Profilbild von Anna625

Anna625

Lesejury Star
offline

Anna625 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Anna625 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2021

Mauersegler

Der Mauersegler
0

Prometheus' bester Freund Jakob ist an Krebs erkrankt. Da Prometheus selbst Arzt ist und aktuell eine Studie zu Blasenkrebs durchführt, ist für alle Freunde und Verwandten klar: Er muss Jakob darin aufnehmen. ...

Prometheus' bester Freund Jakob ist an Krebs erkrankt. Da Prometheus selbst Arzt ist und aktuell eine Studie zu Blasenkrebs durchführt, ist für alle Freunde und Verwandten klar: Er muss Jakob darin aufnehmen. Etwas später steigt Prometheus hals über kopf in sein Auto und macht sich etwas ziellos auf den Weg, bis er schließlich auf einem kleinen Pferdehof in Dänemark landet. Etwas Schlimmes muss passiert sein, das ist den beiden alten Frauen, die den Hof führen, sofort klar. Sie nehmen Prometheus auf, doch vor dem, was geschehen ist, kann Prometheus sich auch hier nicht dauerhaft verstecken.

Die Handlung des Romans setzt sich aus drei parallel erzählten Strängen zusammen: Prometheus auf der Flucht, Prometheus und Jakob kurz zuvor, als letzterer gerade von seiner Krankheit erfahren hat, und Prometheus und Jakob in ihrer Kindheit bzw. Jugend. Der Schreibstil ist wie schon aus den beiden vorherigen Büchern der Autorin gewohnt sehr bildhaft und geht gekonnt und humorvoll mit den schwierigen Themen Tod und Trauer um. Trotz des tragischen Hintergrunds der Geschichte gelingt es der Autorin immer wieder, einen beim Lesen zum Lachen zu bringen.

Prometheus als Protagonist ist eher der selbstmitleidige Typ, was vielleicht anstrengend geworden wäre, hätte der Schreibstil nicht darüber hinweggeholfen. So kann man ganz gut darüber hinwegsehen. Auch die anderen Figuren, allen voran die beiden älteren Damen Helle und Aslaug, sind schön ausgearbeitet und überzeugen durch ihren eigenwilligen Charakter.

Dass die Autorin Biologin ist, fließt spürbar in ihre Beschreibungen der Landschaft um Prometheus herum mit ein. Das hat mir sehr gut gefallen, weil es viel zur Atmosphäre des Romans beisteuert.

Auch das Gleichgewicht zwischen Trauer und Humor finde ich sehr gut; weder wird die Trauer zu sehr in den Vordergrund gestellt und drückt so die Stimmung, noch sorgt das Humoristische dafür, dass sie aus dem Fokus gerückt oder ins Lächerliche gezogen wird. Das ist ein Punkt, den die Autorin wie auch schon in "Marianengraben" und "Abschied von Hermine" ganz wunderbar beherrscht.

Mir hat "Der Mauersegler" sehr gut gefallen, wenn er für mich persönlich auch nicht ganz an "Marianengraben" herankommt. Trotzdem vergebe ich sehr gerne 5 Sterne und kann guten Gewissens eine Leseempfehlung aussprechen. Ich freue mich auf weitere Bücher von Jasmin Schreiber!

Veröffentlicht am 05.09.2021

Griechische Mythologie - auch für Erwachsene toll zu lesen

Der Sohn des Odysseus
0

Telemachos, Sohn des Odysseus, ist erst etwa ein Jahr alt, als sein Vater zum Krieg gegen Troja aufbricht. Jahre später, Telemachos ist nun 11, ist er jedoch noch immer nicht zurückgekehrt - und das, obwohl ...

Telemachos, Sohn des Odysseus, ist erst etwa ein Jahr alt, als sein Vater zum Krieg gegen Troja aufbricht. Jahre später, Telemachos ist nun 11, ist er jedoch noch immer nicht zurückgekehrt - und das, obwohl der Krieg längst vorüber ist. Niemand weiß, wohin Odysseus verschwunden ist, weshalb langsam Unruhe am königlichen Hof entsteht. Vielen scheint es nicht länger verantwortbar, dass Ithaka noch länger ohne Herrscher bleiben und von Odysseus' Frau regiert werden soll. Doch Telemachos selbst ist in ihren Augen zu jung und unerfahren, um den Thron zu besteigen.

