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Veröffentlicht am 18.04.2017

Netter Querschnitt durch das britische Volk

Unter Briten
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Da ich bald für eine Woche nach London fliege, habe ich voller Spannung zu diesem Buch gegriffen, um mehr über meine baldigen Gastgeber zu erfahren. Großbritannien ist wohl im Moment DAS Land der EU, das ...

Da ich bald für eine Woche nach London fliege, habe ich voller Spannung zu diesem Buch gegriffen, um mehr über meine baldigen Gastgeber zu erfahren. Großbritannien ist wohl im Moment DAS Land der EU, das Medien und Politik am meisten beschäftigt. Ihren Titel als kurioses Völkchen haben die Briten wohl spätestens mit Durchsetzung des Brexits erfolgreich verteidigt.

Der Brexit ist jedoch kein Thema in diesem Buch. Christoph Scheunemann ist seit 2012 Großbritannien-Korrespondent des Nachrichtenmagazins "Spiegel" und hat in den letzten Jahren viele Begegnungen gesammelt. In 25 Kapiteln trifft Christoph Scheuermann auf ganz unterschiedliche Menschen, Gruppierungen und Gesellschaftsschichten des Vereinigten Königreichs.

Bereits der Einstieg in das Buch ist wahrhaft (fast) königlich, denn der Autor darf Prince Charles - zusammen mit anderen Journalisten in einem unpersönlichen und distanzierten Rahmen - einen Tag lang begleiten. Weiter geht es mit dem versnobten politischen Nachwuchs der elitären Insel, einer wilden Post-Punk-Band, einem Kate Middleton-Double, ehemaligen Zechbrüdern, Boris Johnson und und und. Hier werden viele verschiedene Themen angeschnitten. Manche behandeln durchaus wichtige und ernste Themen, andere beschäftigen sich mit eher Belanglosem.

Die behandelten Themen sind ganz unterschiedlich, und dementsprechend ist es einfach schwierig, dass man sich für alles gleichermaßen interessiert. Manche Kapitel fand ich sehr interessant, z. B. das über Pfandleiher, Tilda Swinton oder die Schatzsucher in Wales. Manche hingegen fand ich sehr langweilig, z. B. die Kapitel über die Band "Fat White Family", Junggesellinnenabschiede in England oder den Ex-Chefredakteur des "Guardian". Aber Interessen sind verschieden, und was mich nicht vom Hocker reißt, wird so manch anderer vielleicht furchtbar spannend finden.

Ich fand das Buch ein bisschen trist, fast wie das britische Wetter. Ich kann es nicht genau erklären, aber so empfand ich es nunmal beim Lesen. Mir fehlten Witz und Biss. Hier und da blitzte ein bisschen Humor durch, aber im Großen und Ganzen war mir das Buch zu fade und ernst geschrieben. Auch vermisste ich eine emotionale Bindung des Autors zu diesem Land, in dem er immerhin schon ein paar Jahre lebt. Es war nicht so, dass ich die Briten danach wahnsinnig ins Herz geschlossen hatte, ich stand ihnen eher neutral bis gleichgültig gegenüber. Auch wenn hier ein weit gestreuter Querschnitt durch alle Gesellschaftsschichten geboten wird, blieb bei mir das Gefühl zurück, dass Großbritannien nur auf der einen Seite den versnobten Adel und die hochnäsigen Tory-Anhänger hat, und auf der anderen Seite die ganz schrägen Vögel und abgestürzten Typen. Die Wahrheit ist wohl irgendwo dazwischen.

Für Großbritannien-Liebhaber ist dieses Buch bestimmt ein schöner Ausflug durch das Vereinigte Königreich. Der Autor hat viel erlebt und recherchiert. Mich hat das Buch ganz gut unterhalten, aber es hinterlässt bei mir keinen bleibenden Eindruck.

