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Veröffentlicht am 27.04.2017

Geschichten über Nachteulen f.Nachteulen - manchmal traurig,berührend,kurios oder einfach um sich nachts nicht mehr ganz so einsam zu fühlen

Nachts
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Es gibt Menschen, die nachts erst richtig zu leben beginnen, wenn draußen alles wie tot ist und sie drinnen auf sich selbst zurückgeworfen sind. Was tun diese Menschen in den Stunden der Nacht? Was hält ...

Es gibt Menschen, die nachts erst richtig zu leben beginnen, wenn draußen alles wie tot ist und sie drinnen auf sich selbst zurückgeworfen sind. Was tun diese Menschen in den Stunden der Nacht? Was hält sie vom Tag fern und zieht sie zur Dunkelheit hin?
In "Nachts" werden sie von einer geheimnisvollen jungen Frau in ihrer Einsamkeit gestört. Sie klingelt an den Türen der Wachenden, sie findet Einlass in ihre Wohnungen, sie trinkt mit ihnen Bier und heißen Apfelsaft und Milch mit Whiskey, sie hört ihnen zu, sie teilt Zigaretten mit ihnen, sie blickt aus dem Fenster mit ihnen. Doch niemals fällt sie ein Urteil über sie.[...]
25 Geschichten über Menschen, die sich dem Lauf der Welt verweigern. Und über eine junge Frau, die sich beharrlich den Abgründen der Nacht stellt....
(Klappentext / verkürzt)

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Ich war schon immer nachtaktiv, schon als Kind, sehr zum Leidwesen meiner Mutter. Die Nacht hat für mich etwas beruhigendes, mystisches und da werde ich erst so richtig wach. Ich liebe die Nacht und ich mag es nachts spazieren zu gehen, zu beleuchteten Fenstern hochzusehen und mir Geschichten über die Menschen dahinter auszudenken oder einfach nur um zu rätseln weshalb diese wohl noch wach sind.
Dieses Buch zeigte mir, dass ich vielleicht gar nicht so plemplem bin wie ich dachte, denn wie ich wandert die Hauptprotagonistin durch die Nacht und sieht zu beleuchteten Fenstern empor. Der einzige Unterschied ist, dass sie diese Leute hinter diesen hellen Fenstern besucht und sich ihre Geschichten anhört.
Diese sind manchmal traurig, berührend oder kurios, aber alle regen in gewisser Weise zum Nachdenken an und es haftet an ihnen eine gewisse Melancholie.

Den Namen der Hauptprotagonistin erfährt man nicht, auch nicht weshalb sie durch die Nacht streift und Schlaflose besucht. Man kann nur vermuten, dass dies aus einer Mischung aus Neugierde, Einsamkeit und aus der Not heraus besteht.
Das Buch liest sich wie ein Tagebuch und besteht aus Aufzeichnungen über ihre Besuche bei den jeweiligen Menschen. Dies passiert auf eine sehr ruhige und wertfrei Art und Weise.
Im Großen und Ganzen sind diese Menschen nur Randfiguren, die für einen kurzen Moment in den Mittelpunkt gerückt werden. Man lauscht einfach nur ihren Geschichten, die so verschieden sind und doch auch wieder viel Gemeinsames aufweisen.
Der Schreibstil ist flüssig, schnörkellos und jugendlich. Der Erzählstil, wie schon erwähnt, ruhig, etwas melancholisch und nachdenklich.

Fazit:
Ein sehr ungewöhnliches Buch welches aus der Masse heraussticht. Ein Buch über Nachteulen (manche freiwillig, andere unfreiwillig) für Nachteulen. Ein Buch, welches man in einer schlaflosen Nacht aus dem Regal zieht, um eine Geschichte zu lesen, um daran erinnert zu werden, dass man nicht der einzige Mensch ist der nachts hellwach ist, jeder Probleme hat, welche einem den Schlaf rauben, oder um sich einfach ein bisschen weniger einsam zu fühlen.
Obwohl wenig passiert, übte dieses Buch einen ganz speziellen Sog auf mich aus, sodass ich es nicht aus den Händen legen konnte und es mich durch einer meiner schlaflosen Nächte begleitete.
Für alle die ungewöhnliche Lektüre mit ruhigen und melancholischen Tönen lieben und/oder Nachteulen, ob einsam oder nicht, ob freiwillig oder unfreiwillig, kann ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen.

