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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2021

Konnte leider nicht erfüllen, was ich erwartet hatte

Witchmark. World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019
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Der Arzt und Hexer Miles Singer arbeitet in einem Veteranenkrankenhaus, muss seine magischen Fähigkeiten jedoch aufgrund seiner Vergangenheit verborgen halten. Als eines Tages ein anderer, sterbender Hexer ...

Der Arzt und Hexer Miles Singer arbeitet in einem Veteranenkrankenhaus, muss seine magischen Fähigkeiten jedoch aufgrund seiner Vergangenheit verborgen halten. Als eines Tages ein anderer, sterbender Hexer eingeliefert wird, der darauf besteht, vergiftet worden zu sein, versucht Miles zusammen mit dem mysteriösen Tristan Hunter den Mörder des Mannes zu finden. Gemeinsam kommen sie nach und nach einem dunklen Geheimnis auf die Spur.

Ich wollte dieses Buch wirklich mögen. Denn eigentlich hatte ich das Gefühl, dass es wirklich gut ist - die Protagonisten fand ich interessant, die Welt ebenso, der Schreibstil war auch in Ordnung. Jedoch hat man anfangs kaum Informationen erhalten zu der Welt, in der alles spielt, es wurden Begriffe verwendet (zB "Gesternter" oder "Gentleman", was hier anders verwendet wird als unser normales "Gentleman"), die ewig nicht erklärt worden sind, ebenso die verschiedenen Gruppen Magiebegabter, bei denen lange unklar bleibt, was denn nun genau ihre Fähigkeiten und Aufgaben sind und die Beziehungsstrukturen zueinander. Man hat beim Lesen ständig das Gefühl, den zweiten Band einer Reihe in der Hand zu haben, ohne zuvor seinen Vorgänger gelesen zu haben, weil einem dauernd Informationen fehlen und man den Eindruck hat, irgendetwas verpasst zu haben. Das stört beim Lesen leider doch schon sehr, und daher habe ich dann auch recht schnell die Lust verloren; zumal die Geschichte ein wenig braucht, um Fahrt aufzunehmen.

Schade, denn wie gesagt, ich glaube mit mehr Hintergrundinfos hätte das wirklich ein gutes Buch werden können. So hat es mich leider enttäuscht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2021

Wunderschönes Debüt mit Märchenatmosphäre

Junge mit schwarzem Hahn
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Martin ist ein besonderer Junge. Nicht nur, dass er Waisenkind und sein bester Freund und ständiger Begleiter seit jeher ein schwarzer Hahn ist, er ist auch wirklich klug und durchschaut die Bewohner des ...

Martin ist ein besonderer Junge. Nicht nur, dass er Waisenkind und sein bester Freund und ständiger Begleiter seit jeher ein schwarzer Hahn ist, er ist auch wirklich klug und durchschaut die Bewohner des kleinen Dorfes, in dem er aufwächst, bei allem was sie tun. So ist es kein Wunder, dass er eher auf Ablehnung stößt und sich alleine durchschlagen muss, weil er allen ein wenig unheimlich ist. Und das, obwohl er eigentlich allen nur Gutes will. Als dann eines Tages ein Maler durchs Dorf kommt, ergreift Martin die Gelegenheit diesen auf seiner Reise zu begleiten und kommt so endlich hinaus in die weite Welt.

Bereits die Leseprobe hatte mich sehr angesprochen und so war ich froh, dass das Buch meine Erwartungen dann auch voll und ganz erfüllt hat - die Geschichte von Martin und seinem Hahn ist wunderschön erzählt und lässt einem den Protagonisten ans Herz wachsen. Martin hat viel Schreckliches in seinem kurzen Leben ertragen müssen, und dennoch ist aus ihm ein mutiger, herzensguter kleiner Junge geworden. Er riskiert eine ganze Menge für das Wohl Unschuldiger.

Stets an seiner Seite ist der Hahn, der von den Dorfbewohnern für den Teufel gehalten wird, der Martin jedoch immer unterstützt und verteidigt, sobald dieser seine Hilfe benötigt. Nicht zuletzt durch den Hahn gewinnt der Roman eine leicht mystische, märchenhafte Atmosphäre, auch die restlichen Figuren und der Schreibstil unterstreichen dieses Gefühl. Die Sprache verzichtet auf allzu viele Ausschmückungen, ist ein wenig kindlich-naiv gehalten und doch auf einem hohen Niveau; sie passt sehr gut zum Protagonisten, bei dem man häufig auch das Gefühl hat, dass er tief in sich drin älter ist als seine elf Jahre.

