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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2019

Wunderbar ländliches Flair und viel Spaß …

Bleib doch, wo ich bin
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Durch eine Leserunde auf Lovelybooks bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden und auch wenn ich nicht zu den Gewinnern/Gewinnerinnen zählte, musste ich dieses Buch unbedingt haben. Nun hieß es noch ...

Durch eine Leserunde auf Lovelybooks bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden und auch wenn ich nicht zu den Gewinnern/Gewinnerinnen zählte, musste ich dieses Buch unbedingt haben. Nun hieß es noch ein paar Tage warten bis das Taschenbuch erschien. Sofort schlug ich zu und am übernächsten Tag erreichte es mich dann endlich.

Das Cover hat mich sofort angesprochen. Es ist liebevoll gestaltet in den Farben Blau und Grün. Im Hintergrund ist eine Weide mit einer Schubkarre und ein paar Pferden zu sehen. Von unten zeigen ein paar beblätterte Äste ins Bild und von oben ein paar Blüten. Der Titel ist in Rot gestaltet und auf dem Wort „DOCH“ steht ein schattiertes Paar, Rücken an Rücken. Meinen persönlichen Geschmack trifft es total und passt meines Erachtens perfekt zu dieser Geschichte.

Auch der Klappentext ist sehr gelungen, wirft einen prima Konflikt auf, der gleichzeitig viel Spaß für den Leser verspricht und verrät trotzdem nicht zu viel.

Der Liebesroman „Bleib doch, wo ich bin“ von Lisa Keil ist am 27.März als Taschenbuch im Fischer-Verlag erschienen und spielt in Neuberg:

Kaya lebt in Neuberg, einem Dorf ca. 2 Stunden von Köln entfernt und hat eine kleine Buchhandlung. Um ihrer 13-jährigen Nichte Milena aus der Klemme zu helfen, gibt sie sich bei dem neuem Klassenlehrer als Milenas Mutter aus, nur leider kann sie ihn durch die starke Brille ihrer Schwester nicht richtig erkennen. Als das nächste Dorffest ansteht, wettet sie mit ihrer Freundin um einen Typen, der an der Bar sitzt, nichtsahnend, dass es sich dabei um Milenas Klassenlehrer handelt. Kaya findet ihn sofort sympathisch und sie kommen sich schnell näher, auch wenn Lasse erstmal die Finger von Frauen lassen wollte, nachdem seine Ex ihn betrogen hat. Auch Kaya will vorerst nur Spaß, doch die Liebe geht bekanntermaßen ihre eigenen Wegen. Vor beiden liegt eine wunderschöne Zeit mit vielen Gefühlen, aber auch Missverständnissen und Enttäuschungen und dem inneren Zwiespalt, sich gern auf jemanden fest einlassen zu wollen, sich aber gleichzeitig vor möglichen Verletzungen zu ängstigen und sich davor zu schützen.

Gut 4 Stunden habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich glücklich schmunzelnd zurücklässt.

Die 26-jährige Kaya ist eine selbstbewusste, junge Frau, die sagt, was sie denkt und sehr offen ist. Sie ist ein starker Charakter, lässt sich von kaum etwas unterkriegen und hat ein Riesenherz. Mir ist Kaya total sympathisch und ich habe sie gleich in mein Herz geschlossen. Auf den ersten Blick ist sie eine absolute Frohnatur, aber trotzdem ein sehr gefühlvoller Mensch, der schon auch schnell verletzlich ist, vor allem wenn sie sich jemandem gegenüber geöffnet hat. Im Laufe des Romans macht Kaya eine sehr gelungene Entwicklung durch und sie ist in allem was sie sagt, macht und denkt nachvollziehbar und wirklich authentisch. Dadurch fiel es mir leicht, mich in sie hineinzuversetzen und insbesondere mit ihr mitzufühlen.

Lasse dagegen wirkt am Anfang etwas spießig und zum Teil ein wenig depressiv, nachdem seine Freundin ihn betrogen hat. Zwar will er sich nicht auf etwas Neues einlassen, aber Kaya ist eben etwas ganz Besonderes. Auch Lasse hat die nötige Tiefe, die ich mir als Leserin wünsche, ist authentisch und macht eine Entwicklung durch, obwohl diese für mich hätte etwas deutlicher ausfallen können. Zum Teil wirkt er auf mich etwas passiv und leider auch ein wenig weinerlich.
Ich begrüße es sehr, dass die Autorin sehr darauf bedacht war, bei der Figurenentwicklung klischeefrei zu arbeiten. Mir persönlich gefällt das gut, doch ist gerade Lasse etwas zu überzeichnet für mich. Er ist Lehrer, er wurde betrogen, er leidet. Natürlich dürfen Männer ihre Verletzungen zeigen, doch leider kommt Lasse manchmal fast zu weich rüber. Das finde ich persönlich etwas schade. Für meinen Geschmack hätte Kaya ein sehr starkes Gegenüber haben können, was vielleicht zu noch mehr Konflikt und noch mehr amüsanten Momenten geführt hätte. Trotzdem mag ich ihn.

Auch alle anderen Figuren sind wirklich gelungen und sympathisch. Milena hat mich ganz besonders abgeholt. Sie ist so schön pubertär, etwas naiv und unüberlegt in ihrer Art.

