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Veröffentlicht am 19.03.2019

Der neue Niven mit dem alten Steven Stelfox ist da und wieder bin ich restlos begeistert.

Kill 'em all
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2017 – die Ära von Trump, Brexit und Fake-News. Zwanzig Jahre sind seit Steven Stelfoxs mörderischem Rundumschlag in Kill Your Friends vergangen. In Gott bewahre trat er noch einmal als unerbittlicher ...

2017 – die Ära von Trump, Brexit und Fake-News. Zwanzig Jahre sind seit Steven Stelfoxs mörderischem Rundumschlag in Kill Your Friends vergangen. In Gott bewahre trat er noch einmal als unerbittlicher Juror der größten amerikanischen Casting-Show in Erscheinung.
Nun, mit siebenundvierzig Jahren genießt er ein geruhsames Jetset-Leben. Wenn er Langeweile hat, verdingt er sich als Berater in der Musikindustrie. Und löst Probleme.
Und sein alter Freund James Trellick, mittlerweile CEO der größten amerikanischen Plattenfirma, hat ein massives Problem: Sein Künstler Lucius Du Pre ist der erfolgreichste Popstar auf Erden. Nun ja, er war der erfolgreichste Popstar auf Erden. Inzwischen ist er ein hoffnungsloser Junkie und unberechenbares Sexmonster. Um die irrsinnigen Vorschüsse wieder einzuspielen, ist eine weltweite Comeback-Tour geplant. Doch dafür müsste er erst wieder in Form kommen. Und es gilt einen Erpressungsversuch abzuwenden - ein Video mit kompromittierenden Szenen, das nie an die Öffentlichkeit gelangen darf....
(Klappentext)

♫♫♫♫♫

"Falls ihr euch in den letzten fünfzehn Jahren den Taliban angeschlossen, in einer Höhle gehaust, Nagelbomben gebaut und Bergziegen penetriert haben solltet, stelle ich mich gerne noch mal kurz vor...."
(S. 10)


Trigger: Sexismus, Rassismus, Pädophilie, Drogen- und Alkoholmissbrauch

Der Oberarsch ist wieder da! Noch geld- und machtgeiler, mit einer Arroganz, die einem regelrecht entgegen springt, mit einem ausgeprägten sexistischem Arschlochgehabe und narzisstischer als Trump. Die Rede ist von Steven Stelfox.
In den 90ern Musik-Manager der über Leichen ging ("Kill your Friends"), 2003 wollte er bei einer Castingshow Jesus persönlich übern Tisch ziehen ("Gott bewahre") und nun, mit 47, genießt er sein Leben mit seinen, mehr oder weniger, hart erarbeiteten Millionen. Doch Geld kann man ja bekanntlich nie genug haben und daher verdient er sich hin und wieder ein kleines Taschengeld hinzu (unter einem sechsstelligen Betrag läuft da natürlich gar nichts). Als Problemlöser, besser gesagt als "Consultant", wenn Deals an Land gezogen werden müssen oder jemand im Showbiz abgesägt werden soll, dann ruft man Stelfox an.

"Stelfox ist, ist James Trellick nicht weit - Rechtsverdreher und Geschäftsführer eines Musiklabels und dieser benötigt nun genau solche Art von Hilfe.
Sein Star ist der erfolgreichste Popstar ever, quasi "The Emperor of Pop". Dieser hat ein massives Drogenproblem, hat abstoßende sexuelle Vorlieben und wird nun erpresst. Das alles gerade kurz vor seiner Comeback-Tour und völlig pleite ist der auch noch. Keine Frage, hier muss einer her der keine Moral kennt und keine Skrupel hat - einer wie Stelfox und dieser hat eine ganz eigene Art mit Problemen dieses Kalibers umzugehen und diese auch zu beseitigen.

Wir lesen hier aus mehreren Perspektiven. Allen voran natürlich aus Stevens Sicht, weiters aus die des problem- und medikamenten-durchgebeutelten Popstar, der Erpresser und aus der Sicht des Anwalts der Erpresser. Man ist also immer auf dem Laufenden. Beim Popstar wird schnell klar auf wen sich Niven hier eingeschossen hat. Auch wenn klar ist, dass es sich hier nicht um Michael Jackson handelt, so entdeckt man doch sehr viele Parallelen, auch wenn diese völlig gegenteilig sind.

