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Veröffentlicht am 19.03.2019

Interessante Einblicke in historische Kriminalfälle aus Dörfern, sowie in die Geschichte selbst

Tatort Dorf
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Ein Erzbischof wird im Wald erschlagen. Ein Torfstecher findet eine Leiche im Moor. Eine Lehrerin wird von einem Verehrer verfolgt, bis er sie in der Bauernschaftsschule aufspürt und ein Messer zückt. ...

Ein Erzbischof wird im Wald erschlagen. Ein Torfstecher findet eine Leiche im Moor. Eine Lehrerin wird von einem Verehrer verfolgt, bis er sie in der Bauernschaftsschule aufspürt und ein Messer zückt. Von rund 30 historischen Kriminalfällen vom Land berichtet dieses Buch. Der Autor Gisbert Strotdrees, Historiker und Journalist, hat dafür Gerichtsakten, Dorfchroniken und Verhörprotokolle gewälzt. Alle Fälle im Buch haben zweierlei gemeinsam: Sie haben sich auf dem Land, in Dörfern oder Bauernschaften ereignet, und sie sind nicht erdacht, sondern haben sich tatsächlich zugetragen!...(Klappentext)

☠☠☠☠☠

"Unter dem Strich gewähren die Aufzeichnungen des Gogerichtes zur Meest einen Blick auf den Tatort Dorf und lassen in Abgründe blicken:
Abgründe menschlicher Existenz in karger Zeit."
(S. 35)


Von wegen, die wahrhaft grausigen Verbrechen fanden schon dazumal hauptsächlich in den Städten statt. Von wegen, auf der Alm, oder in diesem Fall auf dem Dorf, da gibt's koa Sünd!
Dieses Buch enthält historischer Kriminalfälle aus Dörfern und hierbei handelt es sich keineswegs nur um Diebstahl von Weizen und Hühnern. Mord und Totschlag, Sexualverbrechen und schwerer Raub, kamen damals ebenso in kleinen Gemeinden und Dörfern vor und waren nicht weniger erschütternd als Kriminalfälle in den großen Städten.

Die hier aufgeführten Kriminalfälle beginnen im Jahr 1225, gehen bis 1966 und beschränken sich auf Westfalen. Es beginnt mit der Ermordung des Kölner Erzbischofs am 7. November 1225, man erhält Einblick in Westfalens berühmtesten Mordfall 1783, welcher auch in dem Klassiker "Die Judenbuche" verarbeitet wird, man entdeckt 1922 eine Moorleiche und fandet im Jahr 1966 573 Tage nach Bruno Fabeyer, etc.

In diesen Berichten werden Tat, Motiv, sowie das Strafverfahren beschrieben, wobei dies auf sehr plastische und detailierte Art und Weise geschieht. Man erhält einen kurzen Einblick in die Biographie der Beteiligten und Einsicht in Verhörprotokolle, Ermittlungsakten und Zeitungsberichten. Doch dieses Buch enthält nicht nur Kriminalfälle. Es wird einem einen Blick in den Oldenberger Sachsenspiegel, ein Rechtsbuch aus dem 13. Jahrhundert,gewährt, erfährt was es mit so manchen Steinkreuzen auf sich hat oder was an Moorleichen so faszinierend ist.

"Wenn jemand etwas findet und er es leugnet, wenn man danach fragt, ist das Diebstahl. Was ein Mann findet oder Dieben oder Räubern abjagt, soll er seinen Dorfgenossen und in der Kirche bekanntmachen."
(S. 15 - Auszug aus dem Oldenburger Sachsenspiegel)


So manches ist auch äußerst amüsant zu lesen. So durfte man z.B. im Mittelalter auch für Beleidigungen belangt werden. Die Bezeichnungen "Hundsfott" oder "Lümmelschwanz" waren z.B. Beleidigungen schweren Kalibers und wenn man jemandem während eines Streits den blanken Hintern zeigte, war wirklich Schluß mit lustig.

Aufgrund der Aufführung von Dorfchroniken erhält man zusätzlich Einblick in die jeweiligen Dorfgemeinschaften und deren Geschichte, blickt somit quasi hinter die Kulissen.
Durch die chronologische Anordnung sieht und erkennt man gleichzeitig den Wandel der Zeit und die dadurch auftretenden Veränderungen innerhalb der Dorfgesellschaften und die Krisen, welche bestimmte Zeiten mit sich brachten. Es ist also nicht nur ein Buch über historischer Kriminalfälle, sondern es werden einem gleichzeitig die Geschichte selbst näher gebracht.

