Profilbild von Akantha

Akantha

Lesejury Star
offline

Akantha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Akantha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2021

Über die Not in der Pflege

I'm a Nurse
0

Franziska Böhler, mit Leib und Seele Krankenschwester, berichtet seit einigen Jahren auf Instagram unter anderem über ihren Alltag im Krankenhaus. Der Journalistin, ehemaligen Krankenschwester und Co-Autorin ...

Franziska Böhler, mit Leib und Seele Krankenschwester, berichtet seit einigen Jahren auf Instagram unter anderem über ihren Alltag im Krankenhaus. Der Journalistin, ehemaligen Krankenschwester und Co-Autorin Jarka Kubsova kam die Idee, ein Buch darüber zu schreiben, welches im Heyne Verlag erschienen ist.

Abgesehen von einem Vorwort und einem Plädoyer unterteilt Franziska Böhler ihre Ausführungen in drei Abschnitte - Geburt & Kindheit, Mitten im Leben und Alter & Sterben – und nimmt sich darin jeweils die speziellen Probleme der jeweiligen Lebensstation vor, von der Geburtshilfe zur Geriatrie, von der Hebamme zur Altenpflege. Sie berichtet hierbei viel von ihren eigenen Erlebnissen, privat und vor allem beruflich, aber zitiert auch immer wieder Erfahrungsberichte von Berufskolleg:innen oder Patient:innen. Das gestaltet das Lesen abwechslungsreich und es ist interessant, auch an den Erfahrungen anderer Menschen teilhaben zu können.

Zwei Dinge haben mir entschieden gefehlt: Zum einen, unterschiedliche Perspektiven. Darüber, dass in der Pflege eine untragbare Situation vorliegt, das Schiff schon lange im Sinken begriffen ist, besteht kein Zweifel. Trotzdem hat es Gründe, warum manche Veränderungen und Reformen ins Leben gerufen wurden. Diese werden für mein Empfinden allerdings viel zu wenig betrachtet. Damit hängt auch ganz eng das zweite, mir fehlende Thema zusammen: Lösungen. Für mich ist es zu pauschal, sich über das System der Abrechnung aufzuregen oder Vergangenem nachzutrauern. Es kann nur nach vorne gehen und nicht zurück und ich hätte mir mehr konstruktive Vorschläge dazu gewünscht. Das hat nicht nur eine politische oder eine Verwaltungsebene. Auch für mich ganz persönlich ist die Frage entstanden, was ich als Individuum tun kann.

Genauso verstehe ich aber auch, dass einfach viel Wut und Erschöpfung bei allen Beteiligten vorhanden ist, die es schwer machen, das Problem objektiv zu betrachten. Es ist so facettenreich und besteht aus viel mehr als nur aus einer Reform des Abrechnungssystems.

Auf der anderen Seite muss man sich aber auch klar fragen, was das Buch erreichen willl. Ein paar Tage nach Beendigung bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Franziska Böhler vor allem eines will: Von den harten Begebenheiten in der Pflege erzählen, die Menschen wachrütteln und ein Bewusstsein für das Problem und die Betroffenen dahinter schaffen – BEVOR man selbst zum Patienten wird. Und das gelingt ihr eindringlich. Die Erlebnisse, die sie schildert, sind so eindrucksvoll und gleichzeitig so belastend. Sie treiben einem die Tränen in den Augen und die Bestürzung ins Gesicht. Wenn mich das Lesen schon so emotional auslaugt, wie geht es dann erst den Menschen, die Tag für Tag solche Dinge erleben?

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Um Analysen der Probleme in der Pflege sowie Lösungsvorschläge zu bekommen, ist dies einfach nicht die richtige Lektüre. Und das ist vollkommen in Ordnung. Um einen Eindruck zu bekommen, was den Alltag der Pflegekräfte belastet und wie schockierend die blanke Statistik ist, wenn sie auf das echte Leben trifft, ist dieses Buch jedoch genau das Richtige.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.05.2021

Einfühlsame Geschichte, die nichts beschönigt

Inselpfade zum Glück
0

„Inselpfade zum Glück“ ist der vierte Band von Susan Mallerys „Blackberry Island“-Reihe, erschienen bei Harper Collins. Der Zusammenhang in einer Reihe ist hier allerdings nur ganz dezent: Die Bücher spielen ...

