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Veröffentlicht am 30.01.2018

Ein Ski-Krimi so rasant wie die Kitzbüheler Streif und spannend wie ein Riesenslalom

Mordsschnee
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Marc Gassmann will es noch einmal wissen: Der Ski-Star kämpft um seinen vielleicht letzten Weltcup-Gesamtsieg. Doch als eine Sportjournalistin in einem Luxushotel in St. Moritz ermordet wird, gerät ausgerechnet ...

Marc Gassmann will es noch einmal wissen: Der Ski-Star kämpft um seinen vielleicht letzten Weltcup-Gesamtsieg. Doch als eine Sportjournalistin in einem Luxushotel in St. Moritz ermordet wird, gerät ausgerechnet er in Verdacht, der Täter zu sein. Marc und seiner Freundin Andrea bleibt keine Wahl, als selbst zu ermitteln, um seine Unschuld zu beweisen. Dabei stoßen sie auf einen Skandal, der die gesamte Wintersportwelt erschüttern könnte – und auf einen gefährlichen Mörder...(Klappentext)

❆❆❆❆❆❆❆❆❆❆

Dies ist der 2. Teil der Marc Gassmann-Reihe. Man kann diesen jedoch auch bedenkenlos ohne Vorkenntnisse zum 1. Teil lesen.

"Die Schneekanonen hatten die ganze Nacht auf Hochtouren gearbeitet. Genau wie die Armada von Pistenhelfern und Freiwilligen aus dem Tiroler Unterland. Doch das Resultat war erbärmlich: weicher Sulzschnee.." (S. 7 - Anfang)

Obwohl ich Österreicherin bin und 2 Jahre in Kitzbühel lebte, fahre ich weder selbst Ski, noch schaue ich mir Skirennen im Fernsehen an. Die Skirennen sind mir irgendwie zu langweilig und das mit dem Skifahren und mir war immer eine kleine Hass-Liebe.
Hier jedoch wird der Abfahrtslauf aus der Sicht des Skirennläufers Marc so dermaßen spannend beschrieben, sodass selbst ich die Luft beim Lesen anhielt.

"Etwa fünf Tore lang schien seine Strategie aufzugehen, und er fühlte, wie seine Fahrt runder wurde, wie sich endlich der notwendige Rhythmus einstellte. Doch das Herzstück des Rennens hatte er noch vor sich. Rasend schnell glitt er über die Kante und stach in das steil abfallende Stück der Piste..." (S. 12)

Und mit dieser spannenden Abfahrt beginnt es auch mit der Spannung in diesem Ski-Krimi....

Erzählt wird aus der Sicht von Marc, dem Schweizer Ski-Star und aus der Sicht seiner Freundin Andrea, ehemalige Beamtin der Kantonpolizei in Zürich und nun Privatdetektivin.
Marc, extrovertiert, den Ski-Zirkus liebend und obwohl schon über 33 an der Spitze seiner Ski-Karriere.
Andrea - eher introvertiert mit dem Wunsch, dass Marc sich von seiner Ski-Karriere zurückzieht, um ein bodenständiges Leben zu führen. Nach einem Eifersuchtsstreit fährt Andrea zurück nach Zürich, während sich Marc im Training für den Abfahrts-Weltcup in Sankt Moritz befindet. Während jeder seinen eigenen Gedanken zu ihren Beziehungsproblemen und der Lösung derer nachhängt, wird die Ex-Affäre von Marc, die Sportjournalistin Lara Frey, auf brutalste Weise ermordet.

">>Weil der Mörder - wer immer dieses Schwein auch sein mag - Lara regelrecht abgeschlachtet hat. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie sich nicht selbst umbringen können! Wie denn...ohne Hände?<<...." (S. 52)

Da Marc dabei beobachtet wurde, als er mit Jana in Streit geriet und auch ihre Leiche gefunden hat, ist nun er der Hauptverdächtige und es gibt keinerlei Hinweise die das Gegenteil beweisen könnten. Im Gegenteil, alles scheint auf Marc als Täter hinzudeuten. Keiner scheint ihm zu glauben und so liegt es in den Händen von Andrea den wahren Täter zu finden. Doch nicht nur sie ist auf der Suche nach dem Mörder von Jana.