"Rädern hieß:
Der Verurteilte wurde auf den Boden gelegt, gestreckt und festgepflockt. Dann zerschlug ihm der Henker mit einem scharfkantigen Wagenrad die Gliederknochen.
Der zermarterte Körper wurde dann auf ein anderes Rad gelegt. Die Gliedmaüen wurden dabei wie Flechtwerk durch die Speichen geschoben. Der Delinquent starb nach endlosen Qualen durch Verbluten oder Herzstillstand."
(S. 12)


Dies alles wird in einem flüssigen Schreib-, packenden Erzählstil und leicht verständlich an den Leser gebracht. Wie schon erwähnt werden Taten sehr detailliert beschrieben und diese sollten dann wohl von sensiblen Lesern besser überblättert werden.

Zusätzlich enthält dieses Buch zahlreiche Abbildungen, wie z.B. von Zeitungsausschnitten, Gemälden, Fotographien, oder auch wie eine Tatortskizze aus dem Jahr 1607 aussah. Dies trägt zusätzlich zu einem besseren Verständnis bezüglich der damaligen Zeit bei.

"Die Täter sollten den Bruder des Toten ein Schwert sowie zehn Schillinge geben, für die Versorgung der Kinder des Toten aufkommen sowie >>zum Seelenheil des Toten<< 30 Messen lesen lassen und zwei Wallfahrten unternehmen. Außerdem wurden sie verurteilt >>ein steinernes Kreuz zu setzen vor Albaxen<<, wo die Tat geschehen ist." (S. 30)

Am Ende befindet sich noch ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis, falls man sein Wissen zu einem bestimmten Fall oder allgemein bezüglich Geschichte, vertiefen möchte.

Fazit:
Bezüglich Literatur zu historischen Kriminalfällen war dies mein absolutes Lesehighlight. Man erhält hier nicht nur Einblick in historische Kriminalfälle, sondern auch gleichzeitig in den Wandel der Zeit und somit in die Geschichte, egal ob bezüglich auf die Dorfgesellschaft, die Kriminalistik oder allgemein. Die zahlreichen Abbildungen konnten meine Begeisterung sogar noch toppen und somit war dies ein Sachbuch, welches ich, trotz der Thematik, regelrecht verschlungen habe.

© Pink Anemone (mit vielen Bildern aus dem Buch, Autoren-Info und Link zum Buchprojekt)

Veröffentlicht am 13.03.2019

Leider ein eher weichgespülter David Hunter-Teil

Verwesung
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Das Zimmer ist ein Trümmerhaufen, die junge Frau grausam zugerichtet. Neben der Leiche findet man den Mörder, blutverschmiert: Schon lange steht Jerome Monk im Verdacht, drei junge Frauen getötet zu haben. ...

Das Zimmer ist ein Trümmerhaufen, die junge Frau grausam zugerichtet. Neben der Leiche findet man den Mörder, blutverschmiert: Schon lange steht Jerome Monk im Verdacht, drei junge Frauen getötet zu haben. Als er nun alle vier Morde gesteht, ist niemand überrascht. Doch Monk weigert sich zu verraten, wo er die Leichen vergraben hat. Auch der Einsatz des forensischen Anthropologen, Dr. David Hunter, bringt keine neuen Erkenntnisse.
Acht Jahre später gelingt Monk die Flucht aus dem Zuchthaus. Panik befällt die Anwohner der Gegend. David Hunter versucht, Monk zu stoppen. Doch der kennt sich in der nebligen Einsamkeit des Dartmoor besser aus als jeder andere ...
(Klappentext)

☠☠☠☠☠

"Eins. Zwei. Acht.
Die Ziffern des Zerfalls. In diesem Verhältnis verwesen alle Organismen, ob groß oder klein. An der Luft, im Wasser, unter der Erde. Bei gleichen klimatischen Bedingungen wird eine Leiche im Wasser zweimal so lange brauchen, um zu verwesen, wie eine an der Oberfläche. Unter der Erde wird es achtmal so lange dauern.
Eins. Zwei. Acht.
Eine einfache Formel - und eine unveränderliche Wahrheit."
(S. 9 -Anfang)


