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Veröffentlicht am 28.09.2018

Aufwühlende Geschichte in einem einzigartigen Schreibstil

Solange wir lügen
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Cadence Sinclair Eastman, so stellt die siebzehnjährige Cady sich zu Beginn von „Solange wir lügen“ („We were liars“) von Emily Lockhardt vor. Sie ist das älteste Enkelkind in einer sehr wohlhabenden, ...

Cadence Sinclair Eastman, so stellt die siebzehnjährige Cady sich zu Beginn von „Solange wir lügen“ („We were liars“) von Emily Lockhardt vor. Sie ist das älteste Enkelkind in einer sehr wohlhabenden, angesehenen und großen Familie, die jeden Sommer gemeinsam auf der Privatinsel vor der Küste von Massachusetts verbringt. Doch sie ist sehr krank und kann sich nicht an den Sommer vor zwei Jahren erinnern. Auf Nachfragen erfährt sie von ihrer Familie und ihren engsten Freunden (Cousin und Cousine) nichts oder ausschließlich Lügen. So sammelt sie Hinweise um sich selbst zu erinnern, welche schreckliche Katastrophe sich damals ereignet hat.

Das Buch beginnt mit einer Stammtafel der Familie Sinclair. Dies habe ich gar nicht erwartet, aber schnell gemerkt, dass er notwendig ist. Während der ersten 20 bis 30 Seiten habe ich wirklich häufig kurz nach vorne geblättert, um die Familienverhältnisse zu verinnerlichen. Das wirkt hoffentlich nicht abschreckend, aber mir war es sehr wichtig, nachvollziehen zu können, wer wessen Mutter, Schwester oder Bruder ist. Daher war ich sehr froh, dass es diese Ahnentafel enthalten ist.

Kaum mit der eigentlichen Geschichte begonnen, fällt sofort der einzigartige Schreibstil auf. Die Sätze sind kurz und die Formulierungen prägnant. Man bekommt den Eindruck, dass Cady mit einer leichten Ironie bis hin zu Widerwillen auf ihre Familie und deren gesellschaftlichen Status blickt. Die Autorin arbeitet darüber hinaus äußerst intensiv mit Zeilenumbrüchen. Nicht nur die einzelnen, kurzen Sätze werden dadurch getrennt, auch innerhalb eines Satzes erfolgt häufig ein Umbruch. Dieser unterstreicht die Bedeutung bestimmter Ausdrücke und die emotionale Schwere mancher Wörter.

Die Geschichte wird konsequent aus Cadys Perspektive geschildert. Zu Beginn erläutert sie außerdem, dass sie gerne Märchen abwandelt. So gibt es immer mal wieder kursiv gedruckte Abschnitte, in denen Cady die Situation in ihrer Familie – jeweils in Abhängigkeit vom Stand ihrer hinzugewonnen Erinnerungen – als Märchenadaption erzählt. Dies gibt dem Leser, zusätzlich zum Schreibstil, einen sehr tiefen Einblick darüber, wie Cady über ihre Familie denkt und wie sie die Spannungen darin wahrnimmt. Auch ihre eigene Rolle in der Familie, beziehungsweise im Märchen, sowie die ihres Freundes Gat, ändert sich fortlaufend. Einen vergleichbaren Schreibstil habe ich noch nirgendwo gelesen. Er hat mich herausragend durch die Geschichte getragen.

Zusammen mit Cady spürt der Leser sehr früh, dass die Familie bewusst Dinge verschweigt oder sie anlügt. Man wird neugierig, was wohl vorgefallen ist und entwickelt eigene Theorien. Dadurch, dass die Protagonistin eigentlich weiß, was vor zwei Jahren geschah, dies aber lediglich verdrängt hat, achtet man sehr genau auf jeden Gedanken und Erinnerungsfetzen, der sich in Cadys Erzählung manifestiert. Dennoch darf man hier keinen Spannungsbogen wie in einem Krimi erwarten. Der Leser begleitet sie vielmehr auf ihrer Reise zurück zu ihren Erlebnissen.

