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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2017

Alles für Papotschka

Die Tochter des Malers
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Der Roman "Die Tochter des Malers" von Gloria Goldreich erzählt von Ida, der einzigen Tochter des weltberühmten Ausnahmekünstlers Marc Chagall. Auch inhaltlich erinnert er durchaus an ein Gemälde, denn ...

Der Roman "Die Tochter des Malers" von Gloria Goldreich erzählt von Ida, der einzigen Tochter des weltberühmten Ausnahmekünstlers Marc Chagall. Auch inhaltlich erinnert er durchaus an ein Gemälde, denn er ist voller Poesie, Träume und Liebe. Als Muse des Malers ist Ida eng mit ihrem Vater verbunden. Als sie sich in den Studenten Michel verliebt, steht die innige Beziehung zu ihrem Vater auf dem Spiel. Dann wird Frankreich von den Deutschen besetzt, und ihrer Familie droht tödliche Gefahr, was Chagall jedoch in blinder Hingabe an seine Kunst verleugnet. Schon bald muss Ida sich entscheiden – zwischen ihrem eigenen Lebensweg und der Rettung ihres Vaters.

Das Cover ist geschmackvoll gestaltet. Es zeigt die Rückansicht einer attraktiven Frau, die mit beschwingten Schritten über eine breite Treppe schreitet. Sie ist geschmackvoll gekleidet und trägt ein lose fallendes blaues Kleid. Mit ihren üppigen glänzenden Haaren könnte sie durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit der anmutigen Ida Chagall aufweisen, die für ihren Charme und ihre Schönheit berühmt war. Der kurze, prägnante Titel ist gut gewählt. Er rekurriert auf die Handlung und macht deutlich, dass es sich um einen biographischen Roman handelt.

Wie bereits erwähnt, steht Ida Chagall im Mittelpunkt des Buches. Aber auch ihr persönliches Netzwerk (Eltern, Lebenspartner, Freunde, Bekannte) wird pointiert dargestellt. Die Familie Chagall ist nicht zwingend ein Sympathieträger; die Autorin zeigt deutlich die Risse in der nach außen perfekten glänzenden Fassade auf. Als pflichtbewusste Tochter vernachlässigt Ida eigene Interessen und widmet ihr Leben dem Werk ihres narzistischen Vaters, der sich als erfolgreicher Ausnahmekünstler profilieren will. Trotzdem gelingt es ihr, nach und nach aus dem Schatten ihres Vaters herauszutreten und sich zu einer glücklichen, selbstbewussten Frau zu entwickeln. Ihre Eltern Bella und Marc Chagall sind schwierige Persönlichkeiten. Im Laufe des Geschehens erweisen sie sich als arrogante und weltfremde Menschen, die blind für die politischen Entwicklungen und nur an ihrem eigenen Wohlergehen interessiert sind.

Gloria Goldreich schreibt in einem flüssigen, gut lesbaren Stil. Sie hat gründlich recherchiert, verknüpft Kunst- und Zeitgeschichte zu einem beeindruckenden Roman und lässt eine wichtige Epoche lebendig werden. Mich hat dieses Buch angeregt, mich näher mit Leben und Werk von Marc Chagall zu befassen. Deshalb gibt es von mir die volle Punktzahl.

Veröffentlicht am 02.08.2017

Kampf um das Erbe

Bourbon Sins
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"Bourbon Sins" ist die Fortsetzung einer Familiensaga. J. R. Ward erzählt von Liebe und Verrat, Lügen und Geheimnissen einer dysfunktionalen reichen und mächtigen Familie.

Nach dem Tod des Familienoberhaupts ...

"Bourbon Sins" ist die Fortsetzung einer Familiensaga. J. R. Ward erzählt von Liebe und Verrat, Lügen und Geheimnissen einer dysfunktionalen reichen und mächtigen Familie.

Nach dem Tod des Familienoberhaupts hängt die Bourbon-Dynastie der Bradfords am seidenen Faden. Der Patriarch hat nicht nur das Unternehmen hoch verschuldet hinterlassen, nun entpuppt sich sein vermeintlicher Selbstmord auch noch als Mord. Unter Verdacht gerät der älteste Sohn Edward, den sein Vater um alles gebracht hat, was die Zukunft für ihn bereithielt. Während sein jüngerer Bruder Lane alles daran setzt, das Familienunternehmen zu retten, liegt das Schicksal der Bradford Bourbon Company nun ausgerechnet in den Händen ihrer größten Konkurrentin, der Frau, die Edward über alles liebt, aber unerreichbar für ihn scheint.