Die Handlung des Buches hat mir sehr gefallen. Es gibt eine gut entwickelte Spannungskurve, so dass ich als Leserin immer im Buch gehalten wurde und nicht aufhören konnte zu lesen. Auch die Konflikte sind für meinen Geschmack sehr gut erdacht und angelegt. Nichts wirkt konstruiert. Beide Protagonisten haben Hindernisse zu überwinden und müssen kämpfen und leiden. Es fällt ihnen nichts einfach so zu. Ich fand die gesamte Handlung sehr abwechslungsreich und ausgesprochen unterhaltsam.

Es gibt auch ein paar prickelnde Momente, aber lest selbst…

Besonders gefallen hat mir, dass sich die Autorin bewusst fürs Landleben und gegen die Großstadt entschieden hat, obwohl man dort gegebenenfalls mehr erleben könnte, weil es mehr Gefahren birgt. Aber das Landleben: Wer es kennt, der liebt es! Es sind so wundervolle Szenen, die mich haben laut lachen lassen. Allein wenn ich an das Scheunenfest denke und wie Lasse dort aufgetaucht ist, in seinen feinen Sachen und wie er sich dann später festgefahren und schmutzig gemacht hat. Vielleicht war das zum Teil etwas klischeehaft, aber dann waren die Klischees für mich noch nicht abgenutzt. Es ist zwar ein bisschen Schubladendenken, aber so genial. Wirklich großartig!!!

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 24 längere Kapitel, die in der ICH-Form abwechselnd aus Kayas uns Lasses Sicht geschrieben sind. Das gefällt mir sehr, vor allem um sich gut in die Charaktere und deren Gefühlswelt hineinversetzen zu können.

Den Schreibstil Lisa Keils habe ich logischerweise nur auszugsweise in der Leseprobe kennenlernen können, doch er hat mich gleich überzeugt und bleibt über das gesamte Buch auch so bestehen. Dadurch bin ich super in die Geschichte reingekommen. Lisa Keil schreibt locker und flüssig, sehr bildhaft und sehr humorvoll. Ich kann mich nur wiederholen, so einige Male habe ich laut losgelacht. Aber es gibt eben auch sehr gefühlvolle Szenen, die mich genauso beeindruckt haben. Die Dialoge sind sehr umgangssprachlich und das meine ich in keinster Weise negativ. Ich finde sie sehr frisch und unterhaltsam. Die Formulierungen passen meines Erachtens gut zum Genre und der Einzigartigkeit der Figuren.
Besonders gelungen fand ich die atmosphärischen Beschreibungen. Ich hab mich gefühlt, als wäre ich in Neuberg überall dabei, eben auf dem Land.

Mein Fazit nach 330 Seiten im Taschenbuch:

„Bleib doch, wo ich bin“ ist ein Liebesroman, der zeigt, wie wichtig es ist, sich nicht von negativen Erfahrungen der Vergangenheit prägen zu lassen, sondern neue Beziehungen offen und vertrauensvoll zu beginnen und sich nicht selbst unter Druck zu setzen.

Wer einen unterhaltsamen Liebesroman in einem wunderbar ländlichen Setting mit viel Humor sucht, der auch die Themen „Vertrauen“ und „Selbstbewusstsein“ verarbeitet, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (4/5 Sternen), weil die Figuren, das Setting und die Handlung sehr realistisch dargestellt sind und ich mich gefühlt habe, als wäre ich dabei. Der Roman ist wirklich unterhaltsam, mit so schön amüsanten Momenten. 1 Sternchen ziehe ich für die Figur Lasse ab. Mir persönlich war er etwas zu überzeichnet, zu weich, zu weinerlich. Da hätte ich mir einen stärkeren Gegenpart zu Kaya gewünscht, aber das ist nur mein persönlicher Geschmack.

Insgesamt ist es ein wirklich gelungener Roman, den ich nur weiterempfehlen kann und ich kann es nicht erwarten, die Fortsetzung zu lesen.

Vielen Dank an Lisa Keil für diese Geschichte.

Veröffentlicht am 22.05.2019

Spannende (Liebes-)Geschichte im Märchen-Stil für Jugendliche …

Schattenthron
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Durch eine Leserunde auf Lovelybooks bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Um genau zu sein, hat mich das Cover gepackt. Meinen Geschmack trifft es total. Pink ist meine Lieblingsfarbe und damit ...

Durch eine Leserunde auf Lovelybooks bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Um genau zu sein, hat mich das Cover gepackt. Meinen Geschmack trifft es total. Pink ist meine Lieblingsfarbe und damit kam ich an diesem Buch nicht vorbei. In einem schwarzen Herzen sind der Titel des Buches (in Gold), der Name der Autorin und zwei weiße Rehe dargestellt. Um das Herz herum sind pinkfarbene, romantische Szenen/Symbole angeordnet, die an Märchen und Liebe erinnern. Ich finde, es hebt sich von anderen Büchern dieses Genres deutlich ab und wird allein dadurch schon interessant. Nachdem ich den Roman dann gelesen hatte, kann ich sagen, das Cover passt wirklich perfekt zu dieser Geschichte.

Der Klappentext hat mir auch sofort zugesagt. Es klingt nach einer spannenden Fantasy-Story verpackt in eine Liebesgeschichte. Der angedeutete Konflikt hat für meinen Geschmack viel Potenzial und in jedem Fall meine Neugier geweckt.

