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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2023

Eines der besten Werke Kings

Der Anschlag
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Jake Epping entdeckt in einem unscheinbaren Diner ein Zeitportal, das ihn ins Jahr 1958 führt.
Al, der Inhaber des Diners, hat schon jahrelang Zeitreise-Erfahrungen gesammelt und erläutert Jake nach seiner ...

Jake Epping entdeckt in einem unscheinbaren Diner ein Zeitportal, das ihn ins Jahr 1958 führt.
Al, der Inhaber des Diners, hat schon jahrelang Zeitreise-Erfahrungen gesammelt und erläutert Jake nach seiner Rückkehr, dass jede in der Vergangenheit getroffene Veränderung rückgängig gemacht wird, sobald man erneut durch das Portal ins Jahr 1958 steigt. Er überzeugt Jake davon, das Attentat auf John F. Kennedy im Jahr 1963 zu verhindern und schickt ihn mit dieser Aufgabe erneut durch das Portal.
Doch je näher Jake seinem Ziel kommt, desto mehr scheint sich die Zeit gegen Veränderungen zu wehren ...

Zuerst einmal sei gesagt, dass die Sci-Fi-Zeitreise-Elemente in dem Buch (zum Glück) gar keine so große Rolle spielen, der Fokus liegt auf Jakes Leben in der Vergangenheit (er muss schließlich fünf Jahre rumkriegen) und seinem Vorhaben, den Anschlag zu verhindern.
Es geht hier auch für King-Verhältnisse ziemlich schnell zur Sache, der Protagonist erfährt ohne lange Einleitung von dem Portal, sodass man schnell in der Geschichte drin ist.

Wie immer gibt es viele Anspielungen auf andere Werke Kings, Jake kommt z.B. nach Derry, wo sich gerade "Es" rumtreibt und ich habe mich sehr gefreut, noch einmal auf Beverly und Richie zu stoßen.

King erschafft mal wieder so tiefe, authentische Charaktere, wie es kaum ein anderer vermag. Er erzeugt Emotionen, lässt einen mitleiden, mithoffen, mitlieben. Und natürlich hält er auch die Spannung auf den über 1000 Seiten aufrecht.

Für mich ist es defintiv eines der besten Bücher von Stephen King, er zeigt mal wieder, dass er so viel mehr kann als Horror.
Ungewöhnlich für ihn war das Ende, denn es war wirklich perfekt und gab der Geschichte so einen wunderbaren Abschluss. Dennoch bin ich traurig, dass ich Jakes Welt schon wieder verlassen musste, für mich hätte das Buch gerne noch tausend Seiten länger sein dürfen.

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Poetisch durch vier Generationen

Die Unschärfe der Welt
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Der Roman beginnt im rumänischen Banat der 1970er Jahre und erzählt die Geschichte einer Familie und die Lebenswege von sieben Personen über vier Generationen hinweg. Alles spielt sich vor dem Hintergrund ...

Der Roman beginnt im rumänischen Banat der 1970er Jahre und erzählt die Geschichte einer Familie und die Lebenswege von sieben Personen über vier Generationen hinweg. Alles spielt sich vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblockes ab.

Ich wusste vor dem Lesen nicht viel über den Inhalt von "Die Unschärfe der Welt" und auch jetzt fällt es mir schwer, diesen wiederzugeben. Denn ehrlichweise gibt es keine große Handlung, das Buch besteht aus Momentaufnahmen und Erinnerungsfetzen von sieben verschiedenen Personen. Jede dieser Personen ist Mittelpunkt eines Kapitels und so bekommt man als LeserIn einen Einblick in sieben verschiedene Lebensweisen. Nach und nach offenbart sich eine geschickt gewobene Verbindung zwischen all diesen Figuren und man erfährt, welche Spuren jeder im Gedächtnis der anderen hinterlassen hat.

Iris Wolff erzählt mit einer tiefen Ruhe und Nachdenklichkeit, die sich auf die Lesenden übertragen. Ihr Blick ist auf die kleinen Momente im Leben gerichtet, die in Erinnerung bleiben. Sie schreibt dabei sehr poetisch und metaphorisch.
Sehr einprägsam gelingt es ihr, die jeweilige Stimmung durch eine sorgfältig getroffene Wortwahl wiederzugeben.
Viele Stellen fand ich so schön und klug, dass ich sie mehrfach gelesen habe.

Ich mochte, dass gewöhnliche Menschen hier ihre Geschichte erzählen durften, dass der Fokus in der Erzählung auf den kleinen Dingen liegt und wie alles miteinander verstrickt ist.
So ganz ist der Funke bei mir allerdings nicht übergesprungen, für mich hätte alles noch ein bisschen ausführlicher erzählt werden dürfen, um den Charakteren gerecht zu werden. Aber vielleicht ist das genau der Punkt: So bleibt alles etwas verschwommen, eben unscharf.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Nicht nur fast genial

Fast genial
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Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei ...

Der siebzehnjährige Francis lebt mit seiner psychisch erkrankten Mutter in einem Trailerpark. Als er eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, macht er sich gemeinsam mit zwei Freunden auf die Suche nach ihm - quer durch die USA.

"Fast genial" ist mein zweites Buch von Benedict Wells und ich wurde auch diesmal nicht enttäuscht.
Der Schreibstil ist etwas schnörkelloser als ich es von ihm kannte, die Sprache ist klar und verständlich und daher ließ sich das Buch angenehm leicht und flüssig lesen.
Dennoch ist es nicht weniger tiefgründig, im Gegenteil: Es behandelt existenzielle Themen rund um (genetische) Herkunft, Fremd- und Eigenverantwortung für das Leben, die eigene Persönlichkeitsentwicklung.