Schon nach wenigen Seiten entfaltet das Buch einen solch starken Sog, dass ich es am liebsten am Stück gelesen hätte. Zu fesselnd sind die märchenhafte Atmosphäre und die Geschichte Martins. Von mir gibt es daher volle 5 Sterne und eine Leseempfehlung für dieses traumhaft-schöne Debüt.

Veröffentlicht am 01.08.2021

Nichtssagend

Wir für uns
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Eines Tages stellt Josie fest, dass sie wider Erwarten schwanger ist. Zu diesem Zeitpunkt ist sie jedoch bereits 41, womit die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, ein Kind mit Trisomie auf die Welt zu bringen, ...

Eines Tages stellt Josie fest, dass sie wider Erwarten schwanger ist. Zu diesem Zeitpunkt ist sie jedoch bereits 41, womit die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, ein Kind mit Trisomie auf die Welt zu bringen, und außerdem in einer Beziehung mit einem verheirateten Mann. Bengt, der mit seiner Frau bereits zwei Kinder hat und kein weiteres möchte, drängt Josie dazu, das Baby abzutreiben, und Josie beginnt sich zu fragen, was ihr im Leben wichtiger ist - der Mann, mit dem sie seit Jahren heimlich zusammen ist, oder das Kind, das in ihr heranwächst und möglicherweise eine Behinderung hat?

Parallel dazu muss Kathi den Tod ihres Mannes Werner verkraften. Die beiden standen kurz vor ihrer goldenen Hochzeit und haben ein halbes Leben miteinander verbracht, und doch stellt Kathi nach seinem Tod fest, dass sie den Mann an ihrer Seite nicht so gut kannte, wie sie immer geglaubt hat. Gleichzeitig ist da auch noch die Sache mit ihrem Sohn, der zwar eine Partnerin hat, ihr jedoch keine Hoffnung auf baldigen Nachwuchs gibt...

Josie und Kathi lernen sich durch einen Zufall kennen und entwickeln schon bald eine Freundschaft zueinander, aus der sie beide Kraft schöpfen.

Ich habe eine Weile gebraucht, um in den Roman hineinzufinden, und auch dann hatte er für mich noch einige Längen. Mit den beiden Protagonistinnen bin ich nicht recht warm geworden, ich habe zwar das Dilemma, in dem sie sich jeweils befinden, nachvollziehen können, sie blieben mir aber beide dennoch fremd und zu flach in ihrer Persönlichkeit.

Mein größter Kritikpunkt ist, dass zwar viele sehr wichtige und interessante Themen angesprochen werden - Trisomie 21 und der Umgang damit, Abtreibung, Trauer, Homosexualität - , keines davon jedoch wirklich überzeugend umgesetzt wird. Anfangs wirkte der Roman noch relativ vielversprechend, aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass die Autorin eigentlich gar nicht weiß, wohin sie will und was sie dem Leser sagen möchte, und daher ihren anfangs vergleichsweise klaren Standpunkt zu einem mehr oder weniger nichtssagenden Ende fortgeführt hat. Das hat mich leider enttäuscht, da so auch der gesamte Roman auf mich nichtssagend wirkt.

Gut lesen lässt er sich, und als lockere Lektüre für zwischendurch ist er allemal geeignet, ich hatte mir aber einfach mehr erhofft.

Veröffentlicht am 31.07.2021

Ein Trauma, das tiefer geht

Die Überlebenden
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Der letzte Wille ihrer Mutter ist es, dass ihre Asche am Ufer des Sees verstreut wird, an dem die Familie vor Jahrzehnten viele Sommer verbracht hat. Und so machen sich die Brüder Nils, Benjamin und Pierre ...