Kindgerecht und doch sehr nah am Original wird hier die Geschichte des jungen Telemachos aufgearbeitet, der ohne seinen Vater aufwachsen muss und sich plötzlich mit der harten Realität und den Machtkämpfen um den Thron Ithakas konfrontiert sieht. Telemachos hält, anders als die anderen Jungen und Männer um hin herum, nicht viel von Krieg und Gewalt, weshalb sie ihm meist nicht den Respekt entgegenbringen, der ihm als Königssohn gebührt. So hat er eine nicht ganz einfache Jugend, in der er immer wieder der Schikane anderer ausgesetzt ist und zugleich um die Ehre seiner Mutter fürchten muss, die sich aus zahlreichen Freiern einen neuen Mann erwählen soll, um so Ithaka einen neuen König zu schenken. Dabei ist Telemachos sich sicher: sein Vater lebt, er wird wiederkommen. Das muss er einfach. Bestärkt wird er in dieser Hoffnung von seiner Kinderfrau Eurykleia, die Odysses' Abenteuer in ihren Träumen sieht und dem Jungen davon berichtet. So wird wie nebenbei auch ein Teil der Odyssee in die Handlung miteingeflochten und ermöglicht einen schönen, umfangreichen Einblick in die griechische Mythologie.

Das Buch ist, denke ich, für "ältere" Kinder gedacht, da es durchaus auch einnige gewaltsamere Szenen gibt (die sich aber in Grenzen halten). Ich denke, die optimale Zielgruppe sind Kinder ab etwa 10 Jahren. Aber auch als Erwachsener ist "Der Sohn des Odysseus" wunderbar zu lesen, da er durchaus einiges an Wissen vermittelt und zudem sprachlich auf einem recht hohen Niveau verfasst ist. Besonders hervorzuheben sind auch die vielen Illustrationen, die sich immer wieder im Buch finden und die Geschichte etwas auflockern. Gegen Ende hat sich die Geschichte stellenweise ein klein wenig gezogen, da mich das Buch aber ansonsten vollkommen überzeugt hat, sehe ich da gerne drüber hinweg und empfehle es sehr gerne weiter an alle, die ein wenig in die griechische Mythologie eintauchen möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.09.2021

Vier Kinder, die zu früh erwachsen werden mussten

Die letzten Romantiker
0

Lange ist es her, dass Fiona mit ihren drei Geschwistern vereint war. Jetzt, im Jahr 2079, steht sie als Schriftstellerin auf der Bühne und hält einen Vortrag, der schließlich in eine ganz andere Richtung ...

Lange ist es her, dass Fiona mit ihren drei Geschwistern vereint war. Jetzt, im Jahr 2079, steht sie als Schriftstellerin auf der Bühne und hält einen Vortrag, der schließlich in eine ganz andere Richtung führt als geplant. Denn aus dem Zuschauerraum meldet sich die junge Luna zu Wort, die ihren Namen nach einer Figur aus einem der Gedichte Fionas erhalten hat. Und sie möchte wissen: Wer war Luna?

Um diese Frage beantworten zu können, muss Fiona sich zurückerinnern an ihre früheste Kindheit, und so beginnt sie zu erzählen: von ihren Geschwistern Renee, Caroline und Joe, von der Zeit, als ihr Vater starb und ihr Mutter an schweren Depressionen litt. Von Jahren, in denen die Kinder sich selbst überlassen waren und die Älteste von ihnen mit kaum 12 Jahren die Mutterrolle für die anderen einnehmen musste. Davon, wie sie zusammenwuchsen, und schließlich auch, wie sie sich entzweiten und was das für Folgen für ihrer aller Leben hatte.