Der Jugendroman „Schattenthron: Das Mädchen mit den goldenen Augen“ von Angelika Diem erschien am 01.05.2017 im Oettinger34 Verlag und spielt in einem Königreich.

Rahel lebt mit ihren Adoptiveltern in dem kleinen Dorf Weißenrosen, deren Bewohner in ständiger Angst vor Übergriffen der königlichen Soldaten leben. Sie und ihr Geheimnis sind dort wohlbehütet, bis sie sich bei einem Übergriff durch einen ihrer Verehrer selbst verrät. Um ihre geliebten Eltern nicht unnötig in Gefahr zu bringen, flieht sie an den königlichen Hof und nimmt dort Arbeit als Küchenmagd auf. Durch einen Zufall gerät sie dann in die Brautschau für den Prinzen und muss herausfordernde Prüfungen absolvieren, um die Gunst des Prinzen zu gewinnen. Dabei kommt sie einem dunklen Geheimnis des Königs und seiner Familie auf die Spur. Rahel will alles tun, um das Königreich und deren Bewohner zu retten. Vor ihr liegt eine aufregende und gefährliche Zeit, die geprägt ist von ihrem inneren Konflikt, ob sie als einfaches Mädchen gut genug für den Prinzen ist.

Gut drei Stunden brauchte ich für dieses Buch, das mich am Ende glücklich zurücklässt, aber auch etwas aufgeregt, denn es gibt einen Cliffhanger und der verspricht schon wieder viel Spannung.

Rahel ist ein junges Mädchen, das in einer Wirtschaft in der Küche arbeitet. Sie ist mutig und selbstbewusst und lässt sich nichts gefallen. Als ihr Geheimnis herauskommt, flieht sie an den königlichen Hof, um ihre Eltern nicht weiter in Gefahr zu bringen. Auch dort lässt sie sich nicht unterkriegen. Zwar gerät sie durch die Brautschau in „mädchenhafte“ Zickereien, aber sie bewahrt insgesamt einen kühlen Kopf und hat immer ihr Ziel vor Augen, von dem sie sich nicht abbringen lässt. Want und Need von Rahel sind nachvollziehbar und auch ihre Motivation. Mir persönlich fehlt der Protagonistin ein wenig Tiefe. Außerdem ist es etwas schade, dass Rahel alles irgendwie immer gleich gelingt. Sie kommt nie so richtig in Schwierigkeiten bzw. wenn doch, wird sie immer gleich gerettet. (SPOILER ANFANG: Als sie im Rahmen der Prüfungen keinen Koffer und keine passende Kleidung hat, hilft ihr ein wildfremdes Mädchen aus der Patsche. SPOILER ENDE) Natürlich erklärt sich später diese Verbindung und auch das Handeln von Rieke, aber ich hätte mir gewünscht, dass Rahel einfach etwas mehr aushalten und kämpfen muss und dass die Hürden etwas höher gelegt worden wären. Auch eine wirkliche Entwicklung macht Rahel meines Erachtens nicht durch. Insgesamt mag ich Rahel aber trotzdem sehr gern und habe sie auch in mein Herz geschlossen. Trotzdem wurde da etwas Potenzial verschenkt.

Gleiches gilt für Leonard. Er ist gerade am Anfang sehr sympathisch gezeichnet und man kann sich gut in ihn hineinversetzen, aber auch ihm fehlt für meinen Geschmack Tiefe. Sein Want ist mir nicht so richtig klar geworden. Erst zum Ende kam etwas Licht ins Dunkel.

Auch viele der Nebenfiguren sind recht sympathisch. Doch ich finde alle Figuren zu wenig dreidimensional. Zum Teil sind sie mit Klischees angehaucht. Mit etwas mehr Individualität hätte das Ergebnis meines Erachtens noch besser ausfallen können.

Die Settings haben mir sehr gut gefallen. Es waren verschiedene Orte ausgewählt und auch gut beschrieben, so dass allein dadurch schon für Abwechslung gesorgt wurde.

Die Handlung des Buches finde ich ebenfalls gelungen. Auch wenn der Roman am Anfang etwas düster war, hat er damit aber eine passende Stimmung erzeugt, so dass man Rahels Situation gut nachempfinden konnte. Am Anfang wird ein sehr gut durchdachter Konflikt aufgeworfen, der sich im Laufe der Geschichte weiter entwickelt und bis zum Schluss für Spannung sorgt. Die Spannungskurve ist an keiner Stelle unterbrochen, jedoch traten manche Situationen für mich zu „zufällig“ oder nicht nachvollziehbar ein. (SPOILER ANFANG: Wieso meldet sich der Prinz am Ende drei Wochen lang nicht mehr bei ihr? SPOILER ENDE). Es sind ein paar tolle Twists dabei. Gerade der Twist kurz vor dem Ende (SPOLER ANFANG: das Geheimnis um die Königin SPOILER ENDE), hat mir sehr gut gefallen.

Der Roman ist insgesamt sehr spannend und abwechslungsreich. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz, hätte für meinen persönlichen Geschmack aber noch mehr Raum einnehmen können.

