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Veröffentlicht am 30.07.2021

Zwiegespalten

Der Windhof
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Nach dem Tod ihres Mannes David stürzt Mel in ein tiefes Loch. Sie kannte David seit der Schulzeit, nie war sie mit einem anderen Mann zusammen, nie konnte sie sich jemandem so öffnen wie ihm. Ihr restliches ...

Nach dem Tod ihres Mannes David stürzt Mel in ein tiefes Loch. Sie kannte David seit der Schulzeit, nie war sie mit einem anderen Mann zusammen, nie konnte sie sich jemandem so öffnen wie ihm. Ihr restliches Leben will sie mit niemand anderem verbringen. Und so sitzt sie Tag für Tag in ihrer Wohnung, während draußen das Leben ohne sie weitergeht. Aber was macht das schon? Sie kann sich ohnehin nicht vorstellen, jemals einfach so weitermachen zu können, ohne David. So ist sie auch alles andere als begeistert, als sie erfährt, dass sie für einige Wochen in den Westerwald zu ihrer Großmutter Lene reisen muss, die sich das Bein gebrochen hat und nun ans Bett gefesselt ist. Lene, vor der sie als Kind immer schon Angst hatte, mit deren Hof sie hauptsächlich schlechte Erinnerungen verbindet. Doch alles kommt anders als gedacht, entpuppt sich Lene doch schon bald als gar nicht so unfreundlich und ihre Vergangenheit als unglaublich spannend. Und dann ist da auch noch Noah, der Arzt des kleinen Örtchens, der die bettlägerige Lene regelmäßig besucht und zu dem sie sich wider Willen irgendwie hingezogen fühlt...

Es gibt zwei Handlungsstränge, der erste beschäftigt sich mit Mel und ihrer Trauerbewältigung auf dem Windhof im Westerwald, der zweite spielt um 1930 herum am selben Ort und stellt Lene in den Mittelpunkt. Sie wird gegen ihren Willen verheiratet und taucht in eine Welt ein, die komplett neu für sie ist, und als wäre das Leben nicht schon hart genug, sieht sie sich plötzlich konfrontiert mit den antisemitischen und rassistischen Strömungen, die sich in jener Zeit in der Bevölkerung manifestieren. Auch Lene selbst gerät dabei mehr als einmal in große Gefahr.

Zunächst möchte ich gerne den Schreibstil positiv hervorheben, damit kam ich sehr gut zurecht; man kann sich die beschriebenen Szenen sehr gut vor Augen rufen, kommt beim Lesen schnell voran, ohne das Gfühl zu haben, dass es zu sehr ins Triviale abdriftet. Ich konnte oft viele Kapitel am Stück lesen, ohne das Buch beiseitelegen zu müssen (oder wollen).

Ebenso wie die Handlung zweigeteilt ist, war jedoch auch ich beim Lesen immer etwas zwiegespalten: Während mir der Handlungsstrang um Lene wirklich sehr gut gefallen hat, konnte ich mit der Gegenwart Mels nur wenig anfangen. Je weiter ich im Buch kam, desto mehr hat mich Mel als Protagonistin angestrengt, mit ihrer in Selbstmitleid badenden Persönlichkeit kam ich einfach nicht zurecht, für mich hat sie sich selbst viel zu sehr in den Mittelpunkt gestellt und zu wenig auf ihr Umfeld geachtet. Dass Lene in ihrer Vergangenheit genau gegenteilig unglaublich viel für andere riskiert und ihr eigenes Wohl unter das anderer Menschen gestellt hat, hat diesen Kontrast nochmal betont, und irgendwann habe ich festgestellt, dass ich beim Lesen der Mel-Kapitel eigentlich nur noch ständg darauf gewartet habe, wieder etwas aus Lenes Sicht zu lesen. Mels (wohl auch recht vorhersehbares...) Schicksal hat mich eigentlich kaum interessiert, wohingegen ich den Vergangenheitsstrang mit großer Spannung gelesen habe. Die historischen Hintergründe sind gut recherchiert und glaubhaft beschrieben.

So war es ein ständiges Hin-und-Her bei mir, das sich dann am Ende irgendwie bei 3 Sternen eingependelt hat. Als rein historischer Roman hätte das Buch in meinen Augen sicher noch viel mehr Potenzial gehabt!

Veröffentlicht am 24.07.2021

Genug

Genug
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Nach ihrem Schulabschluss nimmt sich die junge Frau, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, ein Ziel vor: Sie will abnehmen. Zu Beginn wiegt sie ca. 72kg, doch in nicht einmal einem Jahr nimmt sie ...

Nach ihrem Schulabschluss nimmt sich die junge Frau, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, ein Ziel vor: Sie will abnehmen. Zu Beginn wiegt sie ca. 72kg, doch in nicht einmal einem Jahr nimmt sie etwa 40kg ab und ist damit stark untergewichtig. Längst steht für sie nicht mehr wie anfangs noch die Gesundheit im Vordergrund, vielmehr ist ihr ständiger Wunsch, Gewicht zu verlieren, zu einer Krankheit geworden, die sie nicht mehr loslässt.