"Lucius hatte - das bekam er schon seit Kindheitstagen zu hören - den Gang eines Schwarzen. Er tanzte wie ein Schwarzer. Er sang wie ein Schwarzer. Unglücklicherweise und zu seiner unendlichen Frustration war er von Geburt an weiß.
In den letzten zwanzig Jahren hatte er eine Reihe kostspieliger, gewagter und - in einigen Fällen - überaus unbedachte Operationen über sich ergehen lassen, um diesen Zustand zu korrigieren."
(S. 32)


Das Lucius Du Pre, der besagte Popstar, völlig im Eckt steht, wird ebenso schnell klar. Zu Mißbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten und minderjährigen Jungen, kommt noch ein völlig verkorkstes und vor allem pathologisches Selbstbild hinzu.

Stelfox ist das alles egal. Ihm geht es nur darum, das Problem in den Griff zu bekommen, eine Lösung zu finden und daraus natürlich auch ordentlich Kapital zu schlagen. Doch alles läuft aus dem Ruder und die einzige Frage die er sich dann stellt ist: "Über wieviel Leichen muss ich diesmal gehen?"

"...Ich meine aber auch, dass diese Idioten genau das sind, worauf die Millionen von hirnverbrannten, inzüchtigen, hinterwäldlerischen, arschgesichtigen Yankee-Raver stehen, die Woche für Woche die Clubs von Las Vegas bevölkern, um bei den Sets von Dj Rektalkrebs und MC Kacke-ich-hab-mich-eingeschissen den Verstand zu verlieren."
(S. 48)


Steven ist noch immer der gleiche Arsch so wie wir ihn aus "Kill your friends" und "Gott bewahre" kennen - ein Unsympathler und geldgeiler Wichser ohne Gewissen. Political Correctness - Fehlanzeige und aufgrund der oben genannten Triggerwarnung sind manche Szenen wirklich harter Stoff.
Zwischen mir und diesem Protagonisten besteht so etwas wie eine Hass-Liebe. Ich hasse ihn als Mensch, aber liebe ihn als Protagonisten. Vor allem liebe ich jedoch die populistische Art des Autors uns den Kapitalismus, nicht nur in der Musikindustrie, vor Augen zu halten und das auf seine unvergleichliche Art und Weise - direkt, derb, schockierend, aber auch mit verdammt viel schwarzen Humor und Sarkasmus.

"Lucius Du Pre ist pleite. Aber nicht so pleite, wie ihr das kennt.
Ihr Idioten, die ihr nichts besseres zu tun habt, als auf eurem dämlichen Arsch zu sitzen und ein beschissenes Buch zu lesen."
(S. 53)


Beim Lesen wechseln sich Abscheu und Entsetzen mit Lachen und Spannung mit einem unglaublichen Tempo ab. Unzählige Wendungen halten einem auf Trab, während einem die heutige Gesellschaft und deren Sucht nach Fame und Geld vor die Nase geknallt wird. Das Ende ist absolut abgefahren, lässt einem böse grinsen und gleichzeitig auf eine Fortsetzung hoffen.

Dies ist übrigens der 3. Teil der Stelfox-Reihe, wenn man so will. Jeder Band kann aber durchaus eigenständig gelesen werden. Ich empfehle jedoch zumindest "Kill your Friends" vor dem vorliegenden Buch zu lesen, um in die Stelfox-Welt einzutauchen.

Fazit:
Und wieder lässt mich ein Niven begeistert zurück und wieder kann ich mich nur wiederholen, indem ich sage, dass dieser Autor es einfach drauf hat die Leser zu schockieren, zum Lachen zu bringen und gleichzeitig über unsere kapitalistische Gesellschaft nachzudenken.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 19.03.2019

Interessante Einblicke in historische Kriminalfälle aus Dörfern, sowie in die Geschichte selbst

Tatort Dorf
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Ein Erzbischof wird im Wald erschlagen. Ein Torfstecher findet eine Leiche im Moor. Eine Lehrerin wird von einem Verehrer verfolgt, bis er sie in der Bauernschaftsschule aufspürt und ein Messer zückt. ...