„Inselpfade zum Glück“ ist der vierte Band von Susan Mallerys „Blackberry Island“-Reihe, erschienen bei Harper Collins. Der Zusammenhang in einer Reihe ist hier allerdings nur ganz dezent: Die Bücher spielen auf derselben Insel, aber Charaktere aus den Vorgängerbänden werden hier in ungefähr zwei Nebensätzen erwähnt. Das ist genug, um die Eingeweihten schmunzeln und in Erinnerungen schwelgen zu lassen, alle anderen würden vermutlich nicht mal merken, dass es sich um eine Reihe handelt, geschweige denn, dass ihnen Wissen fehlt.
Der Roman erzählt die Geschichten von drei Frauen: Kristine, Heather und Sophie. Dies geschieht allerdings nicht hintereinander, sondern parallel. Ihr Leben ist eng miteinander verwoben, denn sie sind Cousinen, die sich gegenseitig mit aller Kraft unterstützen: Kristine will ihre eigene Bäckerei eröffnen, Heather auf eigenen Beinen stehen und die Insel verlassen und Sophie nach dem Brand ihres Unternehmens einen Neuanfang starten.

Da diese Geschichten parallel erzählt werden, ist der Roman im Wechsel aus den Perspektiven der drei Frauen geschrieben. Am Anfang fiel es mir schwer, wenn ich den jeweiligen Namen las, sofort die richtige Person im Kopf zu haben, aber das legte sich schnell.

Vor allem die Schilderungen aus Kristines und Heathers Leben haben mich mitgerissen. Sophie fand ich als Person sehr anstrengend und emotional auch nicht tief genug ausgearbeitet. Es ist klar, wo ihre Probleme liegen, nachempfinden konnte ich ihr Gefühlsleben jedoch nicht. Ganz anders bei Kristine und Heather: In beiden Fällen habe ich mitgefiebert und mitgelitten, sie angefeuert und ihnen nur das Beste gewünscht. Heather ist etwas jünger, als die beiden anderen Frauen, Anfang 20, Kristine und Sophie eher Ende 30. Durch den unterschiedlichen Abschnitt, in dem sie sich in ihrem Leben befinden, haben sie natürlich auch ganz andere Sorgen, die sie beschäftigen. Susan Mallery schafft es jedoch, den Leser*innen Zugang zu allen drei Lebensentwürfen zu verschaffen. Dabei hat die Autorin keine Skrupel, auch hässliche Dinge beim Namen zu nennen. Gerade die unschönen Themen, verletzenden Gespräche und unangenehme Situationen haben mich beim Lesen gefesselt. Susan Mallery greift hier realistische Probleme auf, die ich so noch nicht aus anderen Romanen kenne. Genauso zeigt sie, dass ein klärendes Gespräch alleine häufig nun mal nicht alles lösen kann und mehr Arbeit erforderlich ist. Im Gegensatz zu dem, was viele andere Romane vermitteln, ist dies sehr viel näher an der Realität.

Bis zum Schluss war ich mir nicht sicher, wie Susan Mallery jeden der drei Handlungsstränge enden lassen würde. Ein Happy End schien immer genauso wahrscheinlich wie ein Sad End. Das hat mir sehr gut gefallen und mich dazu gebracht, immer weiter lesen zu wollen. Jede Protagonistin bekommt dann ein Ende, was meiner Meinung nach perfekt zu ihrer Situation passt.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Ich war begeistert, wie real sich die Charaktere und ihre Probleme angefühlt haben: als könnten sie sich tatsächlich auf einer Insel in mehreren tausend Kilometern Entfernung so abspielen. Auf einfühlsame Art schildert Susan Mallery ihre Sorgen und beschönigt dabei nichts. Lediglich eine Protagonistin war für mich nicht greifbar und hat dieses Gefühl dadurch immer wieder unterbrochen.

Ich bin und bleibe ein Fan von Blackberry Island und wäre bei jedem eventuell folgenden Band wieder dabei.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.05.2021

Wissenschaftliche Methoden verstehen lernen

Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit
0

Mit „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“ veröffentlicht die Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin (Grimme-Preisträgerin 2021 für Besondere Journalistische Leistung) Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ihr zweites ...

Mit „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“ veröffentlicht die Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin (Grimme-Preisträgerin 2021 für Besondere Journalistische Leistung) Dr. Mai Thi Nguyen-Kim ihr zweites Buch bei Droemer Knaur. Sie geht darin acht intensiv diskutierten Streitfragen auf den Grund. Was kann wirklich anhand von wissenschaftlichen Fakten belegt werden? Wie verlässlich sind diese und wo gibt es (noch) gar keinen Beweis?