Der letzte Wille ihrer Mutter ist es, dass ihre Asche am Ufer des Sees verstreut wird, an dem die Familie vor Jahrzehnten viele Sommer verbracht hat. Und so machen sich die Brüder Nils, Benjamin und Pierre auf den Weg dorthin. Längst haben sie sich auseinandergelebt, und das, obwohl sie sich einst so nahe standen - sich nahestehen mussten, um sich gegenseitig Halt zu geben in einer Familie, die vom widersprüchlichen Verhältnis zwischen Kindern und Eltern geprägt ist. Nie konnten sie sich sicher sein, ob ihre Eltern ihnen nun mit Liebe oder mit Ablehnung begegnen würden. Und so wird es nicht nur eine Reise zum Sommerhaus der Gegenwart, sondern vor allem die zurück in ihre Kindheit.

Erzählt wird der Roman aus der Sicht Benjamins, des mittleren Bruders. Schon in seiner Kindheit hat er immer eine eher beobachtende Rolle inne, hat stets seine Brüder, seinen Vater und seine Mutter im Blick und spürt daher, wann die Stimmung kippt, wann es besser ist, sich still und heimlich zurückzuziehen und so einem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Denn gerade seine Mutter wirkt teils unberechenbar, ist sie doch im einen Moment sehr liebevoll ihren Kindern gegenüber und weist im nächsten den von ihren kleinen Söhnen gepflückten Blumenstrauß zurück. Was Benjamin als kleines Kind nicht so sehr bemerkt hat, tritt mit den Jahren immer deutlicher hervor: seine Familie ist anders als die anderen Familien, die Beziehung zwischen Eltern und Kindern von einer stetigen, unterschwelligen Spannung geprägt, die zur Vorsicht mahnt. Und so sind es die Brüder, die sich gegenseitig schützen und füreinander da sein müssen. Umso rätselhafter scheint die Szene, mit der der Roman beginnt: einer Prügelei zwischen Pierre und Nils, während sie eigentlich die Asche ihrer Mutter verstreuen wollen. Was also ist passiert? An dieser Frage orientiert sich die Handlung des Romans.

Büchern, die rückwärts erzählt werden, stehe ich grundsätzlich etwas skeptisch gegenüber. Oftmals bekommt man schnell das Gefühl , dass der Autor diese besondere Erzähltechnik vor allem deshalb gewählt hat, um aufzufallen, während der Mehrwert für die Geschichte selbst jedoch häufig ein geringer bleibt. Hier war das anders. Der Handlungsstrang ist zweigeteilt, Gegenwart und Vergangenheit, und während im Gegenwartsstrang jedes Kapitel dort endet, wo das vorherige begonnen hat - man also mit jedem Kapitel ein paar Stunden weiter in der Zeit zurückgeht -, läuft der Vergangenheitsstrang mehr oder weniger chronologisch vorwärts. Meist ist es so, dass ein Gegenwartskapitel mit einer bestimmten Beobachtung endet, die dann im darauffolgenden Vergangenheitskapitel aufgegriffen und erklärt wird. Das mag zunächst verwirrend klingen, ist aber tatsächlich sehr gut gemacht, denn man erhält die nötigen Informationen immer nur häppchenweise und genau im richtigen Maß. Man könnte sich nun dennoch die Frage sellen, welchen Sinn es hat, das Ende vor dem Anfang zu kennen und wo denn dann die Spannung beibt - doch ohne hier zu viel verraten zu wollen, kann ich sagen, dass die Spannung auf jeden Fall da ist und dass es sich wirklich lohnt, bis zum Ende (oder zum Anfang?) weiterzulesen. Denn in den letzten Kapiteln ändert sich ein ganz entscheidenes Detail der Geschichte, das vorher kaum ins Auge gefallen ist, und bei mir war das tatsächlich der entscheidende Punkt, der für mich den Unterschied zwischen 4 und 5 Sternen ausgemacht hat. Tatsächlich habe ich wenige Seiten zuvor noch gedacht "Es ist sehr gut, aber irgendwas fehlt mir" - nun, das Ende hat mich dann sprachlos zurückgelassen.

