Der goldene Handschuh
Der goldene Handschuh„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige ...
„Der goldene Handschuh“ ist eine Kneipe. Es ist ein dunkles, stinkendes Loch, in dem verlorene Seelen und finstere Gestalten Zuflucht finden und sich unter Gleichgesinnten die Lichter ausschießen. Traurige Schicksale, verhunzte Lebensläufe, gesundheitliche Probleme, Arbeitslosigkeit und die Sehnsucht nach einem geregelten Leben und der Liebe werden hier mit viel Schnaps heruntergespült. Ob am helllichten Tag oder mitten in der Nacht, die Kneipe öffnet ihre Tür immer und für jeden.
Fritz Honka ist so eine verkorkste Gestalt, die im goldenen Handschuh Zuflucht und vermeintliche Freunde findet. Er weiß, wie alle anderen auch, dass wenn er die Kneipe betritt, er „Freunde“ wiedersieht und die Außenwelt ausblenden kann. Honka ist Alkoholiker, er lebt in einer kleinen stinkenden und dreckigen Wohnung und greift hier und da eine Frau auf, die ihn befriedigt und der er als Gegenleistung ein Dach über dem Kopf anbieten kann. Gewalt, Streitereien, Obszönitäten und der Drang nach Sex beherrschen seinen Alltag. Doch tief in seinem Inneren will er ein normales Leben führen, einen Job ausüben, ein geregeltes Einkommen haben und dem Teufelskreis, in dem er sich befindet, entfliehen. Letztendlich kann er der Spirale, die ihn noch tiefer in all das Elend zieht, nicht entkommen und legt auch noch einen Karriere als Frauenmörder hin.
Zwischendurch wird die Geschichte von einer reichen und bekannten Familie eingeschoben, in der einige Familienmitglieder, trotz all dem Geld, Probleme und abartige Neigungen haben, die natürlich ausgelebt werden müssen. Früher oder später landet man auch hier in der berüchtigten Kneipe und säuft sich das Leben schön. An dieser Stelle wird klar, dass die zerstörten und bemitleidenswerten Existenzen nicht nur der Unterschicht angehören, sondern sich auch in der Oberschicht finden lassen. Denn wie sagt man so schön: Geld allein macht nicht glücklich.
Das Buch von Heinz Stunk ist keine leichte Kost. Mir ist beim Lesen, da ich mich versucht habe intensiv in die Situationen hineinzuversetzen, tatsächlich zwischendurch schlecht geworden, denn die Lebensumstände von Honka und all den anderen Handschuh-Besuchern sind alles andere schön. Die Beschreibungen seiner Abartigkeit, seines Alkoholkonsums und seiner Handlungen sind manchmal abstoßend. Der Schreibstil und diverse Zeitsprünge machen das Lesen nicht so einfach, aber die Geschichte wird sehr realistisch beschrieben. Honkas Morde sind eher als Randgeschichte niedergeschrieben. Vielmehr dreht sich die Story um seine Persönlichkeit, seine Neigungen und seine Sehnsüchte. Die polizeilichen Ermittlungen und der Prozess werden erst als Anhang des Buches thematisiert.