Als dann die entscheidende Erinnerung wieder einsetzt, war ich geschockt, überrascht und auch gleichzeitig überfordert, wie ich damit umgehen soll. Diese Auflösung habe ich absolut nicht kommen sehen und ich war begeistert von der Wende. Dann zeigte sich, dass dies nicht alles war und die Autorin hat noch einen zweiten Höhepunkt oben drauf gesetzt. Der Moment der plötzlichen Klarheit, wie alles zusammenhängt und aufeinander aufbaut, überkommt den Leser wie ein emotionaler Sturm. Er baut sich auf zu einem Taifun und wenn der Himmel wieder klar und sonnig ist, trifft uns Cadys Schmerz und ihre Trauer umso härter. Es ist berührend, aufwühlend und auf einer anderen Ebene auch verstörend.

Nach dem Umblättern der letzten Seite saß ich zunächst nur still auf dem Sofa und konnte es nicht glauben. Mein erster, richtiger Gedanke danach war „Das kann ich niemals in ausreichende Worte fassen, sodass meine Rezension dem Buch gerecht werden könnte.“ Wenn es mir nicht gelungen ist, dann so viel: bei nur rund 300 Seiten habt ihr einfach nichts zu verlieren, wenn ihr diesem Buch eine Chance gebt. 5 von 5 Sternen und eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.09.2018

Teeniedrama mit seichter Story

I Knew U Were Trouble
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Protagonistin von „I knew u were trouble”, geschrieben von Kami Garcia, ist Francesca „Frankie“ Devereux. Vor einigen Monaten musste sie den Mord an ihrem Freund mit ansehen. Von Schuldgefühlen geplagt ...

Protagonistin von „I knew u were trouble”, geschrieben von Kami Garcia, ist Francesca „Frankie“ Devereux. Vor einigen Monaten musste sie den Mord an ihrem Freund mit ansehen. Von Schuldgefühlen geplagt wird sie gestoppt, als sie betrunken Auto fährt. Als Konsequenz muss Frankie bei ihrem Vater einziehen, der als verdeckter Ermittler an der Aufklärung von Autodiebstählen arbeitet. Zudem wechselt sie von der privaten zu einer staatlichen Schule im Problemviertel der Stadt. Hier lernt Frankie Marco kennen und vom ersten Blickkontakt an ist die Anziehung zwischen den beiden unwiderstehlich. Doch Marcos Freizeitaktivitäten sind nicht ganz legal und Frankies Vater versucht sie von diesem gefährlichen Jungen fernzuhalten.

Auch wenn ich selbst nicht viel mit dem Thema „Autos“ anfangen kann, empfand ich es doch als sehr erfrischend mal etwas Neues in diesem Genre zu finden. Die Szenen rund um die illegalen Rennen und den Diebstahl sind sehr interessant geschrieben und grenzen das Buch gut zu anderen derselben Zielgruppe ab.

Abgesehen von diesem Aspekt konnte die Geschichte allerdings nicht wirklich punkten. Die Story ist sehr seicht, alles ist zu vorhersehbar. Die Probleme, mit denen Frankie und ihre Beziehung zu Marco konfrontiert wird, kann man kaum als solche bezeichnen. Beim Lesen fiel mir oft der Begriff „Teeniedrama“ ein, nämlich der Umstand, dass Teenager ein Problem überdurchschnittlich hochschaukeln. Frankie (bereits 17 Jahre alt) ist nicht in der Lage die Situation aus einer anderen Perspektive zu beurteilen. Sie ist zickig, fühlt sich ständig missverstanden und ungerecht behandelt – agiert eher wie eine Dreizehnjährige. Obwohl es natürlich furchtbar ist, was ihr passiert ist, dramatisiert sie ihr Leben vollständig.

