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Veröffentlicht am 08.05.2020

Liebe, Erotik und Spannung erfrischend verknüpft

All of Me
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„All of Me“ von K.L. Kreig ist der Start ihres „Finding Me Duet“. Protagonist ist Shaw Mercer, ein erfolgreicher, aber auch skandalumwitterter Geschäftsmann. Um eben durch diese Skandale nicht die Bürgermeisterwahl ...

„All of Me“ von K.L. Kreig ist der Start ihres „Finding Me Duet“. Protagonist ist Shaw Mercer, ein erfolgreicher, aber auch skandalumwitterter Geschäftsmann. Um eben durch diese Skandale nicht die Bürgermeisterwahl seines Vaters zu gefährden, engagiert er Willow Blackwell, einige Monate seine Freundin zu spielen und seinem Leben einen gesetzten Eindruck zu verleihen. Schnell wird beiden klar, dass es nicht so leicht ist, Vertrag und Gefühle getrennt zu halten.

Von der Farbwahl ist das Cover überraschend schlicht. Paradoxerweise sticht es genau dadurch heraus, wenn man die ganzen bunten Cover im restlichen LYX-Portfolio betrachtet. Der blaugraue Hintergrund wird aus zwei Richtungen langsam von einer tiefschwarzen Tinte eingeschlossen. Es kann etwas Bedrohliches sein, aber auch die Chance, mit der Tinte etwas Neues zu schreiben – einen neuen Lebensabschnitt. Am allerbesten gefällt mir allerdings das Design des Titels. Die Worte „ALL“ und „ME“ sind gradlinig, in einem goldenen Farbton. Das „of“ windet sich in einem wunderschönen kalligrafischen Stil dazwischen.

„'Cause all of me
Loves all of you
Love your curves and all your edges
All your perfect imperfections
Give your all to me
I'll give my all to you”
John Legend – All of Me; geschrieben von Tony Gad und John Stephens

Ein ungewöhnlicher Start für eine Rezension, aber während des Lesens hatte ich permanent einen Ohrwurm von diesem Lied. Es ist ein absolut romantischer Text und eine ruhige Melodie, also nichts, was die meisten Menschen mit einem Erotikroman in Verbindung bringen würden. Natürlich gibt es in dem Buch explizite Sexszenen, aber im Vordergrund stehen die ganz großen Gefühle und wie die beiden Protagonisten sich dagegen wehren und es lange leugnen wollen. Durch einen stetigen Perspektivwechsel können die Leser*innen diese Emotionen sowohl in Shaw als auch in Willow sehr gut nachvollziehen. Für Willow ist es ein steter Kampf gegen ihre selbstauferlegten Grenzen, die in ihrem Escortberuf wichtig sind, um ihr Herz zu schützen. Bei Shaw steht immer seine Firma an erster Stelle. Er war sich sicher, dass nie eine Frau etwas daran ändern könnte und wollte auch keine von ihnen überhaupt so weit in sein Leben und seinen Kopf lassen. Ich finde es schön, dass er liebt, was er tut und wir nicht auf das Klischee der ungewollten Firmennachfolge stoßen.

Mir gefällt es immer sehr, wenn die unterschiedlichen Perspektiven von weiblichen und männlichen Protagonisten auch einen unterschiedlichen Sprachstil aufweisen und das hat die Autorin gekonnt umgesetzt. Angenehm war außerdem, dass sie nicht zu Wiederholungen zu neigen scheint, was vielen Autoren und Autorinnen gerade bei der Beschreibung der Optik ihrer Charaktere leicht passiert.

Es ist bedeutsam, dass vor allem Willow so intensiv an ihren Prinzipien festhält. Es gibt private, geheime Dinge, die man nicht jedem mitteilt, den man zum einen gerade erst getroffen hat und zum anderen an einem bestimmten Datum wieder aus dem eigenen Leben streichen wird. Viele Charaktere in anderen Liebesromanen schütten sich gegenseitig sehr schnell ihr Herz aus und erzählen einander die persönlichsten Dinge. „All of Me“ ist eines der wenigen Bücher, bei denen ich das Gefühl hatte, dass die emotionale Annäherung auf eine realistische Weise und in angemessenem Tempo erfolgt.