Gut gefallen hat mir der Aufbau des Buches, der den Inhalt geschickt unterstreicht: Während die drei Freunde auf der Suche nach Francis' Vater sind, ist die Storyline geradlinig und zielgerichtet. Nachdem dieses Ziel erreicht wurde, verläuft die weitere Handlung genauso orientierungslos und wirr wie Francis sich gerade fühlt.

Wells lässt die Lesenden gekonnt die ganze Geschichte hindurch Francis' Emotionen mitspüren, sei es Liebe, Wut, Trauer, Enttäuschung oder zu guter letzt die Desillusionierung.
Spannend waren die daraus relsutierenden unerwarteten Handlungen und Francis' gesamte charakterliche Entwicklung.
Das Ende ist meiner Meinung nach genial - auch wenn ich es auf eine gewisse Weise hasse.

Für mich war es ein sehr kurzweiliger, flüssig zu lesender Roman über einen Roadtrip, der einerseits die Leichtigkeit und Naivität der Jugend widergibt, andererseits auch tiefgründige Themen aufgreift.

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Stimmungsvoller historischer Krimi

Der treue Spion
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München, 1896: Major Gryszinski wird mit dem Vermisstenfall eines französischen Diplomaten betraut. Als dann noch eine Leiche, eine brisante technische Erfindung und ein russisches Hochstaplerpaar auftauchen, ...

München, 1896: Major Gryszinski wird mit dem Vermisstenfall eines französischen Diplomaten betraut. Als dann noch eine Leiche, eine brisante technische Erfindung und ein russisches Hochstaplerpaar auftauchen, begibt sich der Ermittler auf eine Reise quer durch ganz Europa.
Zwanzig Jahre später stößt Gryszinskis Sohn Fritz mitten im ersten Weltkrieg auf neue Indizien zum Fall. Kann er endlich zu Ende führen, was sein Vater begonnen hat?

"Der treue Spion" ist bereits Uta Seeburgs dritter Kriminalroman rund um Major Gryszinski, man kann ihn jedoch gut ohne Vorkenntnisse lesen. Für mich war es das erste Werk der Autorin.

In den Schreibstil musste ich mich erst einmal hineinfinden. Alles wird sehr genau und detailliert beschrieben, insbesondere die jeweiligen Schauplätze. Sobald ich mich daran gewöhnt hatte, fühlte ich mich aber gut ins Europa Ende des 19. Jahrhunderts versetzt und konnte die Umgebung ganz genau vor mir sehen.
Die Spannung baut sich nur langsam und subtil auf, was ich als sehr angenehm empfand. Die Erzählart ist unaufgeregt, es gibt keine reißerischen Phrasen, keinen hektischen Showdown o.Ä., es ist ein eher ruhiger, dafür stimmungsvoller Krimi.
Die beiden unterschiedlichen Zeitstränge werden abwechselnd erzählt und nach und nach verknüpft Seeburg sie auf geschickte Weise miteinander, sodass sie gemeinsam ein Bild ergeben.
Die Auflösung war nicht vollkommen verblüffend, dennoch zufriedenstellend.

Insgesamt mochte ich die ruhige Grundstimmung, die Atmosphäre und die klassische Ermittlungsarbeit Gryszinskis sehr gerne, die historischen Fakten wurden erstklassig recherchiert und obwohl die Spannung an keinem Punkt Übermaß annimmt, ist "Der treue Spion" durchgehend kurzweilig. Die Mischung aus Fiktion und Historie ist hervorragend gelungen.

Für mich war es kein Highlight, aber definitiv ein unterhaltsamer Krimi. Das Lesen der beiden Vorgänger werde ich auf jeden Fall noch nachholen.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Unerträglich ehrlich

Im Westen nichts Neues
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"Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque ist wohl der bekannteste Antikriegsroman überhaupt. Er erschien 1928 und schildert die Schrecken des ersten Weltkrieges aus Sicht eines neunzehnjährigen ...

"Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque ist wohl der bekannteste Antikriegsroman überhaupt. Er erschien 1928 und schildert die Schrecken des ersten Weltkrieges aus Sicht eines neunzehnjährigen Soldaten.

Remarque erzählt schonungslos ehrlich von der verlorenen Generation, zu der er selbst gehörte; mit welcher Überschwänglichkeit die jungen Männer damals in den Krieg gezogen sind, geleitet von Propaganda und Nationalstolz und wie hart die Realität sie dann an der Front getroffen hat. Er macht dabei vor keinen Brutalitäten Halt: das sinnlose Sterben, das Leiden der Soldaten, ja das ganze Grauen wird sehr eindrücklich geschildert.
Das Werk hat mich zutiefst betroffen gemacht, es ist kaum vorstellbar, was Millionen von Menschen ertragen mussten und immer noch müssen.
Im Geschichtsunterricht haben Zahlen und Fakten das Kriegsgeschehen für mich entmenschlicht, dieses Buch hat genau das Gegenteil bewirkt: Es rief mir in Erinnerung, dass hinter jedem Soldaten ein Schicksal steckt.

Remarque erzeugt in diesem Buch mit einer unglaublichen Wortgewandtheit und sprachlichem Können Bilder, die noch lange nachhallen werden.

"Im Westen nichts Neues" ist erschütternd, aufwühlend, beinahe unerträglich - und hochaktuell. Ich empfehle jedem, der es noch nicht getan hat, sich Zeit dafür zu nehmen und es zu lesen.

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