Es beginnt alles vor 8 Jahren. In diesem Teil erhalten wir Informationen zum Fall Jerome Monk und wie Dr. David Hunter zu diesem Fall stieß.
Für alle die David Hunter nicht kennen - er ist freiberuflicher forensischer Anthropologe und mittlerweile einer der besten seines Fachs. Dieser wird von Detective Chief Superintendent Simms an einen äußerst unwirtlichen Ort gerufen. Im Dartmoor wurde ein Grab entdeckt und das bedeutet nur eines - es ist möglich endlich ein Opfer des Serienmörders Jerome Monk gefunden zu haben. Dieser verbüßt bereits eine Haftstrafe, doch obwohl er sich zu den Morden an vier Frauen für schuldig bekannte, hat er nie verraten wo er seine Opfer begrub. Man vermutete schon immer, dass das Dartmoor der jeweilige Ort ist, hat jedoch trotz Suche nie auch nur eine Leiche der vier Opfer gefunden.

Der 2. Teil und somit der Hauptteil des Buches katapultiert den Leser in die Gegenwart. Terry Connors, ein alter Bekannter aus früherer Zeit und damals vor 8 Jahren bei der Suche im Dartmoor beteiligt, steht plötzlich vor Hunters Tür und hat eine äußerst unangenehme Nachricht - Jerome Monk ist aus dem Gefängnis geflohen. Kurz darauf meldet sich die damals bei der Grabsuche beteiligte Kriminalpsychologin Sophie mit einer geheimnisvollen Bitte an Hunter. Die Ereignisse überschlagen sich und die Jagd nach dem entflohenen Serienkiller und den Gräbern hat begonnen...doch wer wird hier wirklich gejagt?

"Etwas Rundes und Blasses kam zum Vorschein, das bald als kahler Schädel zu erkennen war. Eine gebeugte Gestalt trat in die Öffnung und sprang, ohne das Trittbrett zu benutzen, heraus.
Dann richtete sie sich auf, und ich sah zum ersten Mal Jerome Monk."
(S. 99)


Im ersten Abschnitt lernen wir die verschiedenen Charaktere kennen und es wird uns ein kleiner Einblick in die Anthropologie und Kriminalbiologie gewährt. Für manche mag das langweilig klingen, doch genau diese speziellen und gut recherchierten Einblicke in diesen teil der Forensik macht die David Hunter-Reihe aus und so zu etwas besonderem unter all den Thrillern.
Weiters befinden wir uns in diesem Teil des Buches kurz vor dem 1. Teil "Die Chemie des Todes" und ist quasi ein kleines Prequel. Fans dieser Reihe wird das besonders freuen, denn hier erhält man Einblick in die Zeit, als Hunters Karriere gerade im Aufschwung war und in sein Leben als Familienvater, ergo in die Zeit bevor seine Frau und Tochter verunglückten und bis zu diesem schicksalhaften Tag.

Die Story hätte wirklich viel bieten können, doch sie scheint ab dem 2. Teil so gar nicht in Fahrt zu kommen. Zusätzlich sind ein paar Logikfehler enthalten, nur wenig Spannung, dafür blasse Charaktere.
Mit der Figur Sophia hatte ich besonders zu kämpfen und ich hätte sie am liebsten die meiste Zeit quer durch das Buch klatschen mögen. Sie verhält sich wie ein kleines trotziges Mädchen, agiert keineswegs kompetent und ihres Berufes entsprechend, ist begriffsstutzig, dickköpfig und ist ständig beleidigt, wenn Hunter (oder egal wer) anderer Meinung ist, baut aber selbst Scheiße am laufenden Band. Wie Hunter diese Person attraktiv finden kann ist mir ein Rätsel.
Die Story wimmelt allgemein nur so von Unsympathlern. David scheint der einzige normal Denkende zu sein.

"Ich folgte ihrem Blick. Keine hundert Meter von uns entfernt stand eine reglose Gestalt und beobachtete uns. Sie schien aus dem Nichts aufgetaucht zu sein." (S. 309)

Einzig der typische Schreib- und Erzählstil von Beckett, welcher durchaus atmosphärisch ist, und die Hoffnung auf einige überraschende Wendungen, hielten mich bei der Stange.
Im letzten Drittel bekommt der Autor und somit die Story, dann doch noch die Kurve und zwar mit diesen von mir erhofften Wendungen. Diese gestalteten die Story dann überaus spannend und ich habe das Buch schließlich in einem Rutsch fertig gelesen. Doch alles in allem ist es ein eher weichgespülter Hunter-Teil.

Fazit:
Von diesem Hunter-Band bin ich etwas enttäuscht, da er sich im Gegensatz zu den Vorgängern alles andere als spannend gestaltete und eine weichgespülte Version davon ist. Logikfehler und Figuren, die das Lesen wahrlich anstrengend machen, ließen mich in den ersten beiden Dritteln nur widerwillig zum Buch greifen. Erst im letzten Drittel flog ich nur so durch die Seiten, wurde überrascht und folgte bis zum Ende gespannt der Handlung.
Der Autor kann es definitiv besser und das ist auch der Grund, der mich gleich zum nächsten Band greifen lässt ... in der Hoffnung, darin wieder einen gewohnten Beckett zu finden.

© Pink Anemone (inkl. Bilder, Leseprobe und Autoren-Info)

Veröffentlicht am 13.03.2019

Erschütternd, sachl. informativ, gut recherchiert und das in einem fesselnden Schreibstil

Kriminalchronik des Dritten Reiches / Serienmörder des Dritten Reiches
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Auch in der vermeintlich fast lückenlos überwachten Diktatur des Dritten Reiches konnten Serienmörder ihr Unwesen treiben. Nach umfangreichen Recherchen legt Wolfgang Krüger nun einen weiteren Band zu ...

Auch in der vermeintlich fast lückenlos überwachten Diktatur des Dritten Reiches konnten Serienmörder ihr Unwesen treiben. Nach umfangreichen Recherchen legt Wolfgang Krüger nun einen weiteren Band zu Mordfällen aus der Zeit des Dritten Reiches vor. Diesmal begibt er sich auf die Spur unheimlicher Serienmörder. Er beschreibt detailliert die Verbrechen des berüchtigten Münchner Triebtäters Eichhorn und des Berliner S-Bahn-Mörders Ogorzow. Er zeichnet aber auch die Vorgehensweise der Dortmunder "Raubmord-GmbH" nach, die Untaten eines Serienmörders am Rande des Schwarzwaldes, die erschütternden Morde eines Melkers, der 1940 innerhalb von drei Wochen die Mark Brandenburg, Magdeburg und das sudetendeutsche Eger heimsuchte, indem er vier kleine Mädchen an sich lockte, sie mißbrauchte und tötete. Schließlich wird der polnische Serienmörder Wignaniec geschildert, der als Fremdarbeiter im westfälischen Osnabrück drei seiner Landsleute ermordete und beraubte...(Klappentext)

☠☠☠☠☠

"Am späten Nachmittag des 24. Mai 1940 spielte auf dem Marktplatz des beschaulichen Städtchens Aken an der Elbe, wenige Kilometer von Dessau gelegen, eine klein Schar von Kindern.
Da trat ein Mann auf die fröhlich herumtollenden Kleinen zu und sprach gezielt ein kleines Mädchen an, nämlich die neunjährige Anni Hellwig."
(S. 165)


Die Zeit des Dritten Reiches ist wahrlich ein schwarzes Kapitel in der Geschichte. Als ob diese Zeit nicht schon grausam genug gewesen wäre, als ob da nicht schon genug Morde im Namen des Führers verübt wurden, gab es trotzdem noch Mörder, welche in dieser Zeit noch zusätzlich für Schrecken sorgten. Serienmörder die ihren krankem Treiben nachgaben und in dem sich rühmenden Überwachungsstaat trotzdem lange Zeit unentdeckt blieben. Manche nutzten die Kriegssituation regelrecht aus und manche kamen aus den eigenen Reihen der SS.

Hier werden sechs Serienmörder vorgestellt, welche von 1933-1945 ihr Unwesen trieben - ihre Taten, die Ermittlungen, sowie das Strafverfahren:

Johann Eichborn, der Frauenmörder von München
August Scheer und August Schulte - Die Dortmunder Raubmord-GmbH
Josef Schäfer - Der Serienmörder aus dem Schwarzwald
Rudolf Zimmermann - der Mädchenmörder der Mark Brandenburg
Paul Ogorzow - Der unheimliche S-Bahn-Mörder von Berlin
Antonin Wignaniec - Der polnische Serienmörder von Osnabrück

In einem für Laien leicht verständlichen und äußerst plastischen Erzählstil, werden Biographie von Täter und Opfer aufgeführt und schließlich die Taten. Man erhält einen äußerst tiefen Einblick in die Ermittlungsarbeit und wie sich diese trotz Entbehrungen und Schwierigkeiten des Krieges gestalteten und am Ende natürlich das Strafverfahren.

"Deutschland befand sich im Kriegszustand, da konnte man sich langwierige Prozeßverfahren nicht mehr leisten. Aus diesem Grunde waren mit Ausbruch des Krieges auch Schwurgerichte abgeschafft worden.
Aburteilungen von Gewaltverbrechen hatten von nun an in der Regel vor einem Sondergericht zu erfolgen."
(S. 58)


Diese Vorstellung von Serienmördern lesen sich aufgrund des flüssigen Schreibstils wie Thriller. Der Autor hat also durchaus Schreibqualitäten eines Krimi-Autors, wenn er sich auch hin und wieder wiederholt und bei den Beschreibungen des Ortes zu sehr ins Detail geht. Doch vor allem wurden diese Kriminalfälle von Anfang bis Ende gut recherchiert. Man erhält auch Einblick in Ermittlungsakten, Verhöre und Zeugenaussagen.

Für schwache Gemüter und sensible Mägen ist dieses Sachbuch jedoch nur bedingt zu empfehlen.
Die Taten werden ebenso detailiert und bildhaft beschrieben , wie auch der Zustand der Leiche. Die Bilder, welche die Fälle begleiten, beinhalten nicht nur Zeitungsausschnitte, Tatort- oder Fahndungsfotos, sondern auch Bilder der Opferleichen bei der Entdeckung, darunter auch die von kleinen Mädchen. Während jetzt manche sicherlich diesbezüglich empört aufschreien und sich fragen, ob das in einem Sachbuch wirklich notwendig ist, habe ich eine andere Sichtweise und frage mich nur wie damals Ermittler mit solch grobkörnigen Bildern arbeiten, bzw. etwas sehen/finden konnten. Man sollte diese Bilder, so erschütternd diese auch sind, also vom forensischen Standpunkt aus betrachten.

"Die Jahre gingen is Land.
Das Saarland kam 1935 wieder ans Deutsche Reich, die Hitler-Diktatur ewann 1936 durch geschickte Propaganda an internationalem Ansehen, als sie die Olympischen Sommer- und Winterspiele ausrichtete, das faschistische Italien überfiel Abessinien, in Spanien brach ein verheerender Bürgerkrieg aus.
In München und Umgebung dagegen setzte sich die Serie der Überfälle auf junge Frauen fort, doch alle Ermittlungen verliefen im Sande."
(S. 26)


Am Ende des Buches befindet sich noch ein Literatur- und Quellenverzeichnis, wobei mich natürlich eher die Bücher interessieren.
Dieses Buch ist ebenso wie das bereits von mir vorgestellte Buch "Historische Serienmörder" aus dem Hause Kirchschlager. Es ist der 2. band der Reihe "Kriminalfälle aus der Zeit des Dritten REiches", kann jedoch, wie alle anderen Bände, eigenständig gelesen werden. Das Verlagshaus Kirchschlager ist allgemein zu Büchern mit dieser Thematik zu empfehlen.

Fazit:
Dieses Buch konnte mich trotz der Thematik fesseln. Es ist gut recherchiert, sachlich informativ, keineswegs reißerisch und lässt den Leser in die dunkle Aera des Dritten Reiches eintauchen und Tätern, wie auch Ermittlern gleichermaßen über die Schultern blicken.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 12.03.2019

Trotz genialem Schreibstil so gar nicht mein Fall - durchgehend psych. labile Figuren mit Null Entwicklung.

Schneepoet
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Ich bin Lukas.
Neunundzwanzig, manisch depressiv und Vollidiot mit Hang zum Exzess, der Schizo-Gespräche mit seinem Karma führt und Tagebuch schreibt.
Bisher bestand mein Leben aus zwei Ländern, zwei Namen, ...

Ich bin Lukas.
Neunundzwanzig, manisch depressiv und Vollidiot mit Hang zum Exzess, der Schizo-Gespräche mit seinem Karma führt und Tagebuch schreibt.
Bisher bestand mein Leben aus zwei Ländern, zwei Namen, einer Menge kreativer Inkompetenz und zu vielen Fehlentscheidungen. Eine davon war, mich von Inga zu trennen. Danach habe ich erfolglos versucht, zu kompensieren, es in achtzehn Jahren nicht geschafft zu haben, ihr zu erzählen, dass ich nicht nur ein paar psychische Probleme, sondern auch noch einen Zwillingsbruder habe ...
(Klappentext)

"Mein Blick geht starr geradeaus, in die Waschmaschine.
Ich fühle mich auch wie im Schleudergang: neunzig Grad Kochwäsche, aber die Gedanken werden trotzdem nicht sauber."
(S. 12)


Luc ist am Boden zerstört. Die Beziehung zu seiner Jugendliebe Inga hat er beendet, da er sich selbst finden, seine Depressionen in den Griff und eine Familienangelegenheit klären muss. Doch ohne Inga fehlt ihm der Halt und er stürzt in ein tiefes Loch. Drogen, Alkohol und Sex bestimmen nun sein Leben. Sein Zwillingsbruder Silas, der ihm fremd geworden ist und zu dem er nun wieder Nähe sucht, macht das ganze auch nicht besser und sein Inneres aufräumen hat er sich ebenfalls leichter vorgestellt. Wird Luc seinen Weg zu sich selbst finden?

Ich hätte beim Lesen des Klappentextes auf mein Bauchgefühl hören sollen, denn dieser Roman war so gar nichts für mich. Ich kann mit Liebesromanen, Gefühlsduselei, Erotik- und Depri-Romanen nämlich prinzipiell nichts anfangen und Bücher aus diesem Genre werden von mir immer mit einem großen Bogen umgangen. "Schneepoet" habe ich jedoch mit inniger Empfehlung und Überschwang geschenkt bekommen und ich dachte: "Na wenn diese Freundin so davon begeistert ist, dann kann es mir doch auch durchaus gefallen." Ich wollte diesen Roman wirklich mögen, stürzte mich also voller Freude darauf, denn auch aufgrund aller weiteren Rezensionen musste es sich hier um einen abgefahrenen Selbstfindungstripp eines Charakters fern von 08/15 handeln und einer Story, welche witzig, fesselnd und tiefsinnig zugleich ist.

Anfangs fand ich die Charaktere und vor allem Luc gelungen, die Story fesselnd und die Gedanken des Protagonisten auch durchaus tiefsinnig, ehrlich und witzig zugleich. Die Autorin schafft es hervorragend die manische Depression und die Gedanken eines Betroffenen in Worte zu fassen, dieser Krankheit ein Bild zu geben und dies mit all ihren verschiedenen Facetten. Luc ist ein Getriebener, entwurzelt, orientierungslos und rastlos, aber doch auf der Stelle tretend, gleichzeitig sich im Kreis drehend und mit einem leeren Kopf voller Gedanken. Dies äußerst sich bei ihm in Panikattacken, Realitätsverweigerung, Drogen- und Alkoholmissbrauch und einer pathologischen BDSM-Beziehung, inklusive Psychospielchen, sprich - die Flucht in Exzesse jeglicher Art, um sich entweder zu spüren oder um sich gar nicht mehr zu spüren. Wie gesagt - hervorragende und vor allem authentische Schilderung.

"Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass mich jemand umarmt, weil ich mich mal wieder nicht mehr echt fühle.
Ich löse mich auf, mein Körper ist freigestellt von sämtlichen bisher bekannten Gesetzen; wattig, schwer, kratzig, durchsichtig."
(S. 30)


Ab der Mitte des Buches wird dieses ständige emotionale Auf und Ab dann aber auch langweilig und nervig. Es ist immer die selbe Leier - Inga-Mimimi, Sex und Exzesse, unterbrochen von ironisch-sarkastischen Gedankengängen, welche das Ganze mit der Zeit auch nicht mehr auflockern konnten und dann ebenfalls nervte.
Wie auch Luc bleibt die Story auf der Stelle kleben und entwickelt sich ebenso wenig weiter wie unser Protagonist - auf der Stelle und orientierungslos im Kreis drehend. Bis zum Ende hin erfolgt keine Entwicklung des Protagonisten, kein Licht am Ende des Tunnels, bis zum Ende hin bedrückend, depressiv-nervend.
Zudem wimmelt die Story von psychisch labilen Figuren und dies ist das was ich ebenfalls zu bemängeln habe. Ich hätte mir zu all diesen kaputten Charakteren einen positiven und ausgleichenden Gegenpol gewünscht, jemanden dem es nicht dreckig geht oder psychisch im Eck' ist. So eine Person sucht man hier jedoch vergeblich.
Dann noch ständig diese Sex-Geschichten. Irgendwann war mir diese Fickerei echt zu viel, selbst um diese Art von Flucht und Exzess begreiflich zu machen.