Ein bisschen ärgerlich fand ich dann das Ende. Also, es hat mir schon gut gefallen, aber so ein Cliffhanger… liebe Frau Diem. Ich konnte mich aber recht schnell wieder beruhigen, denn den zweiten Teil gibt es ja zum Glück schon. (grins)

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 4 längere Leseabschnitte, die in weitere kleinere, nicht nummerierte Abschnitte, unterteilt sind, die in der ICH-Form aus Rahels Sicht geschrieben sind. Der Schreibstil ist flüssig und bildreich. Die Dialoge hätten für mich noch etwas lebendiger sein können und vor allem mehr. Gerade die königliche Sprache, auch wenn sie zu diesem Buch passt, hat den Lesefluss zum Teil etwas unterbrochen und passt nicht unbedingt zu der Artikulation der anderen Figuren. Das hätte meines Erachtens noch etwas besser aufeinander abgestimmt werden können. Auch die Gefühlsebene ist für meinen Geschmack noch ausbaufähig, d.h. mir wurden als Leserin noch nicht genug Gefühle und Eindrücke transportiert und ich hätte Rahel gern noch etwas mehr leiden sehen.

Besonders gelungen fand ich die Szene am Lagerfeuer mit Rahel und Leonard. Das war wirklich romantisch und hat mich die beiden besser kennenlernen lassen. Genau in dieser Situation haben beide etwas Tiefe bekommen.

Mein Fazit nach 333 Seiten:

„Schattenthron: Das Mädchen mit den goldenen Augen“ zeigt, wie wichtig es ist, für sein Glück und die Liebe zu kämpfen und sich nicht durch eigene Zweifel oder das Gerede anderer verunsichern zu lassen. Liebe ist ein hohes Gut und versetzt bekanntermaßen Berge.

Wer einen spannenden Jugendroman eingebettet in eine Liebesgeschichte mit Fantasy-Elementen sucht, der auch das Thema „Selbstbewusstsein“ verarbeitet, dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.

Von mir erhält das Buch eine Kaufempfehlung (4/5 Sternen), weil es eine spannende Geschichte mit einer wirklich starken und mutigen Protagonistin ist, die einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat. Ein Sternchen ziehe ich ab, für die fehlende Tiefe der Figuren, insbesondere der Protagonistin und für das noch nicht ausgeschöpfte Potenzial der Darstellung der emotionalen Ebene.

Insgesamt ist es aber ein gelungener Roman, den ich weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an Angelika Diem für diese Geschichte.

Veröffentlicht am 19.05.2019

Ein Wahnsinns-Roman: bewegend und ergreifend…

Das Haus der Verlassenen
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Durch eine Leserunde auf wasliestdu.de bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Das Cover hat mich sofort gepackt, denn der Zaun im Vordergrund scheint etwas vor der Öffentlichkeit verstecken zu wollen. ...

Durch eine Leserunde auf wasliestdu.de bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Das Cover hat mich sofort gepackt, denn der Zaun im Vordergrund scheint etwas vor der Öffentlichkeit verstecken zu wollen. Ein Geheimnis. Ansonsten wirkt es etwas düster und bedrückend. Dafür sorgt schon der dunkle Himmel. Lediglich das Mädchen in dem roten Mantel, das auf einem geebneten, von Bäumen gesäumten Weg auf das alte Herrenhaus zugeht, bringt etwas Farbe in das Cover. Da sie aber hinter dem Zaun ist, hat sie bestimmt was mit dem Geheimnis zu tun.

Der Klappentext holt mich dann vollends ab. Er wirft spannende Fragen auf, deutet einen großen Konflikt an und verspricht Geheimnisse. Natürlich möchte ich wissen, was damals vor sich gegangen ist und wie die Vergangenheit mit der heutigen Zeit verwoben ist. Also, los geht’s.

Die Familiensaga gepaart mit Thriller-Elementen „Das Haus der Verlassenen“ von Emily Gunnis erschien am 18. März 2019 im HEYNE-Verlag und spielt in Sussex.

Ivy ist eine junge Frau, die an die Liebe glaubt und bitter enttäuscht wird, denn sie wird unehelich schwanger und in ein Heim für ledige Mütter verfrachtet. Trotz härtester, körperlicher Arbeit und schweren Misshandlungen hat sie Hoffnung, irgendwann ein glückliches Leben mit ihrem Kind und dem Vater des Kindes führen zu können. Doch nur sie scheint sich dieses Leben zu wünschen. Vor Ivy liegt eine schwere Zeit, die geprägt ist von Gewalt, Angst und tiefen Gefühlen und ihrem inneren Konflikt, weiter für das Leben und ihr Kind zu kämpfen oder aber dem Ganzen selbst ein Ende zu setzen.

In engem Zusammenhang mit Ivy’s Geschichte steht Sams Geschichte. Sam ist eine junge Journalistin, die zufällig auf einen Brief von einer Ivy stößt, die dem Vater ihres Kindes schreibt und diesen anfleht, sie und ihr Kind zu retten. Der Brief nimmt sie so mit, dass sie beginnt über St. Margaret’s zu recherchieren, wodurch die sie viel Grausames und furchtbare Geheimnisse erfährt, die eine blutige Spur bis in die Gegenwart ziehen und in direktem Zusammenhang mit ihrer eigenen Familiengeschichte zu stehen scheinen. Auch vor Sam liegt eine schwere Zeit, die geprägt ist von tiefen Emotionen über die Vergangenheit, aber auch der heutigen Zeit, mit allen Konsequenzen, die ihre Recherche provozieren.