Ein Erzbischof wird im Wald erschlagen. Ein Torfstecher findet eine Leiche im Moor. Eine Lehrerin wird von einem Verehrer verfolgt, bis er sie in der Bauernschaftsschule aufspürt und ein Messer zückt. Von rund 30 historischen Kriminalfällen vom Land berichtet dieses Buch. Der Autor Gisbert Strotdrees, Historiker und Journalist, hat dafür Gerichtsakten, Dorfchroniken und Verhörprotokolle gewälzt. Alle Fälle im Buch haben zweierlei gemeinsam: Sie haben sich auf dem Land, in Dörfern oder Bauernschaften ereignet, und sie sind nicht erdacht, sondern haben sich tatsächlich zugetragen!...(Klappentext)

☠☠☠☠☠

"Unter dem Strich gewähren die Aufzeichnungen des Gogerichtes zur Meest einen Blick auf den Tatort Dorf und lassen in Abgründe blicken:
Abgründe menschlicher Existenz in karger Zeit."
(S. 35)


Von wegen, die wahrhaft grausigen Verbrechen fanden schon dazumal hauptsächlich in den Städten statt. Von wegen, auf der Alm, oder in diesem Fall auf dem Dorf, da gibt's koa Sünd!
Dieses Buch enthält historischer Kriminalfälle aus Dörfern und hierbei handelt es sich keineswegs nur um Diebstahl von Weizen und Hühnern. Mord und Totschlag, Sexualverbrechen und schwerer Raub, kamen damals ebenso in kleinen Gemeinden und Dörfern vor und waren nicht weniger erschütternd als Kriminalfälle in den großen Städten.

Die hier aufgeführten Kriminalfälle beginnen im Jahr 1225, gehen bis 1966 und beschränken sich auf Westfalen. Es beginnt mit der Ermordung des Kölner Erzbischofs am 7. November 1225, man erhält Einblick in Westfalens berühmtesten Mordfall 1783, welcher auch in dem Klassiker "Die Judenbuche" verarbeitet wird, man entdeckt 1922 eine Moorleiche und fandet im Jahr 1966 573 Tage nach Bruno Fabeyer, etc.

In diesen Berichten werden Tat, Motiv, sowie das Strafverfahren beschrieben, wobei dies auf sehr plastische und detailierte Art und Weise geschieht. Man erhält einen kurzen Einblick in die Biographie der Beteiligten und Einsicht in Verhörprotokolle, Ermittlungsakten und Zeitungsberichten. Doch dieses Buch enthält nicht nur Kriminalfälle. Es wird einem einen Blick in den Oldenberger Sachsenspiegel, ein Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert,gewährt, erfährt was es mit so manchen Steinkreuzen auf sich hat oder was an Moorleichen so faszinierend ist.

"Wenn jemand etwas findet und er es leugnet, wenn man danach fragt, ist das Diebstahl. Was ein Mann findet oder Dieben oder Räubern abjagt, soll er seinen Dorfgenossen und in der Kirche bekanntmachen."
(S. 15 - Auszug aus dem Oldenburger Sachsenspiegel)


So manches ist auch äußerst amüsant zu lesen. So durfte man z.B. im Mittelalter auch für Beleidigungen belangt werden. Die Bezeichnungen "Hundsfott" oder "Lümmelschwanz" waren z.B. Beleidigungen schweren Kalibers und wenn man jemandem während eines Streits den blanken Hintern zeigte, war wirklich Schluß mit lustig.

Aufgrund der Aufführung von Dorfchroniken erhält man zusätzlich Einblick in die jeweiligen Dorfgemeinschaften und deren Geschichte, blickt somit quasi hinter die Kulissen.
Durch die chronologische Anordnung sieht und erkennt man gleichzeitig den Wandel der Zeit und die dadurch auftretenden Veränderungen innerhalb der Dorfgesellschaften und die Krisen, welche bestimmte Zeiten mit sich brachten. Es ist also nicht nur ein Buch über historischer Kriminalfälle, sondern es werden einem gleichzeitig die Geschichte selbst näher gebracht.

"Rädern hieß:
Der Verurteilte wurde auf den Boden gelegt, gestreckt und festgepflockt. Dann zerschlug ihm der Henker mit einem scharfkantigen Wagenrad die Gliederknochen.
Der zermarterte Körper wurde dann auf ein anderes Rad gelegt. Die Gliedmaüen wurden dabei wie Flechtwerk durch die Speichen geschoben. Der Delinquent starb nach endlosen Qualen durch Verbluten oder Herzstillstand."
(S. 12)


Dies alles wird in einem flüssigen Schreib-, packenden Erzählstil und leicht verständlich an den Leser gebracht. Wie schon erwähnt werden Taten sehr detailliert beschrieben und diese sollten dann wohl von sensiblen Lesern besser überblättert werden.

Zusätzlich enthält dieses Buch zahlreiche Abbildungen, wie z.B. von Zeitungsausschnitten, Gemälden, Fotographien, oder auch wie eine Tatortskizze aus dem Jahr 1607 aussah. Dies trägt zusätzlich zu einem besseren Verständnis bezüglich der damaligen Zeit bei.