Veröffentlicht am 14.04.2017

Fall 28 um den skurrilen Privatdetektiv Nero Wolfe

Es klingelte an der Tür
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3,5 von 5 Sternen

Rex Stout (1886-1975) war einer der erfolgreichsten Kriminalautoren der USA, der vor allem durch seine Kriminalfälle rund um den Ermittler Nero Wolfe berühmt wurde. "Es klingelte an ...

3,5 von 5 Sternen

Rex Stout (1886-1975) war einer der erfolgreichsten Kriminalautoren der USA, der vor allem durch seine Kriminalfälle rund um den Ermittler Nero Wolfe berühmt wurde. "Es klingelte an der Tür" ist nicht der erste, sondern der 28. Wolfe-Band. Der erste Fall erschien bereits 1934, "The Doorbell Rang" erst 1965. Ich kannte bislang gar keinen Wolfe-Fall, denke aber, dass Vorkenntnisse nicht unbedingt nötig sind. Es werden jedoch Personen und Umstände erwähnt, die man nur aus vorherigen Fällen kennen wird. Hätte ich die Wahl, würde ich bei einer Reihe immer nach der chronologischen Reihenfolge gehen. Ehrlich gesagt war mir aufgrund des Klappentextes auch gar nicht bewusst, dass es sich nicht um den Reihenaufakt handelt. Mir ist auch jetzt nicht ganz klar, wieso der Verlag ganz willkürlich den 28. Band in neuer Übersetzung veröffentlicht. Im Nachwort erfährt man jedoch, dass dies wohl Stouts erfolgreichster Wolfe-Band war, da er damals provozierte und auf der Liste der dem FBI nicht genehmen Schriften landete.

Die Information: "Diese Neuübersetzung bietet dem deutschen Leser erstmals die Möglichkeit, den Autor in seiner ganzen literarischen Qualität zu entdecken." hat mich vermuten lassen, dass es die Bücher vielleicht bislang nur auf Englisch gibt. Das ist jedoch nicht zutreffend, alle Bände wurden auch auf Deutsch veröffentlicht, dieser Band 1968 unter dem Titel "Per Adresse Mörder X". Wer also lieber gleich chronologisch lesen möchte, kann dies auch auf Deutsch tun.

Nero Wolfe ist ein exzentrischer, aber brillianter Privatdetektiv, der nur in Ausnahmefällen das Haus verlässt und sich ansonsten leidenschaftlich der Orchideenzucht und der Kulinarik widmet. Der Roman wird aus Sicht seines Assistenten Archie Goodwin erzählt, der für Wolfe viele Funktionen übernimmt, sowohl am Schreibtisch als auch draußen bei der Ermittlungsarbeit. Er ist gut ausgebildet, kampferprobt und dennoch ein Charmeur.

Für Leser, die eher zu Krimis aus moderner Zeit greifen, ist es wohl etwas ungewöhnlich, dass hier noch ganz klassisch "auf der Straße" ermittelt wird und heutige Selbstverständlichkeiten wie Internet, Handy und modernste Technik (z. B. Abhörtechnik) damals noch keine Rolle spielten. Überhaupt ist das Charmanteste an dem Buch die Zeit, in der es spielt. Damals haben sich die Leute, zumindest die in Wolfes Umfeld, gewählter ausgedrückt und pflegten noch die Regeln der Höflichkeit. Archie ist ein echter Gentleman. Er spricht den Leser direkt an und teilt mit ihm seine Gedanken. Der Humor des Buches ist subtil, und vor allem zwischen Archie und Wolfe kommt es zu so manch (für mich) abstrusem Dialog. Der Sprachstil ist meiner Meinung nach gewöhnungsbedürftig, da der Roman vor über 50 Jahren geschrieben wurde und sich die Figuren auch dementsprechend artikulieren. Man liest sich aber nach und nach ein.