Die Autorin kannte ich bereits vorab durch ihr YouTube Format „maiLab“. In ihren Videos bereitet sie wissenschaftliche Themen und Theorien, seien es hochaktuelle rund um Covid-19, oder weniger prominente wie Vitamin D, für Nicht-Wissenschaftler und Statistik-Laien auf. Beides trifft auf mich zu und ich fühle mich auf meinem Wissensstand immer sehr gut abgeholt. Dr. Nguyen-Kim vermittelt anschauliche Grundlagen, soweit sie für das Verständnis erforderlich sind und wendet diese dann auf das vorgestellte Thema anschaulich an. Sie erklärt nicht nur gut, sondern ist dabei noch unterhaltsam, was mich jedes Mal erneut fesselt.

In ihrem Buch geht sie nun ganz ähnlich vor. Acht verschiedene Themen behandelt sie inhaltlich auf diese Weise: Legalisierung von Drogen, Videospiele und Gewalt, Gender Pay Gap, Big Pharma vs. Alternative Medizin, Impfungen, Erblichkeit von Intelligenz, das Denken von Frauen und Männern und die ethische Frage bei Tierversuchen. Manche Themen haben mein Interesse mehr geweckt als andere, aber viele Kapitel eignen sich hervorragend um den Leser:innen ein paar Grundlagen zu vermitteln: Was ist der Korrelationskoeffizient, wo ist der Unterschied zu Kausalität und was ist statistische Signifikanz? Im Studium habe ich vor Statistik Reißaus genommen, in diesem Buch konnte ich gar nicht mehr verstehen, wieso. Die Erklärungen waren sehr gut nachzuvollziehen, die Beispiele aus der Praxis interessant und eingängig. Natürlich muss man jederzeit konzentriert lesen, was zuweilen anstrengend sein kann, aber es lohnt sich.

Dieses Buch macht aus niemandem einen Wissenschaftler oder Experten in dem einen oder anderen Thema – dazu sind die Fragestellungen viel zu komplex und häufig muss man einräumen, dass die Datenlage nicht ausreichend ist um eine einzig zulässige Schlussfolgerung zu ziehen. Darum geht es auch nicht. Genauso wenig versucht die Autorin, ihre Meinung als objektive Fakten darzustellen. Es ist jederzeit klar gekennzeichnet, wenn sie ihre eigene Meinung darlegt.

Es geht darum, jede/n einzelne/n Leser:in darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig es ist, sich kritisch mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien auseinander zu setzen. Das Ergebnis einer solchen ist schnell zitiert. Diese verkürzten Aussagen enthalten aber nicht immer alle Informationen, die es braucht, um das Ergebnis im Kontext des gesamten Themas sehen zu können. Dr. Nguyen-Kim hilft hier jeder interessierten Person, diese Informationen zu finden. Sie befähigt uns, aufgrund von Fakten – nicht aufgrund von Halbwahrheiten – unsere eigenen Schlüsse zu ziehen.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen und zu einer klaren Leseempfehlung. Dr. Mai Thi Nguyen-Kim vermittelt die Grundlagen der Forschung und Statistik leicht und anschaulich und hilft, wissenschaftliche Methoden kritisch zu hinterfragen. Die Themen hätten noch etwas besser aufeinander abgestimmt sein können. Einen roten Faden gibt es zwar methodisch, aber nicht unbedingt inhaltlich. Auch hätte ich mich gefreut, wenn zumindest ein Teil der Themen in diesem Buch noch nicht auf ihrem YouTube Kanal behandelt worden wären.

Ihr erstes Buch werde ich aber auf jeden Fall noch nachholen und mich mit kommenden Veröffentlichungen – egal, ob Video oder Buch – gerne beschäftigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.05.2021

Künstliche Liebesgeschichte und unbefriedigendes Ende

Deluxe Dreams
0

„Deluxe Dreams“ von Karina Halle ist der Auftakt der Dumont Saga aus dem mtb Verlag. Die Dumonts sind die Besitzer eines teuren Modelabels in Frankreich. Doch der Erfolg führt zu Streitigkeiten und Geheimnissen ...

„Deluxe Dreams“ von Karina Halle ist der Auftakt der Dumont Saga aus dem mtb Verlag. Die Dumonts sind die Besitzer eines teuren Modelabels in Frankreich. Doch der Erfolg führt zu Streitigkeiten und Geheimnissen in der Familie. In diesen Strudel wird die Protagonistin Sadie Reynolds reingezogen, als Olivier Dumont sie vor einem Überfall rettet. Sie fühlen sich sofort voneinander angezogen, aber Sadie ahnt noch nichts von den Gefahren, die auf ihre Beziehung lauern.

