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Veröffentlicht am 15.02.2017

Dinge, die vom Himmel fallen

Dinge, die vom Himmel fallen
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Zufälle passieren immer und überall. Manchmal verwundern sie uns in ihrem Vorkommen und ihrer Intensität, manchmal nehmen wir sie nur nebenher wahr und beschäftigen und nicht weiter mit ihnen. Bei ungewöhnlichen ...

Zufälle passieren immer und überall. Manchmal verwundern sie uns in ihrem Vorkommen und ihrer Intensität, manchmal nehmen wir sie nur nebenher wahr und beschäftigen und nicht weiter mit ihnen. Bei ungewöhnlichen und einschneidenden Zufällen fragen wir uns oftmals, ob hier nicht eher das Schicksal seine Finger im Spiel hatte und hinterfragen dieses – egal ob im positiven oder negativen Sinne.
Das Buch „Dinge, die vom Himmel fallen“ strotzt nur so vor Zufällen oder gar schicksalhaften Begebenheiten. Da verliert die kleine Saara ihre Mutter auf tragische Weise als diese von einem Eisbrocken, der urplötzlich vom Himmel fällt, im Garten erschlagen wird. Ihre Tante Annú gewinnt gleich zwei Mal im Lotto und ein Brieffreund ebendieser wird mehrere Male von einem Blitz getroffen und überlebt erstaunlicherweise.
Das in drei Abschnitte eingeteilte Buch ist nicht allzu dick, aber dafür inhaltlich sehr intensiv. Die im Vordergrund stehenden Protagonisten polarisieren aufgrund ihrer teils konfusen, aber auch liebenswerten Art. Die in sich gekehrte Saara ist eine Einzelgängerin. Sie hat keine Freunde, erscheint einem sehr isoliert und hat außergewöhnliche und gar beängstigende Gedanken. Annú hadert mit ihrem Lottogewinn und sucht nach einer Bestätigung dafür, dass sie trotz allem noch „normal“ ist und nicht zu den Freaks dieser Welt gehört und Pekka, ihr Bruder und Saaras Vater, verfällt in eine tiefe Depression, die der Verlust seiner geliebten Frau heraufbeschworen hat. Außerstande sich um seine Tochter zu kümmern, lebt diese in ihrer eigenen Welt und gibt schon sehr erwachsen Acht um ihren Vater.
Die finnische Autorin hat einen ganz eigenwilligen Schreibstil, der harsch, melancholisch und doch auch märchenhaft ist. Eine bizarre Mischung vieler Themen, über die man sich im Nachhinein regelrecht den Kopf zerbrechen kann. Nach Beendigung der Lektüre war ich zunächst sehr verwirrt und enttäuscht, doch je länger ich über das Gelesene nachdenke, desto mehr Tiefe entwickelt das Buch und so merke ich, dass es mich immer noch beschäftigt und zum Nachdenken bewegt. Es sind all die verstörenden Szenen und Gedanken, die generelle Frage nach der Suche nach Glück und Hoffnung und einzelne Risikokalkulationen, die mich zum Grübeln bringen. So irritierend die Zufälle in dem Buch auch sein mögen, so können unterschiedlichste Zufälle doch tagtäglich unser Leben in neue Bahnen lenken.
Mir haben allerdings der drastische Perspektivenwechsel, der manchmal zu sperrige Schreibstil und die mitunter grotesken Gedankengänge der Protagonisten die Lektüre erschwert.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Mit meinem ganzen Leben

Mit meinem ganzen Leben
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Rora kehrt mit ihrer kleinen Tochter in ihre Heimatstadt Hastings zurück, da ihr Vater im Sterben liegt und womöglich nur noch wenige Wochen zu leben hat. Das Verhältnis zwischen den beiden ist alles andere ...