Viele Liebes- und Erotikromane schaffen es nicht, einen fesselnden Spannungsbogen aufzubauen. Bei romantischen Geschichten ist dies immer schwer, denn der Handlungsverlauf (Kennenlernen – glücklich sein – Problem tritt auf – Katastrophe - Happy End) ist doch immer recht ähnlich und das Ende vorprogrammiert. Dies kann man meist nur beleben, indem andere Handlungsstränge eingebracht werden. Das heißt nicht, dutzende Nebencharaktere mit eigenen Liebesgeschichten aufzubauen, sondern sich auch über die Liebe der Protagonisten hinaus zu wagen und andere Aspekte des Lebens hinein zu lassen. Kreig hat dies hervorragend gelöst, was vor allem die letzten Seiten zum Pageturner macht.

Etwas Punktabzug gibt es für Shaw, was paradox ist, weil ich ihn ohne Willow sehr gerne mag. Er arbeitet hart, liebt was er tut, ist aufopferungsvoll für seine Familie und ist ein guter Freund. Sobald Willow aber sein Denken beherrscht, wird er schroff, besitzergreifend und neigt zu aggressiven Kurzschlussreaktionen, die gar nicht zu dem cleveren, planenden Mann passen. In diesen Momenten entwickelt er sich total zurück und während ich vorher dachte, was für ein toller, interessanter Mann er ist, will ich ihn dann möglichst loswerden und mich für ihn schämen. Hinfort ist dann alles Reife, Selbstbewusste, Weltgewandte und Charismatische, was ihn vorher so anziehend machte. Es handelt sich um zwei verschiedene Männer und der, den ich nicht so gerne mag, hat in der Geschichte leider meist den Vortritt.
Ähnlich ist auch meine Meinung zu Willow. Am Anfang ist sie tough, lässt sich nichts gefallen, ist verantwortungsbewusst und fürsorglich. Im Verlauf der Handlung wird sie außerhalb des Schlafzimmers immer mehr zum schüchternen Mädchen, lässt sich treiben und nimmt nichts mehr selbst in die Hand. Außerdem – für mich ein absolutes No-Go – vernachlässigt sie Freunde und eigene Familie, je mehr sie sich auf Shaw einlässt.

Zusammenfassend hat K.L. Kreig hier einfach eine tolle Geschichte erzählt. Sie verbindet Erotik und Liebe ganz hervorragend und bringt auch andere Aspekte in die Handlung ein, welche die Spannung hochhalten. Dieser erfrischende Stil in einem Genre, das so vorhersehbar geworden ist, bringt mich, trotz der negativen Charakterentwicklung, zu 4 von 5 Sternen. Der Abschluss mit „All of you” folgt am 29.05.2020 und ich werde ihn direkt lesen.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Zu groß gedacht, die Spannung fehlt

Die Frequenz des Todes
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„Die Frequenz des Todes“ ist nach „Auris“ der zweite Band der gleichnamigen Reihe von Vincent Kliesch nach einer Idee von Sebastian Fitzek. Wissen aus Teil eins ist meiner Ansicht nach zwingend erforderlich. ...

„Die Frequenz des Todes“ ist nach „Auris“ der zweite Band der gleichnamigen Reihe von Vincent Kliesch nach einer Idee von Sebastian Fitzek. Wissen aus Teil eins ist meiner Ansicht nach zwingend erforderlich. Es wird zwar ein unabhängiger Fall behandelt, aber die Erlebnisse aus Band eins spielen eine sehr große Rolle für die Motivation und Situation der Charaktere.

Bei der Berliner Feuerwehr geht ein Notruf ein. Das Baby der Anruferin ist verschwunden und überall ist Blut. Bevor ihr Name oder ihr Aufenthaltsort ermittelt werden kann, bricht der Anruf allerdings ab. Der forensische Phonetiker Matthias Hegel wird hinzugezogen, doch er braucht die Hilfe von der True-Crime-Podcasterin Jula Ansorge. Ihr Interesse, mit ihm zusammenarbeiten, ist nach den letzten gemeinsamen Erlebnissen allerdings sehr gering.