Was mir wirklich gut gefallen hat, war der Handlungsstrang, der hier bereits angedeutet wird: Geheimnisse, Intrigen und Familienfehden. Vor allem in der zweiten Hälfte des Buchs läuft dies zu einem spannenden Höhepunkt auf, der mich mitgerissen hat. Schlag auf Schlag hämmern die Ereignisse auf die Protagonisten ein und auch als Leser*in kommt man nicht mehr zu Ruhe, spekuliert mit und will die Auflösung wissen. Dies hat meine Bewertung am Ende noch etwas hochgezogen, denn vorher war ich einfach nur enttäuscht und genervt.

Zum Zeitpunkt des ersten Treffens steht natürlich erstmal der Überfall im Mittelpunkt. Ein paar Stunden später hat sich alles beruhigt und dann folgen mehrere Kapitel in denen im wahrsten Sinne auf JEDER Seite thematisiert wird, wie gut die jeweils andere Person aussieht. Auch wenn dies wieder abflaut, bleibt die Beziehung zwischen Sadie und Olivier voller Oberflächlichkeiten. Was mögen sie aneinander, außer den Sex? Ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur eine gute Charakter(!)-Eigenschaft des jeweils anderen erwähnt wird. Bis zum Ende konnte ich ihre Liebe nicht nachvollziehen. Das macht es auch sehr viel schwerer, zu glauben, dass sie nach 24 Stunden über den Gedanken verzweifeln, jemals wieder ohne den anderen sein zu können.

Gestört hat mich außerdem, wie ein persönlicher Konflikt von Sadie gelöst wurde. Genau im richtigen Moment schreibt ihr jemand genau die Worte, die sie dann hören muss. Zu zufällig, zu einfach – nicht überzeugend. Da hätte mir eine andere Lösung besser gefallen.

Gar nicht gelungen fand ich zudem das Ende. Olivier verhält sich hier so kurzsichtig und egoistisch und es kommt zu keinem würdigen Abschluss einer Geschichte, die über 300 Seiten lang aufgebaut wurde.

Zusammenfassend komme ich zu 3 von 5 Sternen. Die Liebesbeziehung war für mich nicht nachvollziehbar, sondern viel zu oberflächlich und künstlich. Auch den Aufbau der Geschichte und den Handlungsablauf finde ich nicht sehr gelungen: mittendrin eine unglaubhafte Konfliktlösung, um die Story zusammenzuhalten und ein enttäuschendes Ende. Lange Zeit war ich bei 2 von 5 Sternen, aber der spannende Erzählstrang in der zweiten Buchhälfte hat hier aber nochmal Boden wieder gut gemacht, sodass ich noch einen Stern drauflegen konnte. Auch wenn ich gerne wissen würde, ob noch ein richtiges Ende folgt (und wie dieses aussieht), denke ich nicht, dass ich diese Reihe weiterlesen werde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.05.2021

Perfekte Mischung aus Historie und Liebesgeschichte

Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen
2

„Die Rebellinnen von Oxford“ ist eine Trilogie von Evie Dunmore, die im LYX-Verlag erscheint und die Geschichte dreier junger Frauen im England des 19. Jahrhunderts erzählt. „Rebellinnen“ sind sie, weil ...

„Die Rebellinnen von Oxford“ ist eine Trilogie von Evie Dunmore, die im LYX-Verlag erscheint und die Geschichte dreier junger Frauen im England des 19. Jahrhunderts erzählt. „Rebellinnen“ sind sie, weil sie sich gegen die festgefahrene Ordnung auflehnen und für die Rechte von Frauen kämpfen.
Im ersten Band, „Verwegen“, geht es um Annabelle Archer, die als eine der ersten Frauen in Oxford studieren darf. Leisten kann sie sich das nur durch ein Stipendium. Voraussetzung hierfür ist, dass sie die Frauenbewegung vor Ort unterstützt. Ihr erstes Ziel: das einflussreiche Mitglied des House of Lords, Sebastian Devereux, für ihre Sache zu gewinnen. Während er nach Außen unnahbar und distanziert erscheint, ist er fasziniert von Annabelle, ihrem Intellekt, ihrer Sturheit und wie sie sich von allen anderen Frauen unterscheidet. Doch abgesehen von dem enormen Standesunterschied, steht Sebastian für alles, was Annabelle und ihre Gefährtinnen niederreißen wollen.