Der Fall an sich ist sehr verzwickt und ich muss zugeben, dass ich manchmal nicht ganz folgen konnte, worüber Wolfe und Archie da eigentlich reden und was genau sie vorhaben. Das FBI spielt eine große Rolle, und von diesem Thema habe ich so gar keine Ahnung. Das hat sich dann ja nach der Lektüre geändert. Es wurde für meinen Geschmack zu viel geredet, aber ich schätze, die verbalen Schlagabtäusche zwischen Wolfe und Archie sind markant für diese Reihe und machen ihren Charme aus. Auf die Lösung des Falles kam ich bis zum Schluss nicht. Ich bin jedoch auch kein versierter Krimileser, sondern schnüffle nur ab und an in diesem Genre herum.

Alles in Allem hat mir das Buch gut gefallen, da der Fall anspruchsvoll und verzwickt war. Es ist jedoch nicht mein bevorzugtes Genre, und deshalb werde ich keine weiteren Bände der Serie lesen, auch wenn ich die beiden Protagonisten durchaus liebenswert fand. Wer aber gerne Krimis liest, vor allem aus älterer Zeit, hat mit Nero Wolfe sicherlich seine wahre Freude.

Veröffentlicht am 09.04.2017

Guter, fachlich fundierter Überblick über den Syrien-Konflikt

Siegen heißt, den Tag überleben
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In keinem Land der Welt wird bzw. wurde vermutlich in den letzten Jahren so heftig gekämpft wie in Syrien. Das Land, aus dem Millionen Menschen unter Einsatz ihres Lebens flüchten, da es für sie in der ...

In keinem Land der Welt wird bzw. wurde vermutlich in den letzten Jahren so heftig gekämpft wie in Syrien. Das Land, aus dem Millionen Menschen unter Einsatz ihres Lebens flüchten, da es für sie in der Heimat keine Zukunft mehr gibt.

Mittlerweile werden auch im Buchhandel immer mehr Flüchtlingsschicksale veröffentlicht. Petra Ramsauers Buch beschäftigt sich nicht (vorrangig) mit Einzelschicksalen, sondern versucht, das große Ganze rund um den Syrien-Konflikt zu umreißen. Als Auslandsreporterin konzentriert sie sich schon seit rund 20 Jahren auf Krisen- und Kriegsberichterstattung aus dem Nahen Osten.

Der Krieg in Syrien ist längst nicht mehr nur ein Kampf zwischen mehreren Kriegsparteien, sondern auch ein gezielter Angriff auf die Zivilbevölkerung. Sie werden systematisch terrorisiert von allen Seiten, gefoltert, getötet oder auch "nur" verwundet, z. B. bei Schießübungen gelangweilter Militärsoldaten.

Während des Lesens habe ich mir das Ganze so vorgestellt: Ein großes Feld, auf dem Zivilisten stehen. Auf der einen Seite ist Assads Regime. Auf einer Seite stehen Rebellen, auf einer Seite der IS. Auf der vierten Seite vielleicht noch ein paar weitere Gruppen Rebellen oder Terroristen, all die vielen Splittergrupen, die noch so mitmischen. Diese bewerfen sich über den Köpfen der Zivilisten hinweg mit Bomben und beschießen sich. Und da die Gruppen sich auch unter die Zivilisten in der Mitte mischen, wird einfach überall gebombt und geschossen. Die Zivilisten haben keine Chance, diesem Wahnsinn zu entgehen. Sie können nur dastehen und hoffen, dass es nicht sie selbst trifft - oder dass es zumindest schnell geht... Sie sitzen in der Hölle und warten aufs Sterben, so wie schon Familienmitglieder, Verwandte und Freunde vor ihnen gestorben sind. So ist auch der Titel "Siegen heißt, den Tag überleben" das traurige Credo der syrischen Bevölkerung. Auch das herzzerreißende Cover, auf dem Männer Babies durch Trümmer tragen, verdeutlicht die Unbarmherzigkeit dieses Krieges.

Das Buch ist an und für sich sehr gut und detailliert ausgearbeitet. Es bietet einen Einblick in die Konflikte in diesem Land, wie sie entstanden, sich entwickelten, welche Parteien kämpfen und welche Auswirkungen dies für das Land und die Bevölkerung bis heute hat. Aber mitunter fiel es mir wirklich schwer, Frau Ramsauers Ausführungen zu folgen und den Überblick zu behalten. Dies liegt nicht unbedingt an der Autorin. Dieser Konflikt ist auch einfach - meiner Meinung nach - wahnsinnig kompliziert, und ich frage mich manchmal, ob die Kämpfer selbst noch wissen, wofür und wogegen sie eigentlich kämpfen... Es wäre jedoch bei dieser komplexen Thematik hilfreich gewesen, das Buch mit "Hilfsmitteln" auszustatten. Eine Karte, die die Aufteilung des Landes zeigt, die wichtigsten Orte, die erwähnt werden. Eine Zeittafel mit den wichtigsten Ereignissen. Eine Übersicht über die verschiedenen Gruppierungen und ihre Ziele. Dies habe ich leider schmerzlich vermisst.

Es ist ein Sachbuch mit niveauvoller Sprache, das dem Leser auch dementsprechend Aufmerksamkeit abverlangt. Einfach mal so abends im Bett ein bisschen schmökern ist hier eher nicht drin. Zumal die Thematik auch keine leichte Kost ist und man vielleicht nicht gerade mit diesen unschönen Schilderungen im Hinterkopf sanft einschlummern möchte. Ich habe das Buch deshalb über Wochen hin portioniert. Aber ich kenne auch Leute, die es in einem Rutsch gelesen haben. Ich denke, das ist stimmungsabhängig. Es ist ein Buch über den Krieg, und da gibt es nunmal auch viele Stellen, an denen man tief durchatmen muss, bevor man weiterliest. Dennoch versucht die Autorin sachlich zu bleiben, was ihr auch gelingt. Das Buch ist nicht weinerlich oder aufmerksamkeitsheischend. Es beschönigt aber auch nichts. Wie sehr man sich emotional mitreißen lässt, entscheidet letztendlich der Leser.

Man mag von der europäischen Flüchtlingspolitik halten, was man will, aber niemand wird nach Lektüre dieses Buches noch ernsthaft fragen, warum so viele Syrer aus ihrer Heimat fliehen! Eines ist klar: In diesem Konflikt kann es keine Gewinner geben. Es gibt jetzt schon Millionen Verlierer, und jeden Tag werden es mehr. Am schlimmsten ist es für die Kinder, die in ihrem bisherigen kurzen Leben nichts anderes kennengelernt haben als Angst, Zerstörung und Verlust. Wie bzw. ob man mit einer solch gebrochenen Generation ein kaputtes Land wieder aufbauen kann, bleibt offen.

Veröffentlicht am 25.03.2017

Ganz netter Erfahrungsbericht einer Lipödem-Betroffenen, jedoch wenig hilfreich

Dicke Beine trotz Diät
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3,5 von 5 Sternen

Vielen ist die deutsche Schauspielerin Madlen Kaniuth aus der Seifenoper "Alles was zählt" bekannt. Ich persönlich kannte sie noch nicht, als ich auf dieses Buch stieß. Auch bei mir ...

3,5 von 5 Sternen

Vielen ist die deutsche Schauspielerin Madlen Kaniuth aus der Seifenoper "Alles was zählt" bekannt. Ich persönlich kannte sie noch nicht, als ich auf dieses Buch stieß. Auch bei mir steht die Diagnose Lipödem im Raum, weshalb ich mich nun intensiver mit dieser Krankheit beschäftige.

