Band
der Reihe "Mensch und Sicherheit"
5,00
€
inkl. MwSt
- Verlag: Fachverlag NW in Carl Ed. Schünemann KG
- Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziologie und Anthropologie
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Seitenzahl: 104
- Ersterscheinung: 01.2015
- ISBN: 9783956061424
Simulatorstudien zur Ablenkungswirkung fahrfremder Tätigkeiten
BASt M 253: Simulatorstudien zur Ablenkungswirkung fahrfremder Tätigkeiten
N. Schömig, St. Schoch, A. Neukum, M. Schumacher, B. Wandtner
104 S., 68 Abb., 22 Tab., ISBN 978-3-95606-142-4, 2015, EUR 18,50
Im Zuge stetig wachsender Verbreitung von Multimediageräten, wie Smartphones und Tablet-PCs, die auch während der Fahrt im Auto genutzt werden können, vergrößert sich das Problemfeld fahrfremder Tätigkeiten zunehmend und dringt verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. So kann mit den neuen technischen Geräten nicht mehr nur telefoniert werden, es können auch vielfältige andere Aktivitäten ausgeführt werden, wie beispielsweise das Verfassen und Versenden von Kurznachrichten oder Emails sowie das Surfen im Internet. Wissenschaftliche Studien zur Ablenkungswirkung solcher neuer Funktionalitäten im Fahrzeug und deren mögliche Gefahren für die Fahrsicherheit sind daher von besonderer Bedeutung.
Der vorliegende Bericht stellt zwei Simulatorstudien zu diesem Themenkomplex vor und diskutiert die daraus resultierenden Befunde im Hinblick auf das Ausmaß der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.
Im Rahmen einer im Fahrsimulator der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) durchgeführten Studie wurde an 39 Probanden untersucht, in wieweit Fahrer dazu in der Lage sind, die Beschäftigung mit einer fahrfremden Tätigkeit an die Anforderungen anzupassen, die aus unterschiedlichen Verkehrssituationen erwachsen. Hierzu wurde eine visuo-motorische Nebenaufgabe untersucht, vergleichbar dem Eingeben einer Telefonnummer oder dem Erstellen einer Kurznachricht. In einer Bedingung musste diese Nebenaufgabe unter Zeitdruck in vorgegebenen Streckenabschnitten bearbeitet werden (Blockbedingung), während die Fahrer in der anderen Bedingung die Möglichkeit hatten, die Aufgabe nur dann zu bearbeiten, wenn die Verkehrssituation dies ihrer Meinung nach erlaubte (Selbstregulationsbedingung). Darüber hinaus wurden Vergleichsdaten zum Fahren ohne diese Nebenaufgabe erhoben.
In kritischen Verkehrssituationen kam es in der Blockbedingung unter Ablenkung zu signifikant mehr Fahrfehlern; insbesondere die Spurhaltung war hier stark beeinträchtigt. Bei der Anzahl der Kollisionen ließen sich dagegen keine Unterschiede nachweisen. Abgelenkte Fahrer fuhren in kritischen Situationen allerdings auch oftmals deutlich langsamer (Kompensationsreaktion). Hatten die Fahrer die Möglichkeit zur Selbstregulation, machten sie kaum mehr Fahrfehler als nicht abgelenkte Fahrer. Sie bearbeiteten dabei in den kritischen Situationen auch weniger Aufgaben. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung spezifischer Strategien bei der Selbstregulation sowie moderierender Faktoren diskutiert.
In einer weiteren Studie, die im Fahrsimulator des Würzburger Instituts für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) durchgeführt wurde, wurden verschiedene Aufgaben untersucht, die mittels Smartphones ausgeführt werden können: Das Verfassen und das Lesen von Kurznachrichten, das Eingeben von Telefonnummern in Vorbereitung eines Telefonats sowie der Informationsabruf aus dem Internet. Je 24 Fahrer bearbeiteten diese Aufgaben in einem freien Bedienkontext, d.h. direkt über Eingaben am Smartphone, das in einer Halterung am Armaturenbrett befestigt war. Die anderen 24 Fahrer bearbeiteten diese Aufgaben in einer integrierten Bedienlösung, die die Möglichkeit zur Nutzung einer Sprachsteuerung bot und die Nutzung des Internets auf ausgewählte Inhalte beschränkte. Die Auswirkungen dieser fahrfremden Tätigkeiten auf das Blickverhalten, die Fahrleistung und die Fahrsicherheit wurden sowohl in einer standardisierten Folgefahrt (CarFollow Anordnung) als auch in einem komplexen Prüfparcours untersucht, der vielfältige Szenarien mit unterschiedlichen Anforderungen beinhaltete, mit denen Fahrer typischerweise beim Befahren von Autobahnen, im Innenstadtbereich und auf Überlandstrecken konfrontiert werden.
Es zeigte sich zusammenfassend, dass die Fahrleistung, sowohl im Hinblick auf die Längs- und Querregelung als auch in Bezug auf das Auftreten von Fahrfehlern besonders stark beeinträchtigt ist, wenn Aktivitäten ausgeführt werden, die hohe visuell-motorische Anforderungen an den Fahrer stellen. Hierzu gehört das Lesen und Eingeben von längeren Texten. Daher sind das Verfassen von Kurznachrichten oder Emails sowie anspruchsvolle Internetaktivitäten, wie z.B. das Lesen auf Mobilseiten von Nachrichtenanbietern und Zeitungen während der Fahrt als eher kritisch zu betrachten. Insgesamt schneiden die Aufgaben, die mittels einer integrierten Bedienlösung am Smartphone ausgeführt werden, im Hinblick auf das verursachte Ausmaß der Beeinträchtigung der Fahrleistung besser ab, da hier der visuell-motorische Aufwand erheblich reduziert ist. So führt das Verfassen von Textnachrichten mittels Spracherkennung, wie auch die Vorlesefunktion für eingehende Textnachrichten, zu deutlich weniger Ablenkung, so dass die Spurhaltung aufrechterhalten werden kann. Außerdem treten weniger Fahrfehler auf und die Fahrleistung wird insgesamt als weniger beeinträchtigt beurteilt. Die Fahrer der untersuchten Stichprobe würden eine Integration ihres Smartphones in das fahrzeuginterne Fahrerinformationssystem und damit verbundene Möglichkeiten und Einschränkungen akzeptieren.
Trotz der teilweise festzustellenden Einbußen in der Fahrleistung wurden keine gravierenden Auswirkungen der Nutzung der untersuchten Smartphoneanwendungen auf die Fahrsicherheit festgestellt. Die Anzahl kritischer Situationen, wie Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer oder Kollisionen, stieg durch die Beschäftigung mit den Nebenaufgaben nicht bedeutsam an. Dies lässt sich unter anderem auf erhöhte Kompensationsbemühungen der Fahrer zurückführen, die sich in erhöhten Abständen oder geringeren Geschwindigkeiten während der Nebenaufgabenbearbeitung ausdrücken. In besonders zeitkritischen Situationen verzichtet ein bedeutsamer Anteil an Fahrern komplett auf die Aufgabenbearbeitung. Auch in dieser Studie war erkennbar, dass die Interaktion mit der Nebenaufgabe an die Anforderungen der jeweiligen Fahrsituationen angepasst wird.
N. Schömig, St. Schoch, A. Neukum, M. Schumacher, B. Wandtner
104 S., 68 Abb., 22 Tab., ISBN 978-3-95606-142-4, 2015, EUR 18,50
Im Zuge stetig wachsender Verbreitung von Multimediageräten, wie Smartphones und Tablet-PCs, die auch während der Fahrt im Auto genutzt werden können, vergrößert sich das Problemfeld fahrfremder Tätigkeiten zunehmend und dringt verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. So kann mit den neuen technischen Geräten nicht mehr nur telefoniert werden, es können auch vielfältige andere Aktivitäten ausgeführt werden, wie beispielsweise das Verfassen und Versenden von Kurznachrichten oder Emails sowie das Surfen im Internet. Wissenschaftliche Studien zur Ablenkungswirkung solcher neuer Funktionalitäten im Fahrzeug und deren mögliche Gefahren für die Fahrsicherheit sind daher von besonderer Bedeutung.
Der vorliegende Bericht stellt zwei Simulatorstudien zu diesem Themenkomplex vor und diskutiert die daraus resultierenden Befunde im Hinblick auf das Ausmaß der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit.
Im Rahmen einer im Fahrsimulator der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) durchgeführten Studie wurde an 39 Probanden untersucht, in wieweit Fahrer dazu in der Lage sind, die Beschäftigung mit einer fahrfremden Tätigkeit an die Anforderungen anzupassen, die aus unterschiedlichen Verkehrssituationen erwachsen. Hierzu wurde eine visuo-motorische Nebenaufgabe untersucht, vergleichbar dem Eingeben einer Telefonnummer oder dem Erstellen einer Kurznachricht. In einer Bedingung musste diese Nebenaufgabe unter Zeitdruck in vorgegebenen Streckenabschnitten bearbeitet werden (Blockbedingung), während die Fahrer in der anderen Bedingung die Möglichkeit hatten, die Aufgabe nur dann zu bearbeiten, wenn die Verkehrssituation dies ihrer Meinung nach erlaubte (Selbstregulationsbedingung). Darüber hinaus wurden Vergleichsdaten zum Fahren ohne diese Nebenaufgabe erhoben.