Gut 4 Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich aufgewühlt, bedrückt und schockiert zurücklässt.

Beide Protagonistinnen Ivy und Sam sind sehr starke und mutige Frauen. Sie wollen etwas Bestimmtes erreichen und arbeiten hart dafür, wobei sie immer an das Gute in Menschen glauben, auch wenn sie die Realität zum Teil etwas anderes lehrt. Sie stehen beide allein da, weil ihre Männer sie im Grunde verlassen haben. Trotzdem ergeben sie sich nicht ihrem Schicksal, sondern kämpfen, solange es eine Aussicht auf ein gutes Ende gibt.

Beide Protagonistinnen sind sehr authentisch und ihre Schicksale wirklich realistisch dargestellt, d.h. auch jede in ihrer Zeit mit den Normen und Werten, die da vorherrschten. Beide haben ein konkretes Ziel, das die jeweilige Motivation gut verstehen und nachvollziehen lässt und beide machen eine beobachtbare Entwicklung durch. Sie sind dreidimensional, für mich nicht klischeehaft und sehr gut durchdacht. Wirklich großartig!

Die anderen Figuren sind auch alle wunderbar entwickelt, mit einem eigenen Ziel und einer eigenen Motivation.

Von der Handlung des Buches bin ich ebenfalls begeistert. Es gibt eine sehr gelungene Spannungskurve, die über das gesamte Buch stetig ansteigt. Man ist immer dabei und möchte nicht, nein, kann nicht aufhören zu lesen. Es gibt aus meiner Sicht auch immer wieder überraschende Wendungen bzw. neue Informationen, die einen in eine andere Richtung denken lassen. Man vermutet als Leser/in so einiges, wird aber durch die Autorin immer im Ungewissen gelassen, so dass wirklich erst am Ende alles aufgeklärt wird. Und wo wir gerade dabei sind. Auch das Ende ist wirklich sehr gelungen und ein bisschen anders als ich dachte.

Ganz besonders haben mich Ivy’s Briefe an den Vater des Kindes gepackt, die sehr emotional geschrieben waren und mich wirklich berührt haben.

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 46 längere Kapitel + Prolog und Epilog, die in der 3. Person Singular in der personalen Erzählform aus verschiedenen Sichten geschrieben sind, vorrangig aber aus der Sicht Ivys und Sams. Das gefällt mir sehr gut, denn man kann sich dadurch gut in die Figuren hineindenken und auch Situationen miterleben, bei denen man sonst nicht dabei wäre, z.B. der Todestag des Arztes aus Sicht des Arztes geschrieben. Das war sehr spannend und natürlich aufschlussreich. Aber ganz besonders packend und berührend sind einfach Ivy’s Briefe geschrieben, die dafür sorgten, dass ich immer am Ball blieb.

Das war mein erstes Buch von Emily Gunnis, so dass ich sehr gespannt auf ihren Schreibstil war und ich muss sagen, bis jetzt habe ich wirklich was verpasst. Er ist einfach grandios. Sehr flüssig, bildhaft und unheimlich emotional bzw. berührend. Auch die spannenden Abschnitte sind echt gut. Ich habe mit den Personen regelrecht mitgezittert und mitgelitten. Mit ihrer Art zu schreiben, schafft sie eine ganz besondere Atmosphäre/Stimmung, die einen nicht mehr loslässt. Auch nach dem Ende des Buches hat mich dieser Roman noch einige Zeit beschäftigt, denn Emily Gunnis ist es so wunderbar gelungen, so realitätsnah zu schreiben und den Leser/die Leserin tief zu berühren. Ich bin immer noch hin und weg und musste es auch noch ein wenig wirken lassen, bevor ich die Rezension schrieb.

Mein Fazit nach 392 Seiten im Taschenbuch:

„Das Haus der Verlassenen“ ist ein ergreifender Roman, der sehr emotional zeigt, wie schlecht es Frauen vor nicht allzu langer Zeit ergehen konnte, die unehelich schwanger wurden und wie man sich dieser Problematik entledigen konnte, wenn sie nicht ins persönliche Lebenskonzept passten.

Wer einen tiefgründigen, berührenden Roman sucht, der zum Teil in der Zeit um 1956 in Sussex spielt, der viele schwierige Themen wie uneheliche Schwangerschaft, die Rolle der Frau, aber auch das Thema Misshandlung thematisiert, dürfte mit diesem Buch gut beraten sein. Der Schreibstil von Emily Gunnis ist grandios und lässt alles sehr lebendig sein, so als wäre man dabei. Wirklich fantastisch!!!

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (5/5 Sternen), weil die Figuren und so realistisch dargestellt sind und die Handlung mich wirklich aufgewühlt und nachdenklich gestimmt hat. Dieser Roman ist nach „Die Fliedertochter“ mein zweites Highlight in diesem Jahr. Manches ist wirklich bedrückend und man muss als Leser/in ganz schön schlucken und auch die Tränen verdrücken. Besonders Ivy’s Schicksal ist hoch emotional.