Häufig habe ich in anderen Rezensionen gelesen, dass es hier auch um Freundschaft ginge. Das kann ich nicht unterschreiben. Gerade Frankies beste Freundin Lex ist nur eine Randnotiz, wird im Handumdrehen durch neue Freunde ersetzt und die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden wird zwar erwähnt, kommt beim Leser aber absolut nicht emotional an. Ein Konflikt zwischen den beiden wird zudem nicht ausgetragen, sondern abseits der Story behoben. Genauso einfach wird ein Nebenstrang in der Handlung weggewischt, der Lex und ihren Freud Abel betraf.

Das Universum dreht sich also nur um Frankie und ihre, die Welt verändernde, Liebe. Diese kam für mich allerdings auch nicht rüber. Die Küsse wurden immer als „Feuer“ (o.ä.)beschrieben, aber das hatte sich nach einigen Stellen dann abgenutzt. Ich konnte kaum nachvollziehen, warum Frankie Marco liebt, geschweige denn den Funken spüren, der zwischen den beiden zündet. Hier muss ich allerdings einräumen, dass es auch daran liegen kann, dass Marco vollkommen nicht mein Typ ist. Das macht es natürlich schwerer, Frankies Gefühle ihm gegenüber nachzuvollziehen.

Insgesamt eine tolle, neue Idee, aber die Story hat einfach zu wenig Tiefgang und zu wenig echte Emotionen. Stattdessen seitenweise Teeniedrama, das ich nicht gebraucht hätte. Daher insgesamt 3 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 07.09.2018

Reich an kulturellen Einblicken, weniger an Handlung

Mondlaub
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„Mondlaub“ von Tanja Kinkel beschäftigt sich mit der Situation in Granada zwischen 1471 und 1492, dem Finale der Reconquista, der Wiedereroberung des heutigen Andalusien durch christliche Könige.

Protagonistin ...

„Mondlaub“ von Tanja Kinkel beschäftigt sich mit der Situation in Granada zwischen 1471 und 1492, dem Finale der Reconquista, der Wiedereroberung des heutigen Andalusien durch christliche Könige.

Protagonistin ist Layla, die Tochter der zweiten Ehefrau des Emirs von Granada. Da ihre Mutter allerdings als Christin in die Alhambra kam, schlägt ihnen von vielen Seiten Missgunst entgegen. Leitfiguren der Reconquista sind Isabella und Ferdinand, an deren Hof in Kastilien Layla, als Doña Lucia, den Untergang von Al-Andalus miterlebt.

Die Protagonistin Layla ist sehr authentisch, vor allem, da sie nicht perfekt und makellos ist, wie so viele Protagonisten anderer Bücher. Als „verhungerte Katze“ wird ihr Aussehen von Feinden beschrieben, aber auch sie selbst erkennt ihre zu lange Nase und knochige Statur. Sie definiert sich allerdings nicht darüber, sondern über ihre Heimat, Herkunft und Kultur, was sehr gut in den Fokus der Geschichte passt.

Hier liegt die große Stärke der Erzählung: die muslimisch-arabische Kultur auf der einen Seite und die christlich-kastilische Kultur auf der anderen (sowie am Rande die jüdische) werden sehr anschaulich und wortgewaltig geschildert. Man lernt viel darüber und vor allem auch über das konfliktreiche Dreieck in dem sich diese drei Weltreligionen befanden, oder vielleicht heute auch noch befinden, denn der Leser kann durchaus Rückschlüsse für die heutige Zeit ziehen.

Die Handlung ist zuweilen leider etwas zäh. Layla hadert mit ihrem Schicksal und ihrem Wunsch nach Rache und ist die Personifikation des kulturellen Konflikts. Leider passiert aber streckenweise nicht viel, sodass ich mich manchmal zum weiterlesen zwingen musste und nicht von Neugier getrieben wurde. Dementsprechend kann ich auch nicht nachvollziehen, warum der BuchJournal auf der Rückseite mit „Ein spannender […] Roman“ zitiert wird.