Das Buch ist in viele, kurze Kapitel von durchschnittlich fünf bis sechs Seiten unterteilt, was das Vorankommen erleichtert, da man immer denkt „Ach, ein Kapitel geht noch!“. Die Perspektiven wechseln zwischen mehreren Charakteren, was die Identifikation mit einzelnen Personen erschwert, aber die Handlung gerade in der zweiten Hälfte gut voranbringt.

Die erste Hälfte ist leider sehr zäh. Es gibt wenig konkrete Fortschritte in der Ermittlung und das persönliche Tauziehen zwischen Hegel und Jula steht im Mittelpunkt. Der Phonetik-Aspekt ist interessant und einzigartig und hat mich bereits vor dem ersten Teil in seinen Bann gezogen. Negativ aufgefallen ist mir aber ein Kapitel in dem sehr ausführlich auf die fachlichen Aspekte der Phonetik eingegangen wird. Das mag grundsätzlich interessant sein, hat mich in seiner Ausführlichkeit und Wortwahl aber ermüdet.
Richtige Spannung kommt erst im Finale auf und das reicht einfach nicht für einen guten Psychothriller. Die Auflösung der Basis-Geschichte ist früh vorhersehbar. Dennoch ziehe ich hierfür nicht allzu viele Punkte ab, denn es ist trotzdem ein wohl überlegter Ausgang und kein künstliches Rumreißen der Ergebnisse wir in Band eins.

Das ganz große Problem liegt für mich darin, dass der Fall nur das Fundament für eine größere Rahmenhandlung bieten soll. Eine grundsätzlich gute Idee wird so zurechtgebogen, sodass eine noch bösere, erstaunlichere Geschichte darübergelegt werden kann, um diese vermutlich in kommenden Bänden weiter zu verfolgen. Auf künstliche Art und Weise werden vergangene Fälle und Personen, sowie neue Nebencharaktere dazu gedichtet, ohne dass die Leser*innen eine Beziehung dazu knüpfen könnten. Die Fakten werden hingeworfen, sind zu akzeptieren und gut zu merken, denn sonst macht das fragile Konstrukt schnell keinen Sinn mehr.

Zusammenfassend komme ich zu 3 von 5 Sternen. Vincent Kliesch hätte besser daran getan, sich voll auf die Geschichte des Klappentexts zu fokussieren und diese spannend auszuarbeiten. Dass er das kann, zeigt „Auris“. Unter dem Zwang eines „Großen Falls“ leidet sie Spannung einer ursprünglich tollen Idee. Ich bin mir nicht sicher, ob ich weitere Bände der Reihe lesen werde.

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Intensiv und mitreißend

All Saints High - Die Prinzessin
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Mit „All Saints High – Die Prinzessin“ startet L.J. Shen ihre Spin-Off Trilogie der „Sinners of Saint“-Reihe. In jedem Band geht es um die Kinder der ehemaligen Hotholes – Vorwissen ist allerdings nicht ...

Mit „All Saints High – Die Prinzessin“ startet L.J. Shen ihre Spin-Off Trilogie der „Sinners of Saint“-Reihe. In jedem Band geht es um die Kinder der ehemaligen Hotholes – Vorwissen ist allerdings nicht zwingend erforderlich.

Protagonistin des ersten Bands ist Daria Followhill, die Geschichte ihrer Eltern Jamie und Melody erschien lediglich als ebook Novella und Hörbuch unter dem Titel „Rough Love“. Nach außen hin hat sie alles: Geld, gutes Aussehen und viele Freunde. Doch sie ist so eifersüchtig auf Sylvia Scully mit der sie zum Ballett geht, dass sie mit vierzehn deren Zukunft zerstört. Auch einige Jahre später fühlt sie sich noch schuldig und versucht diese Schuld an Sylvias Bruder Penn zu tilgen, der ein Dach über dem Kopf braucht. Penn hatte viele Jahre Zeit, seinen Hass auf Daria zu schüren, aber das Kribbeln zwischen ihnen können beide nicht ignorieren.