In der "Großen Pause", wie die Kinder die Phase während der geistigen Abwesenheit ihrer Mutter später bezeichnen, geht es im Haus drunter und drüber. Und doch gelingt es den Geschwistern, nach außen hin weitestgehend das Bid einer normalen Familie zu wahren. Das Essen wird ihnen geliefert, Unterschriften können auch gefälscht werden, sie sind in Freizeitvereinen aktiv und immer füreinander da, wenn es Probleme gibt. Wie es wirklich um sie steht, das eröffnet erst der Blick durch Fionas Augen Jahre später. Detailliert beschreibt sie, wie sie aus ihrer kindlich-naiven Sicht heraus den Alltag der Familie wahrgenommen hat. Es sind diese stummen, präzisen Beobachtungen ihrer Geschwister und der Ereignisse, die das Buch auszeichnen; auch später noch, als ihre Mutter ihre Depressionen längst überwunden hat und sie alle ihren eigenen Weg gehen. Fiona als jüngstes der Kinder sieht ihre Schwestern und ihren Bruder lange als Vorbilder, denen es nachzueifern gilt; sie sorgen für sie und beschützen sie - und doch muss sie irgendwann erkennen, dass das nicht immer so sein kann und sie auch lernen muss, für sich selbst zu kämpfen.

Die Jahre der Vernachlässigung schweißen die Skinner-Kinder zusammen. Doch was große Freiheiten mit sich bringt, bedeutet auch eine riesige Verantwortung, und die Folgen davon machen sich später bemerkbar. "Die letzten Romantiker" erzählt die Geschichte von vier Kindern, die viel zu früh mit den Schwierigkeiten des Lebens der Erwachsenen konfrontiert wurden.


Ich habe dieses Buch wirklich sehr genossen. Gerade der erste Teil, in welchem die Kindheit der Geschwister beschrieben wird, hat mich mit seiner Atmosphäre direkt für sich eingenommen. Sie hat etwas von Betty Smiths "A Tree Grows in Brooklyn", das zu meinen absoluten Lieblingsbüchern zählt. Auch in den nachfolgenden Teilen fällt es dank der exakten Beschreibungen Fionas stets leicht, sich in die jeweiligen Situationen hineinzufühlen. Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet, ihr Handeln nachvollziehbar geschildert, der Schreibstil lässt einen in die Geschichte eintauchen.

Gelegentlich wird in die Perspektive einer der anderen Figuren gewechselt, gerade später während des Erwachsenenalters, die meiste Zeit über lesen wir jedoch Fionas Sichtweise. Zu Beginn eines jeden der vier Abschnitte gibt es ein Kapitel aus dem Jahr 2079, die alle während Fionas Vortrag spielen - für mich hätte es diese Rahmenhandlung gar nicht unbedingt gebraucht, sie stört aber auch nicht weiter. Der Kern des Buches ist Fionas rückblickende Erzählung vom Aufwachsen und der Beziehung der Geschwister zueinander, wobei jedoch mit der Zeit wird spürbar wird, dass es dabei vor allem um Joe geht, der für Fiona immer am wichtigsten war.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen, jedoch war es insbesondere der erste Abschnitt, also etwa ein Viertel des Buches, den ich unglaublich eindringlich beschrieben fand; danach lässt die Geschichte etwas nach und verliert ein klein wenig von ihrem Zauber. Ich habe den Mittelteil des Buches ebenfalls sehr gerne gelesen, war jedoch nach dem in meinen Augen wirklich großartigen Beginn etwas enttäuscht, dass es nicht genau so stark weitergeht. Gegen Ende des Buches haben sich dann leider auch ein paar Längen ergeben. Noch immer fand ich die Atmosphäre dieses trotz der vielen Ereignisse eher ruhigen Romans sehr schön, aber wie gesagt, die ersten Kapitel haben mir noch ein gutes Stück besser gefallen. Daher sind es am Ende dann doch "nur" vier Sterne. Weiterempfehlen kann ich das Buch trotzdem guten Gewissens!

Veröffentlicht am 02.09.2021

Was mich glücklich macht? Dass dieses Buch kurz war.