Der Schreibstil ist außerdem an manchen Stellen anstrengend. Einige Sätze musste ich mehrfach lesen, bis sich mir der Sinn erschloss. Dies wird zudem dadurch erschwert, dass auf arabischer Seite zum Teil dieselben– oder zumindest ähnliche - Namen für unterschiedliche Charaktere verwendet werden. Der andere Fall ist allerdings auch problematisch: gerade unter den kastilischen Edelleuten wird eine Person teilweise mit mehreren Namen betitelt. Dies hat den Lesefluss etwas gehemmt.

Über eine Anwandlung der Erzählung habe ich sehr viel nachgedacht. Es gibt in der Geschichte eine Art Geisterscheinung, die viele sicher als einen Hauch von Fantasy in einer historischen Geschichte beschreiben würden. Dies gefiele mir gar nicht, da ich historische Romane gerade auch schätze, weil sie grundsätzlich frei von solchen Aspekten sind. So habe ich es lange Zeit als Einbildung der Protagonistin betrachtet, als Personifizierung ihres Leidens und ihrer Wünsche und zum Teil wahnhafter Vorstellungen. Es hat im Laufe der Geschichte allerdings immer mehr Willenskraft meinerseits gebraucht, um von dieser Interpretation überzeugt zu bleiben. Unabhängig davon, was nun stimmt (der Intention der Autorin entspricht), gibt es hierfür weitere Abzüge in meiner Bewertung.

„Mondlaub“ ist eine bildgewaltige Schilderung einer beeindruckenden Epoche in der Herrschaft Granadas. Der Mangel an Handlung beziehungsweise Spannung, sowie der gestörte Lesefluss und der vermeintliche (?) Fantasy-Aspekt dämpfen meinen Enthusiasmus allerdings auf 3 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 04.09.2018

Sehr emotionaler, spannender Thriller

Nicht ein Wort
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In dem Thriller „Nicht ein Wort“ von Brad Parks geht es um Scott Sampson. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Virginia, wo er als Bundesrichter arbeitet. Eines Tages erhält er einen Anruf, ...

In dem Thriller „Nicht ein Wort“ von Brad Parks geht es um Scott Sampson. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Virginia, wo er als Bundesrichter arbeitet. Eines Tages erhält er einen Anruf, dass seine Kinder entführt wurden und nur unversehrt zu ihm zurückkehren, wenn er ein bestimmtes Urteil in einem Prozess spricht. Darüber hinaus darf kein Sterbenswort darüber nach Außen gelangen.

Der Großteil der Geschichte wird aus der Ego-Perspektive des Protagonisten erzählt. Dies wird gelegentlich durch kurze Kapitel über die Situation bei den Entführern unterbrochen. Beides finde ich sehr gelungen. Gerade die vielschichtigen Emotionen, die Scott erfährt, sowie die moralischen Konflikte sind für den Leser auf diese Art hervorragend nachzuempfinden. Durch die anderen Kapitel erfährt man immer wieder, wie es den Kindern ergeht und was die Täter umtreibt.

Ich habe keine Kinder und arbeite auch nicht um juristischen Bereich. Dennoch konnte ich mich sehr gut in den Protagonisten einfühlen: Seine Trauer, seine Angst, die ansteigenden Paranoia, das Gefühl der Machtlosigkeit und zuletzt die stets zum Zerreißen angespannten Nerven. Das alles hat der Autor authentisch vermittelt. Auch das Ende ist von so einer eindringlichen emotionalen Intensität, dass es mir die Tränen in die Augen getrieben hat.

Darüber hinaus ist die Spannung einfach mitreißend. Es werden einige falsche Fährten gelegt, der Leser stellt viele Theorien auf, verwirft sie wieder und verschlingt jede Seite, um der Lösung näher zu kommen. Zwischenzeitlich denkt man, dass der Autor die Lösung präsentiert (und lächelt dabei selbstgefällig in sich hinein, denn genau diese Person hatte man ja von Anfang an in Verdacht), doch wieder ist es eine Sackgasse. Die Auflösung ist zwar nicht allzu überraschend, aber dann wartet Parks noch mit einem actiongeladenen, unerwarteten Finale auf.