Wer sich, so wie ich, bereits mit der Thematik beschäftigt hat, wird hier bezüglich dieser Krankheit nichts Neues finden. Lediglich die OP-Erfahrungen waren ganz spannend zu lesen. Diagnose und OPs beginnen aber erst ab Seite 130, nehmen also einen recht kleinen Teil des Buches ein. Zuvor schreibt die Autorin vor allem über ihr Hadern mit den dicken Beinen, ihr erfolgloser Kampf gegen das "Fett" durch radikale Ernährung und Sport sowie die psychische Belastung. Daneben erfährt man einiges über ihren Werdegang als Künstlerin.

Ich bin auf mehrere negative Rezensionen gestoßen, die den fehlenden Ratgeber-Charakter des Buches kritisieren. Ich hatte jedoch nach Lesen des Klappentextes nicht den Eindruck, dass es sich hier um einen Ratgeber handeln soll. Dieses Buch ist lediglich der Erfahrungsbericht einer Lipödem-Patientin. Er ist nicht sonderlich hilfreich, wenn man sich aus medizinischer Sicht mit dem Thema beschäftigen oder die verschiedenen Behandlungsmethoden genauer kennenlernen will. Hierfür ist das Buch nicht gedacht und auch nicht geeignet. Es ist eher so, als würde man sich eben mit einer Leidgeplagten unterhalten, die erzählt, wie sie die Krankheit empfand und was ihr speziell geholfen hat. Manchen Menschen hilft solch ein Gespräch, andere wollen lieber Fakten und konkrete Hilfe. Letztere Personengruppe wird mit diesem Buch nicht glücklich und sollte es gar nicht erst kaufen.

Frau Kaniuth hat die konservative Therapie in Form von Manuellen Lympdrainagen (MLD) und dem Tragen von Kompressionswäsche nie ausprobiert. Sie hat sich sofort nach der Diagnose OP-Termine geben lassen, da sie nach 40 Jahren körperlichem und psychischem Leid die endgültigere Behandlungsmöglichkeit wollte. Ein Argument war, dass sie als Schauspielerin die zeitintensive Therapie (empfohlen wird die MLD zwei- bis dreimal wöchentlich) nicht ausüben und auch keine Kompressionswäsche während TV-Drehs tragen könne. Zudem liegt der Vorteil der OP, der bei Erfolg eine sofortige spürbare Linderung verspricht, gegenüber einer lebenslangen konservativen Behandlung, die die Symptome nicht beseitigt, sondern nur ein schnelles Fortschreiten der Krankheit verhindert, nunmal klar auf der Hand. Lediglich die hohen OP-Kosten von - in Frau Kaniuths Fall - 16.000,00 €, die im Gegensatz zur konservativen Therapie nicht von der Krankenkasse übernommen werden, halten die meisten Lipödem-Patientinnen ab. Die Autorin war nunmal in der glücklichen Lage, diese auftreiben zu können, auch wenn es ein starker finanzieller Einschnitt für sie war.

Frau Kaniuth stellt im Nachwort klar, dass sie Schauspielerin und nicht Autorin ist. Wer hier sprachlich also eine Glanzleistung erwartet, ist selbst schuld. Die Sprache ist einfach gehalten, aber ich fand den Stil durchaus angenehm und keineswegs hölzern oder holprig.

Ich hätte mir Fotos gewünscht, z. B. von ihren Beinen vor der OP. Wer Bilder von Frau Kaniuth googelt, wird vor allem welche nach der OP finden. Es kann natürlich sein, dass sich die Autorin nicht so "nackig" machen wollte vor den Lesern. Aber bei so einer Krankheit fände ich ein bisschen "Anschauungsmaterial" durchaus gut. Auch hätte das Buch durch einen kurzen Anhang mit Literaturtipps oder hilfreichen Links aufgewertet werden können.

Alles in Allem ist das Buch ganz unterhaltsam, bietet aber für Leute, die sich schonmit dieser Erkrankung beschäftigt haben, nichts Neues. Es ist eben eben der Erfahrungsbericht einer Betroffenen, der ein Happy End hat. Wen das interessiert, der kann hier bedenkenlos zugreifen, zumal durch das großzügige Layout das Buch schnell gelesen ist. Allen Anderen empfehle ich medizinische Ratgeber und Fachartikel.