Vorab: Das Buch startet mit einer Triggerwarnung: „Dieses Buch enthält Darstellungen von körperlicher und sexueller Gewalt, die triggern können.“

Das Cover ist mir direkt aufgefallen. Vor allem aber deswegen, weil rosa gar nicht meine Farbe ist. Hier könnte es natürlich (wenn man Klischees folgt) die Farbe zu „Prinzessin“ sein, also trotz allem passend gewählt. Als ich dann aber den Titel und die Autorin gelesen habe, wusste ich sofort, dass das Buch auf meine Wunschliste kommt, denn die „Sinners of Saint“-Reihe habe ich geliebt! Wenn man dem Cover von „All Saints High – Die Prinzessin“ einen genaueren Blick zuwirft, erkennt man in der Mitte auch den Rauch, welcher langsam in den Titel strömt: ein vertrautes Motiv aus der ersten Reihe. Besonders gefällt mir allerdings die Symbolik bei der Gestaltung des Titels. Die Schriftart ist klar und gradlinig – das wird in Darias sozialer Schicht und auch vor allem beim Ballett von ihr erwartet. Der Rauch, hier ihre Eifersucht oder vielleicht auch neue Einflüsse (z.B. Penn), bringt einen Bruch hinein. Es wird versucht die ursprüngliche Linie beizubehalten, aber es ist dennoch nicht mehr wie vorher. Für solche Botschaften durch ein einziges Cover liebe ich LYX.

L.J. Shen versteht es wie keine andere, gleichzeitig schön und traurig zu schreiben. Ihre Worte geben dem Leser schon einen tieferen Blick in die Seele der Charaktere, denn in allem, was diese wahrnehmen, schwingen auch ihre Gefühle mit. Ihre Charaktere sind immer etwas melancholisch, zum Teil düster und die leicht philosophische Art wie sie ihre Gefühle beschreibt, hebt ihre Bücher einfach von allen anderen Liebes-/YA-Romanen da draußen ab.

Ein absolutes Highlight sind für mich die Zitate zu Beginn jedes Kapitels. Sie sind so emotional und ehrlich und vermitteln die Gefühle einer Hassliebe hervorragend. Auch die wechselnden Perspektiven zwischen Daria und Penn lassen diese Gefühle auf jeder Seite neu auflodern, sodass sie beim Lesen immer intensiv wahrzunehmen sind. Was romantische Aspekte betrifft, findet Shen genau die richtige Balance zwischen Kitsch und Realität, wodurch die Situationen glaubwürdiger sind.

Sehr gelungen finde ich insgesamt, wie man zu Beginn erst nach und nach Darias genaue Situation kennenlernt. Es ist interessant, laufend etwas Neues zu erfahren und wirkt viel natürlicher, als wenn die Protagonistin auf den ersten fünf Seiten direkt ihre ganze Lebensgeschichte darlegt. Auch Darias Sprachstil gefällt mir, er ist altersgemäß und dadurch authentisch.

Daria ist eine sehr interessante Protagonistin. Sie sehnt sich so sehr nach der Anerkennung ihrer Mutter und ist dabei von Eifersucht getrieben. Ihr ist klar, was richtig und was falsch ist, aber sie kann trotzdem nicht anders handeln. Sie ist in der Lage darüber zu reflektieren und ihr Tun verfolgt sie noch lange. Diese Ambivalenz fasziniert mich. Daria tut den Leser*innen einfach nur leid, denn sie weiß sich nicht anders zu helfen, fühlt sich alleine und verlassen und, trotz aller rationalen Argumente, fühlt sie sich nicht genug geliebt und niemals den Ansprüchen ihrer Mutter genügend.