Selten habe ich ein Buch gelesen, das dieses Thema so eindrücklich dargestellt hat. Allein durch die Erzählweise, die sich vor allem von den kurzen Kapiteln in sehr ansprechender Sprache auszeichnet, fühlt man sich der Protagonistin bereits nahe und verfolgt mit Schrecken ihre Geschichte. Die vielen Rückblenden in ihre Kidheit und Jugend komplettieren das Bild einer jungen Frau, die sich innerlich leer fühlt, der irgendetwas fehlt, was sie einfach nicht finden kann und das sie letztendlich zu solcher Verzweiflung treibt, dass ihr Körper kurz vor dem Aufgeben ist. Immer wieder gibt es Einschübe in Form von Berichten, in denen sich die Sozialarbeiterin oder die Ärzte der namenlosen, jungen Frau zu Wort melden. Sie betonen die innere Zerissenheit der Protagonistin, die teils den starken Wunsch nach Veränderung zeigt und unbedingt am Leben bleiben will, dann jedoch wieder sämtliche Behandlungsmethoden vehement ablehnt.

Ein erschreckendes, jedoch sehr authentisches und eindringliches Buch, das mich sehr gepackt und von Anfang bis Ende überzeugt hat.

Veröffentlicht am 21.07.2021

Ein stiller Roman

Auszeit
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Schon seit einer ganzen Weile schreibt Henriette an ihrer Dissertation, oder besser: sie sollte daran schreiben. Denn sie komm nicht wirklich voran, ihre Arbeit scheint ihr abwechselnd faszinierend und ...

Schon seit einer ganzen Weile schreibt Henriette an ihrer Dissertation, oder besser: sie sollte daran schreiben. Denn sie komm nicht wirklich voran, ihre Arbeit scheint ihr abwechselnd faszinierend und völlig belanglos, es findet sich einfach kein roter Faden, dem sie folgen kann. Dann wird sie schwanger, und obwohl sie anfangs große Gefühle hegt für dieses Kind in ihr und sich sehnlich eine Tochter wünscht, treibt sie das Baby ab. Später reist sie mit einer Freundin in eine abgelegene kleine Hütte, um dort wieder zu Atem zu kommen.

Letzteres, der Aufenthalt in der Hütte, ist der Ausgangspunkt der Geschichte; von dort aus eröffnet der Roman dem Leser nach und nach Einblicke in die Vergangenheit, das Puzzle setzt sich langsam zusammen. Viel Handlung gibt es nicht, es ist mehr die Atmosphäre, welche die Autorin kreiert hat, die den Roman auszeichnet. Die Stagnation in Henriettes Leben, ihre Depression, all das spiegelt sich in der Sprache und der Erzählweise wider und wird auf diese Weise nachempfindbar gemacht. Ich konnte mich auch tatsächlich sehr gut hineinfühlen in die Geschichte, das Buch aufzuschlagen war jedes Mal, als senke sich eine dichte Wolke auf einen herab. Alles wirkt merkwürdig gedämpft, fast wie durch Watte hindurch und in Zeitlupe, oder so als sei man noch halb im Schlaf. So wurden die Gefühle und Gedanken der Protagonistin sehr gut transportiert.

Während Henriette in der sie plötzlich umgebenden Ruhe der Hütte versucht, ihrer Depression zu entkommen, sich endlich darüber klar zu werden, was sie möchte, welcher Weg der richtige für sie ist, liest man parallel dazu davon, wie es zu dieser Situation kam, zu ihrer Schwangerschaft, über die sie sich erst freute und die sie am Ende verzweifeln ließ.

Am Ende hat mir dann doch noch das entscheidende Fünkchen gefehlt, davon abgesehen habe ich die Stille des Romans aber sehr genossen.

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Veröffentlicht am 15.07.2021

Wem's gefällt...

Partem. Wie die Liebe so kalt
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Immer, wenn Xenia jemanden berührt, vernimmt sie dabei ein Geräusch. Das ist von Person zu Person individuell verschieden, es kann Löwengebrüll sein, tröpfelndes Wasser, zersplitterndes Glas. Das einzige, ...

Immer, wenn Xenia jemanden berührt, vernimmt sie dabei ein Geräusch. Das ist von Person zu Person individuell verschieden, es kann Löwengebrüll sein, tröpfelndes Wasser, zersplitterndes Glas. Das einzige, was immer gleich bleibt, ist die Unausweichlichkeit der Wahrnehmung. Zumindest, bis Xenia versehentlich Jael berührt und - nichts hört. Absolute Stille. Jael wiederum verspürt etwas ähnllich Irritierendes bei der Berührung von Xenia, denn von ihr scheint eine ganz besondere Macht auszugehen. Eigentlich ist es Jaels Aufgabe, Menschen die Liebe zu entziehen, doch Xenia scheint zu einer seltenen Gruppe Mensch zu gehören, bei der das nicht so einfach ist...

Ich halte mich kurz, um es hinter mich zu bringen: Das war wirklich gar nicht mein Fall. Die Protagonisten sind unfassbar unsympathisch, allen voran natürlich Jael, auch wenn ich mich in Xenia ebenfalls null hineinversetzen konnte (geschweige denn in die anderen Protagonisten, die für mich irgendwie eher Nebenfiguren blieben). Jael ist der Typ Mensch, der außer Arroganz und gutem Aussehen keine wesentlichen Charaktereigenschaften und Merkmale zu besitzen scheint. Und Xenia verfällt dem natürlich sofort, was es auch nicht besser macht. Die restlichen Figuren sind ebenso flach und unsympathisch.

Zur Geschichte selbst lässt sich erstmal sagen, dass sie nicht unbedingt viel Neues enthält - das brave, unschuldige Mädchen, das von seinen wahren Fähigkeiten nichts ahnt, verknallt sich in den arrogantesten Typen den es finden kann. Obwohl er das eigentlich nicht sollte, steht er natürlich auch total auf sie, und den Rest kann man sich denken. Ich fand die Entwicklungen im Buch in jeder Hinsicht sehr vorhersehbar und habe mich deshalb schnell gelangweilt, auch weil man über weite Teile nur weiß, dass es da irgendeine geheime Hintergrundorganisation gibt, zu der man aber kaum Infos erhält, obwohl die Hälfte der Figuren ihr angehört.

Mich hat das Buch einfach gar nicht packen können, es ist alles schon tausendmal dagewesenund die Umsetzung war jetzt auch nicht so der Hammer. Von daher nur ein Stern.

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Veröffentlicht am 12.07.2021

Ein schönes, wichtiges Jugendbuch mit Schwächen

Kate in Waiting
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Kate und Anderson sind seit Ewigkeiten die allerbesten Freunde. Und da Andy schwul ist, können sie sich sogar miteinander über Jungs unterhalten und gemeinsam für sie schwärmen. Denn, wenn man ehrlich ...

Kate und Anderson sind seit Ewigkeiten die allerbesten Freunde. Und da Andy schwul ist, können sie sich sogar miteinander über Jungs unterhalten und gemeinsam für sie schwärmen. Denn, wenn man ehrlich ist: bisher ist bei keinem der beiden jemals eine Beziehung zustande gekommen, kein Problem also. Dann ändert sich jedoch plötzlich alles, als sie in den Ferien in ein Camp fahren, in dem sie ihrem gemeinsamen großen Hobby, den Musicals, nachgehen. Denn natürlich lernen sie im Camp Matt kennen, der nicht nur großartig aussieht und toll schauspielert, sondern auch noch wirklich nett ist. Und als wäre es Schicksal, taucht ausgerechnet Matt nach den Sommerferien als neuer Schüler an ihrer High School auf und Kate und Anderson treffen ihn beinahe täglich bei den Musical-Proben...

Insgesamt mochte ich das Buch. Es ist unterhaltsam geschrieben und spricht, wie auch schon "Love, Simon", ein wichtiges Thema an: Homosexualität und Coming-Out Jugendicher. Diesbezüglich hat mir die Umsetzung auch gut gefallen.

Etwas gefehlt hat mir dagegen die Ausarbeitung der Nebencharaktere. Kate und auch Andy lernt man gut kennen, aber beispielsweise über ihre Freundinnen Brandie und Reina erfährt man kaum etwas, auch wenn die vier recht viel Zeit miteinander verbringen. Die restlichen Nebenfiguren bleiben ebenso blass. Dazu kommt, das das ganze Buch ein bisschen überdreht auf mich gewirkt hat, mir war es etwas zu "hyperaktiv", etwas zu viel typisches High-School-Klischee und dafür zu wenig ernsthaft. Von daher denke ich, dass es sich eher für jüngere Leser eignet.

Leider fand ich es auch ab einem bestimmten (recht frühen) Punkt sehr vorhersehbar, wie die Gschichte ausgeht; sowas ist immer ein bisschen schade, weil die Spannung dann weniger im WAS sondern mehr im WANN besteht und dann natürlich auch nicht mehr ganz so groß ist.

Abgesehen von diesen Kritikpunkten habe ich "Kate in Waiting" aber gerne gelesen, wenn es für mich auch nicht an "Love, Simon" heranreicht. Das Gefühl von Freundschaft, die Probleme eines gemeinsamen Schwarms, die Angst, dabei den besten Freund zu verletzen - all das wird gut transportiert.

Ich finde es wichtig, dass Themen wie Coming-Out und sexuelle Orientierung so auch Jüngeren zugänglich gemacht werden. Das, und auch das Verständnis dafür, sollte heutzutage ganz normal sein, ist es aber leider irgendwie immer noch nicht. Vielleicht kann dieses Buch ja ein kleines bisschen dazu beitragen?