Neben der Erzähltechnik sticht vor allem auch der Schreibstil des Autors positiv heraus. Trotz eher nüchterner, distanzierter Worte gelingt es Schulmann, ein unglaublich genaues, emotionales Bild zwischenmenschlicher Beziehungen zu zeichnen. Die Figuren werden auf Distanz gehalten, und dennoch fühlt man sich gerade den Brüdern nahe in ihren Ängsten, ihrem Wunsch nach Anerkennung, ihrem Gefühl des Alleinseins. Obwohl Einiges bis zum Ende im Dunkeln bleibt, vermag man nach und nach das Ausmaß der Geschehnisse in ihrer Gesamtheit zu begreifen und den Schmerz, der für die Figuren damit einhergeht, nachzuempfinden. Am Ende des Romans wird Vieles klarer, und das, was vorher vielleicht keinen Sinn ergeben hat, kann man plötzlich verstehen.

Mich hat "Die Überlebenden" sehr gepackt, die authentischen Figuren, die nüchterne, präzise Sprache, die dennoch solch große Gefühle transportiert. Hier wird ein Trauma beschrieben, das nicht auf den ersten Blick sichtbar ist, sondern sich erst nach und nach abzeichnet und nicht zuletzt durch die besondere Erzähltechnik großartig aufgearbeitet wird. Ein Roman, den ich sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 30.07.2021

Spannend und aktueller denn je

Systemfehler
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In einer Zeit, in der nahezu alles technisch gesteuert wird, sind wir umso mehr darauf angewiesen, dass die Sicherheit solcher Abläufe gewährleistet wird. Das wird deutlich, als es eines Tages urplötzlich ...

In einer Zeit, in der nahezu alles technisch gesteuert wird, sind wir umso mehr darauf angewiesen, dass die Sicherheit solcher Abläufe gewährleistet wird. Das wird deutlich, als es eines Tages urplötzlich zu Störungen in der Internetverbindung kommt. Was scheinbar harmlos beginnt, wird schnell zum Horror-Szenario für die Bevölkerung: Nicht nur ist der Internetzugang ist nicht mehr möglich, auch in den Notaufnahmen und Intensivstationen der Krankenhäuser mehrerer Großstädte kommt es zu Störungen, Beatmungsgeräte fallen aus, für die Patienten kommt alle Hilfe zu spät. Die Kommunikatio zwischen Piloten und Flughäfen ist gestört, Flugzeuge müssen nootlanden, stürzen ab oder verschwinden.Die Wasser- und Stromversorgung versagt, denn auch sie wird mit technischen Hilfsmitteln gesteuert.

Mitten in diesem Chaos findet sich Daniel Faber, IT-Experte einer Spielefirma, den Anschuldigungen des BND ausgesetzt, der davon überzeugt ist, dass Daniel für den Zusammenbruch des Internets mitverantwortlich ist. Daniel selbst kann jedoch nichts dafür, hat er doch nur versucht, einen kleinen Fehler seines Sohnes auszubügeln. Doch die Sache lässt ihn nicht los, und so beginnt er selbst nachzuforschen, wer hinter den Cyber-Angriffen steckt - denn mittlerweile ist klar: Da hat jemand gezielt nachgeholfen, und wer es auch war, so schnell wird er nicht lockerlassen.


Die Erzählweise hat mir sehr gut gefallen. Aus vielen verschiedenen Perspektiven erhält man hier Einblick in das Geschehen, unter anderem aus den Augen Daniels, seiner Schwester, die Ärztin in einem großen Krankenhaus ist; seiner Mutter auf dem Land, seiner Frau, die mit den Kindern per Flugzeug unterwegs in den Urlaub ist. Auch Nelson Carius, Sonderermittler des BND, erhält seinen eigenen Erzählstrang. Durch die vielen Perspektivwechsel ergibt sich so nach und nach ein Geflecht aus Informationen und Eindrücken, dass die Ereignisse nachvollziehbar darstellt. Etwas schade fand ich, dass einige der Handlungsstränge zwischenzeitlich stark im Vordergrund stehen, gegen Ende des Buches dann jedoch mehr oder weniger im Sande verlaufen und nur noch kurz aus der Sicht einer anderen Figur "fertigerzählt" werden. Das hätte in meinen Augen noch etwas schöner abgerundet werden.


Es kommt einige Spannung auf im Laufe des Buches, die auch bis zum Ende hin aufrechterhalten wird. Längen haben sich keine ergeben, und so habe ich das Lesen sehr genossen!