Hat mich mitgerissen und bewegt
Michelle Hunziker sagt über sich selbst, sie hatte ein perfektes Leben. Sie war nicht nur die Frau an der Seite von Eros Ramazzotti, sie hat eine wunderbare Tochter und eine Karriere von der andere träumen. ...
Michelle Hunziker sagt über sich selbst, sie hatte ein perfektes Leben. Sie war nicht nur die Frau an der Seite von Eros Ramazzotti, sie hat eine wunderbare Tochter und eine Karriere von der andere träumen. Und dennoch war sie auf der Suche nach Zuneigung und diese Suche hat sie in die Arme einer Sekte getrieben, die über ihr Leben, ihre Liebe und ihr Geld bestimmt hat.
In diesem Buch erzählt Michelle Hunziker von ihrer Kindheit und Jugend, ihrem alkoholkranken Vater, ihrem Bezug zur katholischen Kirche und zum Glauben, davon, wie sie die Frau kennengelernt hat, die zunächst zu ihrer engsten Vertrauten wurde, wie die Gruppe angefangen hat, sie von Familie und Freunden zu lösen, wie sie mit Isolation bestraft und die Kontrolle über ihr Leben übernommen wurde. Sie berichtet davon, wie sie es geschafft hat, dass ihre Tochter Aurora nicht in diese Gruppierung hineingezogen wurde, sondern eine ganz normale Kindheit verbringen durfte und davon, warum ihre Ehe diese Zeit, in der sie sich in der Abhängigkeit einer Sekte befunden hat, nicht überstanden hat.
Alles in allem eine sehr spannende Lebensgeschichte, über die Michelle Hunziker schreibt. Ich durfte kurz nach Erscheinen ihres Buches an einer Pressekonferenz teilnehmen und war damals schon sehr beeindruckt von ihren Schilderungen und fasziniert von ihr als Person. In ihrem Buch lässt sie noch viel tiefer blicken, sie stellt eigene Entscheidungen und Taten in Frage und legt gleichzeitig offen, warum sie wie gehandelt hat.
Bei all der Ernsthaftigkeit hat mich Michelle Hunziker aber auch immer wieder schmunzeln lassen. So schreibt sie einmal:
Auf die Idee, als Model zu arbeiten, wäre ich im Traum nicht gekommen. In meinem Heimatdorf in der Schweiz wurden Schönheitsköniginnen nicht unter hübschen Sechszehnjährigen ausgefählt … sondern unter den Kühen. (Seite 45)
Berührt haben mich zum einen die Erzählungen über die Liebe zu ihren mittlerweile drei Töchtern und zu ihrem Mann Tomaso. Gleich auf den ersten Seiten schreibt sie, dass sie oft hört, dass sie „viel zu viel Theater“ um ihre Kinder mache. Ich denke, wenn man dieses Buch gelesen hat, kann man das durchaus nachvollziehen. Aber auch sie selbst sieht diese „Vorwürfe“ gelassen, denn sie mache lieber zu viel als zu wenig und außerdem könne sie gar nicht anders, selbst wenn sie wollte.
Besonders zu Herzen gegangen ist mir auch, wie liebevoll sie noch heute von Eros Ramazzotti spricht, mit dem sie nicht nur die Liebe zu ihrer gemeinsamen Tochter verbindet, sondern auch eine tiefe Freundschaft. Sie bringt immer wieder zum Ausdruck, wie sehr er sich eingesetzt und zu welch drastischen Mitteln er gegriffen hat, um sie freizukämpfen, obwohl sie damals schon einige Jahre getrennt waren. Dazu passt auch, was geschehen ist, als Michelle Hunziker sich von der Gruppierung distanzierte und eine entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht wurde:
Eine halbe Stunde nach der Veröffentlichung … ging eine wahre Flut von Telefonanrufen und Textnachrichten ein… Ich war so lange im Schutz der Mauern geblieben in der Überzeugung, dass es draußen für mich nichts gäbe außer Leere und Abneigung, und nun schrillte in einem fort das Telefon. Der Erste, der mir eine SMS schickte, war Eros: „Wenn du jemanden brauchst, ich bin da.“ (Seite 297)
Ich finde dieses Buch großartig, es hat mich mitgerissen und bewegt, allerdings mit zwei Einschränkungen: Gerade zu Beginn war ich irritiert, weil Michelle Hunziker zwischen verschiedenen Lebensabschnitten hin und her springt, doch daran habe ich mich im Laufe der über 300 Seiten gewöhnt. Die sehr esoterischen Passagen über die Sekte allerdings habe ich desöfteren nur quer gelesen, weil sie für meinen Geschmack teilweise zu langatmig waren.