Rora kehrt mit ihrer kleinen Tochter in ihre Heimatstadt Hastings zurück, da ihr Vater im Sterben liegt und womöglich nur noch wenige Wochen zu leben hat. Das Verhältnis zwischen den beiden ist alles andere als harmonisch, denn nach dem Freitod ihrer Mutter hat sich der Vater aus dem Staub gemacht und die kleinen Rora musste bei ihrer Großmutter aufwachsen. Sie hat dem Vater nie verziehen, dass er sie mit all dem Schmerz zurückgelassen hat und ist nun sehr skeptisch und zurückhaltend was ihre Zusammenkunft nach all den Jahren angeht. Ihre Tochter tut sich überhaupt nicht schwer mit der Kontaktaufnahme zu ihrem Opa, den sie das erste Mal in ihrem Leben sieht und begegnet ihm mit einem kindlichen Leichtsinn ohne voreingenommen zu sein.

Rora hingegen fühlt sich zunächst nicht wohl in dem Haus, nicht wohl in der Nähe ihres Vaters und sie fürchtet sich vor einer Begegnung mit ihrer Jugendliebe, die sehr intensiv und prägend für sie war, jedoch unglücklich und ad hoc zu Ende ging. Mit der Zeit nähern sich Vater und Tochter jedoch wieder einander an, führen Gespräche, öffnen ihre Herzen und bereuen ihre Fehler, die sie nicht mehr wiedergutmachen können. Begegnungen mit alten Weggefährten bleiben nicht aus, eine neue Liebe tritt in Roras Leben, doch auch die alte Liebe sucht den Weg zu ihr und inmitten eines Gefühlschaos versucht Rora den richtigen Weg für sie uns ihre Tochter im Leben zu finden.

Das Buch „Mit meinem ganzen Leben“ ist sehr intensiv, dramatisch und teilweise etwas überspitzt geschrieben. Es gibt immer wieder Zeitsprünge in die Vergangenheit von Rora, in welcher der Leser all ihr Leid und die Schicksale erfährt, die ihr widerfahren sind. Es gibt natürlich Menschen, die unverhältnismäßig viele Schicksalsschläge erfahren und verarbeiten müssen, jedoch ist die Anhäufung ebendieser in dem Buch doch etwas too much. Aufgrund dessen ist die Stimmung während des Lektüre doch sehr gedrückt und melancholisch. Es erzeugt eine gewisse Grundtraurigkeit, die auf den Leser übergeht, was ich als belastend empfand. Das Buch hat Tiefgang, die Idee gefällt mir und es wird versucht starke und nicht einfache Themen aufzugreifen, doch wurde hier meines Erachtens leider etwas über die Stränge geschlagen.

Veröffentlicht am 21.11.2016

Das Erbe der Wintersteins

Das Erbe der Wintersteins
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Die alte Villa an der Ostsee, mit einer wunderschönen parkähnlichen Anlage und einem Bootshaus, soll vor dem endgültigen Verfall bewahrt werden, damit die Familie Winterstein diese nach der abgeschlossenen ...

Die alte Villa an der Ostsee, mit einer wunderschönen parkähnlichen Anlage und einem Bootshaus, soll vor dem endgültigen Verfall bewahrt werden, damit die Familie Winterstein diese nach der abgeschlossenen Renovierung verkaufen kann. Die alte Porzellanmanufaktur der Wintersteins läuft nicht mehr besonders gut und schreibt rote Zahlen. Durch den Verkauf erhofft man sich einen respektablen Geldsegen, der die Firma vor der Pleite bewahren soll. Celine Winterstein, die Tochter des Firmenbesitzers, wird mit der Koordination der Renovierung beauftragt und kehrt an den Ort ihrer Kindheit zurück. Im Bootshaus quartiert sie sich kurz vor Weihnachten ein, wird dort von ihrem Freund Albert, der eigentlich nicht mitkommen sollte, überrascht und trifft sich in den darauffolgenden Tagen mit Architekten, Tischlern und sonstigen Bauarbeitern zur ersten Begehung der Villa. In einem alten Speiseaufzug findet Celine ein Tagebuch ihrer Ururgroßmutter Claire und versinkt beim Lesen in eine Welt vor 100 Jahren, in das Leben von Claire und stößt auf schicksalhafte Familiengeheimnisse. Doch merkt Celine nicht, dass sie sich damit in Gefahr begibt und genaustens beobachtet wird.