Insgesamt ist es ein mehr als gelungener Roman, den ich ganz klar weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an Emily Gunnis für diese Geschichte.

Veröffentlicht am 30.04.2019

Bestes Buch dieser Reihe mit intensiven Gefühlen…

After forever
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Nun ist auch Band 4 seinen Geschwistern in mein Zuhause nachgereist und ich kann es gar nicht erwarten zu erfahren, wie die Geschichte der beiden Protagonisten ausgeht.

Ein weiteres dieser wunderschönen, ...

Nun ist auch Band 4 seinen Geschwistern in mein Zuhause nachgereist und ich kann es gar nicht erwarten zu erfahren, wie die Geschichte der beiden Protagonisten ausgeht.

Ein weiteres dieser wunderschönen, schlichten Cover ziert jetzt mein Bücherregal. Das Buch ist in schwarzmatt gehalten, Schrift und Blumenranke sind wieder in Glanzschwarz und der Schriftzug „forever“ in blau gestaltet. Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen. Mir gefallen die Cover dieser Reihe wirklich sehr und sie passen auch wirklich gut zu dieser Geschichte.

Der Klappentext verspricht viele Konflikte, ohne zu viel zu verraten und genau damit packt Anna Todd mich auch, so dass ich auf jeden Fall wissen möchte, was im vierten Band passieren wird und vor allem ob Tessa und Hardin eine gemeinsame Zukunft haben werden.

Der New Adult - Roman „AFTER forever“ von Anna Todd erschien am 15.08.2015 im Heyne-Verlag und knüpft inhaltlich als auch örtlich an den dritten Band an, d.h. der Leser / die Leserin treffen Hardin und Tessa in London wieder. Später reist man mit den beiden aber auch in Tessas Heimat, in das Zuhause von Hardins „Vater“ und auch nach New York:

Nachdem Tessa über Hardins Vater Bescheid weiß, will sie ihm zur Seite stehen, doch Hardin grenzt sich ab und zieht sich zurück, nach dem Verrat durch seine Familie. Er flieht in seine „alte“ Welt und verletzt Tessa damit sehr. Die fliegt allein zurück in die USA, nur um dort den nächsten schweren Schicksalsschlag einstecken zu müssen, den sie aber nicht mehr verkraften kann. Tessa bricht zusammen und wird in ihr Elternhaus gebracht, wo ihr ihre Jugendliebe Noah zur Seite steht. Natürlich dauert es nicht lange bis Hardin dort auftaucht und versucht, so gut es geht, sich um Tessa zu kümmern. Doch die lässt ihn nicht mehr an sich heran. Erst als sie in einer ihrer schwierigsten Stunden erfährt, dass Zed doch nicht so ehrlich zu ihr war, wie sie vermutete, und ihr gegenüber eher fordernd als unterstützend auftritt, ist es Hardin, der ihr Halt gibt. Nach all den Geschehnissen erkennt Tessa jedoch, dass es für sie so nicht weitergehen kann und bittet Hardin um Abstand und Freiraum, was er ihr schweren Herzens zugesteht, in der Hoffnung ihre Liebe zu retten. Vor Tessa und Hardin liegt eine schwierige Zeit, die geprägt ist von deren inneren Kampf, den jeweils anderen aus Liebe eben auch loslassen zu können, um sich selbst zu finden, zu verwirklichen und treu bleiben zu können.

Gut acht Stunden brauchte ich für dieses Buch, das mich am Ende glücklich zurücklässt, obwohl es mich einige Male tief berührt und traurig gestimmt hat.

Die beiden Hauptcharaktere sind mir mittlerweile echt ans Herz gewachsen. Tessa erkennt, in welcher Abhängigkeit sie lebt und dass die Liebe zu Hardin sie zerstört, wenn es ihr nicht gelingt, sie selbst zu werden. Schlimmer noch für sie, dass sie Hardins positive Entwicklung behindert. So geht sie den für sie richtigen Weg, Abstand zwischen sich und Hardin zu bringen und ihre eigenen Träume zu verwirklichen. Sie lernt auch ohne Hardin glücklich zu sein, auch wenn er sich doch immer in ihre Gedanken schleicht.

Auch Hardin nutzt die schwere Zeit, um an sich und seinen Problemen zu arbeiten und beginnt eine längst überfällige Therapie. Dadurch wird ihm viel bewusst, v.a. aber dass er Tessa Freiraum geben muss, wenn er sie nicht verlieren will. Er wird in diesem Band für mich persönlich deutlich reifer und erwachsen, was ich aber in Anbetracht der Zeitsprünge zum Ende des Buchs auch erwartet habe.

Beide Protagonisten entwicklen sich in diesem vierten Band großartig, sie sind dreidimensional und verhalten sich bzw. entscheiden nachvollziehbar für den Leser/die Leserin. Natürlich zerreißt es einem manchmal fast das Herz, die beiden schon auch so leiden zu sehen und man hofft, ihre Wege führen sie wieder zusammen.

Die Handlung des Buches gefällt mir dieses Mal sehr. Ich empfand keine Szene als konstruiert. Auch die Spannungskurve ist wirklich gut entwickelt und so gestaltet, dass es kein ständig monotones Auf und Ab ist, sondern eher ein Mitfiebern und Hoffen. Die Story ist sehr abwechslungsreich gestaltet.