Veröffentlicht am 15.03.2017

Unterhaltsames Wiedersehen mit dem liebenswerten Max Leif

Die Schwangerschaft des Max Leif
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Ich fand den ersten Band "Die sieben Tode des Max Leif" klasse und habe mich deshalb sehr auf diese Fortsetzung gefreut. Juliane Käppler hat mich auch hier nicht enttäuscht. Ich mag ihren Humor und ihren ...

Ich fand den ersten Band "Die sieben Tode des Max Leif" klasse und habe mich deshalb sehr auf diese Fortsetzung gefreut. Juliane Käppler hat mich auch hier nicht enttäuscht. Ich mag ihren Humor und ihren Schreibstil, der sich ganz wunderbar flüssig liest. Die Kapitel sind relativ kurz und so denkt man sich: "Ach, noch ein Kapitelchen, bevor ich aufhöre." und dann liest man doch immer weiter und weiter, und schwupps, ist das Buch schon vorbei.

Neben Max trifft man wieder auf lieb gewonnene Charaktere aus dem ersten Band, allen voran Maja, Dobermann Hannibal, Putzfrau Jekaterina und die patente Dr. Bärbeißer. Neu hinzukommende Charaktere wie Kater Lecter, Köchin "Big Mama" oder "Duddy" Ralf ergänzen das ganz spezielle Ensemble. Max ist mittlerweile Musiklehrer in Majas von ihm finanzierten Kindergarten, weshalb hier auch oft Kindermund Wahrheit kundtut, was ebenfalls recht amüsant ist.

Schön fand ich, dass auch Max' bester Freund Paul wieder einen Platz in diesem Band findet. Er war schon vor der Handlung in Band 1 überrachend verstorben und Grund für Max' aufkeimende Hypochondrie. Es sind vor allem die Erinnerungen und Max' rührende Trauer um den alten Freund, die trotz all der Komik in diesem Buch mich emotional berührt haben. Aber auch Max' Gedanken zu Maja, ihrer Beziehung und ihrem Nachwuchs fand ich sehr schön. Da habe ich öfter mal einen kleinen Seufzer ausgestoßen, wie liebevoll er doch ist. Dumm nur, dass er seine Gedanken immer für sich behält und nach außen hin eher das überfürsorgliche Nervenbündel gibt.

Das Wiedersehen mit Max war sehr schön, aber so ein bisschen war der Zauber des ersten Bandes verflogen. Max war phasenweise so anstrengend mit seinen Neurosen, dass ich ihm gerne mal eine geknallt hätte. Jekaterina fand ich auch nicht mehr so lustig und ihr übertriebener Akzent hat mich etwas genervt. Total überflüssig, weil nervig, fand ich Machete. Auch Maja war mir irgendwie nicht mehr so sympathisch wie im ersten Band. Es kann aber auch einfach sein, dass mich das ganze Schwangerschaftsgetue irgendwann generell ein bisschen genervt hat. Vermutlich haben (werdende) Eltern einfach einen Ticken mehr Spaß mit der Thematik als Kinderlose, vermutlich war ich auch einfach nicht in der richtigen Stimmung.

Natürlich wurden manche Sachen überspitzt dargestellt. Das passt auch zu den Charakteren und damit rechnet man, wenn man den Vorgänger kennt. Nur manchmal hätte ich mir ein bisschen mehr Normalität gewünscht, quasi als Überraschungseffekt, z. B. bei der Hochzeit.

Trotz dieser Kritikpunkte war das Wiedersehen mit Max & Co. aber wirklich schön und das Buch hat mich sehr gut unterhalten! Ich mag Käpplers Schreibstil und Humor und freue mich deshalb auf ein Wieder-Lesen mit ihr.