Bereits in der Vorschau ist der Reihenauftakt sofort auf meine Wunschliste gewandert, da die Kombination aus Historischem und Liebesroman einfach perfekt in meinen Lesegeschmack passt. Dazu noch das Thema Frauenrechte und Emanzipation und ich blieb sofort daran hängen.

Auch das Cover hat mich direkt abgeholt, da ich zum einen den unmittelbaren Bezug zum Inhalt liebe, zum anderen auch begeistert bin, wie viel ein einzelnes Bild schon aussagen kann. Die Kleidung ist passend zur Epoche gewählt und lässt die Betrachter:innen sofort in dieses Jahrhundert eintauchen. Ein Buch auf dem Cover eines Romans ist für Bücherwürmer natürlich auch direkt ein Blickfang – egal wie klein oder altertümlich es aussieht. Dass die abgebildete Frau es hinter ihrem Rücken versteckt, macht neugierig: Was steht in dem Buch? Vor wem versteckt sie es? Was würde passieren, wenn man es bei ihr findet? Ein absolut gelungenes Cover.

Evie Dunmores Schreibstil hat mir ebenfalls gut gefallen. Ich konnte die Situationen direkt vor meinem Auge sehen. Auch die Personen, Annabelle und Sebastian, aber auch Annabelles Freundinnen oder ihr Professor sind alle so prägnant geschrieben, dass ich kein Problem damit hatte, sie direkt in meinem Kopf zu sehen und sogar zu hören. Zudem wird die Balance zwischen historischem Vokabular und Erklärungen gut gehalten: der Text ist verständlich und gleichzeitig authentisch.
Dass so ein großer Fokus auf die Politik und die Frauenrechte gelegt wird, hat mich begeistert. Natürlich nimmt die Liebesgeschichte ebenfalls viel Raum ein, denn es ist nun mal ein Liebesroman. Von Annabelles Studium erfährt man hingegen nicht allzu viel. Das habe ich jedoch auch nicht vermisst. Im Gegenteil: Ich finde die beiden genannten Themen absolut ausreichend und hätte mir nicht gewünscht, dass diese weniger intensiv behandelt werden, nur um mehr vom Studienalltag zu lesen.

Mein Herz schlägt für Annabelle! Sie ist nicht nur gebildet, uneitel und zielstrebig, sie ist auch clever, eine Strategin und vor allem unermüdlich. Ein großartiges Vorbild und genauso, wie ich mir eine Suffragistin (den Begriff habe ich hier neu gelernt) bzw. Suffragette vorgestellt habe.
Auch Sebastian hat mich im Sturm erobert. Dieses Kühle, Unnahbare – man weiß nicht, woran man bei ihm ist - finde ich verlockend. Er ist ebenfalls sehr klug, höflich und lässt sich nicht von Politik und Stand blenden. Kopf und Herz tragen einen schmerzhaften Kampf aus, den ich jedes Mal intensiv spüren konnte – obwohl ich mich sonst immer mehr in die Protagonistin als in den Protagonisten hineinversetzen kann.
Der Konflikt, der hier aufgebaut wird, ist großartig! Die Diskussionen und das Necken zwischen diesen beiden Charakteren sind absolut unterhaltsam und genauso leidenschaftlich. Ich habe jedes Gespräch und jeden Brief, den sie ausgetauscht haben, genossen.

Jede Liebesgeschichte braucht natürlich ihr eigenes kleines Drama. Was in diesem Buch aber sehr gelungen ist: Das Problem ist wasserdicht und greifbar und kein künstliches Drama, was man irgendwie auflösen kann, in dem man einfach miteinander spricht. Das hat die Autorin großartig ausgeführt. Mit dem Ende habe ich nicht gerechnet, schien doch die Auflösung von vorneherein auf der Hand zu liegen. Evie Dunmore hat es aber anders gemacht, ein hervorragendes Ende gefunden und mich damit auch noch überrascht. Was will man mehr?

Ich habe mich außerdem sehr über das Nachwort der Autorin zum historischen Hintergrund gefreut. Für mich ein must have, dass am Ende eines historischen Romans alles noch ein wenig in Kontext gesetzt wird.

Zusammenfassend komme ich zu 5 von 5 Sternen. Evie Dunmore hat für mich alles richtig gemacht. Ich bin rundum zufrieden, meine Erwartungen wurden weit übertroffen mit dieser perfekten Mischung aus Historie und Liebesroman. Band zwei („Unerschrocken“; ET 27.08.2021) und drei („Furchtlos“; ET 23.12.2021) werde ich mir sofort kaufen!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl