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Veröffentlicht am 15.09.2016

Für Leser zu empfehlen ,die sich f. die Sicht aus d. Täterperspektive interessieren. Schockierend u. verstörend.

Kommandant in Auschwitz
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Im Mai 1940 wurde der damalige SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß mit dem Ausbau des Lagers beauftragt, das er als Kommandat dreieinhalb Jahre lang befehligte. Auschwitz gehörte zu den größten Vernichtungslagern ...

Im Mai 1940 wurde der damalige SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß mit dem Ausbau des Lagers beauftragt, das er als Kommandat dreieinhalb Jahre lang befehligte. Auschwitz gehörte zu den größten Vernichtungslagern des Dritten Reiches und bestand bis zum Januar 1945. Höß wurde zum 2. April 1947 vom polnischen Obersten Volksgericht zum Tode verurteilt und am 16. April 1947 in Auschwitz gehenkt.
Er schildert Entstehung, Organisation und Entwicklung der Konzentrationslager, besonders aber seine Tätigkeit in Auschwitz. Dabei bemüht er sich um Exaktheit und Sachlichkeit; er zeigt sich keineswegs als sadistischer Henkersknecht, sondern vielmehr als ein Mann, der Ordnung und Disziplin liebte, der in der Freizeit als »anständiger« SS-Führer stets beflissen und bereit war, auch den unmenschlichsten Befehl zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten auszuführen.
(amazon.de)

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Inhalt:
Diese Autobiographie unterteilt sich in 3 große Hauptteile:
1. Kindheit, Jugend, Wehrdienst im 1. WK, sowie Höß' "Karriere", Aufstieg und
schließlich seine Verhaftung

2. Plan der Endlösung der Judenfrage (äußerst verstörend)

3. dieser Teil befasst sich mit der Person Himmler, den Rudolf Höß
kennenlernen durfte, als sich dieser das KZ-Auschwitz ansah.


Höß ist ein bürokratischer, disziplinierter, arbeitsamer und äußerst ordnungsliebender Mensch, der alles in korrektester Weise durchführt. Das inkludiert natürlich auch den absoluten Gehorsam gegenüber Hitler und des NS-Regimes.
Zitat Höß: "Härte gegen sich selbst, wie gegen andere" ist sein Leitsatz, daher ist es nicht verwunderlich, dass das Synonym "Arbeit macht frei", welches für den Holocaust steht, auf ihn zurückgeht.
Höß beschreibt die grausamen Details in einem kühlen Beamtendeutsch (ebenfalls für mich äußerst verstörend).
Und doch merkt man, dass er nicht resistent gegenüber dieser Gräueltaten ist und in gewisser Weise darunter gelitten hat, sein ausgeprägtes Pflichtgefühl es ihm aber verbietet groß darüber nachzudenken.

Diese Autobiographie zeigt wie ein Mensch aus reinem Pflichtgefühl gegenüber dem NS-Regimes zum Massenmörder wird.

Fazit:
Ich überlege immer noch, ob man für so ein Buch 5 Sterne vergeben kann.
Dieses Buch ist spannend, fesselnd, sowie auch verstörend und schockierend. Auf keinen Fall eine leichte Kost, da es noch sehr lange nachwirkt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn das "Schlechte Ich" nach Freiheit drängt

Dr. Jekyll und Mr. Hyde
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'Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde' ist eine der berühmtesten Kriminalgeschichten der Weltliteratur, eine spannende Doppelgänger-Erzählung, die bereits Oscar Wildes 'Das Bildnis des Dorian ...

'Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde' ist eine der berühmtesten Kriminalgeschichten der Weltliteratur, eine spannende Doppelgänger-Erzählung, die bereits Oscar Wildes 'Das Bildnis des Dorian Gray' und noch Bret Easton Ellis' 'American Psycho' inspirierte.
Seit seiner Jugend weiß Doktor Jekyll um sein gespaltenes Ich, aber die dunkle Seite hat er zeitlebens verdrängt. Mit Hilfe eines geheimnisvollen Elixiers gelingt es ihm, seine Identität nach Belieben zu wechseln. Doch der mysteriöse Mr. Hyde wird immer mächtiger und droht das Gute zu verschlingen
...


Autor:
Robert Louis Stevenson, geboren 1850 in Edinburgh, schrieb unter anderem Reiseerzählungen, Abenteuerromane und Lyrik. Stevenson starb 1894 im Alter von 44 Jahren auf der Südseeinsel Samoa an einer Hirnblutung.
Weiters berühmte Werke sind z.b.: "Die Schatzinsel", "Entführt", "St. Ives"

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Stellt Euch vor Ihr könntet Eure schmutzigsten Phantasien und Triebe ausleben, die reine Selbstsucht walten lassen, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen, ohne schlechtes Gewissen , weil diese jemand Anderes getan hat.
Stellt Euch vor es gibt eine Droge, mit der Ihr das Tier in Euch entfesseln könnt, die es Euch ermöglicht den verbotenen Trieben freien Lauf zu lassen.

Klingt nach einem modernen Horror- oder Psychothriller, ist aber der berühmte Klassiker "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" aus dem Jahre 1886.

Es wird die innere Zerrissenheit zwischen Gut und Böse und die Sucht nach einer Droge bzw. deren Auswirkung thematisiert. Ein Thema welches auch in der heutigen Zeit immer noch aktuell ist.
Es wird das Szenario beschrieben, wo das "Schlechte Ich" nach Freiheit drängt und die Oberhand gewinnt - Dr. Freud hätte seine Freude damit gehabt.

Die berühmte Geschichte des Dr. Jekyll und Mr. Hyde (wer kennt sie nicht), spielt im viktorianischen London. Einer Zeit des industriellen Umbruchs und der Forschung.
Der Schreibstil ist entsprechend der damaligen Zeit, jedoch nicht altmodisch und flüssig zu lesen. Obwohl der Autor es der Phantasie des Lesers überlässt, welche Triebe Dr. Jekyll in der Gestalt von Mr. Hyde auslebt, ist es spannend zu lesen. Das damalige London wird von Stevenson sehr gut beschrieben und man taucht in diese Zeit ein.
Ein "Thriller" ohne Happy End.

Fazit:
Ein absolut lesenswerter Klassiker, der moderner nicht sein kann. Flüssig zu lesen und trotzdem vieles der Phantasie des Lesers überlassen wird äußerst spannend. Die Phantasie ist immer noch das beste Kopfkino g

Veröffentlicht am 15.09.2016

Geniale schwarze Komödie mit skurrilen Gestalten und einer Rachegöttin die diese Gestalten lenkt. Absolut empfehlenswert!

Der Besuch der alten Dame
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Claire Zachanassian, eine amerikanische Multimillionärin, kehrt in ihr Heimatdorf Güllen zurück, um sich zu rächen: Vor Jahrzehnten hat sie aus dem Dorf fliehen müssen, denn sie bekam ein Kind von Ill, ...

Claire Zachanassian, eine amerikanische Multimillionärin, kehrt in ihr Heimatdorf Güllen zurück, um sich zu rächen: Vor Jahrzehnten hat sie aus dem Dorf fliehen müssen, denn sie bekam ein Kind von Ill, ihrem Geliebten, und dieser Ill hat damals Zeugen bestochen, die beschworen, daß auch sie etwas mit Claire gehabt hätten. Sie bietet der Stadt eine Milliarde, wenn man ihr den noch lebenden Ill tot vor die Füße legt.

Autor:
Friedrich Dürrenmatt wurde als Sohn eines Pfarrers am 5. Januar 1921 im Schweizer Kanton Bern geboren. Dürrenmatt studierte Philosophie und Naturwissenschaften sowie Germanistik in Bern. Außerdem interessierte er sich leidenschaftlich für expressionistische Malerei. Als Autor von Weltgeltung starb er am 14. Dezember 1990 in Neuenburg.

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In dieser tragischen Komödie geht es um Korruption, Versuchung, menschliche Gier und Selbstjustiz.
Eine Kritik an der Wohlstandsgesellschaft in der Geld auch Macht bedeutet.

Die Tragödie äußert sich im Grund des Handelns der reichen, alten Dame. In Jugendjahren wurde ihr übel mitgespielt und machte sie zu dem was sie nun ist - zwar sehr reich, aber immer noch traumatisiert und nicht fähig mit dem Vergangenen abzuschließen.
Zitat: "Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich sie zu einem
Bordell!"
Sie steigt als "Rachegöttin" herab, um den Übeltäter dafür bezahlen zu lassen und manipuliert dafür eine gesamte Gemeinde.
Die Komödie liegt im Handeln der Bürger dieser Gemeinde. Zuerst noch entrüstet über diese ach so üble Bedingung, die dann aber doch der Versuchung des Geldes unterliegen. Jeder der Gemeinde legt auf einmal auf großem Fuß und nimmt Kredite auf, der festen Überzeugung, dass irgendeiner von ihnen den Schuldigen schon um die Ecke bringen wird und somit der Reichtum in der Gemeinde Einzug hält.
Das Bühnenstück wimmelt nur so von lächerlichen, skurrilen Figuren, Lügnern und Betrügern. Man möchte meinen der Übeltäter Ill wäre der einzig Normale in dieser Runde.

Fazit:
Trotzdem es als Bühnenstück geschrieben ist, ist es in einfacher Sprache und flüssig zu lesen.
Ich wurde sehr gut unterhalten und daher für mich absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine gelungene Mischung aus Fiktion und historischem Geschen, die schockiert und noch lange nachwirkt.

Der Tod ist mein Beruf
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Von der Banalität des Bösen Inspiriert vom Tagebuch des Lagerkommandanten Rudolf Höß schrieb Merle diesen ersten Holocaust-Roman aus Tätersicht, der ihn weltberühmt machte. Die einzigartige Psychostudie ...

Von der Banalität des Bösen Inspiriert vom Tagebuch des Lagerkommandanten Rudolf Höß schrieb Merle diesen ersten Holocaust-Roman aus Tätersicht, der ihn weltberühmt machte. Die einzigartige Psychostudie eines Massenmörders aus Gründlichkeit und Gehorsam erschüttert selbst ein halbes Jahrhundert nach ihrem Erscheinen noch in ihrer schonungslosen, banalen Logik.

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Es wird empfohlen dieses Buch als Ergänzung zur Autobiographie "Kommandant in Auschwitz" zu lesen. Dieser Empfehlung kann ich nicht beipflichten.
Dieses vorliegende Buch ist nicht, wie viele fälschlicherweise denken, eine wahrheitsgetreue Biographie des Lagerkommandanten Rudolf Höß, sondern ein Roman.
Der Autor wurde nur vom Tagebuch dieses Lagerkommandanten inspiriert.
Er selbst schreibt:

"Der erste Teil meines Romans ist eine literarische Neuschöpfung des Lebens von Rudolf Höß...."

Es gibt natürlich viele Parallelen, aber auch genauso viel Fiktives (Kindheit, Wechsel in verschiedene KL, etc.)

Nichtsdestotrotz ist dieser Roman eine gelungene Mischung aus Fiktion und historischem Geschehen.
Es wird in einer verstörenden und beängstigenden Weise beschrieben wie so mancher Hitler-Anhänger und vor allem die ausführenden Organe tickten. Viele haben aus Pflichtgefühl zum Führer und aus Autoritätsgläubigkeit alles menschliche abgelegt, nur um die ihnen aufgetragenen Befehle korrekt und zur vollsten Zufriedenheit der Vorgesetzten (und des Führers) durchzuführen.
Der Autor beschönigt nichts! Vor allem die akribische Planung der Judenendlösung wird in grauenhafter Weise beschrieben und lässt einem auch nach Beendigung des Romans nicht mehr los.
Daher ist dieser Roman keineswegs eine leichte Kost und wirkt noch lange nach.

Fazit:
Wenn man einen authentischen Roman aus Tätersicht eines Lagerkommandanten eines KL lesen möchte und keinen schwachen Magen hat, dann ist dieser Roman äußerst lesenswert.
Wenn jemand eine wahrheitsgetreue Biographie von Rudolf Höß sucht, kann ich "Kommandant in Auschwitz: Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß" von Martin Broszat empfehlen. Ebenso verstörend und schockierend.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine tragische Geschichte über Liebe,Hass u. Eifersucht und trotzdem musste ich des Öfteren, aufgrund des Humors und Sarkasmus Hugo's lachen

Der Glöckner von Notre-Dame (Roman)
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Diese Rezension bezieht sich nicht auf die vorliegende Ausgabe, sondern auf die gekürzte Ausgabe aus dem Jahr 1958.
Aus dem Französischen von Arthur von Riha
Illustrationen von Peter Straub
Erschienen ...

Diese Rezension bezieht sich nicht auf die vorliegende Ausgabe, sondern auf die gekürzte Ausgabe aus dem Jahr 1958.
Aus dem Französischen von Arthur von Riha
Illustrationen von Peter Straub
Erschienen im Überreuter-Verlag Wien
In dieser Ausgabe fehlt das gesamte 2. Buch mit den Kapiteln "Die Kirche Notre Dame" und "Paris aus der Vogelschau", d.h. keine architektonischen Ausschweifungen.

Autor:
Victor-Marie Hugo (26. Feb. 1802 - 22. Mai 1885) war ein franz. Schriftsteller, war Royalist und Revolutionär, Rebell in Kunst und Kirche, Reformer in Paris und Repuplikaner im Exil.
Sein Schafen kann teils der Romantik, teils dem Realismus zugeordnet werden. Von ihm bekannt sind vor allem die Werke "Der Glöckner von Notre Dame" (1831) und "Die Elenden" (1862).

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Die Meisten kennen die Geschichte des Glöckners aus verschiedenen Filmadaptionen, aber ich muss ehrlich sagen, dass absolut keine die ursprüngliche Romanhandlung wiedergibt.
Dadurch dürfte die Handlung jedoch trotzdem weitgehend bekannt sein.

Diese, dazumals schon als historischer Roman bezeichnete, Geschichte ist eine Hommage Victor Hugo's an die Kathedrale von Notre Dame. Entscheidende Handlungen spielen in ihr und in anderen Ausgaben wird die gotische Architektur über mehrere Seiten hinweg beschrieben.
Mir blieb das mit dieser Ausgabe (leider) erspart, daher kam bei mir wohl an keinster Stelle dieses Buches Langeweile auf.

Der Roman beinhaltet mehrere Handlungsstränge, in denen wir verschiedene Protagonisten begleiten.
Da wären:
Quasimodo - als Findelkind vor die Stufen der Kathedrale Notre Dame abgelegt, mißgestaltet, taub aufgrund des Glockengeläutes und dadurch auch meistens stumm, jedoch ein herzensguter Mensch.
Dom Claude Frollo - Archidiakon von Notre Dame, ein zu Beginn freundlicher Mensch, der sich Quasimodo's annimmt und sich liebevoll um ihn kümmert, sich jedoch zu einem besessenen, haßerfüllten und frustrierten Pfaffen entwickelt.
Esmeralda - ein hübsches und naives 16-jähriges Mädel, welches bei den Landstreichern und Zigeunern aufwuchs.
Peter Gringoire - ein analphabetischer Dichter und Philosoph, tollpatschig und etwas vertrottelt im Benehmen, der unter skurrilen Umständen Mitglied des Landstreicher- und Zigeunerbundes wird.
Johannes Frollo - Bruder von Dom Claude Frollo und von ihm aufgezogen, als ihre Eltern der Pest zum Opfer fielen. Student mit großer Klappe, immerzu pleite, aber auch genauso oft besoffen und immer in Kneipen und/oder in den Armen einer Dirne anzutreffen.

Die Unglücksgeschichte handelt von der schönen Esmeralda, in die sich sowohl Claude Frollo, als auch Quasimodo verlieben. Esmeralda ist jedoch einem feschen Offizier verfallen. Als sie seinem Werben nachgibt, wird dieser jedoch vom eifersüchtigen Claude mit einem Dolch schwer verletzt. Dieser flüchtet nach dieser Tat und Esmeralda wird der Hexerei, der Unzucht und des Mordes angeklagt und soll gehenkt werden.
Kurz vor der Vollstreckung wird sie von Quasimodo gerettet und in die Kathedrale Notre Dam gebracht. Und eigentlich beginnt ab hier das eigentliche Drama.

Victor Hugo's Schreibstil ist einfach unglaublich genial. Er ist rasant, fesselnd und trieft vor Humor und Sarkasmus (ich habe selten so gelacht und geschmunzelt).
Immer wieder wird die Handlung unterbrochen und Victor Hugo bringt seine Überlegungen und Anschauungen ein. Hierbei kommt seine Kritik gegenüber Gesellschaft und Kirche durch, seine Liebe zur gotischen Architektur und das Mißfallen über die Zerstörung dieser, sowie seine Ängste gegenüber der Buchdruckkunst. Er ist sozialkritisch und nimmt in der Geschichte auch die Prunksucht und Selbstbereicherung, sowie die Freunderlwirtschaft der Großen und Mächtigen aufs Korn.

Das Spätmittelalter und das Leben darin wird von Hugo so bildgewaltig beschrieben, sodass man sich in die engen und schmutzigen Gassen von Paris katapultiert fühlt.

Fazit:
Es gibt wenig Klassiker, die mich so begeistert haben wie Victor Hugo's "Glöckner von Notre Dame". Ich habe gelacht, war traurig und auch schockiert. Es ist spannend, fesselnd und humorvoll geschrieben.
Ein Klassiker, der es wert ist gelesen zu werden und den auch jeder einmal gelesen haben sollte.