hat er hinter sich gelassen, Gegner und Feinde auch, sein Wesenswunsch ist, sich herauszuhalten, zu schweigen, zu verstummen. Am liebsten starrt er auf eine leere, musterlose Wand, sie bringt die Unruhe in seinem Kopf zur Ruhe. "Mir geht es ein bisschen zu gut", sagt er sich dann, "zu träumen genügt".

"Statt etwas oder Der letzte Rank" ist ein Roman, in dem es in jedem Satz ums Ganze geht – von größter Intensität und Kraft der Empfindung, unvorhersehbar und schön. Ein verwobenes Gebilde, auch wenn es seine Verwobenheit nicht zeigen will oder sogar versteckt. Ein Musikstück aus Worten, das dem Leser größtmögliche Freiheit bietet, weil es von Freiheit getragen ist: der Freiheit des Denkens, des Schreibens, des Lebens. So nah am Rand der Formlosigkeit, ja so entfesselt hat Martin Walser noch nie geschrieben. Das fulminante Porträt eines Menschen, ein Roman, wie es noch keinen gab.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2017

Zwischen genial und verwirrend

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Der Erzähler des Buchs „Statt etwas oder Der letzte Rank“ von Martin Walser bleibt unbenannt, obwohl er sich letztlich manche Namen aneignet. Vor ihm steht eine leere imaginäre Wand ohne Muster. Ein Rahmen ...

Der Erzähler des Buchs „Statt etwas oder Der letzte Rank“ von Martin Walser bleibt unbenannt, obwohl er sich letztlich manche Namen aneignet. Vor ihm steht eine leere imaginäre Wand ohne Muster. Ein Rahmen wie auf dem Cover des Romans wäre noch einengender und zum Glück gibt es ihn nicht. Doch die Mauer bietet dem Betrachter schon Einhalt, aufhalten kann sie seine Gedanken jedoch nicht. Er hat gelernt mit der Wand zu leben. Und die Ideen von Martin Walser finden sich ohne Begrenzung in den Worten der Kapitel wieder.
Das Buch ist als Roman bezeichnet und folgt man der allgemeinen Wikipedia-Erklärung, dass es sich hierbei um eine „Langform der schriftlichen Erzählung“ handelt ist das korrekt, aber dennoch ist der Inhalt mit keinem anderen Roman vergleichbar. Der Ich-Erzähler, der gerne auch zum gestehenden „Er“ wird, blickt Vielfach auf Erlebtes zurück bei dem er seine Gefühle in den erinnerten Situationen nicht verbergen kann. Er verfällt in Behauptungen bei Unsicherheit und offenbart dadurch seine Sensibilität. Überhaupt hat er selber immer nach der Wahrheit gesucht und sich selbst dahin gemaßregelt, dass Träumen ausreichend ist. Für ihn scheint es ein lebenslanges Dilemma zu sein, durch seine Meinung im Fokus zu stehen und doch gleichzeitig dabei nicht auffallen zu wollen. Sein Leben ist geprägt durch manche Auseinandersetzung, die nicht alle ohne negative Folgen für ihn geblieben sind.

Ich muss zugeben, dass das Buch erst das zweite ist, das ich von Martin Walser gelesen habe. Nach einer kurzen Recherche zu seinem bisherigen Leben im Internet sehe ich so manche Anspielung auf eigene Erlebnisse des Autors, zumal mich der Erzähler des Romans durch einen entsprechenden Textpassus darauf hinweist, dass er seine Geschichten gerne in die Schilderungen Bekannter verpackt. Auch wenn ich leider nicht alle deuten kann, stelle ich fest, dass seine Aussagen deutlich, bestimmt und ansprechend sind. Sarkasmus blitzt durch, der bei weiterer Bekanntheit des Autors und seiner Werke sicher noch amüsanter wäre.

Das im Buchtitel enthaltene und mir antiquiert erscheinende Wort „Rank“, welches nach einer Erklärung aus dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm als Synonym dem Wort Wendung entspricht gilt hier in zweierlei Sicht. Einerseits nimmt jedes Kapitel im formlosen Verlauf ungeahnte Drehungen von der Erzählung zur Lyrik, zur Aufzählung, zum Aphorismus hin zum Prosagedicht. Andererseits ist es der Schilderer selbst der sich da von Kapitel zu Kapitel von einem zum anderen dreht und dadurch erreicht, seine Gedanken von der erdachten Wand zu befreien. Der Erzähler erscheint gefestigt durch seine Erfahrungen und setzt man ihm den Autor gleich, habe ich als Leser gerne wahrgenommen, dass das Werken Martin Walsers weitergeht.

Ich habe solch einen Roman noch nicht gelesen und finde ihn eine Bereicherung der Möglichkeiten schriftstellerischen Ausdrucks, der allgemein wohl nur von einem bekannteren Autor ernst genommen wird. Ob man das Buch nun als genial oder verwirrend wahrnimmt mag jedem offen gestellt sein. Ich persönlich bevorzuge zwar eine gleichförmigere Erzählung, kann mich aber dem Reiz des vorliegenden Buch nicht gänzlich entziehen.