Veröffentlicht am 26.04.2017

Spannender Krimi indem das London des frühen 18.Jahrhunderts lebendig wird - m. all seinen stinkenden Gassen und gefährlichem Gesindel.

Der Galgenvogel
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London anno 1728: Der schwefelgelb flackernde Schein rußiger Öllampen, Übelkeit erregender Gestank frisch geleerter Nachttöpfe im Rinnstein, und in den schmalen Gassen das Zischen und Fauchen schwarzer ...

London anno 1728: Der schwefelgelb flackernde Schein rußiger Öllampen, Übelkeit erregender Gestank frisch geleerter Nachttöpfe im Rinnstein, und in den schmalen Gassen das Zischen und Fauchen schwarzer Ratten …
Durch diese Straßen wird ein gut gekleideter junger Mann zum Galgen nach Tyburn geschleppt. Die Menge am Straßenrand nennt ihn einen Mörder. Er versucht ruhig zu bleiben. Sein Name ist Tom Hawkins, und er ist unschuldig. Irgendwie muss er es schaffen, das zu beweisen, bevor der Strick sich um seinen Hals legt.
Natürlich ist alles seine eigene Schuld. Das Leben war gut, nachdem er dem Schuldgefängnis „The Marshalsea“ entronnen war. Er hätte dem gefährlichsten Kriminellen Londons ja nicht erzählen müssen, dass er "auf Abenteuer aus" sei. Er hätte niemals der Mätresse von King George Hilfe anbieten dürfen. Und vor allem hätte er nie der scharfsinnigen und berechnenden Queen Caroline trauen sollen. Sie versprach ihm für sein Schweigen einen königlichen Straferlass – doch letztlich schweigt niemand besser als ein Toter ...
(Klappentext)

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Das ist der 2. Teil der Tom Hawkings-Reihe, welcher getrost auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann.

Dieser historische Kriminalroman spielt im Jahre 1728 - König George II. sitzt auf dem Thron und Königin Caroline zieht aus dem Hintergrund die Fäden. Nicht nur politisch, sondern auch in Bezug auf seine Mätresse Henrietta Howard, welche zugleich auch ihre Kammerzofe ist.
Dieses historische Tatsache ist zwar nicht Hauptbestandteil dieses Krimis, wird von der Autorin jedoch gekonnt in den Plot eingewebt.

Erzählt wird aus der Sicht von Tom Hawkins, seines Erachtens Gentleman, jedoch eher ein humorvoller Spitzbube mit Hang zum Glücksspiel und auch sonst allen Arten von Genüssen nicht abgeneigt. Im Inneren hat er jedoch ein weiches und vor allem großes Herz. Aufgrund seiner großen Klappe und einem leichten Machogehabe zieht er das ein oder andere Mal das Unheil regelrecht an.
Dieses Mal scheint er sein Glück aber überstrapaziert zu haben, denn der Leser begleitet ihn auf seinem Gang zum Galgen - er wurde des Mordes an seinen Nachbarn für schuldig gesprochen.
Währenddessen lässt er die letzten Tage Revue passieren und wie es dazu kam, dass er nun unter Gejohle und Applaus hängen wird...und das auch noch unschuldig. Nur weil er ein Dienstmädchen vor dem Verdacht, ihren Herren auf brutale Weise abgeschlachtet zu haben, beschützen will und das königliche Spiel der Intrigen nicht beherrscht und sich hineinziehen ließ. Doch wer ist nun der wahre Mörder?

Der Schreib- und Erzählstil ist flüssig und fesselnd. Als Leser wird man in das London des frühen 18. Jahrhunderts regelrecht hineinkatapultiert. In das London mit den finsteren und übelriechenden Gassen, mit all seinen Bordellen, Spelunken und Spielhöllen, mit dem ganzen gefährlichem Diebesgesindel und all seiner Doppelmoral.
Dies geschieht auf sehr authentische Art und Weise, sodass man meinen könnte man ist mitten drin, statt nur dabei. Alleine diese bildhafte Atmosphäre macht diesen historischen Kriminalroman lesenswert.
Doch auch der Plot ist hier nicht zu verachten, welcher neben den historischen Einblicken für Tempo und Spannung sorgt und selbst am Ende noch eine überraschende Wendung beinhaltet.

Im Nachwort erfährt man noch Wissenswertes über das Königspaar George II. und Caroline und die Sache mit der Mätresse Henrietta Howard, sowie über die Hinrichtungen, weibliche Gladiatoren, die damalige Sittenpolizei und auch über das berüchtigte Fetisch-Bordell, welches tatsächlich existierte.
Historisch hat hier also alles Hand und Fuß und erinnert mich ein bisschen an die historischen Romane von Rebecca Gablé.

Fazit:
Antonia Hodgson scheint in gewisser Weise die britische Antwort auf Rebecca Gablé zu sein. Nur wird hier das stinkende London des 18. Jahrhunderts behandelt.
Neben dem spannenden Plot konnten mich auch die historischen Einblicke begeistern. Aufgrund des flüssigen und bildhaften Schreibstils liest sich das Buch weg wie nix und ich war traurig als es zu Ende war.
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung und freue mich schon auf den 3. Teil dieser Reihe.

Veröffentlicht am 22.04.2017

Ein Thriller der einem unter die Haut geht und man trotzdem nicht aufhören kann zu lesen. Ein MUSS für jeden Thriller-Fan.

Blutdämmerung
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Nicht zum ersten Mal wird Martin Abel, bester Fallanalytiker des Stuttgarter LKA, nach Köln beordert. Im See am Ginsterpfad wurde von Hobbytauchern eine Leiche entdeckt – eine junge Frau, gekleidet wie ...

Nicht zum ersten Mal wird Martin Abel, bester Fallanalytiker des Stuttgarter LKA, nach Köln beordert. Im See am Ginsterpfad wurde von Hobbytauchern eine Leiche entdeckt – eine junge Frau, gekleidet wie für eine Hochzeit. Und sie war nur die erste. Nun sind es schon fünf - fünf tote Bräute. Was ihnen angetan wurde, ist so verstörend, dass es nicht an die Öffentlichkeit dringen darf ...(Klappentext)

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Dies ist der 2. Teil der Martin Abel-Reihe, kann aber auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

Auch hier hat es der etwas brummige und eigenbrödlerische Fallanalytiker Martin Abel mit einem ganz speziellem Serienmörder zu tun. Sein Modus Operandi - kachektische Teenager-Mädchen die Füße abzutrennen und deren Leichen gut verpackt in den Tiefen eines Sees verschwinden zu lassen. Abels Ziel ist es hinter die Kulissen dieser Art des Handelns zu blicken, um den Täter zur Strecke zu bringen.
Die Zeit drängt, denn der Täter hat bereits sein nächstes Opfer im Visier und fakelt nicht lange, um sich das zu holen was er will und vor allem was er braucht.

Diese Thriller-Reihe besticht dadurch, dass es sich bei Martin Abel nicht um einen 08/15-Ermittler der Polizei handelt. Unser Hauptprotagonist ist Fallanalytiker und versucht sich in die Gedankenwelt seiner Täter hineinzuversetzen. Diese Gedankenwelt ist düster und verstörend und Abel hat dabei seine ganz eigene Methode.
Hilfe erhält er von seiner Lebensgefährtin Hannah Christ, ebenfalls Ermittlerin des Stuttgarter LKA.
Neben der Perspektive der Ermittler, erhält der Leser auch Einblicke in die Sicht des Opfers, aber auch in die des Täters. Hierbei auch in seine Vergangenheit, welche ihn zu dem machte was er jetzt ist - ein morbider Serienkiller mit einem ganz speziellem Fußfetisch.

Zudem hat Martin Abel auch noch mit privaten Problemen zu kämpfen, die immer wieder aufgegriffen werden.
Zugegeben, ich muss solche Privatprobleme von Ermittlern nicht unbedingt haben, um einen Thriller für mich interessant zu machen. Erstens - fast jeder Krimi und Thriller beinhaltet diese Thematik und ist für mich schon etwas ausgelutscht.
Zweitens - dies geschieht oft auf Kosten der Spannung und vor allem auf Kosten des Falls.
Hier hat der Autor es aber geschafft die Spannung konstant hoch zu halten und ich das erste Mal diese Privatgeschichte ebenso mit Spannung verfolgte wie den Fall selbst (das will bei mir was heißen ^^).
Leider hat aber nicht nur unser Fallanalytiker seine privaten Probleme, sondern auch Konrad Greiner, der Erste Hauptkommissar des KK11. Dies fand ich dann doch schon etwas sehr übertrieben an Privatproblemen.
Dies ist jedoch Meckern auf hohem Niveau meinerseits, denn immerhin schaffte es der Autor, sowohl mit seinem flüssigen und bildhaften Schreibstil, als auch mit dem ungemein spannenden und unter die Haut gehenden Plot, mich regelrecht an dieses Buch zu kleben.
Die Auflösung enthält zusätzlich noch eine überraschende Wendung, mit der ich so überhaupt nicht gerechnet hätte. Falsche Fährten legen kann er also auch.

Fazit:
So spannend und schnell verlief mein Nachtdienst schon lange nicht mehr.
Ein durchwegs spannender Thriller, welcher einem auch in die morbide Gedankenwelt des Täters eintauchen lässt und am Ende mit einer nicht erwartete Auflösung überrascht.
Ich konnte und wollte einfach nicht aufhören zu lesen bis der Täter geschnappt ist.
Ein MUSS für jeden Thriller-Fan und daher eine absolute Leseempfehlung meinerseits.

Veröffentlicht am 21.04.2017

Pathopsychologie anhand von Serienkillern - schockierend, erschreckend und nichts für schwache Nerven

Aus der Dunkelkammer des Bösen
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In der Dunkelkammer des Bösen rücken wir ganz nah heran an erstaunliche Verbrechen. Wir treffen auf Killer wie Dr. Holmes, den ersten bekannten Serienmörder der USA. 1893 baute dieser Gaskammer, Krematorium ...

In der Dunkelkammer des Bösen rücken wir ganz nah heran an erstaunliche Verbrechen. Wir treffen auf Killer wie Dr. Holmes, den ersten bekannten Serienmörder der USA. 1893 baute dieser Gaskammer, Krematorium und Präparationstische, um Hunderte von Menschen zu foltern und zu töten.
Wir widmen uns Vergewaltigern, Nekrophilen, Sadisten, Sexualmördern und anderen Tätern. Wir schauen in ihr Innerstes und wir besuchen sie im Knast. Wir fragen uns: Wie entstehen "Monster"? Gibt es kaltblütige Killer wirklich, oder sind sie Opfer der Umstände? Müssen Täter pädophil sein, um sich an Kindern zu vergehen? Was steckt hinter den Fällen Fritzl und Kampusch, und waren das grausige Ausnahmen?...
(Klappentext)

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Zugegeben, der Klappentext im inneren des Buches ist etwas reißerischer als der Inhalt, wobei der Inhalt keineswegs leichte Lektüre enthält. Zudem kommt hier eher Lydia Benecke zu Wort und nur selten der Mikrobiologe selbst. Geschicktes Marketing sage ich da nur.
Nichtsdestotrotz hat mich dieses Buch mehr oder weniger gefesselt. Mehr oder weniger nicht aufgrund fehlender Spannung, sondern da die Thematik alles andere als leichte Kost ist und ich aufgrund dessen hin und wieder Lesepausen einlegen MUSSTE. Nicht nur, um sonst den Glauben in die Menschheit vollends zu verlieren, sondern weil manche Themen wirklich unter die Haut gehen.

Dadurch, dass vor allem Lydia Benecke in diesem Buch das Wort hat, geht es hier nicht, bzw. nur selten, um Blutspuren oder sonstige Materialien die ein Täter hinterlässt, sondern um die Pathopsychologie. Die Diagnosen dazu werden anhand von Serienkillern, Vergewaltigern, etc. aufgezeigt und beschäftigt sich mit den Fragen was einen Psychopathen ausmacht, wie er zu einem werden konnte und was in ihm vorgeht.

Hierbei werden z.B. auch sog. pathopsychologische Bausteine erklärt, welche zur Beurteilung eines "Klienten" verwendet werden. Dafür werden psych. Erkrankungen wie z.B. der Narzissmus grob erklärt und dessen Eigenschaften in Punkte aufgegliedert. Hat ein Mensch fünf der vorhandenen neun Punkte erreicht, hat dieser eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (Übrigens: Trump erhielt nach meinen Berechnungen 8 von 9 Punkten / Erdogan 9 von 9 Punkten; lt. Definition nach Robert Hare zu Psychopathen, sind auch hier beide ganz vorne dabei - dingdingding, wir haben gleich zwei Gewinner; wie beruhigend).
Klingt ziemlich simpel, ist es jedoch nicht, sonst könnte doch jeder Hobbypsychologe (wie ich, anhand von Trump und Erdogan ^^) ein Profiling durchführen.

Es ist interessant hinter die Kulissen zu blicken. Hinter die Kulissen eines Psychologen, aber auch hinter die Kulisse einer Gedankenwelt eines Psychopathen.
Dies geschieht in einem allgemein verständlichen und lockeren Plauderton.

Die Themen umfassen u. A.:
- Hitler Zähne (meiner Meinung nach passte dieses Thema irgendwie nicht so ganz zu den übrigen Themen)
- Pädophilie
- Sexualmörder und Vergewaltiger
- Nekrophilie
- Narzissmus
- Antisoziale und Psychopathen
- Übersinnliche Ermittlungen (Medien)
etc.

Wie schon erwähnt keine leichte Kost und daher nichts für schwache Nerven. Ich fand es jedoch interessant und auch spannend.

Fazit:
Eine Lektüre, die zwar aufgrund der Thematik nicht immer leicht zu lesen ist, mich aber trotzdem fesseln konnte und ich nun auch eine andere Sichtweise kennenlernte.
Ich kann dieses Buch vor allem Lesern empfehlen, die sich bereits mit Pathopsychologie beschäftigen (z.B. Studenten als Begleitlektüre / wenn ich dies gemacht hätte, hätte ich als Diplomarbeit sicher nicht das 08/15 Thema Alkoholismus genommen ^^), oder sich für diese interessieren, da es aufgrund der Fallbeispiele gute Einblicke gewährt, sowohl in die Diagnosen, als auch hinter die Kulissen.
Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung und ich werde wohl auch noch andere Bücher von Lydia Benecke lesen.

Veröffentlicht am 15.04.2017

Erschreckend, ergreifend, traurig und schonungslos, aber gerade deswegen eines der Bücher, welches Aufmerksamkeit verdient!

Im Frühling sterben
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Im Frühling sterben ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich – »Fiete« – Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den ...

Im Frühling sterben ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich – »Fiete« – Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den einen als Fahrer in der Versorgungseinheit der Waffen-SS einsetzt, muss der andere,Fiete, an die Front. Er desertiert, wird gefasst und zum Tod verurteilt, und Walter, dessen zynischer Vorgesetzter nicht mit sich redenlässt steht plötzlich mit dem Karabiner im Anschlag vor seinem besten Freund ...
In eindringlichen Bildern erzählt Ralf Rothmann vom letzten Kriegsfrühjahr in Ungarn, in dem die deutschen Offiziere ihren Männern Handgranaten in die Hacken werfen, damit sie noch angreifen, und die Soldaten in der Etappe verzweifelte Orgien im Angesicht des Todes feiern. Und wir erleben die ersten Wochen eines Friedens, in dem einer wie Walter nie mehr heimisch wird und noch auf dem Sterbebett stöhnt: »Die kommen doch immer näher, Mensch! Wenn ich bloß einen Ort für uns wüsste ...«...
(Klappentext)

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Mein Großvater, dazumals selbst als junger Bursch als letzte Hoffnung an die Front geschickt, hat mir einiges aus dieser Zeit erzählt und ich habe auch schon vieles an Biographien und Geschichtsbücher gelesen, aber es ist immer wieder erschreckend wie brutal und grausam in dieser Zeit agiert und reagiert wurde - selbst in den eigenen Reihen.

In diesem Buch wird die Geschichte von Walter erzählt - ein junger SS-Soldat, der, wie so viele, nichts mit dem Krieg zu tun haben wollte und noch am Ende zwangsrekrutiert wurde, um den erhofften Endsieg doch noch zu erlangen.
Dabei hat er es als Versorgungsfahrer noch mehr oder weniger gut getroffen, da ihm somit die Front erspart blieb.
Man durchlebt mit ihm Fliegeralarme, Bombeneinschläge, die Angst vor dem näherrückenden Iwan, kroteske Besäufnisse, Grausamkeit und Kaltblütigkeit gegenüber sog. Partisanen und selbst in den eigenen Reihen, den Zwang mitmachen zu müssen, um nicht selbst an die Wand gestellt zu werden, etc.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, der Erzählstil schonungslos und ergreifend. Ohne Beschönigung und Glorifizierung wird einem hier die Sicht eines Soldaten beschrieben.
Der Autor schafft es dieses Buch spannend und facettenreich zu gestalten und schlägt auch mal ruhige und nachdenkliche Töne an. So beschreibt dieser Roman nicht nur Gräueltaten, sondern auch was damals Hoffnung, Freundschaft, Kameradschaft und auch Mut bedeuteten.

Durch diesen Roman wird wieder einmal mehr bewusst, dass diese Zeit nicht nur für die sog. "Feinde" und die Zivilbevölkerung grausam und beängstigend war, sondern auch für die Soldaten. Denn viel zu oft wird vergessen, dass nicht alle der Soldaten (egal ob SS oder Wehrmacht) von Hitlers Ideologie überzeugt waren, mit Freuden in den Krieg zogen, Feinde aus dem Weg räumten oder zu Gräueltaten fähig waren.

Dieser Roman ist keineswegs leicht zu lesen, aber welches Buch mit dieser Thematik ist das schon? - egal, ob aus Soldatensicht, aus der Sicht eines jüdischen Überlebenden oder aus der Sicht der Zivilbevölkerung.
Das sollte einem jedoch nicht daran hindern dieses Buch zu lesen, denn nichtsdestotrotz ist dieses Buch gute Literatur die auf jeden Fall Aufmerksamtkeit verdient.

Fazit:
Für schwache Nerven und Mägen ist dieser äußerst authentische Roman nichts und auch mit starken Nerven ist dieser Roman nicht leicht zu lesen - erschreckend, ergreifend, traurig, schonungslos.
Der Autor schafft es trotzdem diese Thematik in einen spannenden Roman zu verpacken. Denn so erschreckend und bedrückend vieles ist, so interessant und aufschlussreich ist es auch.
Dieser Roman ist bis jetzt eines meiner wenigen Lesehighlights dieses Jahres und bekommt daher eine absolute Leseempfehlung