Profilbild von AngiFr

AngiFr

Lesejury Star
offline

AngiFr ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit AngiFr über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2021

Freundschaft – nicht gesucht und doch gefunden

Wohin die Reise geht
1

In ”Wohin die Reise geht” von Marlies Ferber finden sich der pensionierte Jakob, genannt Goethe, sowie sein Freund und Polizist Matthias, genannt Matjes, plötzlich, unfreiwillig in der Gesellschaft der ...

In ”Wohin die Reise geht” von Marlies Ferber finden sich der pensionierte Jakob, genannt Goethe, sowie sein Freund und Polizist Matthias, genannt Matjes, plötzlich, unfreiwillig in der Gesellschaft der ebenfalls pensionierten Tilda und der blutjungen Alexandra, genannt Alex, wieder; zusammen begeben sie sich auf einen Roadtrip der besonderen Art. Vier Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, doch allesamt haben eines gemeinsam: sie verbergen Geheimnisse vor den anderen. Unterstützt und ergänzt wird das Quartett von Eddie, einem Schäferhund und Polizeihund im Ruhestand. Zusammen gehen sie auf eine Reise, ein Abenteuer im Wohnwagen, das sie zusammenwachsen lässt.

Marlies Ferber hat Figuren erschaffen, die Ecken und Kanten, Fehler und Schwächen haben. Doch aus der Erkenntnis über die eigenen Fehlbarkeiten lernen sie, für sich selbst und andere zu sprechen. Lernen Verantwortung zu übernehmen, für das Geschehene und die Zukunft. Ehrlich und direkt sind sie die Protagonisten, mit einem Herzen auf dem rechten Fleck. Gerade die junge Alex macht eine großartige Verwandlung durch, ohne spoilern zu wollen, wird sie am meisten Wissen erwerben und erwachsen werden auf diesem Trip. Sie erlebt ihre ganz eigene Coming-of-age Story. Dieser Roman ist durch die Schreibkunst der Autorin ganz große Unterhaltungskunst. Marlies Ferber zieht uns in einen Bann, sofort nach dem Kennenlernen fiebern wir Leser mit den Figuren mit und möchten, dass alles was sie erleben, gut ausgehen wird. Der Schreibfluss der Autorin ist zügig, sie baut immer wieder unvorhersehbare Wendungen ein, die die Geschichte stark verändern.

Wenn ich in einem Buch die Figuren bereits beim Kennenlernen in mein Herz schließe, wenn ich bereits auf den ersten Seiten Lieblingssätze markiere, dann weiß ich als erfahrene Leserin, dass ich mit dem Buch einen Jackpot gezogen habe, ein Buch das mir schöne Lesestunden bereiten wird und dessen Charaktere mir auch nach der Lektüre noch in meinen Gedanken und Gedächtnis erhalten beleiben, wie gute Freunde, an die ich mich gerne erinnere. Eben ein Herzensbuch. Genauso geht es mir mit diesem Roman der Autorin Marlies Ferber. Lesern und Lererinnen kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen zeigt uns die Autorin auf unterhaltsame Art und Weise, was wirklich zählt im Leben: Vertrauen, Rücksicht, Nachsicht, Vorsicht und dass genau diese Attribute eines bringen: die Freundschaft. Angelehnt hat die Autorin ihre Geschichte an das Grimmsche Märchen der Bremer Stadtmusikanten und ja, wir finden sie wieder, Hund Katze, Hahn und Esel und auch die unvermeintlichen Räuber haben ihren Platz in der Geschichte. Meine Bewertung: ganz klar fünf von fünf möglichen Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.03.2018

Der rechte Platz im Leben

Die Abenteuer der Cluny Brown
1

Mr. Porritt hat es nicht leicht mit seiner Nichte, ständig muss er sie aus misslichen Situationen retten. Wieso benimmt sie sich so abnormal, denn das ist es doch: nicht normal! Wie kann sie allein zum ...