"Die Täter sollten den Bruder des Toten ein Schwert sowie zehn Schillinge geben, für die Versorgung der Kinder des Toten aufkommen sowie >>zum Seelenheil des Toten<< 30 Messen lesen lassen und zwei Wallfahrten unternehmen. Außerdem wurden sie verurteilt >>ein steinernes Kreuz zu setzen vor Albaxen<<, wo die Tat geschehen ist." (S. 30)

Am Ende befindet sich noch ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis, falls man sein Wissen zu einem bestimmten Fall oder allgemein bezüglich Geschichte, vertiefen möchte.

Fazit:
Bezüglich Literatur zu historischen Kriminalfällen war dies mein absolutes Lesehighlight. Man erhält hier nicht nur Einblick in historische Kriminalfälle, sondern auch gleichzeitig in den Wandel der Zeit und somit in die Geschichte, egal ob bezüglich auf die Dorfgesellschaft, die Kriminalistik oder allgemein. Die zahlreichen Abbildungen konnten meine Begeisterung sogar noch toppen und somit war dies ein Sachbuch, welches ich, trotz der Thematik, regelrecht verschlungen habe.

© Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch, Autoren-Info und Link zum Buchprojekt)

Veröffentlicht am 13.03.2019

Erschütternd, sachl. informativ, gut recherchiert und das in einem fesselnden Schreibstil

Kriminalchronik des Dritten Reiches / Serienmörder des Dritten Reiches
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Auch in der vermeintlich fast lückenlos überwachten Diktatur des Dritten Reiches konnten Serienmörder ihr Unwesen treiben. Nach umfangreichen Recherchen legt Wolfgang Krüger nun einen weiteren Band zu ...

Auch in der vermeintlich fast lückenlos überwachten Diktatur des Dritten Reiches konnten Serienmörder ihr Unwesen treiben. Nach umfangreichen Recherchen legt Wolfgang Krüger nun einen weiteren Band zu Mordfällen aus der Zeit des Dritten Reiches vor. Diesmal begibt er sich auf die Spur unheimlicher Serienmörder. Er beschreibt detailliert die Verbrechen des berüchtigten Münchner Triebtäters Eichhorn und des Berliner S-Bahn-Mörders Ogorzow. Er zeichnet aber auch die Vorgehensweise der Dortmunder "Raubmord-GmbH" nach, die Untaten eines Serienmörders am Rande des Schwarzwaldes, die erschütternden Morde eines Melkers, der 1940 innerhalb von drei Wochen die Mark Brandenburg, Magdeburg und das sudetendeutsche Eger heimsuchte, indem er vier kleine Mädchen an sich lockte, sie mißbrauchte und tötete. Schließlich wird der polnische Serienmörder Wignaniec geschildert, der als Fremdarbeiter im westfälischen Osnabrück drei seiner Landsleute ermordete und beraubte...(Klappentext)

☠☠☠☠☠

"Am späten Nachmittag des 24. Mai 1940 spielte auf dem Marktplatz des beschaulichen Städtchens Aken an der Elbe, wenige Kilometer von Dessau gelegen, eine klein Schar von Kindern.
Da trat ein Mann auf die fröhlich herumtollenden Kleinen zu und sprach gezielt ein kleines Mädchen an, nämlich die neunjährige Anni Hellwig."
(S. 165)


Die Zeit des Dritten Reiches ist wahrlich ein schwarzes Kapitel in der Geschichte. Als ob diese Zeit nicht schon grausam genug gewesen wäre, als ob da nicht schon genug Morde im Namen des Führers verübt wurden, gab es trotzdem noch Mörder, welche in dieser Zeit noch zusätzlich für Schrecken sorgten. Serienmörder die ihren krankem Treiben nachgaben und in dem sich rühmenden Überwachungsstaat trotzdem lange Zeit unentdeckt blieben. Manche nutzten die Kriegssituation regelrecht aus und manche kamen aus den eigenen Reihen der SS.

