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Aglaja

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.01.2024

Lenin und andere Zeitgenossen

Das Philosophenschiff
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Eine hundertjährige Architekturprofessorin will eine besondere Art ihrer Memoiren verfassen lassen. Sie sucht sich dazu einen besonderen Schriftsteller aus, einen, bei dem sich der Leser nicht sicher sein ...

Eine hundertjährige Architekturprofessorin will eine besondere Art ihrer Memoiren verfassen lassen. Sie sucht sich dazu einen besonderen Schriftsteller aus, einen, bei dem sich der Leser nicht sicher sein kann, ob er ihm glauben soll, oder nicht.
Als Anouk Perleman-Jacob ein junges Mädchen von vierzehn Jahren ist, gehört sie mit ihren Eltern zu der großen Gruppe der Intelligenzija, die von den damaligen Machthabern Russlands, den Bolschewiken, des Landes verwiesen werden. Sie werden mit den sogenannten Philisophenschiffen außer Landes gebracht.
Anouk, die nachts, in aller Heimlichkeit auf dem Luxusdampfer heraumstreunt, trifft zufällig auf den einzigen Passagier der ersten Klasse.
Er gibt sich ihr als Lenin zu erkennen. Eine kranke Gestalt. aus Haut und Knochen, lesend im Rollstuhl. Sie beginnen eine Unterhaltung, die sie jeden Abend fortsetzen, bis zu einem gewissen Abend, an dem Anouk eine andere Gestalt bei ihm entdeckt. Ein Mann mit einem Schnauzbart, schwarzen Zähnen und feinen weißen Händen. Sie belauscht heimlich die Rede des Mannes aus Georgien und wird Zeugin eines "historischen" Geschehens.

Der Autor entrollt in seinem Buch ein Bild, rund um die Geschehnisse während der Machtergreifung der Bolschewiken in Russland.
Er schreibt von der Angst der Menschen, den Grausamkeiten, von innen- und
außenpolitischen Machtspielen, von dem "Konzert der Intrigen".
Der historisch nicht bewanderten Leser, liest mit ungläubigem Staunen.

Die "éloge funèbre", eine Abrechnung des Georgiers mit Lenin ist brillant und treffend, sie lässt Parallelen erkennen zu der erschreckenden, aktuellen Realität im derzeitigen Russland.

Michael Köhlmeier hat das geliefert, was man unter guter Literatur versteht.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

außergewöhnlich!

Die weite Wildnis
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Vor vierhundert Jahren, als diePest in Europa gewütet hatte, kommt ein Mädchen mit ihrer Herrschaft nach Kanada. Sie leben in einem Fort, mitten in der unendlichen Wildnis der Urwälder. Sie ist eine Dienerin ...

Vor vierhundert Jahren, als diePest in Europa gewütet hatte, kommt ein Mädchen mit ihrer Herrschaft nach Kanada. Sie leben in einem Fort, mitten in der unendlichen Wildnis der Urwälder. Sie ist eine Dienerin ohne Rechte, eine Leibeigene, der Willkür aller ausgesetzt. Als sie das grausamste aller menschlichen Verbrechen mit ansieht, flieht sie.
Die Angst gefasst zu werden und ein ungeheuerer Überlebenswille lassen sie all das ertragen was ihr auf dieser Flucht durch die unwegsame Wildnis widerfährt. Man kann nur staunen was ein Mensch ertragen kann.

Ein außergewöhnliches Buch, das den Leser an die äußersten Ränder der Existenz führt.
In gekonnter, wunderbar literarischen Sprache zeigt die Autorin die schrecklichen Tiefen des Menschseins auf, den Zwiespalt zwischen berückender und grausamer Natur.
Kann ein Mensch leben, überleben, nur mit sich allein in der Wildnis der Wälder, in berauschender Schönheit und abgrundtiefem Schrecken.
Wie lebt ein Mensch ohne die liebende Fürsorge eines anderen.
"Ganz allein zu überleben, war nicht dasselbe, wie am Leben zu sein."
"Dieses Licht und diese Wärme waren es, was Bestand hatte, was ewig war. Im Kern war nicht nichts, nein. Aus dem Licht und der Wärme floss alles, was gut und göttlich war."
Die Autorin führt ihre Leser in die tiefsten Gedanken.

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Veröffentlicht am 07.09.2023

"Mutter - der Stein im Schuh"

Die Wahrheiten meiner Mutter
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Weil sie nicht daran teilhaben durfte, erschafft sich die Protagonistin das Leben ihrer Mutter im Geiste. Man hat sie aus der Familie ausgeschlossen, aber sie versteht nicht warum.
Diese Frage muss sie ...

Weil sie nicht daran teilhaben durfte, erschafft sich die Protagonistin das Leben ihrer Mutter im Geiste. Man hat sie aus der Familie ausgeschlossen, aber sie versteht nicht warum.
Diese Frage muss sie ergründen. Verzweifeltes Bemühen um Erklärung, das ihre Gedanken beherrscht und ihr den Schlaf raubt.
In ihrem Buch hat die Autorin alle Fragen, die es geben kann in einem zerrütteten Verhältnis zwischen Mutter und Tochter gestellt und beantwortet. Alle Aspekte aus allen Richtungen betrachtet, alle Möglichkeiten erwogen und gewogen, alles schon im Voraus gedacht, bedacht und gefühlt, alle Schmerzen durchlitten und ertragen.
In ihrem eigenen Leben musste sie Vater und Mutter vergessen, wenn sie glücklich sein wollte.
Sie ist nicht den Weg der Mutter gegangen, sie wollte nur das leben, was in ihr war. Ist es möglich, dass sich eine Mutter so radikal und herzlos von ihrem Kind trennen kann?
Sie muss die Antwort finden, um weiterleben zu können.

Ein Buch, dass manche bis in ihre Grundfesten erschüttern könnte.
Ein Buch, dass einen so schnell nicht mehr loslässt.

Die Umschlaggestaltung von Leif Nyland imaginiert perfekt die Stimmung Norwegens und die Stimmung des Buches.

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Veröffentlicht am 07.08.2023

Nach Hause kommen in ein fremdes Land

Terafik
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Nilufar, ein altpersischer Name wie aus Tausendundeiner Nacht.
Alles andere als ein Märchen ist Nilufars Leben. Die Mutter eine Deutsche, der Vater ein Iraner, hat sie mit all diesen Diskriminierungen ...

Nilufar, ein altpersischer Name wie aus Tausendundeiner Nacht.
Alles andere als ein Märchen ist Nilufars Leben. Die Mutter eine Deutsche, der Vater ein Iraner, hat sie mit all diesen Diskriminierungen zu kämpfen, die binationalen Kindern widerfahren und wenn sie noch so subtil sind. Die Mutter trennt sich buchstäblich über Nacht von ihrem Mann, der in den Iran zurückgeht. Das ist eingetroffen, vor dem sich Nilufar immer gefürchtet hat.
Sie hatte immer das Gefühl in einer unechten Familie, ja in einer unechten Welt zu leben, als seien die Beteiligten nur Schauspieler, sie ging davon aus hier nur provisorisch zu leben, als würde sie nur zufällig bei ihren Eltern leben. Sie bewegte sich durch die Welt, als sei alles nur gespielt.
Der Vater war ein schweigsamer Mann, der ihr das Gefühl gab innerlich abwesend zu sein.
Nach Abschluss ihres Studiums reist sie für drei Wochen in den Iran, auf der Suche nach innerer Heilung. Da sie dafür dringend Erklärungen von ihrem
Vater braucht, wagt sie den Schritt in eine andere Welt. Sie findet eine zweite
Heimat in einem Land, das vor vierzig Jahren von Verbrechern gekapert wurde, die es in eine blühende Kleptokratie verwandelt haben und in dem jedes falsche Wort lebensgefährlich sein kann.
Es ist nicht einfach mit diesem Buch zurecht zu kommen.

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Veröffentlicht am 02.08.2023

Das Leben ist ein Kampf

Das Pferd im Brunnen
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Walja, geboren im sowjetischen Russland, kommt mit acht Jahren nach Deutschland. Einige Jahrzehnte später macht sie sich mit ihren Erinnerungen auf den Weg, um zu ergründen wer sie ist. Sie findet die ...

Walja, geboren im sowjetischen Russland, kommt mit acht Jahren nach Deutschland. Einige Jahrzehnte später macht sie sich mit ihren Erinnerungen auf den Weg, um zu ergründen wer sie ist. Sie findet die Menschen ihrer Familie, jeden beladen mit dem Schicksal seiner Zeit.
In kristallklarer Sicht erkennen die Protagonistinnen, die verschiedenen Miseren des Lebens in den politischen Systemen und beschreiben sie, jede in ihrer Art.
Da ist Tanja die Urgroßmutter, allein, fast wortlos, ihr tägliches Leben in harter Arbeit bestreitend. Sie betet heimlich, weil beten in Russland verboten ist.
Ihre Tochter Nina, die von Kind an arbeiten musste, hat das Leben zornig gemacht. Zu fremden Kindern konnte sie zärtlich sein, doch nicht zu ihren eigenen. Ihr Sohn Mischa ist seiner Schwester Lena in den Westen gefolgt, wo er weder das deutsche Leben, noch die deutsche Sprache "verdauen" konnte, nach Russland zurückkehrte und letztendlich auch seine Schwester wieder zurückholt, in das Vertraute, das von Kind an Verinnerlichte.

Ein schmales Buch, voll an genauer Beobachtung, Überlegung, Erkenntnis über die Härte des menschlichen Lebens, meisterhaft zu Papier gebracht.
Szenische Miniaturen, die jede für sich stehen könnte.
Tiefe Einblicke in die Spielarten menschlichen Daseins, gefasst in Sätzen, die vom Verstehen des Leids und der Verzweiflung zeugen, ebenso, wie von der Groteske und Bizzarerie des sowjetischen Systems.
Glasklare Fakten einer gnadenlosen Realität, verpackt in Wortschöpfungen und Poesie einer schönen Sprache mit literarischer Qualität.

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