Penn liebt seine Schwester und hat keine Impulskontrolle - eine gefährliche Kombination, denn er neigt zu gewalttätigen Ausbrüchen, wenn er sie bedroht sieht. Sein Beschützerinstinkt ist generell sehr ausgeprägt. Somit ist sein Hass auf Daria die einzige logische Konsequenz, denn sie hat seiner Schwester geschadet und dadurch auch ihn verletzt. Gleichzeitig ist Penn aber auch unberechenbar: Auf der einen Seite hat die Begegnung mit Daria ihn nachhaltig beeindruckt, auf der anderen Seite entschließt er sich bewusst, sie zu hassen. Diese Hassliebe ist eine perfekte Grundlage für ein bewegendes Auf und Ab der Gefühle. Beim Lesen wird man nicht schlau aus Penn, was aber kein Nachteil ist, denn die Geschichte ist so weniger vorhersehbar.

Ein kleiner Kritikpunkt ist das Ende. Man kennt es von der Autorin bereits, dass sie es im Epilog etwas übertreibt. Es wird ein Bild von einer „perfekten Welt“ gemalt, die zum einen übertrieben ist, weil jede Handlung die nächste überbieten und immer noch etwas draufgesetzt werden muss, und zum anderen einen Großteil der echten Beziehungen nicht wiederspiegelt.

L.J. Shen holt wirklich das Optimum an Spannung und Spannungen aus der Situation raus. Ich wollte unbedingt weiterlesen und hatte gleichzeitig Angst davor. Die Gefühle der Charaktere sind immer unglaublich intensiv, die Handlung ist mitreißend und es ist häufig nicht vorhersehbar, was als nächstes geschieht. Ihre Charaktere sind so verletzlich, etwas düster, etwas melancholisch und dabei wahnsinnig nahbar.

Ich bin absolut begeistert von dem Buch, sodass ich zu 5 von 5 Sternen komme und Band zwei („Der Rebell“, ET 28.07.2020) und drei („Der Verlorene“, ET 21.12.2020) unmittelbar auf meine „kaufen und sofort lesen“-Liste setze.

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Gewalt, Macht, Kontrolle - brutal und spannend auf jeder Seite

Hate is all I feel
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Gewalt, Macht, Kontrolle - Darum geht es in "Hate is all I feel" von Siobhan Davis. An der Highschool der Protagonistin Abigail Manning herrscht die alte Elite: die Nachkommen der ehemaligen Gründer und ...

Gewalt, Macht, Kontrolle - Darum geht es in "Hate is all I feel" von Siobhan Davis. An der Highschool der Protagonistin Abigail Manning herrscht die alte Elite: die Nachkommen der ehemaligen Gründer und sie ist eine von ihnen. Die Elite unterdrückt die anderen Schüler, hat die Lehrer in der Hand und ihr Wort ist Gesetz. Doch dann tauchen drei Jungen auf, beanspruchen die Herrschaft und Abby gerät zwischen die Fronten.

Das Genre sagt "Erotik", das Cover schreit "Dark Romance" und der Klappentext klingt nach Highschool-Klassenkampf. Doch all das wird zum Nebenschauplatz verglichen mit der Gewalt und Kontrolle, die Abbys Leben begleitet. Daher an dieser Stelle schon die dringende Empfehlung: Lasst euch nicht abschrecken. Ja, es gibt Sexszenen, ja, es gibt eine Liebesgeschichte. Aber beides rückt in den Hintergrund, wenn man von den Kämpfen liest, die Abby jeden Tag an der Schule und vor allem privat austragen muss.