Hier werden sechs Serienmörder vorgestellt, welche von 1933-1945 ihr Unwesen trieben - ihre Taten, die Ermittlungen, sowie das Strafverfahren:

Johann Eichborn, der Frauenmörder von München
August Scheer und August Schulte - Die Dortmunder Raubmord-GmbH
Josef Schäfer - Der Serienmörder aus dem Schwarzwald
Rudolf Zimmermann - der Mädchenmörder der Mark Brandenburg
Paul Ogorzow - Der unheimliche S-Bahn-Mörder von Berlin
Antonin Wignaniec - Der polnische Serienmörder von Osnabrück

In einem für Laien leicht verständlichen und äußerst plastischen Erzählstil, werden Biographie von Täter und Opfer aufgeführt und schließlich die Taten. Man erhält einen äußerst tiefen Einblick in die Ermittlungsarbeit und wie sich diese trotz Entbehrungen und Schwierigkeiten des Krieges gestalteten und am Ende natürlich das Strafverfahren.

"Deutschland befand sich im Kriegszustand, da konnte man sich langwierige Prozeßverfahren nicht mehr leisten. Aus diesem Grunde waren mit Ausbruch des Krieges auch Schwurgerichte abgeschafft worden.
Aburteilungen von Gewaltverbrechen hatten von nun an in der Regel vor einem Sondergericht zu erfolgen."
(S. 58)


Diese Vorstellung von Serienmördern lesen sich aufgrund des flüssigen Schreibstils wie Thriller. Der Autor hat also durchaus Schreibqualitäten eines Krimi-Autors, wenn er sich auch hin und wieder wiederholt und bei den Beschreibungen des Ortes zu sehr ins Detail geht. Doch vor allem wurden diese Kriminalfälle von Anfang bis Ende gut recherchiert. Man erhält auch Einblick in Ermittlungsakten, Verhöre und Zeugenaussagen.

Für schwache Gemüter und sensible Mägen ist dieses Sachbuch jedoch nur bedingt zu empfehlen.
Die Taten werden ebenso detailiert und bildhaft beschrieben , wie auch der Zustand der Leiche. Die Bilder, welche die Fälle begleiten, beinhalten nicht nur Zeitungsausschnitte, Tatort- oder Fahndungsfotos, sondern auch Bilder der Opferleichen bei der Entdeckung, darunter auch die von kleinen Mädchen. Während jetzt manche sicherlich diesbezüglich empört aufschreien und sich fragen, ob das in einem Sachbuch wirklich notwendig ist, habe ich eine andere Sichtweise und frage mich nur wie damals Ermittler mit solch grobkörnigen Bildern arbeiten, bzw. etwas sehen/finden konnten. Man sollte diese Bilder, so erschütternd diese auch sind, also vom forensischen Standpunkt aus betrachten.

"Die Jahre gingen is Land.
Das Saarland kam 1935 wieder ans Deutsche Reich, die Hitler-Diktatur ewann 1936 durch geschickte Propaganda an internationalem Ansehen, als sie die Olympischen Sommer- und Winterspiele ausrichtete, das faschistische Italien überfiel Abessinien, in Spanien brach ein verheerender Bürgerkrieg aus.
In München und Umgebung dagegen setzte sich die Serie der Überfälle auf junge Frauen fort, doch alle Ermittlungen verliefen im Sande."
(S. 26)


Am Ende des Buches befindet sich noch ein Literatur- und Quellenverzeichnis, wobei mich natürlich eher die Bücher interessieren.
Dieses Buch ist ebenso wie das bereits von mir vorgestellte Buch "Historische Serienmörder" aus dem Hause Kirchschlager. Es ist der 2. band der Reihe "Kriminalfälle aus der Zeit des Dritten REiches", kann jedoch, wie alle anderen Bände, eigenständig gelesen werden. Das Verlagshaus Kirchschlager ist allgemein zu Büchern mit dieser Thematik zu empfehlen.

Fazit:
Dieses Buch konnte mich trotz der Thematik fesseln. Es ist gut recherchiert, sachlich informativ, keineswegs reißerisch und lässt den Leser in die dunkle Aera des Dritten Reiches eintauchen und Tätern, wie auch Ermittlern gleichermaßen über die Schultern blicken.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 07.03.2019

Ein tiefsinniger Roman voller Witz, skurriler Figuren und vor allem voller beklemmender und nackter Wahrheit - ein typischer Niven

Gott bewahre
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Kaum hat Gott sich im Himmel eine kleine Auszeit gegönnt und seinem Sohn Jesus Christus die Geschäftsführung überlassen, schon herrscht auf Erden das nackte Chaos. Bürgerkriege, Umweltsünden, Armut, Hassprediger, ...

