Licht- und Schattenseiten eines Philosphen
Ich weiß nicht mehr, wie ich vor einigen Jahren auf die Idee gekommen bin Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ zu lesen, doch an das ein oder andere damals Gelesene kann ich mich immer noch erinnern. ...
Ich weiß nicht mehr, wie ich vor einigen Jahren auf die Idee gekommen bin Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ zu lesen, doch an das ein oder andere damals Gelesene kann ich mich immer noch erinnern. In diesem Jahr hätte Kant seinen 300. Geburtstag gefeiert. Er wurde am 22. April 1724 in Königsberg geboren. Pünktlich zu seinem Jubiläum erschien Ende Februar das neue Buch von Michael Lichtwarck-Aschoff: „Der Perückenmacher von Königsberg. Eine schwierige Freundschaft mit Immanuel Kant.“ Nachdem mir bereits Lichtwarck-Aschoffs „Als die Giraffe noch Liebhaber hatte“ sehr gefiel, habe ich mich nochmals in Kants Welt gewagt.
Michael Lichtwarck-Aschoff zeigt uns einen vielschichtigen Kant. „Der Perückenmacher von Königsberg“ ist ein Roman und eine wissenschaftlich fundierte Biographie. Mit viel Wissen zeigt uns der Autor sowohl Licht- als auch Schattenseiten des Philosophen. Eine seiner Facetten offenbart sich in seiner Freundschaft zu seinem (fiktiven) Perückenmacher.
„Aber in Kant wird allmählich ein Freundschaftsgefühl für Urgroßvater hochgestiegen sein, …“ (S.51)
Das Buch ist aus Sicht eines Nachkommen des Perückenmachers geschrieben. Er berichtet, dass sein Urgroßvater für eine Aussage zur Commission zitiert wurde, allerdings nicht wusste, wozu man ihn befragen wolle. Während des Wartens denkt er über das Leben in Königsberg, Perücken und eben über seine Bekanntschaft / Freundschaft zu Immanuel Kant nach. Er vermutet, dass es in dem Verhör um den vor kurzem im Hause Kants stattgefundenen Afrikanischen Abend gehen wird.
„Er wolle, sagte Urgroßvater, gewiss nicht, also ungeduldig möge seine Frage bitte nicht klingen oder, Gott behüte!, ungezogen. Aber falls sich eventuell schon absehen ließe, wann er vor der Commission erscheinen dürfe, vielleicht eine kleine Mitteilung, er säße hier seit, also wirklich nur gegebenenfalls.“ (Seite 161)
Durch die Gedanken des Urgroßvaters erfahren wir Leser viel über Kant und seine Ansichten. Einer der zentralen Punkte ist die Frage, ob man Immanuel Kant Rassismus vorwerfen kann. Eine Frage, deren Antwort uns Michael Lichtwarck-Aschoff nicht gibt. Er zeigt uns Kants Welt, aber auch die Zeit und Gesellschaft in der er sich bewegt hat. Wir Leser müssen uns selbst eine Meinung bilden. Eine kleine Hilfestellung mag dabei die zum Ende des Buches abgedruckte Vorlesung Kants über physische Geographie sein.
Für mich war „Der Perückenmacher von Königsberg“ eine interessante Lektüre, die sich gut lesen ließ, die ich allerdings dennoch nicht an einem Stück gelesen habe. Mit einer Unterbrechung von etwa 3 Wochen zur Mitte des Buches, habe ich für meine Verhältnisse relativ lang für die Lektüre gebraucht. Es sei aber betont, dass ich das Buch nach der Lesepause nicht deshalb wieder zur Hand genommen habe, weil ich musste, sondern weil ich wollte.
Mein Fazit: Michael Lichtwarck-Aschoffs Buch lässt sich sicher nicht so leicht nebenher lesen wie ein Unterhaltungsroman, aber ich würde es ebenso wenig als „schwierige“ Lektüre bezeichnen (leider finde ich keine bessere Bezeichnung, ich hoffe, ihr wisst, was ich meine). Wer Interesse an Immanuel Kant hat, der findet hier eine interessante Lektüre, die zum Nachdenken über den bekannten Philosophen anregt, aber selbst nicht wertet.