Das nichtssagende Cover spricht mich nicht an. Es ist in einem auffälligen Grün-Ton gehalten und zeigt einen attraktiven jungen Mann in einem dunklen Anzug, der eine Wendeltreppe hinabzusteigen scheint. In die Mitte ist das kunstvoll verzierte Markenzeichen der Bradfords gesetzt worden, das von dem schlichten Titel "Bourbon Sins" umrahmt wird.

Im Mittelpunkt steht eine amerikanische Familie, die den Vergleich mit ihren berühmt-berüchtigen Vorgängern, den "Ewings" oder den "Carringtons", nicht zu scheuen braucht. Hier geht es um edlen Bourbon, düstere Geheimnisse und schmutzige Geschäfte. Nach dem unerwarteten Tod des Patriarchen gerät das Imperium ins Schlingern und muss von den Erben vor dem Untergang bewahrt werden.

Der Einstieg in das Buch fällt nicht allzu leicht; man sollte den ersten Band gelesen haben. Ansonsten ist man von der Vielzahl der auftretenden Akteure etwas überfordert. Das Geschehen wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, so dass man noch tiefer in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten eintauchen kann.

J. R. Ward zeichnet ein düsteres Sittengemälde, das vom Niedergang einer Familie erzählt. Der Spannungsbogen wird konsequent gehalten, und viele Cliffhanger machen die einzelnen Kapitel interessant. Leider ist die Lektüre an manchen Stellen etwas zäh; ich habe den Roman wiederholt zur Seite legen und nochmals beginnen müssen. Aus diesem Grunde kann ich nur 4 Sterne vergeben.


Veröffentlicht am 30.07.2017

Zerbrochen

Die Tänzerin von Paris
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In ihrem Roman "Die Tänzerin von Paris" erzählt Annabel Abbs über das tragische Schicksal einer jungen Frau auf der Suche nach Freiheit und Liebe – nach der wahren Geschichte von Lucia Joyce.

Paris, 1928: ...

In ihrem Roman "Die Tänzerin von Paris" erzählt Annabel Abbs über das tragische Schicksal einer jungen Frau auf der Suche nach Freiheit und Liebe – nach der wahren Geschichte von Lucia Joyce.

Paris, 1928: Lucia ist jung, begabt und wird in der Bohème als Tänzerin gefeiert. Aber ihr Vater ist der große James Joyce, und so modern seine Werke auch sein mögen, so argwöhnisch beobachtet er das Streben seiner Tochter nach einem selbstbestimmten Leben. Dann begegnet Lucia dem Schriftsteller Samuel Beckett, der ihre große Liebe wird. Doch ihre Hoffnungen, sich aus dem Schatten des übermächtigen Vaters zu befreien und ihren eigenen Weg gehen zu können, drohen schon bald zu scheitern.

Das Cover zeigt die Rückansicht einer jungen Frau, die gedankeverloren den berühmten Eiffel-Turm betrachtet. Es könnte sich um eine inhaltliche Anspielung handeln; denn Lucia Joyce vergleicht sich in einer Schlüsselszene mit dem Bauwerk. Die Farben sind behutsam gewählt; überwiegend erinnert das Cover an eine vergilbte Zeichnung, nur die zerbrechliche Frau in einem blauen Kostüm fällt ins Auge des Betrachters. Der Titel des Buches ist kurz und prägnant und rekurriert auf den Inhalt.

Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen, die sich am Anfang und am Ende des Romans wieder treffen. Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive von Lucia Joyce, der einzigen Tochter des Schrifstellers James Joyce, geschildert. Sie möchte ein freies, selbstbestimmtes Leben führen und zerbricht an der Fremdbestimmung durch ihre dominante Familie, die sie nicht loslassen will.

Die familiäre Situation von Lucia Joyce ist kompliziert. Die Familie hat materielle Sorgen, lässt sich aber von großzügigen Gönnern freihalten. James Joyce gilt als Genie, dessen Bedürfnissen sich alle anderen Menschen unterzuordnen haben. Die Mutter projiziert ihre Frustration auf ihre Tochter, die sie mit glühendem Hass verfolgt, während sie ihren ältesten Sohn Giorgio vergöttert.

