Frauenpower auf Afrikanisch!
Woza SisiMargit Maximilian ist ORF-Redakteurin und Afrika-Spezialistin. Ihr Plan, Powerfrauen aus Sub-Sahara-Afrika zu porträtieren, war kein leichtes Unterfangen. Reisehindernisse und Terminprobleme waren nur ...
Margit Maximilian ist ORF-Redakteurin und Afrika-Spezialistin. Ihr Plan, Powerfrauen aus Sub-Sahara-Afrika zu porträtieren, war kein leichtes Unterfangen. Reisehindernisse und Terminprobleme waren nur zwei der zahlreichen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hatte. Deshalb mussten auch manche Porträts, die die Autorin geplant hatte, leider wegfallen. Schade, denn es gibt noch so viele interessante Frauen, über die ich gerne etwas gelesen hätte. Die 10 hier porträtierten Afrikanerinnen sind aber ein guter Querschnitt.
Die Autorin trifft diese Frauen direkt vor Ort ihres Wirkungskreises und begleitet sie ein paar Tage. Sie erzählt von diesen Begegnungen, porträtiert die Frauen, ihre Vergangenheit und ihr gegenwärtiges Tun, und liefert ggf. auch noch politische und geschichtliche Hintergründe.
Allen Frauen ist gemein, dass sie unermüdlich daran arbeiten, sich von den gängigen, teils mittelalterlichen Rollenbildern der afrikanischen Frau zu lösen und ihr Land vorwärts zu bringen. Dies tun sie auf ganz unterschiedliche Weise, im Kleinen oder im Großen.
Da ist z. B. die ehemalige "Miss Kibera" Winnie Akinyi (Kenia), die noch immer - obwohl sie es nicht mehr nötig hätte - in ihrem alten Slum lebt und Slumkindern die Schulausbildung finanziert. Oder Sylvia Tamale (Uganda), die Rechtsprofessorin und Feministin, die wegen ihrer Aufklärungsarbeit zur Sexualität afrikanischer Völker und ihrer Unterstützung gleichgeschlechtlicher Liebe sogar 2003 zur "schrecklichsten Frau des Jahres" gekürt wurde - neben einem fanatischen Rebellenführer und Massenmörder. Wirklich beeindruckend fand ich z. B. die Nonne Adriana Dwoki (Südsudan), die Schulen und Heime für Straßenkinder baut und ihnen ein neues Zuhause gibt, oder Martine de Souza, die in Dörfern über Kinderhandel aufklärt und selbst heimatlose Kinder aufnimmt.
Weniger anfangen konnte ich mit der Bildhauerin Reinata Sadimba (Mosambik), die zwar eine interessante Lebensgeschichte hat und mit ihren Kunstwerken weltweit berühmt wurde, die aber einzig für ihre Kunst lebt und sich sonst nicht weiter engagiert. Dann wird noch die bekannte Moderatorin und TV-Produzentin Mo Abudu vorgestellt, die vor allem eine Geschäftsfrau ist und ein sehr luxuriöses Leben führt. Man kann darüber streiten, ob diese Frauen so recht in die Reihe der "Kämpferinnen" passen, aber letztendlich sind die hier vorgestellten Afrikanerinnen alle recht unterschiedlich darin, wie sie wirken und leben. Egal, ob ihr Tun nur ein paar Menschen hilft oder weitere Kreise zieht, so sind sie alle faszinierende Persönlichkeiten, über die ich gerne gelesen habe. Nebenbei habe ich etwas mehr über Geschichte und Kultur der 10 afrikanischen Länder erfahren.
Margit Maximilian ist eine gute und kritische Beobachterin. Manchmal hat mir aber ein roter Faden in den Porträts gefehlt, es wurde viel zwischen Gegenwart (dem Treffen) und Vergangenheit oder politischen Begebenheiten hin- und hergesprungen. Auch waren die Treffen manchmal etwas unkoordiniert, was aber wohl einfach den Verhältnissen geschuldet ist. Außerdem hätte ich gerne weiterführende Informationen, z. B. Links zu den Projekten der Frauen oder Literatur zu den angesprochenen Themen, erhalten. Im Mittelteil finden sich einige Farbfotos, die den porträtierten Frauen auch ein Gesicht geben. Das finde ich bei einem solchen Buch sehr wichtig.
"Woza Sisi" ist ein informatives, spannendes Sachbuch über afrikanische Frauenpower. Die Lektüre macht auf jeden Fall nachdenklich, denn hier wird nicht nur die Unterdrückung afrikanischer Frauen thematisiert, sondern auch z. B. Menschenhandel, Armut oder die Ausbeutung Afrikas durch den Westen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, woher diese Frauen die Kraft und den Willen haben, immer weiter zu machen. Das ist wirklich bewundernswert und ringt mir meinen größten Respekt ab. Außerdem ist mir wieder klar geworden, was für ein privilegiertes Leben ich in Deutschland führen darf. Schließen möchte ich mit diesem schönen Zitat:
"Die Menschheit ist ein Vogel mit zwei Flügeln. Ein Flügel ist weiblich, der andere männlich. Wenn nicht beide gleichermaßen entwickelt sind, dann wird die Menschheit nicht in der Lage sein, zu fliegen."