Das Buch ist vollständig aus Abbys Perspektive geschrieben. So hat der Leser eine enge Verbindung zu ihr und kann sich sehr stark in sie hineinversetzen. Auch wenn man nicht alles befürworten kann, was Abby tut, ist es für die Leser*innen jederzeit verständlich, warum sie etwas tut. Zum einem ist sie auch nur ein Teil eines antiquierten und kaputten Systems, aber wenn sie kann, lehnt sie sich auch dagegen auf. Dieses Rebellische macht sie sehr sympathisch, aber man empfindet auch Mitleid ihr gegenüber wann immer sie Macht ausüben muss (teilweise auf körperlich oder seelisch brutale Art), weil man genau versteht, warum sie in diesem Moment so handeln muss.
Eine ganz starke Empfindung in diesem Buch war Hass. Der Titel ist dabei sehr treffend gewählt. Abby hasst viel und leidenschaftlich und traurigerweise selten unbegründet. Beim Lesen habe ich häufig mit ihr zusammen gehasst: wegen Verletzungen, wegen Demütigungen, die ihr wiederfahren sind, und vor allem wegen der Machtlosigkeit, die sie manchmal im Angesicht ihrer Situation empfindet. Es war wirklich ein sehr intensives Leseerlebnis, dass mich teilweise vom Einschlafen abhielt, weil ich noch so aufgebracht war. Auch nach Beendigung des Buches brauchte ich viel Zeit um mich zu sammeln, diese Rezension zu schreiben und ein neues Buch zum Lesen auszusuchen. So hat mich lange kein Buch mehr zurückgelassen.

Ausschließlich aus Abbys Perspektive zu lesen, sorgt zudem für einen konstant hohen Spannungsbogen. Es ist kaum zu sagen, was als nächstes passieren wird und der Schock sitzt dann meistens sehr tief. Oft möchte man denken, dass es unmöglich ist, dass diese Dinge wirklich passieren. Umso größer ist das Entsetzen, wenn klar wird: doch, genau so könnte es auch heute irgendwo in der Welt sein. Wenn ich nicht wach lag, weil ich das Gelesene nicht verarbeiten konnte, dann deswegen, weil ich unbedingt weiterlesen wollte. Ich wollte geschockt sein, ich wollte im Geiste entsetzt die Hand vor den Mund schlagen und ich wollte wissen, ob Siobhan Davis mich immer noch mehr Hass empfinden lassen konnte, als im vorangegangenen Kapitel.

Meine Meinung über den männlichen Protagonisten, Camden, war während des Lesens immer sehr zwiegespalten. Nicht selten war er der Grund für meinen (und Abbys) Hass, aber in anderen Momenten hat er eine ganz andere Seite seines Charakters gezeigt. Somit glaube ich, Abbys emotionale Achterbahnfahrt ihn betreffend, sehr gut nachempfinden zu können. Ihn umgeben auch immer ein paar Geheimnisse und trotz des explosiven Finales mit vielen Enthüllungen bin ich noch offen dafür, in Band zwei meine Einstellung zu ihm zu überdenken. Der Cliffhanger macht auf jeden Fall klar: Der nächste Teil, "Revenge is what you get", wird pünktlich am 22. Mai 2020 bei mir einziehen.

Wenn ich meine Rezension insgesamt nochmal lese, empfinde ich sie als untypisch emotional für mich. Aber genau das war das Besondere an diesem Buch: ich habe so intensiv mitgefühlt und zwischenzeitlich definitiv einen gesunden Abstand eingebüßt. Eine aufregende Reise, doch seid gewarnt: Das Buch startet mit einer Triggerwarnung und ich würde sagen, dass das nicht übertrieben ist.

Wie könnte ich ein Buch, dass mich so mitgenommen hat, dass mich in (beim Lesen) völlig unbekannte Gefühle entführt hat und mir noch jetzt die Worte raubt, schlechter bewerten als mit 5 von 5 Sternen?

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Veröffentlicht am 21.12.2019

Packendes und emotionales Finale

Sturmtochter, Band 3: Für immer vereint (Dramatische Romantasy mit Elemente-Magie von SPIEGEL-Bestsellerautorin Bianca Iosivoni)
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Mit "Sturmtochter - Für immer vereint" ist das Finale von Bianca Iosivonis Sturmtochter-Trilogie erschienen (Band eins: "Für immer verboten", Band zwei: "Für immer verloren"). In der folgenden Rezension ...

Mit "Sturmtochter - Für immer vereint" ist das Finale von Bianca Iosivonis Sturmtochter-Trilogie erschienen (Band eins: "Für immer verboten", Band zwei: "Für immer verloren"). In der folgenden Rezension kann es daher zu Spoilern den ersten und den zweiten Teil betreffend kommen - nicht aber bezüglich des dritten.