Nachdem ihre Ambitionen als Tänzerin kläglich gescheitert sind, sieht Lucia Joyce eine vorteilhafte Ehe als den einzigen Ausweg aus ihrem Elternhaus; aber sie trifft immer die falsche Wahl und lässt sich von allen Männern in ihrem Leben manipulieren und benutzen. Letztendlich zerbricht sie an den Enttäuschungen, entwickelt Krankheitssymptome, fällt aus der ihr zugedachten Rolle als Muse und wird von ihrer kalten Familie in wechselnde Heilanstalten verbannt.

Annabel Abbs schreibt in einem mitreißenden Stil und erweckt mit ihren atmosphärisch dichten Bildern die literarische Bohéme zum Leben. Ihr Roman macht betroffen und weckt Mitleid mit einer begabten jungen Frau, die niemals eine Chance auf ihre persönliche Freiheit hatte.

Veröffentlicht am 30.07.2017

Schuld und Sühne

Nachtblau
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"Nachtblau" ist ein historischer Roman, in dem die Autorin Simone van der Vlugt ihre Leser in die Welt des 17. Jahrhunderts entführt. Die junge Haushälterin Catrijn ist begeistert, als sie mit ihrer Dienstherrin ...

"Nachtblau" ist ein historischer Roman, in dem die Autorin Simone van der Vlugt ihre Leser in die Welt des 17. Jahrhunderts entführt. Die junge Haushälterin Catrijn ist begeistert, als sie mit ihrer Dienstherrin den großen Rembrandt besuchen darf. Sie selbst kann gut malen, übt ihr Talent aber nur heimlich aus. Als die Schatten der Vergangenheit sie einholen und sie fliehen muss, findet sie Unterschlupf bei dem Besitzer einer Porzellanfabrik in Delft. Zusammen mit Evert beginnt sie, die faszinierende Keramik zu verzieren, die sich weltweit einen Namen machen wird: Das Delfter Porzellan. Doch das Glück mit der nachtblauen Farbe ist nur von kurzer Dauer. Catrijn weiß, dass sie für eine vergangene Sünde zahlen muss.

Das Cover ist zurückhaltend, aber künstlerisch überzeugend gestaltet worden. Wenn man mit den Fingern über den Umschlag streicht, kann man leichte Erhebungen spüren. Das Cover zeigt eine Häuserflucht, wie sie für die Bauten im 17. Jahrhundert in den Niederlanden typisch ist. Die Gebäude beanspruchen wenig Raum und sind in die Höhe gebaut, mit großen Fenster und ansprechenden Fassaden. Hier könnte Catrijn, die Protagonistin des Romans "Nachtblau", gelebt und gewirkt haben. Alles ist in Weiß und Blau gehalten, womit auch der Titel des Buches perfekt eingefangen ist.

Im Mittelpunkt des Buches steht Catrijn, die einige schlimme Schicksalsschläge erlitten hat und unter ihr bisheriges Leben in einem kleinen Dorf einen Schlusstrich zieht. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die alle Brücken hinter sich abbricht und ein neues Leben beginnt, das sie nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten will. Hierbei verliert sie ihr eigentliches Ziel, die Malerei, nicht aus den Augen, auch wenn sie einige Kompromisse eingehen und andere Tätigkeiten aufnehmen muss.

Wie wir im Laufe des Geschehens erfahren, hat Catrijn eine schwere Schuld auf sich geladen, die sich wie eine leuchtende Spur durch ihr neues Leben zieht. Sie ist eine gläubige (kalvinistische) Christin und macht sich nicht nur um ihr Seelenheil Sorgen, sondern zittert auch vor der Bestrafung in dieser Welt. Denn ein Erpresser heftet sich an ihre Fersen und lässt sie nicht zur Ruhe kommen.

Auch die anderen Figuren sind gut ausgearbeitet worden; man erfahrt viel über ihre Sorgen und Nöte und genauen Lebensumstände. Manchmal verwischen sich die Grenzen von Fiktion und Realtität, wenn berühmte Menschen geschildert werden, die tatsächlich im 17. Jahrhundert gelebt haben.

Die Autorin Simone van der Vlugt schreibt in einem ansprechenden, ruhigen Stil und kombiniert ihren historischen Roman mit einem spannenden Krimi, was ihr Buch keine einzige Sekunde langweilig werden lässt. Sie verwendet viele niederländische Ausdrücke, die ihrem Buch einen Anstrich von Authenzität geben und die Welt des 17. Jahrhunderts zum Leben erwecken. Ihre Schilderungen des dörflichen und städtischen Lebens sind atmosphärisch dicht und überzeugend. Besonders beeindruckt hat mich das Fachwissen, das in allen Abschnitten über die Malerei und die Entstehung des Delfter Porzellans zum Ausdruck kommt. Hier ist gründlich recherchiert und nichts dem Zufall überlassen worden.