Jonas, ein 16-jähriger, hochbegabter Junge, der Probleme mit verschiedenen sozialen Interaktionen hat und daher wohl an einer Form des Asperger-Syndroms leidet (dies wird im Roman jedoch nicht explizit erwähnt), möchte den Mörder ebenfalls finden, jedoch aus ganz anderen Gründen.

Die Einblicke in seine Sicht und Gedankenwelt fand ich besonders interessant und genauso spannend wie den Krimi selbst.
Hier wird diese Art des Asperger-Syndroms von den Autoren sehr gut wiedergegeben und dadurch erhält gerade dieser Handlungsstrang besondere Authentizität.

"Es ist verdammt anstrengend, überdurchschnittlich intelligent zu sein...Und ich meine das keineswegs ironisch. Oder arrogant. Hochmut ist eine der sieben Todsünden. Aber hochmütig ist man eben nur dann, wenn man seine eigenen Fähigkeiten nominal überschätzt. Ich in jedoch nachweislich smarter...." (S. 15)

Der Schreibstil ist flüssig und rasant. Der Plot enthält zudem verschiedene Wendungen, in denen immer wieder neue Verdächtige auftauchen. Bis zur Mitte hin wird man als Leser regelrecht animiert mitzurätseln.
Leider kristallisiert sich im Verlauf immer mehr heraus wohin die ganze Geschichte führen soll und hält dadurch keine allzu überraschende Auflösung parat.

Die enthaltene Thematik, welche die Klimaveränderungen auf die Gletscher und das Entgegenwirken der Winter-Tourismus-Branche beinhaltet, regt zusätzlich zum Nachdenken an.
Man erhält Einblicke, wie sehr die Natur unsere Skigebiete gefährdet ist und das es nun wirklich an der Zeit ist etwas dagegen zu unternehmen.
Manchmal sind die technischen Erklärungen und Informationen jedoch mehr als nur ausführlich und lassen somit die Spannung in den Keller rasseln und die Handlung stocken.

Fazit:
Ein überaus rasanter und spannender Ski-Krimi, der selbst mir wieder Lust machte mich auf die Bretter zu stellen. Aber auch zum Nachdenken regt dieser Krimi an.
Die Auflösung hält jedoch keine allzu großen Überraschungen bereit und auch die technischen Ausführungen waren manchmal zu viel des Guten.
Im Großen und Ganzen konnte mich dieser Krimi jedoch wunderbar unterhalten und erhält daher eine absolute Leseempfehlung.
Ski-Fans werden davon begeistert sein und wenn ich mich nicht schon nicht selbst auf die Bretter stellen sollte, dann werde ich zumindest den ersten Teil dieser Reihe nachholen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 20.01.2018

Witze-Krimi voller Klischees und etwas realitätsfern, bekommt erst ab der Mitte die Kurve, aber dafür dann richtig.

Veilchens Winter
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Valerie „Veilchen“ Mauser, hochverdienter Star bei der Wiener Kripo, wird ans LKA in ihrer Tiroler Heimat berufen. Vom Neuanfang im „Heiligen Land“ erhofft sie sich ein einfacheres, ruhigeres Leben. Da ...