In kritischen Verkehrssituationen kam es in der Blockbedingung unter Ablenkung zu signifikant mehr Fahrfehlern; insbesondere die Spurhaltung war hier stark beeinträchtigt. Bei der Anzahl der Kollisionen ließen sich dagegen keine Unterschiede nachweisen. Abgelenkte Fahrer fuhren in kritischen Situationen allerdings auch oftmals deutlich langsamer (Kompensationsreaktion). Hatten die Fahrer die Möglichkeit zur Selbstregulation, machten sie kaum mehr Fahrfehler als nicht abgelenkte Fahrer. Sie bearbeiteten dabei in den kritischen Situationen auch weniger Aufgaben. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung spezifischer Strategien bei der Selbstregulation sowie moderierender Faktoren diskutiert.
In einer weiteren Studie, die im Fahrsimulator des Würzburger Instituts für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) durchgeführt wurde, wurden verschiedene Aufgaben untersucht, die mittels Smartphones ausgeführt werden können: Das Verfassen und das Lesen von Kurznachrichten, das Eingeben von Telefonnummern in Vorbereitung eines Telefonats sowie der Informationsabruf aus dem Internet. Je 24 Fahrer bearbeiteten diese Aufgaben in einem freien Bedienkontext, d.h. direkt über Eingaben am Smartphone, das in einer Halterung am Armaturenbrett befestigt war. Die anderen 24 Fahrer bearbeiteten diese Aufgaben in einer integrierten Bedienlösung, die die Möglichkeit zur Nutzung einer Sprachsteuerung bot und die Nutzung des Internets auf ausgewählte Inhalte beschränkte. Die Auswirkungen dieser fahrfremden Tätigkeiten auf das Blickverhalten, die Fahrleistung und die Fahrsicherheit wurden sowohl in einer standardisierten Folgefahrt (CarFollow Anordnung) als auch in einem komplexen Prüfparcours untersucht, der vielfältige Szenarien mit unterschiedlichen Anforderungen beinhaltete, mit denen Fahrer typischerweise beim Befahren von Autobahnen, im Innenstadtbereich und auf Überlandstrecken konfrontiert werden.
Es zeigte sich zusammenfassend, dass die Fahrleistung, sowohl im Hinblick auf die Längs- und Querregelung als auch in Bezug auf das Auftreten von Fahrfehlern besonders stark beeinträchtigt ist, wenn Aktivitäten ausgeführt werden, die hohe visuell-motorische Anforderungen an den Fahrer stellen. Hierzu gehört das Lesen und Eingeben von längeren Texten. Daher sind das Verfassen von Kurznachrichten oder Emails sowie anspruchsvolle Internetaktivitäten, wie z.B. das Lesen auf Mobilseiten von Nachrichtenanbietern und Zeitungen während der Fahrt als eher kritisch zu betrachten. Insgesamt schneiden die Aufgaben, die mittels einer integrierten Bedienlösung am Smartphone ausgeführt werden, im Hinblick auf das verursachte Ausmaß der Beeinträchtigung der Fahrleistung besser ab, da hier der visuell-motorische Aufwand erheblich reduziert ist. So führt das Verfassen von Textnachrichten mittels Spracherkennung, wie auch die Vorlesefunktion für eingehende Textnachrichten, zu deutlich weniger Ablenkung, so dass die Spurhaltung aufrechterhalten werden kann. Außerdem treten weniger Fahrfehler auf und die Fahrleistung wird insgesamt als weniger beeinträchtigt beurteilt. Die Fahrer der untersuchten Stichprobe würden eine Integration ihres Smartphones in das fahrzeuginterne Fahrerinformationssystem und damit verbundene Möglichkeiten und Einschränkungen akzeptieren.
Trotz der teilweise festzustellenden Einbußen in der Fahrleistung wurden keine gravierenden Auswirkungen der Nutzung der untersuchten Smartphoneanwendungen auf die Fahrsicherheit festgestellt. Die Anzahl kritischer Situationen, wie Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer oder Kollisionen, stieg durch die Beschäftigung mit den Nebenaufgaben nicht bedeutsam an. Dies lässt sich unter anderem auf erhöhte Kompensationsbemühungen der Fahrer zurückführen, die sich in erhöhten Abständen oder geringeren Geschwindigkeiten während der Nebenaufgabenbearbeitung ausdrücken. In besonders zeitkritischen Situationen verzichtet ein bedeutsamer Anteil an Fahrern komplett auf die Aufgabenbearbeitung. Auch in dieser Studie war erkennbar, dass die Interaktion mit der Nebenaufgabe an die Anforderungen der jeweiligen Fahrsituationen angepasst wird.
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