Für mich ist dieses Buch ein Highlight im Monat Juli, und ich vergebe gern die vollen 5 Punkte für eine interessante Lektüre.

Veröffentlicht am 27.07.2017

Schwarz und weiß

Swing Time
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Der Roman "Swing Time" von Zadie Smith erzählt eine anrührende Geschichte von der Suche zweiter Mädchen nach der eigenen Identität. Als sich die beiden Mädchen zum ersten Mal begegnen, fühlen sie sich ...

Der Roman "Swing Time" von Zadie Smith erzählt eine anrührende Geschichte von der Suche zweiter Mädchen nach der eigenen Identität. Als sich die beiden Mädchen zum ersten Mal begegnen, fühlen sie sich sofort zueinander hingezogen: Die gleiche Leidenschaft fürs Tanzen und für Musicals verbindet sie, doch auch derselbe Londoner Vorort und die Hautfarbe. Ihre Wege trennen sich, als Tracey tatsächlich Tänzerin wird und erste Rollen in Musicals bekommt. Ihre Freundin wiederum jettet als Assistentin der berühmten Sängerin Aimee um die Welt. Als Aimee in Westafrika eine Schule gründen will, reist sie ihr voraus und lässt sich durch das Land, in dem ihre Wurzeln liegen, verzaubern und aus dem Rhythmus bringen.

Das Cover ist in leuchtenden, warmen Farben gehalten. Sowohl der Name der Autorin als auch der Titel des Buches sind einfach, aber kunstvoll auf einem gelben Hintergrund in Szene gesetzt worden. Die verwendeten Großbuchstaben springen dem Betrachter direkt ins Auge. Man erkennt die Farben Rot und Schwarz, aber es gibt keine strenge Trennung, sondern die Übergänge zwischen den einzelnen Buchstaben sind fließend.

Der Titel ist gut gewählt. Er greift den Titel des berühmten Films mit Fred Astaire und Ginger Rogers auf, der die Ich-Erzählerin sehr beeindruckt hat. Fred Astaire tritt als "Blackface" auf; sein Tanz soll an einen schwarzen Stepp-Tänzer erinnern. In ihrer Kindheit war sie von den eleganten Tanz-Szenen hingerissen, als erwachsene Frau ist sie schockiert von den subtilen rassistischen Andeutungen.

Im Mittelpunkt des Buches steht eine namenlose Ich-Erzählerin, die blass und konturenlos bleibt und von der ersten bis zur letzten Zeile des Romans im Schatten von dominanten Frauen steht. ihre Lebensumstände sind desolat; sie lebt in einer Sozialwohnung in einem Brennpunkt von London. Ihre Mutter ist eine stolze Jamaikanerin, die von afrikanischen Sklaven abstammt, ein politisches Bewusstsein entwickelt und sich für sozial benachteiligte Menschen engagiert, während ihr weißer Vater den gemeinsamen Haushalt führt Die familiäre Konstellation ist bei ihrer Freundin Tracey ähnlich; ihr leiblicher Vater ist ein farbiger Kleinkrimineller, während ihre weiße Mutter faktisch alleinerziehend ist und ihren gesamten Ehrgeiz auf ihre talentierte Tochter projiziert, die ihr den ersehnten sozialen Aufstieg ermöglichen soll.

Das Geschehen wird ausschließlich aus der Perspektive der Ich-Erzählerin vermittelt. Sie nimmt uns mit auf eine Zeitreise; wir begleiten sie von den frühen 1980er Jahren bis in die jüngste Vergangenheit. In ihrem Leben gibt es einige Brüche, die durch den ständigen Wechsel der zeitlichen Ebenen gespiegelt werden. Statt einer chronologischen Erzählung werden nur einzelne Schlaglichter auf wichtige Stationen in ihrem Leben geworfen, die für ihre Suche nach Freundschaft und Identität wichtig gewesen sind.

Zadie Smith schreibt in einem sehr ansprechenden Stil. Ihr Roman ist kunstvoll gewebt und nimmt den Leser mit auf eine literarische Reise von London über New York bis Gambia, kann aber trotzdem nicht vollständig überzeugen. Zu viele wichtige Themen werden in ihrem Buch lose angerissen, aber nicht vertieft. Deshalb kann ich nur vier Sterne vergeben.