Lange habe ich überlegt, ob ich 4 oder 5 Sterne vergeben soll. Auch wenn die Geschichte wirklich fesselnd war und ich emotional sehr stark partizipiert habe, fehlt mir irgendwie noch das gewisse Etwas, um dieses Buch über viele andere herausragende Thriller zu heben. Ich komme somit zu 4 von 5 Sternen, die allesamt wohlverdient sind.

Veröffentlicht am 16.08.2018

Einfühlsame Geschichte aus einer neuen Perspektive

Liebe und der erste Blick
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„Liebe und der erste Blick“ von Josh Sundquist handelt von dem sechzehnjährigen William – Will –, der von Geburt an blind ist. Zum ersten Mal geht er auf eine Schule für sehende Kinder, nachdem er ausschließlich ...

„Liebe und der erste Blick“ von Josh Sundquist handelt von dem sechzehnjährigen William – Will –, der von Geburt an blind ist. Zum ersten Mal geht er auf eine Schule für sehende Kinder, nachdem er ausschließlich auf einem Internat für Blinde war. Er bewältigt daraus resultierende Probleme, findet Freunde und lernt ein Mädchen kennen: Cecily. Als er mittels einer experimentellen Operation, wieder Sehen lernt, stellt er sich die Frage, ob sein Leben nicht vorher besser war.

Die Geschichte ist komplett aus Wills Perspektive geschrieben, was ich sehr gelungen finde. Sein ehrlicher und trockener Humor hat mich direkt begeistert. Er geht mit seinem Handicap sehr natürlich um, hat aber auch Spaß daran, andere in unangenehme Situationen zu bringen. Vorurteile nimmt er mit Witz und kämpft dagegen an. Das ist sehr inspirierend zu lesen und auch als Sehende erhoffe ich mir, etwas von Wills Selbstvertrauen mitzunehmen.

Vielmehr hat mich allerdings nachhaltig beeindruckt, wie die Alltagsprobleme einer sehbehinderten Person erklärt werden. Vor allem Aspekte wie die Extrema von zu viel oder zu wenig Unterstützung durch andere waren beklemmend zu lesen. Hier ist der Leser gezwungen, sich und sein Verhalten gegenüber Blinden zu reflektieren. Dies stimmt nachdenklich und hat auch Auswirkungen auf das reale Leben nach der Lektüre, was mir bei einem Buch immer gut gefällt.

Besonders interessant war es auch, von Situationen zu erfahren, die man sich als sehende Person vielleicht spontan gar nicht als besonders problematisch für Sehbehinderte vorstellt: Elektroautos, Aufzüge oder Drehtüren beispielsweise. Der sehende Leser wird hier in eine Welt eingeführt, die zwar vollkommen unsere ist, aber aus einer ganz neuen Betrachtungsweise geschildert.

Es wird sehr gefühlvoll beschrieben, wie Will hin und her schwankt zwischen seinem Wunsch, sehen können und den möglichen Nebenwirkungen einer Operation. Auch als sehender Mensch stellt man sich die Frage, wie man sich entscheiden würde, kann dies naturgemäß aber niemals vollständig beantworten.

Absolut faszinierend waren die Beschreibungen dessen, was Will dann nach der Operation tatsächlich sieht. Farben und Formen, Tiefenwahrnehmung und den Begriff der Perspektive sind für sehende Menschen absolut natürlich und es erscheint unvorstellbar, dass man dies einmal lernen musste (außer Farben und Formen als Kleinkind). Hier merkt der Leser, wie umfassend Josh Sundquist recherchiert hat. Dies hat mich positiv überrascht, denn bei einem Jugendbuch habe ich so etwas nicht erwartet.

Zusammenfassend ist es dem Autor gelungen, diese fremde Welt für den sehenden Leser absolut greifbar zu machen. Will ist in seinen Wünschen und Gedanken immer sehr authentisch. Eine inspirierende Geschichte darüber, keine Vorurteile zu haben, sich zu akzeptieren, wie man ist und niemals aufzugeben. Daher 5 von 5 Sternen.