Die Kunst, einen Elefanten zu reiten
0

Max und Balduin, zwei langjährige Freunde, beschließen: Sie wollen ein Buch schreiben, mit dessen Hilfe die Menschen lernen können, wie man glücklich wird. Fast jeden Tag treffen sich die beiden nachmittags ...

Max und Balduin, zwei langjährige Freunde, beschließen: Sie wollen ein Buch schreiben, mit dessen Hilfe die Menschen lernen können, wie man glücklich wird. Fast jeden Tag treffen sich die beiden nachmittags in einem kleinen Café und denken über das Leben nach, als ihnen eines Tages diese Idee kommt. Praktisch, dass sie an einem solchen öffentlichen Ort vielen Menschen begegnen, die sie über ihr persönliches Glücksrezept ausfragen können.

In etwa dreißig kurzen Kapiteln versuchen Max und Balduin nun, die Essenz des Glücks zu finden. Am Ende jedes Kapitels wird dann die jeweils entdeckte Botschaft genannt, die sie in ihrem Glücksbuch notieren. Durch die sehr kurzen Kapitel - in den meisten Fällen nur drei oder vier Seiten - eignet sich das Buch sicherlich gut dazu, immer mal wieder ein wenig darin zu lesen, wenn man nicht viel Zeit hat; ich habe es aber tatsächlich am Stück gelesen, um es hinter mich zu bringen. Denn so schön kurze Kapitel manchmal vielleicht sein können, so sehr hat es in diesem Fall für mein Empfinden zum Nachteil des Buches gereicht. Die Handlung, die Figuren, die Tiefe der angesprochenen Themen - all das bleibt dabei auf der Strecke.

Handlung ist eigentlich kaum vorhanden. Ein Großteil der Kapitel läuft nach dem immergleichen Schema ab: Max und Balduin unterhalten sich, treffen (oft im Café) eine der mit ihnen befreundeten Nebenfiguren, diese erzählt ihnen etwas aus ihrem Leben und daraus wird dann eine Botschaft gezogen, die sich zusätzlich leider meist sehr nach Kalenderspruch anhört. Mit der Zeit finden sich durchaus leichte Verknüpfungen zwischen den einzelnen Szenen, sodass das Ganze immerhin nicht vollkommen zusammenhanglos bleibt, dennoch fühlt es sich eher wie eine Sammlung kurzer, eigenständiger Geschichten an.

Dazu trägt auch bei, dass bei den Figuren kaum eine Entwicklung spürbar ist. Besonders bei den beiden Protagonisten hätte ich gehofft (nein, eigentlich sogar erwartet), dass sie nicht vollkommen austauschbar wirken, weil sie schlicht keine Charaktereigentschaften haben, die sie irgendwie auszeichnen. Man erfährt so gut wie nichts über sie, sie stehen komplett im Hintergrund und haben nur die Funktion, die vermeintlichen Weisheiten zu vermitteln.

Was mich außerdem sehr gestört hat, ist, dass ernste und schwierige Themen in zwei bis drei Sätzen verharmlost angesprochen und dann nie wieder aufgegriffen werden. Dabei beziehe ich mich insbesondere auf eine Stelle zu Beginn des Buches, in der eine Figur erzählt, dass ein Verwandter in ihrer Kindheit oft zudringlich wurde; eine Weile später läuft sie schließlich weg und das Problem ist gelöst. Eine solche knappe Abhandlung diverser Probleme kommt auch in weiteren Kapiteln zum Zuge und das ist der Hauptgrund, weshalb ich am Ende keine gute Bewertung geben möchte. Die Naivität dahinter spiegelt sich häufig auch im Schreibstil wider, bei dem ich häufig das Gefühl hatte, ein Kindebuch zu lesen; dann wieder wird zu Umgangssprache gewechselt oder die Figren versuchen einen Witz zu machen, der aber - sorry - einfach nicht witzig ist.