Kaum hat Gott sich im Himmel eine kleine Auszeit gegönnt und seinem Sohn Jesus Christus die Geschäftsführung überlassen, schon herrscht auf Erden das nackte Chaos. Bürgerkriege, Umweltsünden, Armut, Hassprediger, tödliche Krankheiten, moralischer Verfall und gnadenloser Kommerz, so weit das Auge reicht. Was wurde aus der Menschenliebe und dem einzig wahren Gebot: »SEID LIEB«? Gott denkt nach und findet nur eine Lösung – sein Sohn Jesus muss erneut auf die Erde zurückkehren, um Gutes zu tun. Doch werden die Menschen auf JC hören?...(Klappentext)

✞✞✞✞✞

">>Aber....aber, das sind Tiere da unten. Sie werden den Jungen in Stücke reißen.
Beim letzten Mal war es ja schon schlimm genug. Aber heutzutage?
Dagegen werden die Römer Sozialarbeiter aussehen<<"
(S. 69)


Stellt Euch vor, um Gott und den Himmel ist es ganz anders bestellt als wir bisher dachten, bzw. als uns weis gemacht wurde. Gott ist ein alter Hippie, trinkt gerne Scotch und raucht auch gerne mal einen Joint. Die 10 Gebote sind einzig alleine auf dem Mist von Moses gewachsen, da er mal wieder übertreiben musste und Gott hält von dem ganzen Religionsmist so gar nichts. Gott liebt alle Menschen, egal welcher Farbe oder sexueller Orientierung.
Tja, wenn er gewusst hätte wie sich die Menschheit entwickelt, hätte er wohl keinen Urlaub genommen, um angeln zu gehen und schon gar nicht hätte er alles in die Hände von Jesus gelegt. Dieser zupft lieber mit Jimi Hendrix auf der Gitarre herum und zieht sich dabei einen Joint nach dem anderen rein. Kein Wunder, ist er seit der Sache mit den Römern nicht allzu gut auf die Menschen zu sprechen.
Als Gott 2010 vom Urlaub zurück kommt, trifft ihn fast der Schlag. Was wurde nur aus seiner Welt? Religionskriege, Intoleranz wohin man nur blickt und dieses Fernsehen und die Sucht nach Fame...grauenhaft! Am besten wäre es einen Meteoriten auf diesen Misthaufen von Erde zu werfen und nochmals von vorne anzufangen. Doch Jesus ein weiteres Mal auf die Erde zu schicken, um die Menschen zur Vernunft zu bringen scheint dann doch eine bessere Idee zu sein. Und schwups...wandelt Jesus wieder auf der Erde und versucht Gutes zu verkünden. Als Gitarrist und Sänger einer Indie-Rockband geht das am besten und zwar bei einer so vertrottelten Castingshow, der Millionen von Menschen gebannt folgen.
Seid bereit für die wahre Geschichte und höret auf den Propheten, der ein weiteres Mal seine Jünger um sich schart.

">>Ich sag Ihnen mal was<<, fährt die Frau entrüstet fort.
ICH SAG IHNEN MAL WAS ist in der Regel ein ziemlich guter Indikator dafür, dass man kurz davor steht,
sich einen Haufen Blödsinn anhören zu müssen.
>>Ich bete jeden Morgen und jeden Abend zu unserem Herr....<<
>>Wissen Sie was Lady?<<, seufzt Jesus,
>>Sie können auch jeden Abend einen Hund als Superman verkleiden.
Der kleine Scheißer wird trotzdem nicht herumfliegen und die Welt retten.<<"
(S. 188)


Das Buch ist in 6 Themen-Kapitel unterteilt. Man beginnt im Himmel, blickt dabei hinter die Kulissen und was Gott von all dem hält, dann begleitet man Jesus auf Erden, lernt ihn dabei näher kennen und begibt sich mit ihm und seinen Freunden auf einen abgefahrenen Roadtrip und schließlich in die Welt der Castinshows.
Hierbei treffen John Niven-Leser auf einen bekannten Protagonisten. Wer sonst könnte der macht- und geldgeile Boss der Castingshow sein als Steven Stelfox? Diesen kennen manche bereits aus "Kill your friends". Er ist natürlich immer noch der Arsch wie wir ihn kennen und jetzt stellt Euch vor er trifft auf Jesus.

