Eine aufwühlende Graphic Novel, die unter die Haut geht!
Meine Meinung
Nicht ganz leicht zu verdauender Stoff liefert Nina Bunjevac, die in ihrer Graphic Novel »Bezimena« in die Haut eines Täters schlüpft und die erschreckenden Szenen mit dem griechischen Mythos ...
Meine Meinung
Nicht ganz leicht zu verdauender Stoff liefert Nina Bunjevac, die in ihrer Graphic Novel »Bezimena« in die Haut eines Täters schlüpft und die erschreckenden Szenen mit dem griechischen Mythos von Artemis und Siproites verknüpft. In diesem Werk, dessen Titel in den meisten slawischen Sprachen »namenlos« bedeutet, verarbeitet die kanadisch-jugoslawische Künstlerin auf besondere Weise ihre eigene Erfahrung mit sexualisierter Gewalt.
Der unglaublich akkurate und geradlinige Stil von Nina Bunjevac zog mich von der ersten Seite an in den Bann, dabei unterstützt die ungewöhnliche Darbietung, bei der die Bilder nicht von Panels im Zaum gehalten werden, sondern durch ganzseitige Tusche-Zeichnungen mit feinen Schraffuren genügend Raum erhalten, um ihre ganze hypnotisierende Wirkung zu entfalten. Während die linken Seiten für die Sprechblasen der Erzählerin reserviert sind, gibt es auf den rechten Seiten die eindrucksvollen Zeichnungen Bunjevacs zu erkunden, bei denen die Leser*innen in eine voyeuristische Rolle gedrückt werden.
Eine Sage aus der antiken Mythologie über Artemis, die griechische Göttin der Jagd und Hüterin der Kinder und Frauen, berichtet über die Begebenheit als der kretische Jäger Siproites die jungfräuliche Göttin heimlich beim Baden beobachtet und als Strafe dafür in eine Frau verwandelt wurde. Für ein ähnliches Vergehen wurde auch der Jäger Aktaion von Artemis in einen Hirsch verwandelt woraufhin ihn seine eigenen Hunde zerfleischten.
Die strenge und grausame Göttin Artemis übernimmt in Bunjevacs Comic die Rolle der alten Frau Bezimena, die eine von Leid gepeinigte Priesterin unter Wasser drückt und ihr dadurch eine Neugeburt als Junge beschert. Somit wird in »Bezimena« die griechische Sage einmal auf den Kopf gestellt und eröffnet damit ein erschreckendes Sichtfenster.
In der Haut des Jungen Benedict, der durch das Wunder seiner späten Geburt seinen Namen, der »Glückskind« bzw. »Sohn des Glücks« bedeutet, erhielt, erfährt die Priesterin, die selbst Opfer sexualisierter Gewalt wurde, nun das Leid eines Täters am eigenen Leib.
Nina Bunjevac ist mir mit ihrer Geschichte tief unter die Haut gegangen, führt sie mit den immer wiederkehrenden Spiralen doch vor Augen, dass sich Opfer und Täter in einen immer wiederkehrenden Teufelskreis befinden. Mit »Bezimena« blickt die Künstlerin anhand eines Mythos über die Grenzen hinweg und vermittelt damit ein verstörendes wie auch erschreckendes Bild.
Eine Triggerwarnung möchte ich noch abschließend aussprechen, denn diese Graphic Novel ist durch die unzensierten Abbildungen sexueller Gewalthandlungen definitiv nichts für schwache Nerven.
Fazit:
Nina Bunjevac verknüpft in »Bezimena« brillant und beängstigend zugleich, den Horror sexueller Gewalt mit einer Sage aus der griechischen Mythologie.