In einer stürmischen und winterlichen Nacht findet ein Krämer vor 100 Jahren ein kleinen Baby in einem verunglückten Zirkuswagen und rettet es, indem er es zum nächstgelegenen Hof bringt. Das kleine Mädchen erhält den Namen Klara und wächst fortan auf dem Gut der Wintersteins auf. Sie wächst zu einem fleißigen Mädchen heran, welches bei Wind und Wetter hart arbeiten muss und nur selten die Schule besuchen kann. Als sich nach Jahren herausstellt wer Klaras Vater ist und das sie eigentlich Claire heißt, ändert sich alles für das junge Mädchen. Sie verlässt den Winterstein-Hof, muss sich diverse Unannehmlichkeiten gefallen lassen, erfährt ihre wahre Herkunft und landet letztendlich auf einem Rummel, der ihrem leiblichen Vater gehört. Dieser hält nur leider wenig von seiner leiblichen Tochter und tritt ihr kaltherzig, aggressiv und streng entgegen.

In dem Buch wechseln sich die Kapitel zwischen Gegenwart (Celine) und der Vergangenheit (Claire) ab. Dies sorgt für eine gute Abwechslung in der Story. Der Schreibstil ist angenehm einfach und somit das Buch auch flüssig zu lesen. Einige Charaktere, wie z.B. Claire, sind auf Anhieb sympathisch, während andere Charaktere (z.B. Celine und Albert) blass, naiv und gar unausstehlich rüberkommen.
Ich war, nachdem ich das Buch beendet hatte, leider zunächst ein wenig enttäuscht, da einfach zu viel vorhersehbar war, dadurch meines Erachtens die Spannung gemildert wurde und ich Celines Verhalten oft hinterfragen musste. Für mich persönlich waren die letzten Kapitel die Schwächsten von allen. Die anderen Abschnitte haben mich viel mehr gefesselt und die Story von Claire hat mir sowieso ein bisschen besser gefallen als die von Celine. Die Geschichte von Claire hatte viel mehr Tiefe und mehr Gefühl. Ich habe bei Celine im Nachhinein nicht das Gefühl, dass ich eine tiefe Bindung zu ihr aufbauen konnte und sie war, für ihr Alter, zu einfältig und kindlich in ihrem Verhalten und Denken.
Vielleicht hätten auch zwei oder drei Kapitel mehr dem Buch ganz gut getan, um diverse noch offene Fragen und Familienverhältnisse zu klären. Im Großen und Ganzen habe ich mich jedoch gut unterhalten gefühlt.

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Veröffentlicht am 22.10.2016

Römische Verdächtigungen

Römische Verdächtigungen
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Commissario Alessandro Caselli wird zu einem Tatort gerufen und findet eine auf brutalste Art und Weise entstellte Leiche einer Frau vor. Es handelt sich bei der Leiche um eine junge Kunststudentin, die ...

Commissario Alessandro Caselli wird zu einem Tatort gerufen und findet eine auf brutalste Art und Weise entstellte Leiche einer Frau vor. Es handelt sich bei der Leiche um eine junge Kunststudentin, die nur anhand ihrer sehr außergewöhnlichen Ohrringe identifiziert werden kann. Bei der Identifizierung ist ihr Cousin behilflich und mischt sich fortan intensiv in die polizeilichen Ermittlungen ein. Diese führen alle Beteiligten quer durch Rom, durch die Kunstszene und die ein oder andere mysteriöse Gestalt gerät in den Fokus der Polizei.

Ich muss zugeben, dass ich mit all den italienischen Namen teilweise Probleme hatte und die Personen zeitweise kaum auseinander halten konnte. Das Buch an sich lässt sich gut lesen, jedoch darf man hier keinen vor Spannung triefenden Krimi erwarten. Es ist eine unblutige Story, die man gut bei dem derzeit ungemütlichen Wetter auf der Couch genießen kann. Die Spannung ist zu Beginn noch da, doch diese verflüchtigt sich leider, da sehr viele Nebenschauplätze und andere Handlungsstränge beleuchtet werden, die den Leser die ursprüngliche Story aus den Augen verlieren lassen. Man hat das Gefühl, dass die Ermittlungen hier nur zweitrangig sind.