Während die Naturkatastrophen in Schottland immer häufiger auftreten und immer drastischere Ausmaße annehmen, steigen ebenso die Elementar-Sichtungen und die Kämpfe gegen sie werden gefährlicher. Auch die Auseinandersetzungen zwischen den Clans spitzen sich zu, während Ava, verlassen von ihren Freunden, auf ein Lebenszeichen von Lance hofft.

Gut gelungen finde ich ein kurzes "Was bisher geschah" zum Einstieg. Kurz und präzise wird das Wichtigste zusammengefasst. Das erspart es dem Leser, dass die Charaktere "zufällig" über Vergangenes reden oder daran denken, um die Erinnerungen des Lesers aufzufrischen, was doch immer künstlich wirkt.

Wie schon in Band zwei, werden auch in Teil drei die einzelnen Kapitel aus den Perspektiven vieler verschiedener Charaktere erzählt. Nach wie vor ist es interessant, in die Gedanken jedes einzelnen einzutauchen. Hier ist es allerdings noch wichtiger als zuvor, sie zu begleiten, da gerade zum Finale die Handlungsorte über ganz Schottland verteilt sind.

In meiner Rezension zu Band zwei habe ich schon positiv erwähnt, dass sich der Stil der Autorin verbessert hat. Die Dialoge wirken natürlicher und insbesondere Ava nicht mehr künstlich oder gewollt lustig. Auch in Teil drei ist nochmal eine Verbesserung des Schreibstils zu spüren. Wirklich beeindruckend, diese Entwicklung über alle drei Bücher zu verfolgen - ein großes Lob an die Autorin.

Eins bleibt jedoch über alle Bände erhalten: Am Anfang fehlt es etwas an Spannung. In diesem Teil geht es dann aber, verglichen mit Band eins und zwei, sehr schnell aufs Ganze, bis die Spannung förmlich explodiert. Schlag auf Schlag folgenden Kämpfe, Naturkatastrophen und Schicksalsschläge - der Leser wird von einem wichtigen Handlungsort zum nächsten geworfen und die Zeilen fliegen nur so dahin.

Die letzten 50 Seiten waren sehr emotional für mich: ich habe vor meinem inneren Auge so viele Charaktere sterben sehen und nicht dran gezweifelt, dass Bianca Iosivoni den Mut hierzu haben würde. Das ist ein großer Pluspunkt: ich hatte das Gefühl, dass das Ende unvorhersehbar ist. Natürlich nicht in allen Belangen, aber gerade in der Frage, welcher Charakter welches Ende nimmt, konnte ich keine konkreten Vorhersagen machen.

Die Idee der Geschichte begeistert mich nach wie vor total: Fünf Elemente, fünf Clans, jeder mit seinem eigenen Gebiet, eigener Magie mit verschiedenen Ausprägungen, eigener Spezialeinheit und das alles im Verborgenen. Die Mischung aus moderner Gegenwart und Fantasy ist gut gelungen. Es entsteht ein ausbalanciertes Gleichgewicht sowie der Eindruck einer Welt, die so theoretisch tatsächlich existieren könnte. Gerade das finde ich bei Contemporary Fantasy besonders wichtig.

Auch die einzelnen Charaktere mag ich sehr. Sie sind ganz unterschiedlich und liebevoll ausgearbeitet, jeder mit Stärken und Schwächen, sodass sich eine authentische Person ergibt. In Band zwei haben wir mehr über jeden von ihnen erfahren, sodass ich jetzt mit jedem mitfiebern konnte und um jeden gebangt habe.

Der letzte Band ist nochmal eine Verbesserung im Vergleich zu Teil zwei. Für 5 Sterne reicht es allerdings trotz allem nicht. Die Idee ist wunderbar, die Charaktere toll und auch mit der Spannung passt es größtenteils. Die Auflösung zum Ende ist allerdings etwas fad und das gewisse Etwas, um die Geschehnisse rund zu machen, fehlt. Daher komme ich zu 4 von 5 Sternen.

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