"Die beiden Männer reichen sich die Hände - Stelfox' Griff ist kalt, unmenschlich, und sehen sich einen Moment lang an:
Stelfox blickt in Augen, blau wie Kornblumen, die auf dem Pazifik treiben.
Jesus dagegen blickt in Augen, die schwarz sind wie das All, bodenlose Löcher des Nichts,
Fledermäuse kreisen in den Brunnen der Pupillen, stürzen in das Vakuum der Seele.
Ein kalter Schauer läuft Jesus über den Rücken. Auch Stelfox empfindet etwas Ungewohntes [...]
Er spürt die Gegenwart eines Widersachers.
(S. 221)


Im nächsten Teil begeben wir uns mit Jesus in das weite flache Land Texas, wo sie Land und eine Ranch kaufen, um als Selbstversorger zu leben und die Welt zumindest dort etwas besser zu machen. Irgendwo muss man ja anfangen. Das so eine Hippie-Kommune im streng konservativen Amerika nicht gern gesehen ist, muss ich wohl nicht erwähnen. Wieder hat Jesus zu kämpfen, wieder läuft alles aus dem Ruder und es droht sich alles zu wiederholen.

John Niven hat mit diesem Buch wieder eine total abgefahrene Story kreiert. Die Werke dieses Autors beinhalten immer Gesellschaftskritik und Milieustudie in einem, doch hier hat er die ganze Menschheit im Visier. Diese kommt hier nicht allzu gut weg. Tja, und recht hat er. Doch wer sonst als Niven kann einem während des Lesens zum Lachen und gleichzeitig zum Nachdenken bringen? Ja, es ist sowohl beklemmend und auch traurig uns Menschen einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Es ist aber auch absolut zum Schreien komisch.


Diese Story enthält so viel Witz und noch viel mehr nackte Wahrheit und einmal mehr wird einem klar, dass ein Meteorit nicht unbedingt die schlechteste Idee wäre.

Der Roman könnte auch als 2. Teil der Stelfox-Reihe gelten, kann jedoch durchaus eigenständig gelesen werden.

Fazit:
Hier liegt wieder ein Niven vor mir, der mich begeistert, aber auch nachdenklich zurück lässt. Kein anderer Autor schafft es Humor, skurrile Figuren und die bittere Wahrheit an den Leser zu bringen wie er. Derb, direkt und doch mit einer Sprachgewalt die einem mitreißt, zum Nachdenken anregt und noch lange nachhallt.
Schottische Literatur vom Feinsten!

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe, John Niven über das Buch, passendem Sound und Autoren-Info)

Veröffentlicht am 27.02.2019

So viel mehr als nur DIY-Projekte und Hygge-Deko

Handmade Hygge
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Die Dänen gehören zu den glücklichsten Menschen auf der Erde. Der Grund dafür ist "Hygge" - die dänische Lebenskunst.
Sich es zu Hause gemütlich zu machen, bei einer Tasse Kakao Wind und Wetter zu trotzen, ...

Die Dänen gehören zu den glücklichsten Menschen auf der Erde. Der Grund dafür ist "Hygge" - die dänische Lebenskunst.
Sich es zu Hause gemütlich zu machen, bei einer Tasse Kakao Wind und Wetter zu trotzen, das Leben zu genießen und sich Zeit zu nehmen für sich selbst und seine Lieben - all das und viel mehr bedeutet "Hygge". Mit diesem Buch hast du es nun selbst in der Hand, "Hygge" in dein Leben zu holen.
In ihm findest du mehr als 40 Näh-, Strick- und Häkelprojekte zum Wohlfühlen. Was kann hyggeliger sein als dein Handarbeitsprojekt, für das du den hektischen Alltag vergisst und in dem du bei einer Tasse Tee ganz versinken kannst? Es geht nicht um Perfektion - das Hauptziel ist "Hygge". Und das Schönste ist: Wenn das Projekt fertig ist, verbreitet es weiterhin "Hygge", noch jahrelang.
Neben den Handarbeitsprojekten bekommst du in kurzen Texten von der in Dänemark lebenden Autorin Carmen Wedeland einen authentischen, stimmungsvollen Einblick in den Hygge-Kosmos...
(Klappentext)

❄❄❄❄❄

"Hygge ist eine Stimmung, eine Situation, sie verbindet Gemütlichkeit, Wohlfühlen, Entspannung und Heimeligkeit."
(S. 6)


Für manche ist der Hygge-Trend schon ein alter Hut, während ich diesen gerade erst für mich entdeckt habe. Das liegt daran, dass bei mir allgemein gerne Trends sang- und klanglos an mir vorbei marschieren. Bei manchen Trends ist das durchaus nicht verkehrt, wie z.B. der Trend von Karottenhosen in Hochwasser-Länge oder die Bücher im Regal nach Farben zu sortieren. Kurz gesagt - Trends sind für mich nicht immer nachvollziehbar und werden daher von mir auch gerne mal ignoriert.

Diesem Hygge-Trend kann ich jedoch durchaus etwas abgewinnen, da dies endlich einmal ein nützlicher Trend ist. Es ist ein Trend, der uns lernt das Leben zu genießen, es zu entschleunigen und mehr auf uns zu achten. Das wir dafür einen Trend aus Dänemark brauchen, welcher bei diesen ein einfaches Lebensgefühl ist, ist zwar in gewisser Weise traurig, aber wenn's hilft kann man nun echt nichts dagegen sagen.

"Hygge ist wunderbar im Winter, sie ist Weihnachtsduft und Schnemmannbauen.
Hygge fühlst du im Frühling, wenn du Ostereier bemalst und Beete anlegst.
Und Hügge schmeckt herrlich im Sommer: nach Grill, nach Bowle und Blumenduft..."
(S. 22)


Das vorliegende Buch ist aus dem Frech-/Topp-Verlag und daher speziell für Selbermacher angelegt. Vor allem für diejenigen, welche gerne die Strick- und Häkelnadeln schwingen und sich hinter der Nähmaschine entspannen. Das Buch beinhaltet 40 (!!) Näh-, Strick- und Häkelprojekte, für Anfänger ebenso, wie auch für Profis.

Zugegeben, wenn man sich als DIY-Anhänger oft im Internet Anregungen holt, stolpert man hin und wieder über Altbekanntes, aber die Aufmachung dieses DIY-Hygge-Buches macht dies allemal wieder wett.
Die Projekte sind nach Wohnraum eingeteilt.
Z. B.: Topflappen und Sitzkissen für die Küche, Decke und Sitzhocker für das Wohnzimmer, Haustierbett und Kissen für das Schlafzimmer, Badematte und Körbchen für das Bad.

Hiebei bekommt man auch gleichzeitig Tipps, wie man diese Räume behaglich gestalten kann. Auch DIY-Anleitung für Kleidung und Accessoires sind vorhanden, wie z.B. für Pullover, Fäustlinge und natürlich Socken. Für die Nähprojekte sind natürlich auch Schnittmusterbögen vorhanden. Die Anleitungen sind übrigens wirklich sehr leicht verständlich beschrieben.

Man erhält hier jedoch nicht nur DIY-Anleitungen, sondern es wird einem zu Beginn auch der Begriff Hygge näher gebracht und wie man dieses dänische Feeling bei sich einziehen lassen kann. Es ist nämlich kein Deko-Trend, sondern wirklich ein Gefühl und bedeutet für jeden etwas anderes. Man wird angeregt, die Einfachheit schätzen zu lernen, dieses Hygge-Gefühl in sich zu entdecken, es zu zelebrieren und zu feiern - individuell und vor allem das ganze Jahr hindurch.

Von Jul bis zum Johannisfeuer, Sommer wie Winter. Es ist also ein Buch, in welchem man das ganze Jahr hindurch schmökern kann.
Was Hygge für die Dänen bedeutet, liest man an den vielen Zitaten, welche ebenfalls ihren Weg in dieses Buch gefunden haben.

">>Hygge lässt sich genauso schwer definieren wie Liebe.
Wir alle wissen, was es ist, aber der Begriff ist so luftig und weit,
dass jeder seine persönliche Erklärung dafür findet.<<"
(Kaj Jessen - S. 101)


Die stimmungsvollen und wunderschönen Bilder machen das Schmökern zusätzlich zu einem wahren Genuß und man kann diese Bilder wunderbar auf sich wirken lassen.

Fazit:
Dieses Buch löst alleine beim Durchblättern schon ein gewissen Hygge-Gefühl in einem aus.
Ich habe schon zwei Projekte daraus nachgemacht - die Untersetzer und die Socken. Da dieses Buch aber noch viele weitere wunderschöne und vor allem auch nützliche Wollprojekte beinhaltet, werde ich sicher noch einiges mehr daraus nachstricken- und häkeln (Nähen ist nicht so mein Ding).
Ich stöbere aber auch immer wieder gerne einfach nur so durch dieses Buch, sei es, um etwas vom Alltagsstress herunterzukommen, indem ich darin schmökere und einfach nur die Bilder betrachte, oder um mein nächstes DIY-Projekt zu planen. Das nächste Projekt wird wohl die kuschelige Strickweste.
Es ist ein Buch für alle Strick- und Häkellieseln und Nähmaschinen-Treter, welche es sich hyggelig machen wollen.

© Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch)