Wir sind so viel mehr als die Summe unserer Teile
Jana, 39, ungeküsstWie oft habe ich mir vorgestellt, in die Vergangenheit reisen zu können, um mein jüngeres Ich in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass später mal alles besser werden wird.
Genau das tut Jana Crämer ...
Wie oft habe ich mir vorgestellt, in die Vergangenheit reisen zu können, um mein jüngeres Ich in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass später mal alles besser werden wird.
Genau das tut Jana Crämer in ihrem neuen Buch; das Konzept von "Jana, 39, ungeküsst" hat mir demnach von Anfang an sehr gefallen.
Und auch wenn der Titel etwas anderes vermuten lässt, so hat das Buch nur am Rande etwas mit romantischen Beziehungen, oder eben dem Fehlen von diesen, zu tun.
Es geht eher um den Weg zu dieser überschaubaren Bestandsaufnahme und erinnert schmerzlich daran, dass Dinge wie ein freundlicher und guter Mensch zu sein, nicht ausreichen, um als akzeptiertes Mitglied unserer Schubladen anbetenden Gesellschaft zu gelten.
Da mich Jana Crämer's Biografie häufig an Dinge aus meinem eigenen Leben erinnert hat, brauchte ich ein paar Momente länger um das Buch zu beenden. Es ist immens tröstend zu wissen, dass, egal was du erlebt hast, es immer mindestens eine Person auf der Welt gibt, die genau das Gleiche durchgemacht hat und dich versteht.
Dass du einfach bloß das Ergebnis dieser Erfahrungen bist und dass es in Ordnung ist, auch mal nicht in Ordnung, sondern absolutes Chaos zu sein.
Das Buch hat sicherlich enormes "Trigger-Potenzial". Es erzählt von Dingen wie Abhängigkeit, Essstörungen, Selbsthass, Mobbing, aber eben auch Akzeptanz, Heilung und Selbstliebe.
Ich persönlich halte nichts davon, gefühlt überall eine Triggerwarnung drauf zu pappen, denn das Leben schickt auch keine solchen Warnungen raus bevor es dir auf die Füße kackt.
Ich bin der Meinung, dass es sehr heilsam sein kann, sich auch mit den dunklen Teilen der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen und das Verdrängen nicht immer der bessere Weg ist. Deswegen habe ich Jana von ihren tiefsten Tiefen bis hin zu ihren höchsten Höhen auch gerne begleitet, muss allerdings sagen, dass sich der Eindruck von "früher war alles mau, heute ist alles wow", den das Buch vermitteln will, für mich nicht wirklich authentisch anfühlt, aber da mag ich mich auch irren.
Alles in allem hat mir an dem Buch irgendwas gefehlt, aber ich kenne Jana Crämer zugegeben auch eher nur vom Hörensagen, und habe mir nur ab und an mal die ein oder andere ihrer Instagram-Storys angeschaut.
Jedenfalls trifft das Buch in Zeiten, in denen vielerorts zur Selbstoptimierung aufgerufen wird, sicherlich einen Nerv; gerade bei jungen Menschen
Es sollte klar sein und respektiert werden, dass jeder Mensch so viel mehr ist als die Summe seiner Teile und jeder von uns sollte sich selbst so viel wert sein, dafür zu sorgen, dass es einem gut geht. Das ist für mich die Definition von Selbstwert und das vermittelt Janas Buch zu einhundert Prozent.