"Ich wünschte, ich könnte einen Schalter umlegen und die Unvernunft in mir abstellen, vor mir zu flüchten, damit ich mich der Herausforderung des Lebens stelle.
Aber so sehr ich es mir auch wünsche, zu funktionieren, ich tu es nicht.
Meine Gedanken sind schwer wie Zement und verhindern den Aufschwung, den ich bräuchte, um etwas besser zu machen."
(S. 78)


Einzig der Schreib- und Erzählstil der Autorin konnten mich dazu bewegen dieses Buch zu Ende zu lesen. Dies und die Hoffnung auf eine Wendung, bzw. Entwicklung des Charakters Luc. Alle anderen Figuren waren mir im Grunde ziemlich egal. Der Schreibstil ist klar und flüssig, enthält gleichzeitig eine poetische Sprachgewalt und riss mich doch irgendwie mit, sodass ich bis zum Ende durchhielt.

Fazit:
Es mag an meinem Genre-Geschmack liegen, daran, dass ich um Liebes-, Erotik- und Depri-Romane prinzipiell einen großen Bogen mache, aber "Schneepoet" war leider so gar nicht mein Fall.
Das wirklich Faszinierende daran war für mich, wie die Autorin es schafft der manischen Depression ein Gesicht zu geben, diese begreiflich zu machen, inkl. Symptome nach außen. Authentisch und ohne Blatt vor dem Mund, ohne zu beschönigen. Doch alles andere war mir einfach too much and always the same.
Diese Reihe werde ich also nicht weiter verfolgen und nehme nun wieder gehörigen Abstand zu diesem Genre. Es ist einfach nichts für mich.

© Pink Anemone (inkl. Spoiler, Leseprobe und Autoren-Info)

Veröffentlicht am 07.03.2019

Ein tiefsinniger Roman voller Witz, skurriler Figuren und vor allem voller beklemmender und nackter Wahrheit - ein typischer Niven

Gott bewahre
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Kaum hat Gott sich im Himmel eine kleine Auszeit gegönnt und seinem Sohn Jesus Christus die Geschäftsführung überlassen, schon herrscht auf Erden das nackte Chaos. Bürgerkriege, Umweltsünden, Armut, Hassprediger, ...

Kaum hat Gott sich im Himmel eine kleine Auszeit gegönnt und seinem Sohn Jesus Christus die Geschäftsführung überlassen, schon herrscht auf Erden das nackte Chaos. Bürgerkriege, Umweltsünden, Armut, Hassprediger, tödliche Krankheiten, moralischer Verfall und gnadenloser Kommerz, so weit das Auge reicht. Was wurde aus der Menschenliebe und dem einzig wahren Gebot: »SEID LIEB«? Gott denkt nach und findet nur eine Lösung – sein Sohn Jesus muss erneut auf die Erde zurückkehren, um Gutes zu tun. Doch werden die Menschen auf JC hören?...(Klappentext)

✞✞✞✞✞

">>Aber....aber, das sind Tiere da unten. Sie werden den Jungen in Stücke reißen.
Beim letzten Mal war es ja schon schlimm genug. Aber heutzutage?
Dagegen werden die Römer Sozialarbeiter aussehen<<"
(S. 69)


Stellt Euch vor, um Gott und den Himmel ist es ganz anders bestellt als wir bisher dachten, bzw. als uns weis gemacht wurde. Gott ist ein alter Hippie, trinkt gerne Scotch und raucht auch gerne mal einen Joint. Die 10 Gebote sind einzig alleine auf dem Mist von Moses gewachsen, da er mal wieder übertreiben musste und Gott hält von dem ganzen Religionsmist so gar nichts. Gott liebt alle Menschen, egal welcher Farbe oder sexueller Orientierung.
Tja, wenn er gewusst hätte wie sich die Menschheit entwickelt, hätte er wohl keinen Urlaub genommen, um angeln zu gehen und schon gar nicht hätte er alles in die Hände von Jesus gelegt. Dieser zupft lieber mit Jimi Hendrix auf der Gitarre herum und zieht sich dabei einen Joint nach dem anderen rein. Kein Wunder, ist er seit der Sache mit den Römern nicht allzu gut auf die Menschen zu sprechen.
Als Gott 2010 vom Urlaub zurück kommt, trifft ihn fast der Schlag. Was wurde nur aus seiner Welt? Religionskriege, Intoleranz wohin man nur blickt und dieses Fernsehen und die Sucht nach Fame...grauenhaft! Am besten wäre es einen Meteoriten auf diesen Misthaufen von Erde zu werfen und nochmals von vorne anzufangen. Doch Jesus ein weiteres Mal auf die Erde zu schicken, um die Menschen zur Vernunft zu bringen scheint dann doch eine bessere Idee zu sein. Und schwups...wandelt Jesus wieder auf der Erde und versucht Gutes zu verkünden. Als Gitarrist und Sänger einer Indie-Rockband geht das am besten und zwar bei einer so vertrottelten Castingshow, der Millionen von Menschen gebannt folgen.
Seid bereit für die wahre Geschichte und höret auf den Propheten, der ein weiteres Mal seine Jünger um sich schart.

">>Ich sag Ihnen mal was<<, fährt die Frau entrüstet fort.
ICH SAG IHNEN MAL WAS ist in der Regel ein ziemlich guter Indikator dafür, dass man kurz davor steht,
sich einen Haufen Blödsinn anhören zu müssen.
>>Ich bete jeden Morgen und jeden Abend zu unserem Herr....<<
>>Wissen Sie was Lady?<<, seufzt Jesus,
>>Sie können auch jeden Abend einen Hund als Superman verkleiden.
Der kleine Scheißer wird trotzdem nicht herumfliegen und die Welt retten.<<"
(S. 188)


Das Buch ist in 6 Themen-Kapitel unterteilt. Man beginnt im Himmel, blickt dabei hinter die Kulissen und was Gott von all dem hält, dann begleitet man Jesus auf Erden, lernt ihn dabei näher kennen und begibt sich mit ihm und seinen Freunden auf einen abgefahrenen Roadtrip und schließlich in die Welt der Castinshows.
Hierbei treffen John Niven-Leser auf einen bekannten Protagonisten. Wer sonst könnte der macht- und geldgeile Boss der Castingshow sein als Steven Stelfox? Diesen kennen manche bereits aus "Kill your friends". Er ist natürlich immer noch der Arsch wie wir ihn kennen und jetzt stellt Euch vor er trifft auf Jesus.

"Die beiden Männer reichen sich die Hände - Stelfox' Griff ist kalt, unmenschlich, und sehen sich einen Moment lang an:
Stelfox blickt in Augen, blau wie Kornblumen, die auf dem Pazifik treiben.
Jesus dagegen blickt in Augen, die schwarz sind wie das All, bodenlose Löcher des Nichts,
Fledermäuse kreisen in den Brunnen der Pupillen, stürzen in das Vakuum der Seele.
Ein kalter Schauer läuft Jesus über den Rücken. Auch Stelfox empfindet etwas Ungewohntes [...]
Er spürt die Gegenwart eines Widersachers.
(S. 221)


Im nächsten Teil begeben wir uns mit Jesus in das weite flache Land Texas, wo sie Land und eine Ranch kaufen, um als Selbstversorger zu leben und die Welt zumindest dort etwas besser zu machen. Irgendwo muss man ja anfangen. Das so eine Hippie-Kommune im streng konservativen Amerika nicht gern gesehen ist, muss ich wohl nicht erwähnen. Wieder hat Jesus zu kämpfen, wieder läuft alles aus dem Ruder und es droht sich alles zu wiederholen.

John Niven hat mit diesem Buch wieder eine total abgefahrene Story kreiert. Die Werke dieses Autors beinhalten immer Gesellschaftskritik und Milieustudie in einem, doch hier hat er die ganze Menschheit im Visier. Diese kommt hier nicht allzu gut weg. Tja, und recht hat er. Doch wer sonst als Niven kann einem während des Lesens zum Lachen und gleichzeitig zum Nachdenken bringen? Ja, es ist sowohl beklemmend und auch traurig uns Menschen einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Es ist aber auch absolut zum Schreien komisch.


Diese Story enthält so viel Witz und noch viel mehr nackte Wahrheit und einmal mehr wird einem klar, dass ein Meteorit nicht unbedingt die schlechteste Idee wäre.

Der Roman könnte auch als 2. Teil der Stelfox-Reihe gelten, kann jedoch durchaus eigenständig gelesen werden.

Fazit:
Hier liegt wieder ein Niven vor mir, der mich begeistert, aber auch nachdenklich zurück lässt. Kein anderer Autor schafft es Humor, skurrile Figuren und die bittere Wahrheit an den Leser zu bringen wie er. Derb, direkt und doch mit einer Sprachgewalt die einem mitreißt, zum Nachdenken anregt und noch lange nachhallt.
Schottische Literatur vom Feinsten!

© Pink Anemone (inkl. Leseprobe, John Niven über das Buch, passendem Sound und Autoren-Info)