Ich liebe Rom und es ist schön in dem Buch durch die Straße von Rom zu laufen und diverse Orte zu besichtigen, doch hätte ich mir ein wenig mehr Spannung und eher einen Krimi und weniger einen Roman gewünscht. Für Zwischendurch ist das Buch völlig in Ordnung, aber eingefleischte Krimifans werden denke ich eher enttäuscht sein.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Alle meine Kinder

Alle meine Kinder
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Friederike Beaufort, Ende 60, hat sich nach vielen Überlegungen dafür entschieden ihr geliebtes Haus mit Garten zu verkaufen und gegen eine Wohnung in einer netten Hausgemeinschaft einzutauschen. Der Sohn ...

Friederike Beaufort, Ende 60, hat sich nach vielen Überlegungen dafür entschieden ihr geliebtes Haus mit Garten zu verkaufen und gegen eine Wohnung in einer netten Hausgemeinschaft einzutauschen. Der Sohn ihrer besten und leider schon verstorbenen Freundin hat sie dazu überredet, indem er ihr die Vorzüge des Lebens in der Stadt und die Risiken des einsamen Lebens einer ältere Frau in einem großen Haus auf dem Lande aufgezeigt hat.

Nun sitzt sie vor all den Klamotten, Fotoalben, Tagebüchern, dem Geschirr und den Bettbezügen und versucht so gut es geht auszumisten und ihren Besitz auf drei Zimmer aufzuteilen. Sie erstellt sich Listen, damit nichts vergessen oder übersehen wird, möchte diese strikt abarbeiten, doch die Erinnerungen, die sie mit dem Haus und all ihrem Hab und Gut verbindet, hindern sie hin und wieder daran und versetzen sie in ihre teils schmerzhafte Vergangenheit.

Ihre Vergangenheit war eine bewegte und doch von hauptsächlich einem Thema bestimmt: dem Wunsch nach einem Kind. Friederike engagierte sich in Frauenbewegungen, führte leidenschaftlich gerne Diskussionen über Gott und die Welt, machte Karriere und heiratete Ernst, einen Professor, der allerdings nicht ihr einziger Geliebter war. Doch schwanger zu werden und ein gesundes Kind zur Welt zu bringen war ab einem gewissen Zeitpunkt ihr größter Wunsch, der einfach nicht in Erfüllung gehen wollte. Verbissen, verzweifelt und blind von dem Wunsch nach einem Kind wurde sie zur „Stammpatientin“ im Krankenhaus, überredete ihren Mann an diversen Untersuchungen teilzunehmen und sich medikamentösen Therapien zu unterziehen. Von Monat zu Monat ging es nur noch darum den passenden Moment abzupassen, um Follikelbildung und um Insemination. Während die Geschwister, die Freundinnen und andere Bekannte um Friederike herum schwanger wurden, wurde sie immer depressiver, schwermütiger und freudlos.

Herrad Schenk hat in dem Buch „Alle meine Kinder“ ein schwieriges Thema angesprochen, welches jedes Paar beschäftigten könnte, das plant Kinder zu bekommen. Schwanger zu werden ist schließlich nicht für jede Frau einfach und es bedarf oft medizinische Hilfe, um schwanger zu werden und das gewünschten Kind zur Welt zu bringen. Das diese Prozedur und die bedrückende Wartezeit, das ständige Hoffen und Bangen eine Frau bzw. das Paar auf eine harte Probe stellt, versteht sich von selber.

Mir gefielen die Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit und die damit verbundene Erzählweise. Ich kann nachvollziehen, dass das Thema Kinderwunsch sehr stark im Vordergrund des Buches stehen soll und dies wurde auch entsprechend umgesetzt. Doch meines Erachtens war es besonders im Mittelteil des Buches zu viel des Guten. Ich fand diesen Teil anstrengend zu lesen und musste das Buch hin und wieder zur Seite legen, da mich der Inhalt depressiv gestimmt und ein wenig genervt hat. Hier hätte ich mir gewünscht noch ein wenig mehr von Friederikes Vergangenheit was ihre Freunde, Arbeit, Hobbies etc. angeht kennenzulernen, da ich sie als eine sehr interessante Person empfinde. Die letzten Kapitel haben mich glücklicherweise versöhnlich gestimmt.