Valerie „Veilchen“ Mauser, hochverdienter Star bei der Wiener Kripo, wird ans LKA in ihrer Tiroler Heimat berufen. Vom Neuanfang im „Heiligen Land“ erhofft sie sich ein einfacheres, ruhigeres Leben. Da hat sich Valerie aber böse geschnitten. Gleich am ersten Arbeitstag überträgt ihr der Landesvater höchstpersönlich einen äußerst delikaten Fall. In kürzester Zeit wird Valerie zum Spielball von Politik, Hochfinanz und ausländischem Kapital – in Gestalt eines vor kurzem eingebürgerten Oligarchen und Tiroler Neo-Hoteliers. Ein ungeklärter Todesfall und ein entführtes Kind bringen Valerie gehörig ins Schwitzen – ein mörderisch spannender Fall im gar nicht heiligen Land Tirol!…(Klappentext)

❆❆❆❆❆❆❆❆❆❆

„>>Mama?<<, krähte sie mit sattem Bass. >>Kind, um Himmels willen! Bist du krank?<< Valerie Mauser drehte sich auf die Seite und hustete. (S. 5 – Beginn)

Ich freute mich riesig darauf diesen Alpenkrimi zu lesen. Mal wieder etwas lockeres und witziges. Das es jedoch so „witzig“ wird hätte ich nicht gedacht.

Alles beginnt damit, dass Valerie Mauser, genannt Veilchen, von Wien nach Innsbruck versetzt wird. Gemütliche Leut‘, prachtvolle Berge und eine ruhige Kugel schieben. So hatte sie sich das Ganze zumindest vorgestellt..unser Veilchen. Vielleicht deswegen ein Grund weshalb man sich gleich bei der Antrittsfeier einen so mächtigen Schnapsrausch umhängt, sodass man Filmrisse hat und sich alles erstmal durch den Kopf gehen lassen muss.
In diesem Zustand wird Valerie sogleich vom Landeshauptmann in sein Büro zitiert. Die Hütte brennt, denn die Tochter des millionenschweren russischen Oligarchen wurde entführt und dieser wird nun erpresst. Forderung: 3 Millionen, keine Polizei. Natürlich muss daher alles äußerst diskret ablaufen, ergo wirklich keine Polizei, sowie auch sonst kein Wort zu irgendwem. Veilchen ist auf sich alleine gestellt und muss nun ohne Hilfe die Tochter finden und die Täter dingfest machen. Nur gut, dass man in Tirol als Kriminalbeamtin keiner geregelten Arbeit nachgeht, sondern machen kann was man will, und so beginnt die Jagd nach den Entführern, die vor nichts zurück zu schrecken scheinen. (persönl. Inhaltsangabe)

Man erkennt vielleicht meinen leicht ironischen Unterton und das hat auch seinen Grund, denn so richtig ernst nehmen kann ich diesen Krimi nicht. Gut, vielleicht ist das auch so gewollt, aber ein bisschen Realitätsnähe wäre schon wünschenswert gewesen.

Veilchen, eine der besten Kripo-Beamten, agiert zeitweise weder professionell, logisch noch nachvollziehbar und manche Handlungen und Geschehnisse sind etwas realitätsfern.
Zudem wird hier einiges an Klischees aufgefahren. Sei es der Hansi Hinterseer-Verschnitt von Landeshauptmann, bis hin zu den Tirolern für die jeder ab Salzburg aus dem Balkan zu kommen scheint. Bischt a Tiroler, bischt a Mensch. Bischt koa Tiroler, bischt a Oasch.

Was mich jedoch am meisten störte, war die nicht aufhören wollende und oft überzogen wirkende Komik. Die Handlung wird nämlich immer wieder durch, meiner Meinung nach, übertrieben lustige Gedanken oder Slapstickeinlagen unterbrochen und das leider allzu oft.

„>>Der Groschen war gefallen<< hätte auch allzu abgedroschen geklungen. Noch dazu waren Groschen Geschichte, wie die Schillinge, nur die ‚falschen Fünfziger‘ gab’s noch. Die heißen heute Fuffis. Falsche Fuffis…“ (S. 71)

Danach folgten zwei „normale“ Sätze und dann wieder eine humoristische Einlage. Mit der Zeit hat mich das nur noch genervt, denn die Handlung wollte dadurch so gar nicht voranschreiten. Hinzu kommt dann auch noch das, aus dem Nichts auftauchende, imaginäre Teufelchen Veilchens, welches auf ihrer Schulter sitzt und, wär hätte das gedacht, ebenfalls witzige Sprüche ablässt. Das war für mich einfach too much. Lustiger Schmäh hin oder her, aber alles hat irgendwann seine Grenzen erreicht. Hier geht der Krimi auf Kosten der Witze und des Humors unter (wer hätte gedacht, dass sowas mal aus meinem Mund kommen würde?).

Ab der Mitte, mit dem Auftauchen ihres ehemaligen Kollegen Stolwerk, wird es jedoch besser. Viel besser! Die humoristischen Einlagen wirken nicht mehr so übertrieben und wurden auf ein erträgliches Maß reduziert. Die Dialoge sind pfiffig und auch wirklich zum Schmunzeln.
Auch die Handlung nimmt hier an Fahrt auf und somit auch die Spannung. Am Ende konnte mich der Autor sogar mit einer überraschenden Auflösung begeistern.

Der Schreibstil selbst ist klar und flüssig und auch die Erzählweise, abgesehen von den übertriebenen Komik-Elementen, lädt zum Weiterlesen ein.
Wäre es nur von Anfang an so gewesen…ich wäre vor Begeisterung nicht mehr zu halten gewesen.

Fazit:
Wenn der Krimi von Anfang an so verlaufen wäre, wie von der Mitte an, dann hätte er wohl volle Punktzahl erhalten. So musste ich mich jedoch durch übertriebene und nicht enden wollende humoristische Einlagen kämpfen, welche die Handlung erheblich bremsten und meistens gar nicht so witzig waren. In der ersten Hälfte geht der Krimi also auf Kosten der Witze und Komik komplett unter.
Mit den Klischees hätte ich mich noch anfreunden können (vor allem weil sie gar nicht so weit hergeholt sind), doch an diesen teils nicht nachvollziehbaren und realitätsfernen Handlungen hatte ich schon ein bissl zu knabbern.
Nichtsdestotrotz wird dieser Krimi ab der Hälfte richtig gut -> rasant, spannend, überraschende Wendung. Hier sind auch die Dialoge und so manche Geschehnisse wirklich witzig und zum Lachen. Tja, weniger ist eben oft mehr.
Lesern die auf humoristische Witze-Krimis stehen und es mit der Realität nicht so genau nehmen, kann ich diesen Alpenkrimi ohne Bedenken empfehlen.
Ob ich nun auch den 2. Teil dieser Reihe lesen werde, weiß ich noch nicht. Bin noch etwas hin und her gerissen.
Von mir gibt es zwar eine Leseempfehlung, diese richtet sich jedoch vor allem an die Freunde dieser Art von Krimis.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 19.01.2018

Ein Zeitreise-Thriller der anderen Art - skurril, witzig, spannend, morbid, rasant, direkt, tiefsinnig.

Schmerzflimmern Vol. 2
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Das Ende ist nah!
Was wie das müde Mantra eines Weltuntergangstheoretikers klingt, ist für Gregor tägliche Routine: Bei bloßer Berührung muss er dem Tod eines Menschen in einer detaillierten Vision beiwohnen. ...

Das Ende ist nah!
Was wie das müde Mantra eines Weltuntergangstheoretikers klingt, ist für Gregor tägliche Routine: Bei bloßer Berührung muss er dem Tod eines Menschen in einer detaillierten Vision beiwohnen. Um dem Ursprung dieser Bürde auf den Grund zu gehen, begibt er sich auf die Suche nach seinem leiblichen Vater. Als unterdessen die Stadt von einem mysteriösen Anschlag heimgesucht wird, geht zunächst niemand von einem Zusammenhang aus. Zumindest nicht, bis Gregor selbst ins Fadenkreuz der Terroristen gerät ...
(Klappentext)

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Dies ist der 2. Teil der Schmerzflimmern-Reihe und er schließt nahezu direkt an den 1. Teil "Schmerzflimmern" an. Obwohl meiner Meinung nach nicht unbedingt Vorkenntnisse von Nöten sind, würde ich doch empfehlen zuerst den 1. Teil zu lesen. Nur so kommt man in den absoluten Genuß dieses schrägen Fantasy-Thrillers.

