Zum Glück leben wir noch nicht in QualityLand...
QualityLand (QualityLand 1)Ich muss es gleich gestehen: ich war selten so zwiespältig in der Beurteilung eines Buches wie bei „QualityLand“ von Marc-Uwe Kling... Zwischendurch war ich immer wieder kurz davor, abzubrechen – und trotzdem ...
Ich muss es gleich gestehen: ich war selten so zwiespältig in der Beurteilung eines Buches wie bei „QualityLand“ von Marc-Uwe Kling... Zwischendurch war ich immer wieder kurz davor, abzubrechen – und trotzdem war ich fasziniert vom Einfallsreichtum und der sprühenden Phantasie des Autors, seinen kleinen Seitenhieben auf unsere heutige Gesellschaft und seinem wirklich spritzigen Schreibstil. Und ja: ich habe es jetzt beendet und nein: ich bereue es nicht!
„QualityLand“ ist laut Wikipedia „eine satirische Dystopie, die bereits erkennbare Tendenzen der Digitalisierung weiterspinnt“.
Zum Buch: Peter Arbeitsloser (die Nachnamen leiten sich vom Beruf des gleichgeschlechtlichen Elternteils zum Zeitpunkt der Zeugung ab) bekommt von „TheShop“ einen rosafarbenen Delfinvibrator geschickt, ohne dass er ihn sich bestellt, ihn sich gewünscht oder ihn benötigt hat. Dies ist vollkommen normal in „QualityLand“, da die Algorithmen der marktbeherrschenden Plattformen (zu denen natürlich u.a. „TheShop“ gehört“) das Leben steuern. Doch Peter ist verärgert und will den rosafarbenen Delfinvibrator unbedingt wieder zurückgeben. Dies bereitet jedoch immer größere Schwierigkeiten und Komplikationen, da es sich das System nicht leisten kann, ein einmal erstelltes Profil zu ändern, das „würde zu einer Verunsicherung führen, die einen langfristigen ökonomischen Schaden von mehr als zwei Billionen Qualities verursachen würde.“ (S. 294, E-Book). Peter gibt nicht auf, steht dem System immer kritischer gegenüber, was letztendlich zu einem Show-Down führt, bei dem er u.a. von einem Kampfroboter mit posttraumatischen Belastungsstörungen, einer Drohne mit Flugangst, einer E-Poetin mit Schreibblockade, einem Quality-Pad, das die Revolution plant und einem Sexroboter mit Erektionsstörungen unterstützt wird. Ach ja, Kiki, eine taffe junge (Menschen)Frau hilft ihm auch…
Wie eingangs erwähnt: die Ideen gefielen mir gut, ich habe an vielen Stellen schmunzeln müssen, war manchmal erschrocken, wie „punktgenau“ auf unsere heutige Zeit die Pointen gesetzt waren… Aber zwischendurch ermüdet auch die beste Satire. Ich hatte den Eindruck, ich müsse nicht über alle Facetten von QualityLand informiert werden, deshalb hätte mir eine Straffung der Ereignisse (und vielleicht eine Halbierung der Seitenzahlen) besser gefallen. Ich wollte zwar gern wissen, wie Peters Kampf um die Rückgabe seines rosafarbenen Delfinvibrators ausgeht, aber der anfängliche Lesespaß verflüchtigte sich leider immer mehr…
Dieses Buch ist sicherlich interessant und als Warnung gedacht, was uns mit der fortschreibenden Digitalisierung geschehen kann, aber hier wäre „weniger mehr gewesen“ – zumindest für mich (oder es entsprach einfach nicht meinen Vorstellungen von Dauer-Humor). Aber eigentlich – und jetzt werde ich wieder zwiespältig, ich weiß - finde ich, dass es sich durchaus lohnt, mal einen Blick in das Buch zu werfen – einfach nur, um QualityLand kennenzulernen!