Mr. Porritt hat es nicht leicht mit seiner Nichte, ständig muss er sie aus misslichen Situationen retten. Wieso benimmt sie sich so abnormal, denn das ist es doch: nicht normal! Wie kann sie allein zum Teetrinken ins Ritz gehen? Wer bleibt schon einen ganzen Tag im Bett liegen, Orangen verzehrend, um den Kopf freu zu bekommen, nur weil es so in einem Artikel stand? Nun Cluny tut es. Als sie sich wieder einmal eine Eskapade leistet, die Mr. Porritt nicht gutheißen kann, reißt ihm der Geduldsfaden. Er schickt sie aufs Land, um eine Stellung anzutreten. Da konnte Cluny noch so wütend sein, verletzt sogar, alle Diskussionen nützen ihr nichts. Sie wird nach Friars Carmel geschickt. Dort ist man froh, als man das neue Hausmädchen sieht, keine umwerfende Schönheit wie das vorherige, dieses Mal bleiben Komplikationen wohl erspart. Doch die Hausdame und die Lady von Friars Carmel können nicht wissen, dass Clunys unkonventionelle Art schon ausreicht, um zu betören. Wird Cluny nun den richtigen Platz in ihrem eigenen Leben finden?

In exklusiver, hoch anspruchsvoller Sprache hat die Autorin Margery Sharp ihren Roman verfasst. Ein Riesenlob auch an die Übersetzerin Wibke Kuhn, die perfekt den Ton des Buches getroffen hat. Margery Sharps Schreibstil ist unvergleichlich und ganz wunderbar. Die Geschichte sprüht nur so vor amüsanten Szenen und mit ihrer Detailliebe zeichnet sie sie so hervorragend, dass ich sie bildlich vor mir sehe. Die Charaktere sind einmalig und voller Seele.

Kleines Extra-Wissen: Die Autorin dürfte uns allen bekannt sein, hat sie doch das Buch „Bernhard und Bianca“ geschrieben, dass ich als Kind gelesen habe und natürlich dessen Verfilmung ich gesehen habe.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es natürlich weiter. Leser, die Coming of Age Romane lieben, werden von diesem begeistert sein, der zeigt, wie es einer jungen Frau, die ich als Freigeist bezeichnen möchte, Ende der 30er Jahre in Großbritannien erging.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Liebe im Zeichen der Wissenschaft

Die Schlange von Essex
1

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich ...

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich fasziniert und zutiefst beeindruckt. Allein der Prolog ist die perfekte Kurzgeschichte, ein stilistisches Kleinod bis ins kleinste Detail gezeichnet. Im selben Perfektionismus sind auch die Figuren angelegt. Cora Seaborne, die Protagonistin des Buches, ist eine starke Frau mit großem Willen und brillantem Intellekt. Bei der Lektüre kann ich wunderbar eintauchen in die Zeit, in das Land und die Story reißt mich mit und hält mich gefangen. Die einzelnen Szenen sind beispiellos arrangiert und ich sehe das Buch wie einen Film vor meinen inneren Augen ablaufen.

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford, England geboren und hat Kreatives Schreiben an der Royal Holloway University studiert und ihr Studium als Doctor of Philosophy abgeschlossen.

Sarah Perry legt mit "Die Schlange von Essex" ihre zweite Novell vor, die erste "After me comes the Flood" wurde bisher nicht ins Deutsche übersetzt. In Großbritannien ist die Autorin längst die Nummer eins in der Bestsellerliste und erhielt die Auszeichnung Waterstones Book of the Year 2016. "Die Schlange von Essex" wurde für acht weitere literarische Auszeichnungen nominiert, darunter ist der Costa Novel Award 2017 und der Bailey's Women's Prize for Fiction 2017. (Quelle: Wikipedia sowie die Homepage der Autorin)

Meine Bewertung: Klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung. Hier findet der Liebhaber historischer Romane alles was sein Herz begehrt: ein Bild der Zeit und das Leben Ende des 19. Jahrhunderts in England, die Rolle der Frau, die Revolution der Wissenschaft und natürlich Liebe und Passion.

Veröffentlicht am 02.09.2017

Wohin die Reise führt

Palast der Finsternis
1

Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. ...

Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. Es gilt das Palais du Papillon zu erkunden. Der Palast wurde im Jahre 1789 vom Adligen du Bessancourt erbaut. Es handelt sich um einen unterirdischen Palast, in dem die Familie Bessancourt Zuflucht gesucht hatte, um den Kämpfen der Französischen Revolution zu entgehen. Begleitet wird die Reise von Professor Dorf sowie der Leitenden Wissenschaftlerin Miss Sei vom der Sapani Corporation. Die Anreise beginnend am JFK Flughafen New York nach Paris könnte man schon mal als luxuriös bezeichnen, alles ist vom Feinsten. Doch was wird die Gruppe in Frankreich erwarten? Und wie viel ist noch vorhanden, von dem unterirdischen Bau? Welche Abenteuer haben die Jugendlichen zu bewältigen?

Bereits der Prolog kann mich fesseln, so spannend beginnt das Buch, dass ich gleich mitten in der Story bin. Die Geschichte erzählt der Autor in zwei Ebenen, aus der Sicht des Mädchens Anouk, das an der Expedition teilnimmt und immer wieder eingestreut, kurze Kapitel aus dem Jahre 1789, dann aus der Sicht der Tochter des Erbauers des Palais du Papillon. Die Erzählweise hebt die Spannung und lockert gleichzeitig das Geschehen auf. Die Charaktere sind Stefan Bachmann unglaublich gut geglückt, trotz oder gerade wegen ihrer Eigenarten sind sie echt und glaubwürdig.

Meine Bewertung: klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung an junge und alte Leser gleichermaßen, die die Spannung eines Thrillers gepaart mit Fantasy und Horrorelementen geboten bekommen wollen. Mich selbst hat dieses Buch gefangen genommen und ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Faszination pur!

Veröffentlicht am 30.08.2017

Jäger und Gejagte

Halali
1

Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt ...

Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt Holda ihre Geschichte. Wie das war, das Leben, in den Nachkriegsjahren, Anfang der 50er in Bonn. Holda hat als Vorzimmerdame im Innenministerium gearbeitet. Laura hat einen ähnlichen Beruf ergriffen, allerdings nennt sich das heute „Assistenz der Geschäftsführung“. Unverheiratete Frauen wurden damals noch Mädchen und Fräulein genannt, vieles was heute als selbstverständlich gilt, war damals noch unschicklich. Ziel der jungen Frauen war es, einen Ehemann zu ergattern, denn dann galten sie als versorgt. So wurde in der Kantine versucht zu flirten mit den unverheirateten jungen Regierungsräten oder mit den Studenten. Aber wer ist hier Jäher und wer der Gejagte?

In feiner, auserwählter Sprache, durchzogen mit Sätzen im Bonner Dialekt erzählt Ingrid Noll eine wunderbare Geschichte. Mich begeistert besonders, dass sie dafür ihre Protagonistin Holda erzählen lässt. Holda und ihre Enkelin Laura, die so verschieden sind und doch soviel gemeinsam haben, faszinieren mich. Meine persönliche Heldin ist jedoch die Gräfin, die Tante von Holdas Freundin und Kollegin Karin. Eine feine Dame, zwar nicht reich, aber vornehm und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Ingrid Nolls Gespür für feinsinnigen Humor ist einzigartig und unerreicht. Die Geschichte selbst ist spannend wie fesselnd und nimmt völlig unerwartete Wendungen. Der kalte Krieg und dessen Auswirkungen sind beängstigend greifbar.

Ganz still und leise hat sich dieses Buch in mein Herz geschlichen und nimmt nun dort einen Favoritenplatz ein. Selbstverständlich vergebe ich dem Buch fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es nur zu gerne weiter. Wer ein bisschen Bonner Luft in den 50er Jahren schnuppern möchte, sollte sich unbedingt auf diese Zeitreise begeben und er wird nicht enttäuscht werden – versprochen! Ganz wundervoll beschreibt die Autorin zudem die Unterschiede zwischen damals und heute – was waren die Lieblingsessen, wie war der Ablauf im Büro, die Moralvorstellungen.