Insgesamt ist auch Band 4 wieder sehr unterhaltsam. Man erfährt einiges über Hardin, d.h. was ihn zu dem Menschen gemacht hat, der er geworden ist. Die Stimmung in weiten Teilen des Romans ist ziemlich bedrückend. Man spürt aber trotzdem, dass es noch Hoffnung gibt.

Natürlich knistert es auch wieder gewaltig mit einigen prickelnden Momenten.

Am Ende gibt es diesmal keinen Cliffhanger, ACHTUNG SPOILER ANFANG: aber wie ich finde ein wunderschönes Happy End, an das ich in dieser Form schon nicht mehr geglaubt hatte SPOILER ENDE.

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 79 Kapitel + Epilog, von denen die meisten mittlerweile etwas länger sind. Wieder bin ich durchs Buch geflogen. Es wird abwechselnd aus Tessas und aus Hardins Sicht in der ICH - Form geschrieben. Der Schreibstil gefällt mir zunehmend besser, ist locker und flüssig und hat sich meines Erachtens im Vergleich zu Band 1 ganz deutlich weiterentwickelt.

Auch im vierten Band spricht Hardin wieder wie Hardin, d.h. zu seinem Wortschatz/Wortgebrauch gehören ordinäre Ausdrücke. Es ist nicht mehr so schlimm wie in den Vorbänden, aber eben immer noch da. Das zeigt, dass Hardin sich entwickelt, aber natürlich nicht gänzlich ändert.

Wieder besonders gelungen fand ich die Darstellung der emotionalen Ebene. Durch die Beschreibung der Gefühlswelt und der Atmosphäre fühlt man mit den Protagonisten mit und kann sich die dargestellten Situationen gut vorstellen. Man ist auf eine besondere Art verbunden.

Mein Fazit nach 567 Seiten:

„AFTER forever“ zeigt sehr emotional, wie schmerzhaft und schwierig Liebe sein kann. Auch wenn man jemanden liebt, muss man ihn/sie manchmal loslassen, um ihn/sie nicht zu verlieren. Wichtig ist, sich selbst treu zu sein und die eigenen Ziele und Träume nicht für eine andere Person aufzugeben. Nur wenn man bei sich ist und das Gefühl hat, sich verwirklicht zu haben, kann man auch mit jemand anderem glücklich werden. Verzichtet ein Partner/ eine Partnerin auf die eigenen Träume besteht die Möglichkeit von Vorwürfen, die sich auf Dauer belastend auf eine Beziehung auswirken können.

Wer einen sehr emotionalen New Adelt-Roman sucht, der sehr ehrlich mit dem Thema „Liebe“ umgibt und nichts schön rosa malt, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (5/5 Sternen), weil sowohl die Figuren, als auch die Handlung authentisch sind. Das Thema „Liebe“ ist nicht rosarot, sondern sehr ernst verarbeitet und macht deutlich, wie wichtig es ist, eigene Ziele bzw. Träume nicht wegen der Liebe aufzugeben. Kritikpunkte habe ich diesmal keine.

Insgesamt ist es ein sehr gelungener Roman, den ich nur weiterempfehlen kann.

Und so bin ich gespannt auf den fünften Band, der schon zum Lesen bereit liegt.

Vielen Dank an Anna Todd für diese Geschichte.

Veröffentlicht am 30.04.2019

Trauriger und ergreifender Roman…

Die Fliedertochter
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Durch eine Leserunde auf wasliestdu.de bin ich auf dieses Buch gestoßen. Das Cover sprach mich sofort an, auch wenn es anderen Covern dieses Genres sehr ähnelt. Eine Frau schaut, mit dem Rücken zum Leser/zur ...

Durch eine Leserunde auf wasliestdu.de bin ich auf dieses Buch gestoßen. Das Cover sprach mich sofort an, auch wenn es anderen Covern dieses Genres sehr ähnelt. Eine Frau schaut, mit dem Rücken zum Leser/zur Leserin, zu einem alten Herrenhaus und von oben fallen Fliederblüten ins Bild. In der Hand hält sie einen Fliederstrauß. Vor ihr liegt ein Weg, der beidseitig mit lilafarbenen Blumen bewachsen ist. Ich finde das Motiv und die farbliche Gestaltung sehr gelungen und passend zur Geschichte.

Auch der Klappentext hat mich sofort gepackt. Es wird eine Geschichte über zwei Frauen bzw. deren Schicksale angedeutet, um die sich ein Geheimnis webt. Diese Konstellation hat mich neugierig gemacht. Zwei Erzählstränge in zwei verschiedenen Zeitebenen, das mag ich persönlich sehr.

Der historische Roman „“Die Fliedertochter“ von Teresa Simon ist am 11. Februar 2019 im Heyne Verlag erschienen und spielt größtenteils in Wien:

Paulina ist eine toughe, junge Frau in der heutigen Zeit, die von einer älteren Dame, die sie schon ihr Leben lang kennt, gebeten wird, nach Wien zu reisen und ein Erbstück in Empfang zu nehmen. Paulina tut der älteren Dame diesen Gefallen ohne zu ahnen, dass das Erbstück mit ihrer eigene Familiengeschichte verbunden ist und das bisher gehütete Geheimnis aufdeckt. In engem Zusammenhang mit Paulinas Geschichte steht die Geschichte um Luzie Kühn.

Luzie ist ebenfalls eine starke, junge Frau, die zur Zeit des NS - Regimes in Berlin lebt. Als Jüdin wird es aber immer schwieriger in dieser Stadt. Zu ihrem Schutz schicken ihre Großeltern sie nach Wien zu Bekannten, die dort behaupten, Luzie wäre die lange verschollene Tochter, so dass niemand ihre wahre Identität kennt. In Wien lernt sie dann einen Mann kennen, ebenfalls Jude, in den sie sich sofort verliebt. Ihre „Eltern“ warnen sie vor möglichen Konsequenzen, doch Luzie lässt sich nicht bekehren. Vor ihr liegt eine schwierige Zeit, in der sie um ihre Liebe kämpft und die geprägt ist von ihrem inneren Konflikt, die eigene Identität zu verschleiern, um seinem Schicksal zu entgehen oder offen zuzugeben wer man ist und mit den Folgen zu leben.

Gut 3 Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich aufgewühlt und bedrückt zurücklässt.

Die beiden Protagonistinnen Paulina und Luzie sind selbstbewusst und mutig. Beide wissen im Grunde, was sie wollen und arbeiten hart für ihre Ziele. Paulina ist ein Stück weit auf dem Weg der Selbstfindung, wohingegen Luzie die große Liebe und Sicherheit sucht. Doch manchmal trügt der Schein und sie muss schmerzlich feststellen, dass man auch falsche Entscheidungen trifft, dann aber mit den Konsequenzen umgehen muss.

Beide Protagonistinnen sind sehr authentisch und ihre Schicksale sehr realistisch dargestellt. Gerade Luzies Geschichte hat mich sehr bewegt, aufgewühlt, aufgeregt, bedrückt, erschrocken und traurig gemacht. Ihre zum Teil verzweifelte Situation konnte ich regelrecht spüren. Wie schlimm muss es damals für die betroffenen Menschen gewesen sein.

Auch alle anderen Figuren sind wunderbar entwickelt und gezeichnet und jede ist besonders auf ihre Art. Jede Figur hat ein eigenes Ziel und eine eigene Motivation, was mich wirklich beeindruckt hat.

Die Handlung des Buches hat mir mehr gefallen. Spannung wird stetig über das ganze Buch aufgebaut, so dass man nicht aufhören kann zu lesen. Da ging es mir mit dem Roman, wie Paulina mit dem Tagebuch von Luzie.

Man liest abwechselnd aus den Sichten von Paulina, Luzie oder Paulinas Mutter und ist dadurch immer überall dabei. Auch wenn ich weiß, wie dramatisch die damalige Zeit war, hoffte ich immer auf ein paar positive Entwicklungen, die so wie ich sie mir erhoffte natürlich nicht eintraten und so litt ich in vielen Situationen, vor allem mit Luzie mit.

Besonders die Beziehung zu ihren Großeltern und deren Schicksal sind sehr emotional beschrieben und haben mich sehr berührt.

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 23 längere Kapitel, die in der 3. Person Singular in der personalen Erzählform geschrieben sind. Die Tagebucheinträge werden jedoch aus Luzies Sicht in der Ich-Form erzählt. Beides gefällt mir sehr, denn dadurch kann man sich gut in die Figuren und Situationen hineindenken. Insbesondere die Tagebucheinträge sorgen dafür, dass man emotional gefangen wird und mitleiden muss.

Bisher habe ich noch kein Buch von Teresa Simon gelesen, was sich aber ab jetzt definitiv ändern wird. Ihr Schreibstil hat mich begeistert. Er ist sehr flüssig, bildhaft und unheimlich gefühlvoll. Sie schafft es sofort eine Atmosphäre bzw. eine bestimmte Stimmung zu schaffen, die einen in die Geschichte saugt und auch nicht mehr loslässt.

Besonders gelungen fand ich die vielen, tiefen Emotionen der unterschiedlichen Charaktere…wirklich beeindruckend!!!

Mein Fazit nach 472 Seiten im Taschenbuch:

„Die Fliedertochter“ ist ein bewegender historischer Roman, der sehr emotional zeigt, wie viele Leben die NS-Zeit zerstört, wie sie Liebende entzweit und wie sie Menschen in Angst und Schrecken versetzt hat.

Wer einen einen tiefgründigen historischen Roman aus der NS-Zeit sucht, der viele schwierige Themen wie die Judenverfolgung, die Verfolgung Homosexueller, aber auch die Unterdrückung bzw. Einschüchterung durch Gewalt thematisiert, dürfte mit diesem Buch gut beraten sein. Der Schreibstil Teresa Simons passt perfekt zu dieser Geschichte und lässt sie dadurch lebendig werden.

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (5/5 Sternen), weil die Figuren und die Handlungen so realistisch dargestellt sind und mich wirklich aufgewühlt und nachdenklich gestimmt haben. Schon lange hat mich kein Roman mehr so berührt wie dieser und es gab mehrere Stellen im Buch, die mich zu Tränen gerührt haben. Neben dem Schicksal der Großeltern ist auch das Ende von Luzies Geschichte hoch emotional.

Insgesamt ist es ein rundum gelungener Roman, den ich ganz klar weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an Teresa Simon für diese Geschichte.