"Er grunzte wütend, während sich seine Zähne in meine Handfläche bohrten. Eigentlich wurden Mitarbeiter der Suchtberatung angewiesen, ihren Patienten nicht die Hand zu geben..." (S. 5 / Beginn)

Auch in "Schmerzflimmern Vol. 2" begleiten wir wieder Gregor, der eine ganz besondere Gabe hat. Bei bloßer Berührung ist er beim Tod desjenigen hautnah mit dabei. Anders als angenommen sind die meisten Tode alles andere als 08/15 und manchmal an Skurrilität nicht zu überbieten. Somit hatte er aber schon genügend Gelegenheiten einen Blick in die Zukunft zu werfen, die für die Menschheit alles andere als rosig aussieht. Gregor selbst sieht diese Gabe eher als Fluch, da sich dadurch für ihn diverse zwischenmenschlichen Beziehungen zu einem Horrortrip gestalten.

"...Was definitiv ein Vorteil war, denn es machte eine Frau in meinen Augen deutlich attraktiver, wenn ich nicht jedes Mal eine Todesvision von ihrem hundert Jahre alten, faltigen Arsch erdulden muss, während sie mir einen runterholte." (S. 14)

Um endlich Klarheit über diesen Fluch zu erhalten, begibt sich Gregor auf die Suche nach seinem ihm unbekannten Vater. Doch dieser Trip entpuppt sich als Supergau schlechthin.
Nicht nur das seine Visionen nicht mehr das sind was sie einmal waren und sich auch das Auftauchen aus diesen Zeitreisen als kompliziert gestaltet, sondern, dass er in diesen Visionen plötzlich von einer mysteriösen Gestalt gesehen werden kann. Und genau diese ist dabei mehrere Anschläge zu verüben.
Wer ist diese Gestalt und was hat Gregor mit dieser zu schaffen und wie kann er sie aufhalten?
Und so beginnt der rasante Road Trip Gregors durch die Zeit.

Es ist schwer diesen Fantasy-Thriller mit nur wenigen Worten zu beschreiben, aber er ist definitiv skurril, spannend, rasant und so anders - auf jeden Fall mit nichts zu vergleichen.
Ebenso kann man diesen Roman nur schwer in eine Genre-Schublade pressen - Fantasy? definitiv, aber auch Pharma-Thriller und Dystopie. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ebenso der Inhalt so viel mehr enthält als nur eine schräge Geschichte. Er ist z.B. gespickt mit makaberen und sarkastischem Humor.

"Ein beißender Gestank verbreitete sich in der Luft, durch die gerade halb verdaute Avocados, zerkaute Pommes aus Freilandhaltung und per Hand selektierte fairtrade-Reiskörner segelten [...] Zumindest achten Hipster darauf, was bei ihren Körpern rein und raus kam." (S. 76)

Es begegnen einem Skurrilitäten am laufenden Band, gleichzeitig ist der Plot rasant und spannend, manchmal auch brutal mit gleichzeitig morbiden Humor...

"Der Baumstamm begrub den armen Typen so ungünstig unter sich, dass dessen kompletter Hals und Unterkiefer vom Gewicht des Holzes zerquetscht wurden. Es wirkte wie ein fehlgeschlagener Versuch einen menschlichen PEZ-Spender zu erschaffen." (S. 27)

..und doch enthält die Geschichte so manches Tiefsinnige.

"..das Einsamkeit nicht zwangsläufig etwas schlechtes sein musste. Sie konnte auch dafür sorgen, dass wir die Schönheit in anderen Dingen besser zu schätzen wussten. Sie sorgte dafür, dass die Nachtluft besser duftet." (S. 15)

Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Erzählweise rasant. Zudem gibt es bei Marc Kemper keine unwichtigen Erwähnungen oder Vorfälle. Jede noch so kleine Handlung, welche anfangs als unwichtig erscheint, oder nur als kurzes Randgeschehen stattfindet, trägt zum Verlauf der Geschichte bei und verläuft mit den größeren Handlungssträngen zu einem großen Ganzen. Einfach nur fix darüberlesen ist hier also nicht.

Mit dem Ende, zumindest mit einer Szene davon, bin ich jedoch alles andere als glücklich.
Die actionreiche Schlußszene wirkt nämlich für mich unglaubwürdig und zu aufgesetzt. Hier ist dann auf einmal alles too much und wirkt daher etwas unpassend zum restlichen Teil des Romans. Das ist aber Meckern auf hohen Niveau und fällt vermutlich nur jemandem auf, der im Berufsalltag mit chirurgischen Instrumenten zu tun hat.

Fazit:
Auch der 2. Teil von Schmerzflimmern ist facettenreich:
Skurrilität trifft auf morbiden Humor und tiefsinnige Gedanken. Fantasy trifft auf Thriller und spannender Plot auf rasanten Schreibstil.
Ein Road Trip nicht nur für den Hauptprotagonisten, sondern auch für den Leser, der erst daraus auftauchen will, wenn das Buch zu Ende ist (ich hab das Buch innerhalb weniger Stunden weginhaliert). Ein Muss für alle die 08/15 satt haben.
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung!

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 14.01.2018

Eine Biographie einer Sennerin in Romanform. Ein Rückblick in alte Zeiten - bewegend, beeindruckend und mit so viel Weisheit.

Harte Tage, gute Jahre
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70 Jahre auf einer Alm in den bayerischen Bergen - die außergewöhnliche Lebensgeschichte einer bemerkenswerten Frau.
Christiane Tramitz erzählt das Leben der Sennerin vom Geigelstein. Es ist eine Geschichte ...

70 Jahre auf einer Alm in den bayerischen Bergen - die außergewöhnliche Lebensgeschichte einer bemerkenswerten Frau.
Christiane Tramitz erzählt das Leben der Sennerin vom Geigelstein. Es ist eine Geschichte vom einfachen Leben im Gleichmaß der Jahreszeiten und in Achtsamkeit vor der Natur und von der Geborgenheit inmitten einer vertrauten Heimat.
Weil sie Liebeskummer hatte, packte die damals siebzehnjährige Bauerntochter Maria Wiesböck aus Samerberg 1941 ihren Rucksack, verließ den väterlichen Bauernhof und stieg auf zur Oberkaser-Alm in den Chiemgauer Alpen. Dort versorgte sie fortan als Sennerin das Vieh und kehrte seitdem nicht einmal in den harten Wintern ins Tal zurück.
Die Alm-Wirtschaft wurde ihr Lebensinhalt. Sie lebte einfach und gesund im Einklang mit der Natur. Nun, am Ende dieses langen Lebens erkennt sie, dass das Vertraute mehr und mehr verschwunden ist. Auch auf der Alm hat das moderne Leben längst Einzug gehalten, und so manches davon bedroht die Natur.
Die Biografie der Sennerin vom Geigelstein entführt die Leser auf eine anrührende Weise in die längst untergegangene Welt der traditionellen Alm-Wirtschaft inmitten einer Natur, die sich die meiste Zeit des Jahres lebensfeindlich zeigt. Dieses Leben ist alles andere als ein Idyll gewesen. Es war voller Entbehrungen und bot dennoch jene Geborgenheit, die wir heute Heimat nennen...
(Klappentext)

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"Die alte Sennerin Mare sitzt auf ihrem Stuhl und lauscht in die Stille. Im Herd zuckt die letzte Flamme, dann wird es finster im Raum. Ist schon die Nacht hereingebrochen?" (Beginn)

Erzählt wird aus der Sicht der über 90-jährigen Mare - einer alten, nun schon leicht dementen, aber immer noch dickköpfigen Sennerin.
In der Gegenwart hat Maren mit ihrem Alter und den Menschen zu kämpfen, welche sie von ihrer geliebten Alm vertreiben wollen. Zu alt, zu schwach und nicht ganz richtig im Kopf sei sie, sagen die Leut'. Die alte Sennerin jedoch, stur wie eh und je, weiß es besser und immer wieder schweifen ihre Gedanken in die Vergangenheit ihres langen und harten Lebens. Und so begleitet der Leser die alte Maren durch ihre Jugend mit der ersten großen Liebe, über ihre Tage als hart arbeitende Sennerin, bis hin zu ihren letzten Tagen. Ein Leben voller Stille und Entbehrungen, manchmal auch Hunger und Einsamkeit. Doch es war ein selbst bestimmtes Leben und sie wollte es nie anders haben, denn auf ihrer Alm war sie glücklich, dort oben war sie frei.

Die Geschichte von Maren wird von der Autorin einfühlsam wiedergegeben, sodass ein bewegendes und vor allem beeindruckendes Portrait einer Frau entsteht, die sich den damaligen Konventionen hinwegsetzte und ein selbst bestimmtes Leben führt, so wie es ihr gefiel.

Der Schreibstil ist flüssig und die Erzählweise packend, hat man doch das Gefühl durch Marens Augen zu blicken und mit ihr in Erinnerungen zu schwelgen.
Mit viel Liebe zum Detail, welche wunderschöne Naturbeschreibungen einschließt, gewinnt diese Biographie in Romanform Authentizität. Vor allem auch durch die im bayrischen Dialekt geführten Dialoge.

"Zur Winterzeit gibt es Tage auf dem Geigelstein, da verschwindet alles, was die Menschen dort geschaffen haben, unter einem großen weißen Teppich, und der Berg ruht still und mächtig wie ehedem." (S. 17)

Auch an Witz und Humor fehlt es nicht, was daran liegt, dass Maren nicht auf den Mund gefallen war und über einen Batzen trockenen Humor verfügte.

">>Schnall di o.<< , >>Des hat's früher net geben, des will i heit a ned<<, sagt Mare und schimpft bis zur nächsten, übernächsten und überübernächsten Kurve über das nervende Klingeln und Blinken des Fahrzeugs, bis sie sich fluchend anschnallt. >>Damit a Ruah is!<<" (S. 101)

Und von der alten Sennerin Mare können wir nebenher noch vieles lernen - nicht immer gleich jammern, gelassener und mutiger sein, das Beste aus jeder Situation machen, sein eigenes Leben leben, ob es den anderen passt oder nicht und hin und wieder auch etwas sturer sein.

Fazit:
Ein bewegender und beeindruckender Rückblick in alte Zeiten aus der Sicht der alten Sennerin Mare.
Diese Biographie in Romanform konnte mich begeistern, vor allem aufgrund der einfühlsamen und würdevollen Charakterzeichnung und der Liebe zum Detail.
Ein Buch welches man immer wieder lesen kann und wobei einem Mare auch jetzt noch so einiges über das Leben beibringen kann. Nicht nur für Berg- und Almliebhaber.
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung und ein Chapeau an die Autorin.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 14.01.2018

Eine Biographie des Lebens mit all seinen Fragen, eingebettet in eine atemberaubende Naturkulisse

Acht Berge
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Eine unerschütterliche Freundschaft. Ein Aufbruch ins Ungewisse. Die Sehnsucht nach Heimat

Wagemutig erkunden Pietro und Bruno als Kinder die verlassenen Häuser des Bergdorfs, streifen an endlosen Sommertagen ...

Eine unerschütterliche Freundschaft. Ein Aufbruch ins Ungewisse. Die Sehnsucht nach Heimat

Wagemutig erkunden Pietro und Bruno als Kinder die verlassenen Häuser des Bergdorfs, streifen an endlosen Sommertagen durch schattige Täler, folgen dem Wildbach bis zu seiner Quelle. Als Männer schlagen die Freunde verschiedene Wege ein. Der eine wird sein Heimatdorf nie verlassen, der andere zieht als Dokumentarfilmer in die Welt hinaus. Doch immer wieder kehrt Pietro in die Berge zurück, zu diesem Dasein in Stille, Ausdauer und Maßhalten. Er ringt mit Bruno um die Frage, welcher Weg der richtige ist. Stadt oder Land? Gehen oder Bleiben? Was zählt wirklich im Leben?

Vor der ehrfurchtgebietenden Kulisse des Monte-Rosa-Massivs schildert Paolo Cognetti mit poetischer Kraft die lebenslange Suche zweier Freunde nach dem Glück. Eine eindringliche archaische Geschichte über die Unbezwingbarkeit der Natur und des Schicksals, über das Leben, die Liebe und den Tod...
(Klappentext)

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Dieser Roman erzählt die Geschichte von zwei Männern die sich schon seit ihrer Kindheit kennen und so grundverschieden wie Tag und Nacht sind. Doch trotzdem, oder gerade deswegen, verbindet sie eine ganz besonders innige Freundschaft. Eine Freundschaft die oft ganz ohne Worte auskommt und über weite Distanzen bestehen bleibt.

Erzählt wird aus der Perspektive von Pietro und somit seine Reise des Erwachsenwerdens - eine Reise auf den verlassenen Tälern des Lebens und immer eng verbunden mit den Bergen und der Freundschaft zu Bruno.
Jeder geht als Erwachsener seiner eigenen Wege, den einen treibt es fort, der andere bleibt. Jeder sucht auf seine Weise sein Glück und seine Bestimmung, doch in den Bergen kommen sie immer wieder zusammen.

Der Schreibstil ist flüssig und die Erzählweise in ruhigen und melancholischen Tönen gehalten. Und trotzdem fesselt die Geschichte und lässt einen immer weiterlesen.
Zudem enthält der Roman atemberaubende Naturbeschreibungen über Gebirgsbäche, Gletscher und Almen, die einem die Liebe zu den Bergen spüren lässt und die Empfindungen einer Besteigung dieser näher bringt.

"Meine Qualen endeten abrupt. Ich überwand eine letzte Steigung, umrundete eine Felsnase und fand mich auf einmal von einem Turm aus Steinen oder einem von Blitzeinschlägen gezeichneten Eisenkreuz wieder. Der Rucksack meines Vaters lag am Boden, und um uns herum war nichts als Himmel..." (S. 43)

Doch dieser Roman enthält so viel mehr als die bloße Geschichte zweier Jungen und ihr Erwachsenwerden. Er enthält eine Biographie des Lebens mit all seinen Fragen, Hürden und Kämpfen. Und obwohl der Schreibstil einfach gehalten wird, besitzt er so viel Poesie, welche sich durch die Berge zum Ausdruck bringt.

"Die Vergangenheit ist das Tal und die Zukunft der Berg [....]. Was auch immer das Schicksal für uns bereithält - es kommt von den Bergen, die über uns emporragen..." (S. 32)

Dies lässt einem selbst so manches im Leben verstehen oder zumindest über so manches nachdenken.

"Denn ein Ort bewahrt immer auch die eigene Geschichte, damit man sie bei jedem Besuch als neue Revue passieren lassen kann. Und solche Berge kann es nur einmal im Leben geben. Im Vergleich dazu sind alle anderen bedeutungslos, sogar der Himalaja" (S. 230)

Man könnte unendlich aus diesem Roman zitieren, dabei träumen, verstehen und nachdenken.

Fazit:
Ein Roman mit wenig Dialogen, vielen Gedanken und Poesie und noch mehr Liebe zu den Bergen.
Eine Geschichte die einen über das Leben nachdenken und manchmal begreifen lässt. Unglaublich schön, unglaublich intensiv.
Absolute Leseempfehlung!

© Pink Anemone