Dass mich das Buch enttäuscht hat, ist wohl deutlich geworden. Die Geschichten waren mir zu konstruiert, die Botschaften zu plakativ, die Figuren und Themen zu oberflächlich behandelt. Die Idee ist sicher nicht schlecht, an der Umsetzung ist es aber leider gescheitert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.09.2021

Die Bilanz einer jahrzehntelangen Ehe

Der Brand
0

30 Jahre nach ihrer Hochzeit müssen sich Rahel und Peter der Frage stellen, ob sie sich noch immer lieben. Die Gelegenheit dazu erhalten sie, als ihr geplanter Urlaub in den Bergen kurzfristig abgesagt ...

30 Jahre nach ihrer Hochzeit müssen sich Rahel und Peter der Frage stellen, ob sie sich noch immer lieben. Die Gelegenheit dazu erhalten sie, als ihr geplanter Urlaub in den Bergen kurzfristig abgesagt wird und sie stattdessen einige Wochen im Haus einer guten Bekannten verbringen, die ihren kranken Ehemann zur Reha begleitet. Während sich Rahel und Peter um den kleinen Hof und die Tiere kümmern, versuchen sie zwischen hektischen Besuchen ihrer beiden Kinder und der entspannenden Zeit in der Natur zu ergründen, was sie heute noch füreinander empfinden und ob diese Gefühle stark genug sind, ihrer Ehe eine Zukunft zu schenken.

Aus der Innensicht Rahels wird der dreiwöchige Aufenthalt auf dem Hof beschrieben. Peter verbringt viel Zeit mit den Tieren, sucht Ruhe in der Natur und fühlt sich mit der Zeit immer wohler hier in dem Haus auf dem Land, wo es so ganz anders ist als in ihrer gemeinsamen Wohnung in Dresden. In Rahel dagegen drängt alles danach, in Erfahrung zu bringen, wie es nach dem Urlaub weitergehen soll - sind ihre und Peters Vorstellungen noch miteinander vereinbar? Als dann Tochter Selma mit ihren beiden kleinen Söhnen zu Besuch kommt und die Ruhe und das vorsichtige Gleichgewicht zerstört, das zu finden sich das Ehepaar gerade bemüht, wird dieses Thema für sie immer wichtiger. Und wie nebenbei beginnt sie sich zu fragen: wie viel haben sie selbst und Selma, die gerade das Zusammenleben mit dem Vater ihrer beiden Kinder anzweifelt, mit ihrer Mutter gemeinsam, die sich nie fest an einen Mann binden konnte?

Nach und nach bemüht Rahel sich, der Probleme ihrer Tochter mehr Beachtung zu schenken, und wird sich dabei auch immer mehr über ihre eigenen Gefühle für Peter klar.

Der Roman setzt nicht darauf, mit sympathischen Protagonisten zu überzeugen. Sowohl Peters und Rahels als auch insbesondere Selmas Verhalten ist nicht immer so, wie man es sich vielleicht wünschen würde - das muss es aber auch gar nicht, denn auf diese Weise gelingt es der Autorin, sehr authentisch wirkende Protagonisten zu schaffen. Und da ist es vollkommen in Ordnung, auch mal in einigen Szenen nur genervt oder ungläubig den Kopf schüttel zu können. Umso mehr haben mich beim Lesen der bildgewaltige, unaufgeregte Schreibstil und die feinfühligen Beschreibungen einer in die Jahre gekommenen Ehe für den Roman eingenommen. Die Hoffnungen und Ängste der Figuren, der Widerstreit der noch immer tiefen Gefühle füreinander einserseits und das Bedürfnis nach Überwindung eines jahrzehntelang einstudierten Alltags andererseits, all das wird in diesem Roman spürbar. Die Atmosphäre balanciert dabei gekonnt zwischen entspanntem Sommerurlaub am See und der bedrückenden Frage danach, ob die Liebe weiterhin Bestand haben kann im Leben von Rahel und Peter.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen; ich mochte die Ruhe darin und die Nachdenklichkeit des Schreibstils, der doch auch eines gewissen Humors nicht entbehrt. Das Buch wird mir sicher noch eine Weile im Gedächtnis bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere